DAS NEUE WELTSYSTEM DES 21. JAHRHUNDERTS: Nochmals Freihandel: Vom Imperialismus der Nationen zum Imperialismus der Imperien

„Globale Wertschöpfungsketten“

Vertreter aus unterschiedlichen politischen Lagern protestieren gegen das amerikanische Engagement im Vietnam-Krieg.

Die Internationalisierung der Produktion – oder vielmehr eines wesentlichen Teils davon, über diesen Unterschied später – läuft über die globalen Wertschöpfungsketten (GVC – global value chains), und zwar häufig innerhalb transnationaler Konzerne / „Monopole“. Das ist eines der Kennzeichen des sozio-ökonomischen Systems der Gegenwart bzw. der heutigen Produktionsverhältnisse. Dem entspricht eine neue Sorte von Freihandels-System. Der klassische Freihandel war geprägt von der Situation: Produziere hier, verkaufe anderswo. Das neue Freihandelssystem hat seine Produktionsstätten über die ganze Welt verstreut. Es hängt vom reibungslosen Funktionieren von Gewinnung, Zulieferung und Verfügbarkeit von Roh­stoffen und Zwischenprodukten ab, aber auch der Möglichkeit, das Kapital als Produktions­mittel überall ungehindert einzusetzen.

Das erzeugt eine ganze Reihe von Widersprüchen.

Materielle Produktion von Waren ist zwar eine absolut fundamentale und unerlässliche Kom­ponente des Produktions- und Reproduktions-Systems. Aber es ist nur ein Teil davon. Insbe­sondere in den hoch entwickelten Gesellschaften wird Arbeit für die Reproduktion (der Men­schen, der Arbeitskraft) sowie die Organisation des Systems selbst immer wichtiger. Die Interessen der lokalen Produkteure solcher „Dienste“ sind aber keineswegs gleich zu setzen mit jenen der stark internationalisierten materiellen Produktion.

Die lokalen, regionalen, nationalen und imperialen Sitze auch der internationalisierten / trans­nationalisierten Unternehmen führen weiters zu unterschiedlichen Bedingungen für die ansäs­sigen Konzerne und zu Interessen-Differenzen mit anderswo ansässigen.

Man hat die globale Organisation des Kapitals, die Organisation der Weltwirtschaft, bis gegen Ende des 20. Jahrhunderts über die Organisation des Welthandels versucht. Das funktionierte recht und schlecht, solange die dominanten Beziehungen tatsächlich Handelsbeziehungen wa­ren. Aber auch damals bedurfte es dazu mehrerer Voraussetzungen. Die erste habe ich schon genannt: Die GVC bestimmten noch nicht das Produktionssystem: Die zweite Bedingung aber war: Eine national-imperialistische Macht (die USA; vor dem Ersten Weltkrieg das UK) war unbestritten hegemonial im kapitalistischen Weltsystem. Ergebnis war ein globaler Ansatz, welcher sich im GATT und der WTO organisatorisch niederschlug.

Diese beiden Voraussetzungen zerbröckeln seit einiger Zeit. Ökonomen als Ideologen und fast Alle aus der politischen Klasse weinen dem nach. Aber letztere tut Alles, um den Auf­lösungs-Prozess dieser Sorte von Weltsystem zu beschleunigen. An die Stelle des einheitlich globalen Ansatzes trat ein Prozess von Versuch und Irrtum. Er konkretisierte sich in regiona­len Handelsvereinbarungen (RTAs – regional trade associations) und in Freihandels-Abkom­men. Eines unter ihnen hat den politischen Schritt darüber hinaus gemacht und einen (supra- und superimperialistischen) Staat gegründet – die EU. Der ist für alle anderen dieser Versuche seitens der politischen Eliten enorm attraktiv. Man möchte ihn nachahmen, schafft es mangels an entsprechenden Voraussetzungen aber nicht.

Handelspolitik wurde demzufolge zu einer neuen Art von Industriepolitik. Heute muss man dies noch umfassender begreifen: „Handelspolitik“ wurde zur Wirtschaftspolitik schlechthin. Hier müssen wir auf die GVCs zurückkommen. Denn die GVCs müssen entmythologisiert werden. Noch sind sie keineswegs der quantitativ dominierende Faktor der Weltproduktion (vgl. GVC-Report 2018). Die rein inländischen Produkte machen noch 80 % der Produktion aus. Neben einer Diskussion über die Grundlagen der derzeitigen Weltwirtschaft ist im Konzept der GVC in hohem Ausmaß Ideologie enthalten. Unter diesen „Wertschaffungs-Ketten“ sind so „hoch-technologische Notwendigkeiten“ enthalten, wie das Schälen deutscher Erdäpfel in Polen und ähnliche Wahnsinnigkeiten, welche insbesondere durch die vier „Freiheiten“ der EU zustande kommen und von ihr gefördert werden; oder der Import von Äpfeln aus Neuseeland und Chile nach Österreich …

Diese Wertschöpfungsketten sind in hohem Maß keineswegs technologisch begründet. Es sind politisch (-ökonomisch) erzeigte Strukturen des globalen Systems. A. G. Frank und S. Amin haben dies weitsichtig bereits vor einem halben Jahrhundert in das aussagekräftige Bild gebracht: F&E in die USA und nach Westeuropa; die Billig-Produktion hingegen in den Kongo. Aus dem Kongo wurden allerdings China und Vietnam – das konnte man sich damals beim besten Willen nicht vorstellen. Diese GVCs für Schuhe, Textilien und Handys dienen im Wesentlichen dazu, die Unter- und Mittelschichten in den USA und Europa ruhig zu halten, da man gleichzeitig die Reallöhne, jedenfalls der unteren und mittleren Einkommen (also von drei Viertel der Lohnabhängigen) beschneidet.

Tatsächlich erweisen sich die GVCs als Hauptstraße, auf welcher die Politik der Globalisie­rung in ihrer gegenwärtig bevorzugten Weise, der Großregionalisierung, gefahren wird. Das Zentrum integriert sich. Freilich müsste man in der Mehrzahl sprechen: Es bilden sich politisch und geographisch unterschiedliche Sunzentren. Der alt-neue Imperialismus differenziert und diversifiziert sich.

Diese Art der global-regionalen Arbeitsteilung erweist sich also als Umverteilungs-Maschine von Unten nach Oben. Das gilt sowohl für die Zentren, also für die USA und Europa, als auch für die Peripherie; also für China. Der GVC-Report belegt dies sehr deutlich (p. 6): „Die gro­ßen Gewinne fielen in China einer kleinen Zahl von gut ausgebildeten Arbeitern sowie den Kapital-Eignern – einschließlich der ausländischen Investoren – zu. … In den USA haben gewöhnliche Arbeiter nicht viel, wenn überhaupt was, von einem solchen Gewinn gesehen.“

Auch die ökonomische Literatur befasst sich seit geraumer Zeit mit den Fragen der Vertei­lung, und nicht nur Piketty. Aber der dominante Ton dieser Literatur ist auf einen Technolo­gismus hin gestimmt. Die wachsende Ungleichheit sei eine notwendige Folge der neuen Anforderungen an die Arbeitskräfte, der besseren Ausbildung. Sehen wir einmal ab davon, dass dies in Bezug auf die Verteilung zwischen Kapital und Arbeit hanebüchener Unsinn ist, und die macht einen Großteil dieser wachsenden Ungleichheit ab. Aber es stimmt: Die Ungleichheit wächst auch innerhalb der Lohnabhängigen. Aber diese neue Struktur der Weltwirtschaft, die gerade auch den hoch entwickelten Ländern und Wirtschaften die besser ausgebildeten Arbeitskräfte knapp werden ließ, war keine spontane Entwicklung. Sie wurde politisch geplant und durchgezogen. Das ist es ja, was nicht nur wir an der Globalisierung anzumerken haben: Sie ist eine bewusste Politik der Umverteilung durch Struktur-Verände­rungen. Der Überschuss an schlecht ausgebildeten Arbeitskräfte und der Mangel an besser ausgebildeten wurde durch die Verschiebungen in der Zentrum-Peripherie-Logik erzeugt. Diese Art von Klassenkampf durch Struktur-Politik ging übrigens nicht immer gut aus für die Unternehmen, die sich darauf herein ließen. Es gibt eine ganze Anzahl von Unternehmen, welche ihre Betriebe wieder zurück in die Zentren verlagert haben, weil sie ihrem dortigen Markt näher sein wollen.

Die neue Form der Globalisierung und des Freihandels

Es ist dieser verallgemeinerte strukturelle Aspekt, welche die Freihandels-Verträge nach dem Muster von CETA und TTIP zu solchen strategischen Notwendigkeiten für die Eliten macht. Die Sprecher dieser Eliten, die Mehrheit der Ökonomen, begründen dies allerdings auf teils naive, teils wirklich hinterhältige Art (weil sie sehr wohl wissen, dass dies Unsinn ist) etwa auf folgende Weise: Jedes Land soll das machen, was es am besten kann; dann gewinnen alle an Wohlstand. Dieser Rekurs auf das Ricardo’sche Theorem der komparativen Kosten ist pure Ideologie. Schon Ricardos Darlegung zu seiner Zeit war pure Ideologie – Ricardo wusste sehr wohl, dass Portugal im Jahr 1817 den britischen Inseln an Produktivität schwer unterlegen war, insbesondere in der Textilindustrie. Er bringt aber ein Zahlen-Beispiel (vgl. Ricardo 1971 [1817], 147 ff.). wo das Gegenteil drinnen steht.

