von Wilhelm Langthaler
Globalistische Exportmaschine produziert reaktionär-nationalistischen Protest
Dämpfer für das Regime
Der Kern des deutschen neoliberalen Regimes, das Europa fest im Griff hat, verlor fast 15 Prozentpunkte. Das ist ein Zeichen dafür, dass das „Erfolgsmodell Deutschland“ eben doch nicht von allen als solches wahrgenommen wird. Man muss aber gleichzeitig einräumen, dass die FDP rund 10% erreichte, ähnlich die Grünen. Die Herrschaft der liberalen Oligarchie ruht also nach wie vor auf einer satten Zweidrittelmehrheit, das darf man nicht vergessen.
AfD reaktionärer Protest gegen Globalisierung
Die AfD hat nicht nur im Osten (und da besonders am Land), sondern auch in den niedergehenden Industriezentren an der Ruhr und selbst unter den saturierten süddeutschen Reaktionären Erfolge eingefahren. Ihr Feindbild ist der „Moslem“, der an allem schuld ist, ganz nach dem Muster des historischen Antisemitismus.
Es ist kein direkter sozialer Protest, sondern seine gebrochene und vermittelte Widerspiegelung in einem peripheren Mittelstand, der von Zukunftsängsten geplagt ist. Es gibt das „Wirtschaftswunder“ der Nachkriegszeit nicht, das alle, Bürger und Arbeiter, Nazis, Konservative und Linke unter der Herrschaft der Kapitalisten hochzog und vereinigte. Die „blühenden Landschaften“ haben sich einfach nicht eingestellt, sondern im Gegenteil, die Globalisierung droht den sozialen Kompromiss zu zermalmen, von dem sie auch profitieren, ihn aber eigentlich ablehnen. Symbolisiert wird diese Bedrohung von den Immigranten, die so zum Hauptfeind werden.
Die AfD kann dabei knallhart wirtschaftsliberal sein. Es interessiert nicht, dass es genau dieser Neoliberalismus ist, der zur Zerstörung ihrer Welt und vor allem des Bildes von dieser führt. Für die Pegida-Wutbürger reicht es, den Wirtschaftsliberalismus national zu beschränken, denn der Feind kommt von außen.
Politisch wird das geführt von der alten konservativen und nationalistischen Rechten. Sie ist EU-skeptisch, nicht weil die EU der deutschen Exportindustrie und den Reichen dient, sondern weil die Rechten auch die minimalsten Transfers zur Weißglut bringen. Sie wollen keine „Solidarität“ mit den ärmeren Nationen, auch wenn es in Wirklichkeit nur Almosen sind, die den systemischen Transfer von der Peripherie ins deutsche Zentrum verdecken.
Die AfD ist über viele Fäden mit dem Milieu der CDU und insbesondere der CSU gebunden. Es handelt sich eher um holpriges Kontinuum, als um einen scharfen Gegensatz. Besonders in Bayern ist die Welt der Reaktionäre nur ideologisch-kulturell bedroht und nicht sozial, wie es im Osten oder auch in NRW der Fall ist.
Systemische Linke
Insbesondere im Osten ist die Linke eine Systempartei. Sie repräsentiert das bestehende Regime und hat die soziale Konterreform über zwei Jahrzehnte mitgetragen und organisiert. Ihre „politisch-korrekte“ Ideologie wird mit der Herrschaft identifiziert, während der rechte Chauvinismus als gegen das System gerichtet erscheint.
Im Westen ist das sicher weniger der Fall, entsprechend ist die Linke als soziale Opposition auch noch glaubwürdiger.
Doch als Kraft des Bruchs erscheint die Linke dennoch nicht. Dazu müsste sie radikal und offensiv gegen das Euro/EU-Regime auftreten und sozial ein Programm der staatlichen Umverteilung und Investitionen propagieren. Da reichen ein paar Fernsehauftritte von Wagenknecht nicht. Schluss mit der Globalisierung und dem Freihandel – dem Süden Entwicklung ermöglichen. Austritt aus der Nato. Frieden mit Russland. Ende mit der Unterstützung für Israels Kolonialismus.
Es wäre ein naives und falsches Versprechen, würde man behaupten, damit die harte, reaktionäre und nationalistische Rechte knacken zu können. Aber ihr wäre der Sozialprotest wegzunehmen, der sich zumal im Osten darin vermittelt widerspiegelt. Die Rechte könnte als das entlarvt werden, was sie ist: als Anhängsel es Liberalismus mit Reminiszenzen alten nationaler imperialistischer Vorherrschaft.
(Man kann übrigens von Glück reden, dass die AfD das Soziale so ausspart. Würde sie sich gegen den ungebremsten Wirtschaftsliberalismus aussprechen, so könnte sie in den unteren Teilen der Gesellschaft noch viel tiefere Einbrüche machen.)
Ideologisch-kulturell muss verstanden werden, dass das Regime die alte Linke integriert, aufgesogen, zum Politisch-Korrekten als Herrschaftsinstrument umfunktioniert hat. Davon muss eine demokratische und soziale Opposition Abstand nehmen, gegen den Gesinnungsterror der Eliten stellungnehmen, die sich als Verteidiger der linken Werte aufspielen und das Gegenteil davon tun. Die Meinungsfreiheit muss unter allen Umständen verteidigt werden!