oder jedenfalls einige unter ihnen:
Italien, seine Regierung und die Medien-Opposition
[Bild: Eugenio Scalferi, Exponent der Sozialistischen Partei von Bettino Craxi und Medienmacher]
2,4 % soll laut Budget-Vorschau das staatliche Defizit in Italien im kommenden Jahr ausmachen. Na und? Selbst Neoliberale würden durch diese Kennzahl zufrieden gestellt – fast, nicht ganz.
Aber nun muss man sich „La Repubblica“ vom Sonntag, 30. September 2018 einmal ansehen. Die Welt geht unter. Nicht 1,6 %, wie es die EU-Kommission verlangt, sondern 2,% ! Eugenio Scalfari lässt Alles aufmarschieren, worüber er verfügt. Neben seinem eigenen überlangen und trotzdem nichtssagenden Leitartikel lässt er sieben andere Meinungsartikel schreiben. Und als Beilage gibt es „Espresso“, der zur Warnung auch gleich das Manifest der Rassisten aus dem Jahr 1939 noch einmal in Faksimile abdruckt.
Es ist die pure Hysterie, und sie wird weder dem senilen Scalfari gut tun, noch seiner Zeitung noch seinem Anliegen. Aber man fragt sich doch: Warum gerät eine Elitengruppe in eine solche Panik? Warum gerät sie völlig außer Rand und Band und verliert jedes Augenmaß? Denn wenn es jemals einen faschistischen Stil und eine faschistische Vorgangsweise gegeben hat; dann finden wir ihn hier, bei Eugenio Scalfari.
Die Antwort ist einfach genug, trivial geradezu. Die 2,4 % widersprechen den Vorgaben der EU-Kommission. Die 1,6 % hätten Gehorsam signalisiert. Nun aber kommt eine Regierung, die in ihren praktischen Vorhaben zahm genug ist und auch in vielen ihrer paktierten Projekt äußerst zweifelhaft. Aber sie sagt: Wir machen, was wir für richtig halten, „die EU soll uns den Buckel hinunter rutschen!“ (Salvini) Das ist allerdings mehr als normaler Weise die Polizei erlaubt. Da kann man schon auszucken.
Hier muss man sagen: Das ist extrem. „Corriere della Sera“ aus dem Berlusconi-Konzern verhehlt einen Tag später auch nicht die Opposition gegen die Regierung. Aber die Zeitung versucht, ihre Haltung zu begründen, zieht Zahlen heran und verhält sich eben wie eine konservative Zeitung und nicht wie eine bürgerliche Version von „Völkischer Beobachter“ (man müsste eher sagen; „Brüsseler Beobachter“) und „Stürmer“ zusammen.
Leonardi Mazzei hat einen Artikel geschrieben, in welchen unsere italienischen Freunde m. E. die Regierung zu positiv beurteilen. Liest man diese Ergüsse der mainstream-Zeitung, dann versteht man ihre Haltung sehr gut. Allein der Wille zu einer kleinen Spur nationaler Eigenständigkeit bringt die EU-Turbos zur Raserei. Sie machen diese Regierung zu einer Macht des Bruchs, ob die Regierung selbst es will oder nicht.
Bei Scalfari kommt noch etwas dazu. Er hat seine Zeitung vor vier Jahrzehnten mit dem deklarierten Ziel gegründet, die KPI zu zerstören. Während in Frankreich freilich Mitterrand und der PS notwendig war, hat die italienische Sozialdemokratie mit dem Ober-Korruptionisten Craxi zwar jahrelang die Regierung geführt. Aber als Partei ging sie elend zu Grund, und Craxi durfte sich in Italien nicht mehr sehen lassen. Er starb in Tunesien, weil selbst die italienische Justiz damals nicht mehr gewillt war, das Ausmaß seiner Unterschlagungen hinzunehmen. Nach ihm kam allerdings sein Günstling Berlusconi …
Aber die KPI tat ihm den Gefallen und wandelte sich zu einer Partei der rechten Sozialdemokratie. „Ulivo“ und sodann die Renzi-Demokraten waren genau die Parteien, die sich Scalfaro immer gewünscht hatte. Er schien also sein Lebensziel erreicht zu haben, und die EU wurde zum Garanten dafür.
Aber jetzt ist der PD am Zusammenbrechen. Selbst in der Partei wird von einer notwendigen Neugründung geredet. Da kann man schon aus der Verfassung geraten, wenn das eigene Lebenswerk in Gefahr ist. Der uralte Fuchs Scalfari versucht allerdings noch etwas weiter in die Zukunft zu schauen, ein bis zwei Jahre weiter. Er meint also, eine neue Demokratische Partei reicht nicht mehr. Da braucht es eine liberale pro-EU-Partei, welche ohne wenn und Aber Alles durchführt, was Berlin (ja, das spricht er wirklich aus) und Brüssel beschließt. Da könne auch Renzi wieder eine Rolle spielen, wenn er seine diktatorialen Ansprüche aufgebe…
Ich bin mir nicht sicher, welche Schlüsse wir daraus zu ziehen haben. Zum Einen ist „La Repubblica“ wirklich ein extremes Beispiel. Zum Anderen aber scheint ein Teil der globalistischen und europäistischen Eliten und ihrer Gefolgschaft bereit zu sein, alle Hemmungen fallen zu lassen. Bisher arbeiteten die Gruppen mit einem Legalismus, der es ihnen gestattete, mit Advokaten-Tricks alle Hindernisse zu überspielen, vor allem in Italien. Der frühere Staatspräsident Giorgio Napolitano – auch er aus der verblichenen KPI – war der Mastermind dieser Strategie. In Österreich hat Heinz Fischer ähnlich agiert. Nun aber scheint es, als ob sie auch diese Grenze überschreiten würden. Wenn es je eine Gefahr eines neuen Faschismus gab – der allerdings ein liberales mondialistisches Mäntelchen tragen müsste, dann finden wir ihn hier.
Albert F. Reiterer, 1. Oktober 2018