Die „Mega-Regionals, wie man solche Organisationen des Freihandels (TPP) auch gern nennt, bauen sich als spezialisierte Weltstaaten für ein bestimmtes Gebiet (nämlich Industrie- und Wirtschafts-Gebiet) auf, wo das Kapital teils selbst die Regulierung übernimmt. Indem sie alles aus einem kommerziellen Blickwinkel ansehen und regulieren, scheinen sie sich an der Oberfläche zu beschränken. Aber diese scheinbare Restriktivität und politische Zurück­haltung schlägt sofort in ihr Gegenteil um, und muss dies auch. Sie wird zu einer umfassenden Regulierung der betroffenen Regionen nach ganz speziellen Sonder-Interessen des Welt-Kapitals.

Diese Versuchsstationen des regionalisierten globalen Kapitals brachten auch eine neue Form des Imperialismus hervor. Nennen wir ihn den imperialen Imperialismus, weil sein Träger nicht mehr der nationale Staat, sondern das supranationale Imperium ist. Davon gibt es meh­rere Formen. Die USA haben noch die äußere Form des Nationalstaats bewahrt. China steht ideologisch auf demselben Fundament, ist seiner ganzen Organisation nach aber seit je ein Imperium. Ich denke dabei nicht an die insgesamt 100 Mill. ethnischen Minderheiten, son­dern an die strikt und höchst zentralisierte Staats-Organisation, welche ohne irgendwelche Rücksicht auf regionale Unterschiede und Identitäten einem Schema folgt.

Graphik 1

Schließlich gibt es die EU. Sie schmiedet aus den typenbildenden europäischen Nationalstaa­ten einen supranationalen Überstaat.

Das Kapital ist längst nicht mehr primär national organisiert, das Finanz-Kapital sowieso, aber auch das Industrie-Kapital. Aber verteilt auf nationale Staaten und auf Imperien mit dominanten nationalen Kernen (EU – BRD z. B.) hat es eine notwendige nationale Bindung. Es möchte sie zwar am liebsten abstreifen. Aber da gibt es Probleme. Dieser Widerspruch äußert sich u. A. in der doppelten Loyalität, welche Kapitaleigner gern an den Tag legen. Zum Einen sind sie auf eine ganz spezielle Weise Nationalisten. Nicht dass ihnen nationale Identi­tät irgendwas bedeutet, im Gegensatz zu den Mittel- und Unterschichten. Aber das Kapital braucht „seinen“ Staat. Denn es braucht die politische Unterstützung. Allerdings muss der Staat Macht haben und durchsetzungskräftig und -bereit sein. Daher orientieren sich nicht wenige Kapitalisten auch emotiv auf die USA. Die sind gewillt und in der Lage, militärisch-politisch die Interessen ihrer Kapitalisten durchzusetzen. Dass dies faktische Grenzen hat, ist eine andere Frage. Wir können dies ja in der Gegenwart am „Handelskrieg“ sehen, welchen Trump gerade vom Zaun bricht (Sommer 2018). Dass Trump so um sich schlägt, hat vorwiegend mit der Abstiegs-Position der USA zu tun.

Der Kreis um Wallerstein hat bereits Ende der 1970er vom Ende des Hegemonie-Zyklus gesprochen, an wel­chem die USA angelangt sind (Research Working Group 1979). Damals allerdings steuerte die Sowjetunion auf ihren Zusammenbruch und ihre Auflösung zu. Folge war eine kurze Periode, wo die USA dominierten wie kaum jemals zuvor. Man konnte sich damals also mit gutem Grund über die Wallerstein-Aussage lustig machen. Inzwischen muss man dies vielleicht etwas revidieren. Die Beobachtung scheint längerfristig jedenfalls zuzutreffen.

Wenn vielleicht auch die VGR-Daten in ihrer Qualität nicht so sind, wie wir sie uns wünschen würden, führt doch kein Weg an ihnen vorbei. Sie zeigen zweierlei: Der Anteil des Außen­handels am gesamten Welt-Produkt steigt seit dem Zweiten Weltkrieg fast stetig, nachdem er in der Zwischenkriegszeit mit der Weltwirtschaftskrise abgesackt war. Aber gleichzeitig ist er doch beschränkter, als man geneigt ist zu glauben. Er macht derzeit ein knappes Drittel aus. Und dabei gilt es, auch auf die kategorienweise Verteilung Zentren – Peripherie zu sehen (vgl. Graphik 1). Dabei fällt vor allem auf: Die Zentren haben einen vergleichsweise nur beschei­den größeren Anteil als die Peripherie.

Graphik 2

Wenn wir aber Daten beibringen, müssen wir nicht nur Entwicklungs-Kategorien, sondern auch einzelne Länder betrachten (Graphik 2). Die Zentren haben nur deswegen eine so niedrige Export-Quote, weil die USA hier hohes Gewicht hat. Die USA haben aber aus zwei Gründen keine so hohe Außenhandelsverflechtung – allerdings ein hohes absolutes Gewicht: Zum Einen gibt es die bekannte statistische Regelmäßigkeit, dass große Länder eine ver­gleichsweise niedrige Außenverflechtung haben, weil bei ihnen viel vom Handel im Inneren stattfindet, der bei kleineren Wirtschaften über die nationale Grenzen läuft. In der EU wird der Intra-Handel von den internationalen Organisationen zum Welthandel gezählt, was dessen Anteil enorm in die Höhe treibt. Zum Anderen ist allerdings auch der Bedeutungsverlust der USA erkennbar. Das gilt übrigens auch für Japan. Bei den USA macht in einer Trendlinie die Steigung nur ein Fünftel von der für die BRD aus.

Für die EU ist allerdings zu sagen, dass die BRD einen „Hub“ des Welthandels bildet. Das schlägt voll durch. Die EU ist ein Export-Gebiet zum Nutzen des deutschen Export-Kapitals. Der Jargon um trade-creating – Freihandelszonen und Zollunion schaffen neuen Handel – und trade-diverting – diese Organisationen lenken vor allem bisherige Handelsströme ab zum Nutzen einer Hegemonialmacht – verwischt hier eher die Sachlage und insbesondere die politische Verursachung.

Eine besondere Stellung nimmt auf Grund der schieren Größe, aber auch der bisherigen Geschichte, die VR China in dieser globalen Struktur ein. Das Land präsentiert sich gegen­wärtig als eigentlicher Verteidiger des multilateralen Freihandels. Es positioniert sich auch gegen die gegenwärtige Entwicklung in der Globalisierung, nämlich die zunehmende Bedeu­tung der RTAs, gegen die Regionalisierung des Handels bzw. der Wirtschaft. Das ist leicht erklärlich. Mit Dengs Machtübernahme hatte es die klassische Strategie der Abhängigkeit gewählt, nämlich die kapitalistische Entwicklung über den Außenhandel. Aber diese Strategie war in eine nationale Entwicklungs-Strategie eingebettet. Allein seiner Größe wegen konnte es selbst in einer solchen Dependenz-Strategie mit seinem Willen zur politischen Steuerung seine eigenen Akzente setzen und eine sklavische Abhängigkeit à la Singapur oder Burkina Faso vermeiden. Dieser Wille zur politischen Steuerung auch der Außenwirtschaft ist vielleicht das Einzige, was aus der chinesischen Revolution noch übrig blieb, eine ziemlich wichtige „nationale“ (?) Strategie.

Aber nun stößt das Land an die Grenzen dieser Strategie. Sie sind sowohl von Innen wie von Außen gesetzt. Innen wächst der Druck der eigenen Bevölkerung gegen die mit der Außen-Abhängigkeit verbundene Strategie der Überausbeutung der eigenen Bevölkerung. Da kann die Pekinger Führung noch so viele Menschen erschießen lassen und dann „produktiv ver­werten“ (durch Organhandel). Dem treten die Regierung und die politisch-ökonomische Elite mit einem Versuch zur Förderung und Entwicklung einer chinesischen Mittelklasse entgegen. Bislang hat es einiger Maßen funktioniert. Die Mittelklasse hat noch einen nicht sehr großen Anteil, aber bei dem Umfang der Bevölkerung fällt sie trotzdem ins Gewicht. Das ist heute die eigentliche Stütze der Pekinger Führung neben den Oligarchen des chinesischen Kapitals. Auch wenn der Druck groß ist, das Land ist nicht explodiert oder sonstwie kollabiert.

Außen aber gibt es die Konkurrenz-Politik der Zentren USA, EU und Japan. Die besteht vor allem im gerade besprochenen Strategie-Wechsel weg vom multilateralen Freihandel (viel­mehr nicht weg, aber seiner Verschiebung in der Bedeutung) hin zu den RTAs. Das ist auch eine Strategie gegen China, und die chinesische Führung weiß dies. Sie reagiert doppelt. Zum Einen tritt sie selbstbewusst als Führerin der Dritten Welt, als imperiale und imperialistische Macht auf und als die Hauptstütze des Freihandels. Zum Anderen ist sie aber auch wieder bereit, sich den neuen Bedingungen unterzuordnen. Sie sucht den Anschluss an TPP. Um jedoch den RTAs der USA etwas entgegen zu setzen, wird die Neue Seidenstraße propagiert, die ihrerseits eine Art chinesisch dominierte RTA sein soll.

Damit wirkt die Grundhaltung der chinesischen Führung zwiespältig. Einerseits pocht sie auf die neue Stellung „China should not just be a rules taker!“ So gibt Yong Wang (WEF 2025, 23), offenbar ein wichtiger Wirtschafts-Ideologe Chinas, die Haltung wieder. Andererseits ist dies aber doch wieder die Fortsetzung der Einordnung in den kapitalistischen Weltmarkt, wo China eben sein Heil sucht. Denn auch dort gilt: Außenpolitik und speziell Außenwirtschafts­politik wird nicht zuletzt mit dem Blick auf innere Machtverhältnisse eingesetzt. Ein höherer Freihandels-Standard, so teilt uns der gerade zitierte chinesische Wirtschafts-Ideologe mit, soll auch im Inneren die Widerstände von Wirtschaftsfunktionieren und Bürokraten gegen die „neue“ Politik der Totalunterordnung unter das globale kapitalistische System brechen.

 

Eine Aktualität aus dem Handelsblatt, 18. Juli 2018

Zeichen für den Freihandel

Die EU schließt mit Japan ein neues Wirtschaftsbündnis. Weitere könnten folgen.

Die EU und Japan wollen sich zur größten Freihandelszone der Welt zusammenschließen. EU-Kom­missionschef Jean-Claude Juncker, EU-Ratspräsident Donald Tusk und Japans Premierminister Shinzo Abe unterschrieben am Dienstag in Tokio feierlich das Freihandelsabkommen Jefta. Das Abkommen enthalte eine „machtvolle“ Botschaft gegen den Protektionismus, heißt es in einer ge­meinsamen Erklärung der drei Unterzeichner. Die EU und Japan würden damit ihren „festen politischen Willen demonstrieren, die Flagge des freien Handels hochzuhalten“.

Mit Inkrafttreten des Jefta-Abkommens im kommenden Jahr sollen über 90 % der japanischen Einfuhr­zölle wegfallen. Dies bringe EU-Exporteuren Einsparungen von einer Milliarde Euro, erwartet die EU-Kommission. Insgesamt könnten die EU-Exporte nach Japan jährlich um 13,5 Milliarden € steigen. Davon würden vor allem die Landwirtschaft, der Maschinenbau, die Chemiebranche und die Auto-industrie profitieren. Die deutsche Wirtschaft begrüßte das Abkommen. Damit schließe die EU den umfassendsten Freihandelsvertrag ihrer Geschichte. Dies sei „ein hoffnungsvolles Signal in einer für den Welthandel sehr schwierigen Zeit“, sagte BDI-Hauptgeschäftsführer Joachim Lang. R. Berschens.

Das ist die Ideologie des Freihandels. Aber es geht nicht um Zölle – die sowieso nur mehr geringe Bedeutung haben. Es geht um die Entgrenzung als Strategie des Abbaus politischer Steuerungs-Möglichkeiten

 

Es wäre noch viel zu sagen. Der Begriff der Dienste nimmt z. B. eine besondere Stellung und eine zunehmende Bedeutung im neuen Welthandel ein. Nun schlägt sich dieser Begriff als unmittelbare Produktion, die gleichzeitig einen Verbrauch darstellt, mit dem Begriff des Handels. Ein Teil der etwas altmodischen marxistischen Ökonomie hat mit diesem Begriff überhaupt Schwierigkeiten. Das übersieht den wichtigsten Punkt dabei. Die neuere Entwick­lung hat die „Dienste“ einfach so definiert, dass sie im Grund einfach ein Ausdruck der zunehmenden Arbeitsteilung und noch mehr, der zunehmenden Kommodifizierung aller menschlichen Aktivitäten sind. Überdies erhält das Konzept eine zunehmend parasitäre Bedeutung („Finanz-Dienstleistungen“). Es ist schließlich kein Zufall, dass die höchsten Anteile an Dienstleistungen am Export in den Off-shore-Wirtschaften Luxemburg, Malta und Zypern zu finden sind. Diese korrupten Nischen der Steuer-Hinterziehung und sonstiger Betrügereien leben in hohem Ausmaß davon, aus anderen Wirtschaften Werte zu sich abzuzweigen. Usf.

Konsequenz

Kommen wir zum Schluss mit dieser Einleitung und Übersicht!

Das globale System der Weltwirtschaft muss als eine erstrangig politische Angelegenheit betrachtet werden. Im Zentrum steht die USA, trotz ihrer Schwächen und Abstiegs-Tenden­zen. Das kann man sogar räumlich-wörtlich nehmen. Auf ihrer Westseite geht es um die TPP (Transpazifische Partnerschaft). Auf der Ostseite um TTIP. Und TPP sowie TTIP sind ja keineswegs tot, wie es uns einige Politiker weismachen wollen. Die Vorhaben wurden vorerst in den Hintergrund geschoben. CETA soll den Türöffner bilden. Geht CETA durch – und die Chancen dafür sind nicht gering – dann steht TTIP blitzartig wieder auf der Tagesordnung, vielleicht unter einem anderen Namen. Und an TPP ist mittlerweile der große Freihändler China interessiert.

Im Kampf dagegen ist Trump unfreiwillig und kurzfristig der beste und effizienteste Verbün­dete. Denn mit diesem Präsidenten haben die europäischen Eliten ihre Schwierigkeiten,. Als Vertreter der vom Abstieg bedrohten Weißen und nicht zuletzt von deren Lumpen-Proletariat handelt er gezwungener Maßen gegen die liberalen Mittelschichten und auch einen Teil der Eliten. Das können die Europäer ihren Bevölkerungen schwer vermitteln und schmackhaft machen. Eine strategisch denkende globale Linke sollte sich das zunutze machen können.

  1. Juli 2018 Albert F. Reiterer

Bertelsmann Stiftung (2018), Globalisierungsreport 2018. Wer profitiert am stärksten von der Globalisierung? Johann Weiß, Dr. Andreas Sachs, Heidrun Weinelt. Gütersloh.

GVC-Report = GLOBAL VALUE CHAIN DEVELOPMENT REPORT 2017. Measuring and Analyzing the Impact of GVCs on Economic Development. Washington: International Bank for Reconstruction and Development / The World Bank.

Lee, Keun / Shin, Wonkyu / Shin, Hochul (2013), How large is the Policy Space? WTO Regime and Industrial Policy. Seoul: National University (Manus).

Research Working Group on Cyclical Rhythms and Social Trends (1979), Cyclical Rhythms and Social Trends of the Capitalist World Economy. Some Premises, Hypotheses, and Questions. In: Review II, 483 – 500.

Ricardo, David (1971 [1817]), On the Principles of Political Economy and Taxation. Ed. by R. M. Hartwell. Harmondsworth: Penguin.

WTO (2018), Annual Report. Genva: WTO.

WEF = World Economic Forum (2015), The High and Low Politics of Trade. Can the World Trade Organization’s Centrality be Restored in a New Multi-Tiered Global Trade System? Geneva: WEF.

Mit Antifa gegen Rechtspopulismus?

Der Finanzcrash 2008 hat die Krise der Globalisierung rasant beschleunigt. Die Verwaltung des Status Quo durch die traditionellen liberalen/konservativen/sozialdemokratischen Eliten-Parteien wird zunehmend prekärer. Herausgefordert werden sie vor allem durch den Rechtspopulismus. In zahlreichen Ländern ist er zur wichtigsten Opposition aufgestiegen, mit realistischen Regierungschancen. Im Osten kontrolliert er Ungarn und Polen, im Westen nun auch – im Bündnis mit den eher linken Cinque Stelle – Italien (zur österreichischen Version ein paar Worte weiter unten). Die Linke dagegen konnte nur sehr punktuell profitieren (Corbyn, Sanders, Iglesias, Mélenchon). In Griechenland endete ihre größte Chance, sich als Alternative zu präsentieren, im Desaster und hat ihre Glaubwürdigkeit al Opposition in Europa nachhaltig beschädigt. Vor diesem Hintergrund – Krise der Eliten, anhaltende soziale Verwerfungen, Aufstieg der Rechten – florieren im linken Lager die Analogien zum Aufstieg des Faschismus und der Aktualität des antifaschistischen Kampfes. Aber ist diese Vorstellung haltbar und führt sie zu einem sinnvollen Politikvorschlag für das Europa von heute?

 

Die Rechtspopulismus-Faschismus Analogie

Zweifellos gibt es phänomenologische Ähnlichkeiten zwischen dem historischen Faschismus und den heutigen Rechtspopulisten: völkische Hetzte einst gegen Juden, jetzt gegen Migranten (Moslems), Betonung nationaler Identitäten, Aufgreifen sozialer Probleme der Unterschichten, verbale Gegnerschaft zu Fraktionen des Kapitals (Banken, Spekulanten), autoritärer Sicherheitsstaat.

Dies sollte aber nicht dazu führen, substantielle Unterschiede zu übersehen. In erster Linie liegen die Kräfteverhältnisse zwischen Arbeiterbewegung und Kapital gänzlich anders. Der Faschismus hatte als ganz zentrales Charakteristikum den „präventiven Bürgerkrieg gegen den Kommunismus“: er beendete mit Gewalt die sozialrevolutionären Anstürme, die nach dem 1. Weltkrieg ganz Europa erschütterten. Damit hatte er von Anbeginn eine Teilsympathie der Eliten, die sich so dieser Bedrohung von Links entledigten. Dieser Aspekt der „terroristische Diktatur der am meisten reaktionären, chauvinistischen und imperialistischen Elemente des Finanzkapitals“ (Dimitroff-Formel; die Kritik daran sie hier dahingestellt) wurde mit der Machtübernahme Hitlers und der Entfesselung des 2. Weltkrieges immer wichtiger, das sozialpopulistische Unterschicht-Element (Röhm-Putsch 1934) wurden zurückgedrängt.

Für die gegenwärtigen politisch-ökonomischen Eliten gibt es keine Bedrohung von Links, der sie durch ein Bündnis mit rechten Schlägertruppen entgegentreten müssten. Der Rechtspopulismus als Vehikel des Unmuts der Globalisierungsverlierer bedeutet vielmehr eine bedrohliche Destabilisierung, die eine Büchse der Pandora von Brüchen im System aufstoßen kann. Wo die Erdrückung durch Umarmung (die österreichische Lösung) nicht möglich scheint, werden alle Geschütze aufgefahren, um die populistischen Regierungsexperimente zu erledigen (siehe Mattarella in Italien; auf der linken Seite die äußerst erfolgreiche Drohkulisse, die zur Rückführung der Tsipras-Regierung ins Establishment führte). Das soll nicht heißen, dass es von jenen Teilen des Unternehmertums, die auf der Verliererseite sind, keine Unterstützung gibt – ganz im Gegenteil, sie stellen in der süd- (Italien) und osteuropäischen (Ungarn, Polen) Periphere einen wichtigen Teil des populistischen Phänomens dar. Aber eben als Teil der Globalisierungsverlierer, nicht als Teil des herrschenden Blocks.

Auch mit Krisenanalogien und deren politischen Folgen sollte vorsichtig umgegangen werden. Die Arbeitslosenzahlen in Deutschland und Österreich zeigen einen doch schärferen sozialen Fall in Folge des Crashs von 1929, vergleichbar mit dem Desaster, in das Griechenland durch die Welle an Austeritätsprogrammen seit 2010 gebracht wurde. Dementsprechend tiefer war die Repräsentationskrise der parlamentarischen Demokratie und umso konsensfähiger – nicht nur in den Unterschichten, sondern auch unter den Eliten – wurden radikale und autoritäre Herrschaftsoptionen. Heute ist der Parlamentarismus das wesentliche Feld der Auseinandersetzung, außerparlamentarische soziale und politische Mobilisierung ist ein Nebenschauplatz. Gerade dieses Kampffeld ist auch für den Rechtspopulismus eine Schwierigkeit, da der „Gang durch die Institutionen“ rasch zur „österreichischen Lösung“, der Rückführung ins Establishment, führt. Salvini in Italien ist bis jetzt, angesichts der Tiefe der Krise, eine gewisse Ausnahme. Aber das laute Ausländer-Raus Geschrei mit Bulldozer-T-Shirt, auch wenn es den europäischen Eliten nicht gefällt (wie 2015 auch Varoufakis Lederjacke und Motorrad den EU-Ministerkollegen aufgestoßen ist), ist schlicht einfacher als ein Budgetgesetz, das mit den Austeritätsregeln aus Brüssel/Berlin bricht. Erst da wird sich zeigen, ob die italienischen Rechtspopulisten zum Bruch bereit sind (die Cinque Stelle von Di Maio wären es sicher nicht).

Dass die liberalen Eliten über die „illiberale Demokratie“ lamentieren, die der institutionalisierte Rechtspopulismus herbeiführt, ist übrigens mehr als zynisch: demokratische Entscheidungsspielräume der Parlamente wurden bereits über Jahre an technokratischen wirtschaftsnahe Bürokratien übertragen, mit Sicherheits- und Überwachungsgesetzen haben auch die „liberalen“ Systemparteien nicht gegeizt, und (Mehrheits-)Wahlrechtsreformen zur Herrschaftssicherung gegen Stimmenverluste sind wohl auch nicht das Idealbild einer auf Konsens basierenden Demokratie.

 

Antifa als Antwort?

Die Leseart des Rechtspopulismus mit der historischen Brille einer neu aufkommenden faschistischen Gefahr führt sachlogisch zur Antifa als Antwort. Dabei lassen sich zwei Spielarten unterscheiden.

Die vorherrschende Strategie von Links ist eine Art Wiederauflage (als Karikatur) der Volksfront: alle „demokratischen“ Kräfte – von den bürgerlichen Liberalen über die Sozialdemokratie bis zur außerparlamentarischen Linken – geeint gegen den Rechtspopulismus. Die Hegemonie in einem solchen Block ist unter den heutigen Kräfteverhältnissen unschwer zu erraten: sie liegt beim (neo)liberale Establishment. Die ein oder andere vorsichtige soziale Kritik am Neoliberalismus und der Globalisierung durch die Linke ändert daran gar nichts. Geeint durch die (durchaus reale) Angst, dass jeder größere Bruch die liberale Gemütlichkeit erschüttern wird, bleibt man gebunden an die Perspektive der Aufrechterhaltung des Status Quo. Zu schön war der Traum der gut situierten westlichen Mittelschicht vom Clinton’schen „Ende der Geschichte“, dass man gar nicht glauben kann, dass diese System immer mehr Verlierer produziert hat, die sich nun zu Wort melden.

Eine zweite Antifa-Strategie, jene der radikalen Linken (je nach Land ein ganz oder beinahe marginale, kulturelle Parallelwelt) erinnert an ein tragische Neuauflage der „Dritten Periode“: die Krise erfordere eine autoritäre Lösung zur Rettung des Kapitals, die sich in der aufsteigenden Rechten anbahnt. Es sei nur eine Frage der Zeit (der wachsenden „Kampfkraft der Arbeiterklasse“ = der eigenen Organisation), bis das Kapital von den alten liberalen/sozialdemokratischen Eliten, die die Lage nicht mehr im Griff haben, wie einst auf diese neuen rechten Kräfte setzen werde. Die Lösung (à la Dritte Periode): Antifa heißt Angriff. Die Unterschichten kommen zwar als Opfer vor, jedoch nur in der Ideologie, nicht in ihrer realen Widersprüchlichkeit, wo sie sich eben gerade im Sog des Rechtspopulismus befinden. Die Unzufriedenheit der Globalisierungsverlierer artikuliert sich eben gerade nicht wie in den 20er Jahren in radikalen sozialen Kämpfen, die nach einer radikalen außerparlamentarischen Kraft (geschweige denn einem schwarzen Block) suchen. Jeder der nur einigermaßen mit offenen Augen die Realität anerkennt, versteht, dass diese Strategie genauso in den Untergang, hier eben in der völligen Chancen- und Bedeutungslosigkeit, führt.

Nationale Souveränität als Hebel für Demokratie und soziale Gerechtigkeit

Wo also könnte sich ein Ausweg finden? Dazu seien drei Punkte andiskutiert.

  1. Die Probleme der Unterschichten wahrnehmen: Das scheint fürs erste einfach, da soziale Fragen wie Arbeitslosigkeit, prekäre Beschäftigung, Löhne oder Wohnen für die meisten Linken selbstverständlich sind (wenngleich man sie in der liberalen Volksfront gerade dem gemeinsamen anti-populistischen Block opfert). Die zentrale Schwierigkeit ist, dass gegenwärtig die „Ausländerfrage“ alles überlagert. Diese hat drei Aspekte, zwei problematische, weil ideologische und abzulehnende, und einen realen. (1) Die Migrationsfrage wird vom Rechtspopulismus genutzt, um das Wesentliche, nämlich den Bruch mit dem neoliberalen Sozialabbau, zu überspielen. Man sichert sich Konsens über Ausländerhetze, während man sozial- und wirtschaftspolitisch alles beim Alten lässt. (2) Die Ablehnung der Migranten in breiten Teilen der Bevölkerung (nicht nur den Unterschichten) hat ein kulturchauvinistisch-imperialistische Element, nämlich den Hass gegen den Islam. Das ist nicht verwunderlich: schließlich wurde seit über einem Jahrzehnt ständig, von allen Leitmedien und vor allem vom liberalen Establishment der Antiislamismus propagiert. Die Verteidigung der westlichen Demokratie gegen das islamische Mittelalter war die große Erzählung, mit der die Interventionskriege im Nahen Osten und Afghanistan legitimiert wurden. Zynisch wer sich heute verlegen wundert, dass sich das festgesetzt hat und nun vom Rechtspopulismus genutzt wird. (3) Der reale Aspekt, auf den es eine Antwort zu finden gilt, ist die Konkurrenz am Arbeitsmarkt durch Migration, die vor allem die untersten Schichten trifft. Und auch die Frage der Sicherheit – ein wenig verwunderliches Problem, bei der Perspektivlosigkeit, in die die Migranten gedrängt werden – muss erst genommen werden. Dass dies der Mittelschichtlinken egal ist, ist klar, denn sie wird davon nicht berührt. Aber will man die Krisenreaktion der Unterschichten verstehen, dann muss es als reales Problem wahrgenommen werden, um Antworten zu finden, die eben nicht der rechtspopulistische polizeiliche Sicherheitsstaat und die Lager an der libyschen Küste sein können.
  2. Die Schwächen des Rechtspopulismus aufgreifen: Die Wählerschaft des Rechtspopulismus wird kaum nach anderen Optionen Ausschau halten, wenn die einzige Alternative, die ihnen angeboten wird es ist, die Regierung ihrer Hoffnungsträger mit allen Mitteln zu verhindern. Sollen sie es doch probieren und zeigen, wie weit zu gehen sie bereit sind, wenn es um die Versprechen einer Wirtschaftspolitik im Interesse der Unteren, eine Änderung der Austeritätsregeln des europäischen Fiskalpaktes oder ein Nein zu Freihandelsabkommen wie CETA geht. Die Fliegengewicht-Populisten der FPÖ haben bereits Gegenwind aus den eigenen Reihen gespürt, als sie CETA durchwinkte und den 12-Studentag ratifizierte. Da musste Kickl schnell mit ein paar Anti-Ausländer-Manövern die Stimmung wieder ablenken. Auch in Italien wird das Budgetgesetz im Herbst die Probe aufs Exempel werden. Und selbst wenn Salvini/Di Maio einen Bruch wagen sollte (im Gegensatz zu Tsipras; was zu hoffen ist): das folgende Erdbeben wird viele Karten neu mischen und auch für die Linke Fronten eröffnen, auf denen sie mitspielen kann, wenn sie sich nicht ans Establishment hängt.
  3. Den demokratischen Aspekt des Nationalstaats zurückgewinnen: Bei ein wenig historischem Gedächtnis ist es schwer zu begreifen, wie der Nationalstaat für die Linke zu einem derartigen Synonym für das Böse werden konnte. So lange ist es schließlich nicht her, dass die Verteidigung des demokratischen und souveränen Nationalstaats gegen suprastaatliche kapitalistische Bürokratien à la EU Konsens war. Der Nationalstaat war der Ort des sozialen Ausgleichs (Sozialstaat) und der parlamentarisch-demokratischen Steuerung. Von ihm ging die Aushandlung internationaler Bündnisse mit anderen Staaten aus. Selbst die Antiglobalisierungsbewegung war in ihren Anfängen noch geprägt von der Dritt-Welt-Solidarität, wo Souveränität und nationale Unabhängigkeit fortschrittlich besetzte Werte waren. Heute erscheint selbst die Kritik am Freihandel in vielen Kreisen wie ein Aufruf zum Nationalismus und in einen neuen Weltkrieg (gegen Trump hat die liberale Volksfront sich jetzt offenbar um die WTO und G7 erweitert). Die Krise der Globalisierung nimmt jedoch keine Rücksicht auf solche ideologischen Irrwege. Der Nationalstaat als Ort des Eingreifens in wirtschaftliche, soziale und politische Entwicklungen hat nie aufgehört zu existieren und wird nun in seiner Rolle neu definiert. Die Rechtspopulisten greifen dazu auf ihre völkischen Ideen einer ausschließenden Nation zurück. Die Linke braucht dagegen ein überzeugendes alternatives Narrativ der Nation als Ort demokratischer Willensbildung, sozialen Solidarität und Völkerverständigung. Dafür würde sie ausreichend Ansätze in der Geschichte der demokratischen, sozialistischen und besonders auch der antifaschistischen Bewegung finden, die es wert sind, in eine moderne Politik übersetzt zu werden.

Wien, 12. Juli 2018, Gernot Bodner

LEHRSTÜCK ITALIEN: Die Eliten, die Massen und die Populisten

Die europäische Elite gerät in Sorge. Aber auch wieder nicht so übermäßig. Sie tut mehr so als ob. Sie weiß schließlich und lässt es ihre politischen Häuptlinge auch offen und als Drohung aussprechen: „Die Märkte“ werden es den Italienern schon beibringen, wie sie zu wählen haben. Und hat Oettinger nicht recht? „Meine Erwartung ist, dass die nächsten Wo­chen zeigen, dass die Märkte, dass die Staatsanleihen, dass die wirtschaftliche Entwicklung Italiens so einschneidend sein könnten, dass dies für die Wähler doch ein mögliches Signal ist, nicht Populisten von links und rechts zu wählen.“ Der Stil ist mehr als holprig. Aber: „Nichts davon ist falsch“, legt der „Spiegel“ nach, und hat in seiner Art auch recht. Und Juncker fordert von den Italienern „mehr Arbeit, Ernsthaftigkeit, weniger Korruption“. Das ist ja der Richtige, der Luxemburger, der da weniger Korruption fordert. Das war dem Herrn Tajani doch ein wenig zu heftig. Aber wer ist schon der Herr Tajani?

Was kann man nun wirklich erkennen und erwarten? Im Moment ist Matarella in der Symbolik eingeknickt. Er – d. h. seine Auftraggeber – dürften erkannt haben, dass sich die Situation bei einem folgenden Wahlkampf mit Volksabstimmungs-Charakter für die Eliten verschlimmern dürfte, wenn sie den offenen, gewaltsamen Putsch vermeiden wollen. Und so steckt er die Ohrfeige ein, welche die Bestellung des Savona zum „Europa-Minister“ für ihn bedeutet. Das sind die Spielchen in der politischen Klasse, im Umgang unter sich.

Aber bei diesem Spiel sollten wir nicht übersehen: Die Eurofreunde haben sich durchgesetzt. Wenn Giovanni Tria – Wirtschaftsminister anstelle von Savona – im Euro-Exit nur „Kosten ohne Gewinn“ sieht, dann steht er auf demselben Standpunkt wie alle neoliberalen WU-Fanatiker. Lorenzo Fioramonti, angeblich Ökonom und Abgeordneter der 5S, sagt dasselbe und positioniert sich dort, wo jeder Macronianer auch stehen könnte: „Nicht die Gemeinschafts­währung ist das Problem, sondern wie sie gehandhabt wird“ (Sonntagszeitung, 3. Juni 2018). Und wenn sich der „Spiegel“ so darüber entsetzt, dass Tria meint, eigentlich verstoße die BRD mit ihren riesigen Leistungs-Bilanz-Überschüssen ständig gegen den Stabilitätspakt, so sagt er nur das, was man in jedem seriösen mainstream-Journal auch lesen kann.

Die flat tax befürwortet er, und die Einnahmen-Ausfälle will er durch eine entsprechende Erhöhung der Mehrwert-Steuer ausgleichen. Kann es etwas noch Eindeutigeres geben? Die Mehrwertsteuer ist regressiv, belastet stärker die unteren und auch die mittleren Schichten; die oberen Mittelschichten und die Oberschichten kratzt sie nicht. Die aber werden durch die flat tax weitgehend verschont und erhalten zusätzlich durch den „Familien-Bonus“ noch dicke direkte Subventionen. Was selbst Berlusconi in dieser Offenheit nicht wagte, macht nun die sogenannte „Populisten-Regierung“.

Das Grundeinkommen ist vor allem eine Subvention für den südlichen Teil Italiens, oder, sprechen wir offen, ein Stimmeneinkauf – und zwar für die Lega, nicht etwa für M5S. Die Lega hat begonnen, sich zur gesamtitalienischen Partei auszuweiten. Aber noch erinnert man sich an ihre tatsächlich rassistischen Gehässigkeiten gegen die terrani, diese Untermenschen in Süditalien. Sie muss sich also irgendwie glaubwürdig machen. Die Gelegenheit bietet ihr nun M5S auf einem Silbertablett. Im Gegensatz zur Lega hat sie nämlich ihre Hochburgen in Unter-Italien. Es geht um die Arbeitslosen im Süden, die kaum mehr eine Hoffnung haben.

Die Arbeitslosigkeit liegt im nördlichen Teil aktuell auf dem Niveau Schwedens (z. B. Lombardei 6,4 %; Stockholm Region: 6,3 %), im mittleren auf dem Niveau der schlechter bedienten Regionen Frankreichs oder Kroatiens (z. B. Latium: 10,7 %; Nord-Pas de Calais: 12,9 %), im Süden aber auf dem Niveau Griechenlands (z. B. Sizilien: 21,5 %, Thessalien: 20,6 %). Die Indikatoren beziehen sich auf 2017.

Selbstverständlich wird dies einerseits eine Erleichterung für die Betroffenen im Süden bringen. Aber vergessen wir nicht: Aus einer linken Sicht ist ein Grundeinkommen stets eine zweifelhafte Angelegenheit. Es ginge viel mehr darum, eine entsprechende Politik des Arbeitsmarktes zu betreiben. Das Grundeinkommen wurde als neoliberales Instrument nicht zufällig vor allem von solchen Theoretikern wie Milton Friedman und seinen Gesinnungs-Genossen propagiert. Hier handelt es sich um eine Form der Notstandshilfe auf nicht beson­ders eindrucksvollem Niveau. Was dies bewirken könnte, wäre eventuell – mit Glück – einen Nachfrageschub. Es wäre also ein keynesianisches Mittel der Wirtschafts-Politik. Die Frage stellt sich, wie sehr dies aber funktioniert. Man kann nicht oft genug auf Frankreich in den 1980ern hinweisen, also zu einer Zeit, wo der EG-Binnenmarkt noch keineswegs so durchge­setzt war wie heute. Auch damals ging ein erheblicher Teil in den Import. Das aber war der Anlass zur damaligen politischen Wende in Frankreich hin zum bundesdeutschen Paradigma und zur Austerität …

Im Übrigen muss man immer wieder betonen: Öffentliche Schulden bedeuten, wenn man nicht von vorneherein davon ausgeht, dass sie nicht zurück gezahlt werden, eine Überga­be des gesellschaftlichen Ressourcen an die Gläubiger. Schulden sind eine Machtfrage. Drastisch und bildhaft ausgedrückt: 133 % des BIP als öffentliche Schuld heißt: Das gesamte Produkt des kommenden Jahres und noch ein Drittel des darauf folgenden dazu gehört den Gläubigern.

Man könnte mir nun vorwerfen: Aber hast Du Dir den Illusionen über die Populisten, Illusi­onen über die M5S gemacht? Ich reiche den Vorwurf weiter. Beim letzten Treffen In Rom Mitte Mai konnte ich nur verwundert feststellen, wie sehr unsere italienischen Genossen Hoffnungen auf die kommende Regierung als einem Bruch mit der bisherigen Politik setzen. Und damit vergessen, dass auch Links-Populisten Populisten sind: also Politiker, die viel­leicht ein Problem erkennen, aber weder gewillt noch von ihren Ausgangs-Punkten her theoretisch und praktisch in der Lage sind, eine entsprechende Politik zu führen. Dass also eine populistische Regierung eine Enttäuschung sein muss.

Warum dann das Geschrei der Eliten und ihrer Intellektuellen und Journalisten?

Sie fürchten den politischen Effekt des Ungehorsams. Wenn die Vorgaben der Oligarchie so gar nicht befolgt werden, dann könnte dies dazu führen, dass die Bevölkerung vielleicht auch in radikalerer Weise ungehorsam wird.

Es ist geradezu grotesk. Da müssen wir auf Salvini, den Rechten hinschauen, der sich nicht scheut, immer wieder auch an faschistoides Vokabular anzustreifen und sogar Minister-Posten für die Fratelli d’Italia verlangt, seine neofaschistischen Freunde. Denn hier kündigt er in einer symbolischen, reaktionären Weise den Kultur-Gehorsam auf, wie es auf der Linken offenbar niemand mehr in progressiver Weise wagt. Denn Di Maio kann gar nicht mehr umfallen; der liegt nur mehr. Der ist ja nicht einmal mehr ein Populist. Da die wenigen, die ihn vielleicht noch herausfordern könnten, offenbar aufgeben und sogar das Land verlassen („Diba“, Alessandro di Battisti wird hier genannt, den ich nicht beurteilen kann), gibt es offenbar in seiner Organisation niemand als Alternative.

Die Eliten und ihre Sprecher aber besorgen zwar in gewisser Weise unsere Anliegen, indem sie Alarm und Krisen-Stimmung aufrecht erhalten. Aber auch das ist ein zweischneidiges Schwert. In den letzten Jahrzehnten haben stets die Herrschenden den Krisen-Modus genutzt, um ihre Anliegen durchzubringen. Die Linke hat mit ihrem gebannten Warten auf die revolutionäre Krise stets übersehen, dass die Rechte und der mainstream mit der „Krise“ stets auch die Massen soweit unter Druck gesetzt haben, dass sie parierten. In diesem Sinn hat Oettinger Recht, und dass er es so offen sagt, ist vielleicht sogar ein Beweis, wie sicher sich die Herrschaften in Wirklichkeit fühlen.

Albert F. Reiterer, 3. Juni 2018

Regierung Fünfsterne-Lega

Italien: Euro-Regime & Populisten auf der Probe

von Wilhelm Langthaler

[Bild: chauvinistische Propaganda der deutschen Medien gegen Italien, so wie sie auch gegen Griechenland betrieben worden war]

Die Regierungsbildung in Italien war turbulent. Der Kern der Auseinandersetzung ging um das von Volk geforderte Ende der Abbaupolitik und den Nachfrageimpuls, die aber den Euro/EU-Vorgaben diametral zuwiderlaufen.

Zwischenzeitlich hatte der Präsident versucht, die Populistenregierung autoritär zu unterbinden und eine EU-konforme „Technokraten“-Exekutive zu bilden. Er musste zurückrudern, um noch einen weiteren Abstieg der Regime-Parteien zu verhindern.

Aber vielleicht hat er doch etwas erreicht? Bisher ist unklar, was der Kompromiss um die Figur des Euro-kritischen Ministers Savona bedeutet. Das wird sich erst in der nächsten Periode zeigen.

Im Sinne der Eliten ist es sicher klüger, die Regierung Fünfsterne-Lega gefügig zu machen – mit einem Wechselspiel aus Druck, Einbindung und Desavouierung. Das hat ja bei Syriza in Griechenland wunderbar funktioniert.

Man darf nicht vergessen, dass die Lega nicht nur eine ideologisch rechte Partei ist, sondern auch mit dem Oligarchen Berlusconi in Koalition war und im industriellen Norden weiter ist. Ein Flügel ist Teil der herrschenden Ober- und Mittelschichten. Und auch in den Cinque Stelle gibt es sehr moderate Kräfte, einschließlich Di Maio selbst.

Vielleicht ergibt sich daraus die Chance auf einen radikalen demokratisch sozialen souveränistischen Pol für den Bruch mit dem neoliberalen Euro-Regime.

DIE INTRIGEN DER ELITE UND IHRE PUTSCH-GELÜSTE: Der Fall Italien

La Repubblica ist eine Römer Tageszeitung. Eugenio Scalfari gründete sie 1976 als Kampf­blatt der italienischen Sozialdemokratie. Ihr Ziel war es, die KPI zu zerstören. Dass ihr dies nach ziemlich kurzer Zeit gelang, liegt allerdings nicht an Scalfari. Es liegt an der Selbstzer­störung der italienischen Linken. Wie sehr Scalfari dazu beigetragen hat, ist schwer zu beurteilen. – Heute ist dieses Blatt eine Hauptstütze des politischen mainstreams.

Dieses Blatt brachte am 8. Mai einen Bericht über die kommende Technokraten-Regierung – wie der Journalist glaubte. Der entscheidende Punkt war. Der italienische Staatspräsident beabsichtigte eine Regierung zu installieren, welche das gerade Gegenteil tun sollte, was eine Mehrheit der Wähler in den vergangenen Wahlen wollte und klar zum Ausdruck brachte. Es sollte eine Ministerpräsidentin installiert werden – der Name von Lucrezia Reichlin wurde genannt –, welche völlig dem rechten neoliberalen mainstream zu zu zählen ist und die skla­vische Unterwerfung unter die EU und die BR Deutschland garantieren sollte.

Die folgende Einigung machte zumindest in dieser Hinsicht der italienischen politischen Klas­se und den offenen und verhüllten Renzianern einen Strich durch die Rechnung. Umso größer ihre Wut. Matarella gab seine Putsch-Gelüste in der Tradition seines Vorgängers Giorgio Napoletano nicht auf. Er lehnt den designierten Wirtschafts-Minister Paolo Savona ab, weil dieser nicht EU-freundlich genug und ein Kritiker des Euro ist. Aber genau diese Position hat in den Wahlen eine klare Mehrheit bekommen. Erst war es nur der Rechte Salvini, der andeu­tete, dass er sich das abschminken möge. Nach langem, langem devoten Schweigen spricht nun auch Di Maio, der angebliche Populist, Klartext: Er verlangt ein impeachment des Präsidenten.

Dazu ist zu sagen: Das ist so konstruiert, dass zwar die Mehrheit der Abgeordneten (Senat und Kammer zusammen) eine „Anklage“ einbringen können. Aber entschieden wird von der Kaste. Es sind die höchsten Richter, aus denen eine Auswahl getroffen wird. Dass diese aber gegen ihren Standes-Kollegen entscheiden werden, ist so gut wie ausgeschlossen. Eine Krähe kratzt der anderen kein Auge aus. Dies trifft umso mehr zu, als Napoletano genug Präzedenzfälle geliefert hat, wie man einen legalen Putsch mit illegitimen Mitteln durchführt. Vergessen wir nicht: Matarelle wurde von der Parlaments-Mehrheit gewählt, die mit Aplomp gerade abgewählt wurde. Aber als Juristen können sich jetzt die Berufs-Kollegen des Matarella auf die „Legalität“ berufen. Außerdem hat der einen neuen Allliierten: Berlusconi…

Allerdings wird die Wahl aller Voraussicht nach eine Stärkung sowohl der Lega als auch, dank des Konflikts mit Matarella und der von ihm vertretenen bisherigen politischen Klasse, bringen. Wenn Matarella das in Kauf nimmt, dann muss diese politische Klasse schon ziemlich verzweifelt sein.

Was aber hat die Ängstlichkeit der EU-Eliten und ihrer journalistischen Sprachrohre wirklich zu bedeuten? Man fragt sich mit das mit Verwunderung. Denn im Regierungs-Programm der beiden künftigen Regierungs-Parteien ist ohnehin das meiste drinnen, was sich den Ober­schichten und den oberen Mittelschichten ihr Herz erfreut: flat tax, „Familienbonus“, ….

Aber das Ganze ist verbrämt mit einer gewissen Rhetorik des Bruchs und des Kultur-Ungehorsams. Das halten gerade die intellektuellen Sprecher der Eliten schlecht aus. Sie wünschen nicht nur eine gewisse Politik. In gewissermaßen katholischer Tradition ist ihnen ebenso wichtig, dass die Handelnden, und speziell die, welche aus einem Protest der Bevölkerung her kommen, Reue und Bußfertigkeit zeigen. Tsipras ist das gepriesene Modell. Wir brauchen bloß in die deutschen Zeitungen zu schauen. So sollen alle sein. Sie sollen nicht nur tun, was die Eliten möchten. Sie sollen vor allem auch so reden. Nur das gewährt auf Dauer Hegemonie.

Sie begreifen dabei nur nicht, dass ein größerer Teil der Bevölkerung das nicht mehr will. Anstelle also zu kapieren, dass ihnen diese Kräfte, M5S usw., beides liefern: die Politik und zumindest eine Zeitlang die Beruhigung der Bevölkerung durch Scheinkritik, wollen sie die Total-Unterwerfung auch in der Rhetorik.

Es ist nicht zuletzt der Stil der politischen Auseinandersetzung, welcher zeigt: Die Elite fühlt sich und ihre Hegemonie bedroht. Wer sich im Hauptstrom, im „Verfassungsbogen“ bewegt, soll mit „Achtung“ behandelt werden. Die Opposition, welche diese Grenzen nicht beachtet, ist „populistisch“, wohl auch – seit einiger Zeit – „faschistisch“. Der Doppelstandard ist hier wieder einmal mit Händen zu greifen. Der sogenannte „Antifaschismus“ ist nicht nur in Mitteleuropa, in Österreich und Deutschland, zu einem Schlachtross der Konservativen und Liberalen geworden. Die, welche inhaltlich den Faschisten historisch am nächsten standen, sind heute ganz eifrige Antifaschisten. Mit einer Faschismus-Analyse hat dies natürlich nichts zu tun. Wie auch? Hat doch Dimitroff schon auf die militant kapitalistische Grundlage des Faschismus verwiesen. Damals hat das Bürgertum den Faschismus als Rettungswall und Anker gegen jede demokratische Veränderung umarmt. Heute will die obere Mittelschicht und ihre Intellektuellen in derselben Tradition jede Änderung ihrer elitären Politik – in deren Mittelpunkt der Euro und die EU steht – mit dem durchsichtigen Vorwand abblocken, die „Populisten“ seinen alle Faschisten. Die konsequente Linke wird sich durch solche Anwürfe nicht irritieren lassen.

Bei aller Skepsis gegenüber den künftigen italienischen Regierungs-Parteien müssen wir, mit einem gewissem Amüsement, festhalten: Die Janitscharen des Bisherigen und der EU können es noch so weit bringen, dass aus dieser Regierung noch eine Herausforderung des status quo und des deutschen Europa wird.

Albert F. Reiterer

Macron, May und Merkel

Hat die EU die von Macron geforderte Reform und den bitter nötigen Aufbruch verpasst?

von Rainer Brunath

Eigentlich können die Schlagzeilen der Tageszeitungen den deutschen Leser nicht vom Hocker reißen – sollte man meinen, wenn man in den gleichen Zeitungen liest: „Die deutsche Wirtschaft wächst weiter mit hohem Tempo. Und die Deutschen seien in ihrer Mehrheit positiv zu Globalisierung und Freihandel eingestellt“. Ja was ist denn nun und was meinen die Vorbeter und Besserwisserschreiberlinge der Mainstream-Medien überhaupt?

Man kann doch nicht abstreiten, dass (deutsche) Manager in den Zentren deutscher Wirtschaft und ihre Mitspieler in den Chefetagen in Brüssel einigermaßen geschickt agieren, wenn es um den Zugang der weltweit größten Märkte USA und China geht. Es muss wohl etwas anderes dahinter stecken, als deren „Sorge um das Wohl der EU“. Könnte es sein, dass sie mit ihrer „Sorge“ etwas kaschieren, nämlich die Frage, ob Deutschland dabei ist, seine führende Rolle in Europa in Zukunft mit Frankreich, dem zweiten großen Mitspieler in der EU, teilen zu müssen? Das wäre fatal, um nicht zu sagen eine Niederlage im Gepoker um Märkte und Profit zwischen den großen EU-Staaten. Den Süden hat man ja schon ausgeschaltet, die kleinen Staaten zählen nicht, Skandinavien ist Randgebiet.

Und das UK? Britannien bereitet (den deutschen Politmanagern in Brüssel) keine Sorgen mehr. Es wurde von den Regierungschefs abgespeist. Ein Freihandelsabkommen wurde angeboten, was für Theresa May ein segensvoller Durchbruch war. Und man legte ihr noch ein kleines Bonbon in das Geschenkpaket. Man ist ja solidarisch, wenn es um einen Feind geht. Da steht man zusammen obwohl man sich untereinander nicht die Butter auf dem Brot gönnt. Aber in der Frage, ob Theresa May´s impertinente Schuldzuweisung an Präsident Putin in Russland bezüglich des Giftgasanschlags in Südengland zutreffend sei – da gab es kein Gezänke. Da stand man wie ein Mann an Ihrer Seite. Und auch das war Balsam für Theresa May und ihr Punktekonto auf ihrer Beliebtheitsskala – und es lenkte ab von der Frage, wie es denn nun weitergeht mit der „Weltmarktbedeutung“ der Insel. Denn in Politkerreisen in London ist man diesbezüglich immer noch unschlüssig, weil man fürchtet, dass die Brexit-Entscheidung, die ohne die Unterstützung durch die herrschenden Eliten Englands zustande kam, den im Land dominierenden Finanzsektor schaden könnte.

Das, was nun Macron versucht, in der EU gleichbedeutend zum deutschen Einfluss aufzuschließen, darum hatte sich Margaret Thatcher sich schon in den 1980er Jahren bemüht, indem es Bedingungen schuf, die Londons Bedeutung auf dem Finanzsektor führend machten. Heimlicher Wunsch ihrerseits war es, der wachsenden Bedeutung Deutschlands in der EU etwas entgegenzusetzen. Es war vergebliches Streben, wie wir heute wissen. England stand zum Brexit-Votum bei EU-Deutschland mit 50 Milliarden Euro in der Kreide was letzten Endes zum Bruch führte. Nun ist man in London ohne Strategie, wie die ganze Angelegenheit abgewickelt werden und wie es weitergehen soll.

So verfiel man einvernehmlich auf eine Übergangszeit, die nach den Austritt Britanniens im März nächsten Jahres, bis zum Ende 2020 gültig bleiben soll und in der alles so bleibt wie es ist: keine Zölle zwischen Britannien und der EU. Die Frage aber, wie es mit dem Finanzstandort London weitergehen soll, ist nach wie vor offen.

Die britischen Eliten gehen nach wie vor davon aus, dass britische Banken agieren können so als wären sie EU-Inländer und das Kapital auf dem Kontinent ist sich nicht sicher, ob es nicht auf den freien Zugang zur Londoner Finanzmetropole verzichten will und nicht lieber heimische Finanzzentren nutzen will. Und an diesem Punkt kann man Macrons Initiative verstehen. Er sucht den Schulterschluss mit Berlin um Kapital von London nach Paris und Frankfurt zu locken.

Zugleich soll das EU-Bündnis noch wettbewerbsfähiger gemacht werden. Man denkt daran, einen „Anerkennungsfond“ einrichten, der EU-Staaten zugeteilt werden soll, die „Reformen“ durchpeitschen. Was Reformen sind, bestimmt die Kommission und nicht das EU-Land: es sind Maßnahmen wie Flexibilisierung des Arbeitsmarktes, Senkung das allgemeinen Lohnniveaus, höheres Renteneintrittsalter. Vorbild ist die Schrödersche Agenda 2010 und die Art der Behandlung der Eurokrise 2012/13, als die „Troika“ im Auftrag des EU-Rates und speziell Berlins Maßnahmen gegen Hilfskredite in den südlichen EU-Ländern durchsetzte. Hier will Macron mithalten. Ob er Erfolg haben wird, hängt von der Entschlossenheit der französischen Arbeiter und Angestellten zur Gegenwehr ab.

 

 

DIE KURZ-STRACHE-REGIERUNG UND IHR FINANZMINISTER: Die „Budgetrede“ ist Ausdruck der politischen Blockade in Österreich

Die Budgetrede eines Finanzministers ist eine rituelle Angelegenheit. Der Informationswert ist meist sehr gering. Das Ganze ist eine Frage der Rhetorik. Von dort her ist es zu beurteilen. Wenn sie über etwas Aufschluss gibt, dann über den Geisteszustand der Regierenden, aber auch der Opposition – und wie beide wahrgenommen werden möchten.

Die veröffentlichten Zahlen sagen ebenso wenig aus. Es sind Globalgrößen. Ich gebe hier die Eckzahlen wieder, wie sie auf der website des Finanzministeriums zu finden sind:

Mrd. € 2017 2018 +/- % 2019 +/- %

Einnahmen 73,8 76,4 +3,5 79,7 +4,3

Ausgaben 80,7 78,5 -2,7 79,1 +0,8

Inflation, % 2,1 1,9 1,9

BIP real, + % 1,5 3,2 2,2

Wir sehen, dass bereits im laufenden Jahr sehr deutlich Leistungen abgebaut werden. Im kommenden Jahr wird es real (inflationsbereinigt) weitere Kürzungen geben. Es ist ja das erklärte und stets wiederholte Ziel dieser Herrschaften, staatliche Leistungen für die Menschen abzubauen.

Der Herr Löger betont, dass es auch zusätzliche Leistungen geben werde. Und wer wird die bekommen, wer wird verlieren? Ganz einfach: Bekommen werden Menschen mit hohem Einkommen, und je höher, umso mehr. Das läuft unter dem Stichwort „Familienbonus“. Das ist natürlich ein Propaganda-Vokabel. Man lernt als Ökonom im ersten Semester, dass es die Haushalte, vlg. „Familien“, sind, welche alle Einkommen beziehen bzw. sie verkonsumieren. Wer soll es also bekommen, wenn nicht die „Familien“? Das ist eine Definition. Wer soll eine staatliche Leistung sonst bekommen, wenn sie nicht direkt an die Unternehmen geht? Es fragt sich nur, welche Haushalte / Familien sie bekommen.

Der „Familienbonus“ ist einfach ein Steuergeschenk an die Besserverdienenden.

Doch gehen wir zurück zur hölzernen Rhetorik des Herrn Löger mit seinen Grammatik-Feh­lern und seinem schlechten Stil. Der philosophiert da nämlich über „eine tiefere Erklärung unseres Verständnisses von Leistung“ und polemisiert gegen eine „fehlerhafte Interpretation“. Denn „Leistung schafft Mehrwert“. Da hat er Recht. Und wer sackt ihn ein? Nun, er und sein Kompagnon Blümel sprechen gern von „Leistungsträgern“, die ihn sich durch „unternehmeri­sches Agieren“ aneignen. Wieder hat er Recht. Aber meint er das auch so?

Inhaltlich müssen wir besonders acht geben: Lassen wir uns nicht durch die Propaganda der Medien und der hegemonialen Intellektuellen verwirren! Die von ihnen so geschätzten positiven Punkte sollten wir stets genau ansehen. An einem Beispiel möchte ich zeigen, was ich meine.

Der Ansatz für „Wissenschaft und Forschung“ soll von 2018 auf 2019 um gleich 7,2 % steigen, von 4,463 Mrd. auf 4,783 Mrd. €. Das ist doch einmal was, eine gute Entwicklung! Wirklich? Das Forschungs-Budget kommt im Wesentlichen einer ganz kleinen Gruppe von Akademikern zugute und sagt von vorneherein überhaupt nichts aus über den sinnhaften Einsatz von Mittel. Da sind enorme Beträge für Beiträge an Einrichtungen wie dem CERN dabei, wo die Mitgliedschaft „alternativlos“ (Fassmann) sei. Der FWF bekommt sein Geld und finanziert teure Vorhaben wie Altersbestimmungen der Diet-Bestandteile des Ötzi – die völlig überflüssig sind, weil wir ohnehin gut Bescheid wissen, mittels anderer viel billigerer Methoden; usw.

Aber diese und eine ganze Reihe anderer Bereiche sind völlig immunisiert. Eine Debatte über Sinn und Unsinn von „Forschung“ findet nicht statt, weil wir doch alle gar nicht imstande seien, dies zu beurteilen. Das ist das beliebteste Argumente jeder Art von Bürokratie, und erst recht der Wissenschafts-Bürokratie. Wenn jemand ein kritisches Wort wagt, wird er / sie niedergebügelt… Der antihegemoniale Kampf hat aber gerade an solchen Bereichen anzuset­zen. Hier werden häufig Mittel in großem Stil hinaus geworfen, welche anderswo sehr viel sinnvoller einzusetzen wären.

Das sind politische Details. Das allgemeine Bild ist unscharf.

Wir sehen zwei Trends, die sich bis zu einem gewissen Grad widersprechen. Zum einen setzt die neue Regierung einfach die Politik der vorigen, der VP-SP-Regierung fort und verschärft sie ein wenig. Das betonen nicht zuletzt die konservativen Zeitungen: „Löger legt ein solides erstes Budget vor“ (SN, 22. März 2018). – „Strukturell bleibt alles beim Alten“ (Presse, 21. März 2018). „Lögers Budget ist solide, ihm fehlen aber echte Akzente einer neuen Politik“ (Standard, 22. März 2018).

Aber gleichzeitig will die Regierung eine neue Radikalität im Umbau des Staats und im Ab­bau des Sozialstaats signalisieren. Aber ganz wagt sie es doch nicht. Daher kommen die altbe­kannten Phrasen von der „langfristigen Sicherung des sozialen Friedens“ und der „nachhalti­gen Finanzierung des Sozialstaats“. Die Aussichten auf einen politischen Erfolg dieser Strate­gie sind gemischt, aber nicht schlecht. Der Hinweis auf „60 Jahre untragbare Schuldenpolitik“ trifft nämlich einen empfindlichen Punkt in der heterogenen, aber breiten Koalition der Wäh­ler dieser Regierung, nicht zuletzt der Unterschichten. Da steht ein bestimmtes Verständnis dahinter, mehr eine Ahnung als eine Einsicht. Die alt-sozialdemokratische, widersprüchliche Rhetorik für einen neuen politischen Keynesianismus stößt auf wachsende Skepsis und kommt jenseits einiger „Links“-Liberaler überhaupt nicht an. Als der National- und Sozial­staat unumstritten war und diese Politik wachsender Staatsverschuldung teilweise funktionier­te, hat man sie als Notwendigkeit akzeptiert, aber auch damals nicht mit Begeisterung. Denn warum soll man staatliche Leistungen über Schulden finanzieren? Keynesianismus war als Konjunktur-Politik gedacht, wurde hier aber an Stelle einer Struktur-Reform eingesetzt. Inzwischen hat das EU-Imperium die wirtschaftliche Steuerfähigkeit des nationalen Staats abgebaut. Und das begreift ein Großteil der Bevölkerung nicht schlecht. Es bleiben nur die Schulden übrig, und die zahlen eines Tages wahrscheinlich die Unterschichten.

Die Widersprüchlichkeit der Opposition tut das Ihre dazu. Typisch Kern: Auf der einen Seite beklagt er den Abbau der Arbeitsmarkt-Politik. Auf der anderen Seite aber motzt er, das sei doch kein „echtes“ Nulldefizit. Damit gibt er der Regierung in ihrer Grundstrategie natürlich vollumfänglich Recht – und muss es bei seiner EU-Hörigkeit auch tun!

Was diese Budget-Rede und die Reaktionen darauf also wirklich kennzeichnet, ist der intel­lektuell ärmliche Versuch, der Versuch auf Löger-Niveau, den angestrebten Paradigmen-Wechsel programmatisch durchzubringen. Der Neoliberalismus hat „den Markt“ zum neuen Weltgeist erhoben. Doch das tat die mainstream-Ökonomie schon seit der Neoklassik, seit Menger und Böhm-Bawerk, seit Walras und Pareto, und im Grund seit Adam Smith. Jetzt aber fühlen sich die neuen Herren und Damen in Österreich stark genug, eine solche neue Hegelei durchzusetzen. Und der Herr Löger schwadroniert eben auf seinem Niveau: „Es beginnt eine gute, neue Zeit. … Wir haben das Budget im Griff. Endlich! … Wir ändern den Kurs…“

Das Ritual der Budget-Rede tut noch immer eine gewisse Wirkung. Denn sie ist einerseits eine der ganz wenigen Gelegenheiten, wo eine von den Hegemonial-Medien systematisch verblendete Öffentlichkeit überhaupt policies, Politik-Inhalte und nicht nur belanglose personality-Shows zur Kenntnis nimmt. Aber gleichzeitig sind die realen Bedingungen für eine substanzielle Debatte nicht gegeben. Eine General-Debatte über die Politik findet schon deswegen nicht statt, weil alle im Parlament vertretenen Kräfte im Grund auf einer Linie stehen und sich vielleicht noch in feinen Nuancen unterscheiden. Die Budget-Rede sieht somit die Regierung im Vorteil. Bestätigen doch auch die oppositionellen Stellungnahmen im Grund die „Alternativlosigkeit“ ihrer Politik. Was dies politisch für uns bedeutet, bleibt vorerst ungewiss.

AFR, 23. März 2018

Nein zur Ratifizierung von CETA durch die Mitglieder der EU

Erklärung der Europäischen Koordination zum Austritt aus EU, Euro und NATO

Eigentlich reicht die Ablehnung durch einen einzigen Mitgliedsstaat aus, um CETA hinfällig zu machen. Der Vertrag hätte furchtbare Konsequenzen für unsere Bauern, die Gesundheitsversorgung, die Beschäftigung, die Umwelt (insbesondere den Ausstoß von Treibhausgasen) und natürlich die Demokratie.

Landwirtschaft in Gefahr

Allein die Erhöhung der kanadischen Quote für Rindfleisch würde genügen, um die Produzenten noch mehr in die Krise zu stürzen. Zehntausende Arbeitsplätze stehen in dem Sektor auf dem Spiel, auch in der Verarbeitung. Auch bei Schweinefleisch sind ähnliche Auswirkungen zu erwarten.

Gesundheitsrisiken für die Bürger

Kanadische Produkte sind nicht den gleichen Standards unterworfen wie jene aus europäischen Ländern. Ihr Konsum könnte zu gesundheitlicher Gefährdung führen.

Folgen für die Beschäftigung

Im Allgemeinen führt die Öffnung der Grenzen zu höherer Arbeitslosigkeit in denen der Konkurrenz ausgesetzten Sektoren, was wiederum zu geringeren Löhnen und schlechteren Arbeitsbedingungen führt.

CETA bedroht das Klima und erhöht die Emissionen von Treibhausgas

In Frankreich hat eine Expertenkommission (von Emmanuel Macron gewollt und einberufen) anerkannt, dass „der große Abwesende im Vertrag das Klima ist“ und dass er negative Auswirkungen auf die Emission von Treibhausgasen haben wird. Die Gewinnung von Erdöl aus Ölsanden ist höchst umweltbelastend. Der Extraktionsprozess setzt Methan frei, dessen Treibhauswirkung 20 Mal größer als CO2 ist, sowie Schwefeldioxid, das zur Versauerung von Wasser und Böden führt. Ein in Alberta aus Ölsand gewonnenes Fass führt zu dreimal mehr Treibhausgasen als ein klassisch gewonnenes.

CETA missachtet die Demokratie

Der demokratische Prozess ist durch zwei durch CETA institutionalisierte Mechanismen bedroht. Einerseits durch die Schiedsgerichte, die eine Privatisierung der Justiz darstellen und die Rechtsprechung des Staates und damit die Demokratie in Frage stellen. (Die Schiedsgerichte können die Staaten zu riesigen Entschädigungszahlungen an Multis verurteilen). Auf der anderen Seite durch Prozesse der Harmonisierung von Normen, die den Behörden der beiden Seiten erlauben legislativen Entscheidungen zuvorzukommen. Auch große Konzerne können das durch Lobbyismus für ihre Interessen nutzen.

Wir müssen alles tun, dass die Parlamentarier und Regierungen den Vertrag nicht ratifizieren.

Wir rufen alle Abgeordnete mit Nein zu stimmen.

Unerwartete Brexit-Nachwehen?

von Rainer Brunath

Theresa May kämpfte bei ihren aktuellen Brexit-Gesprächen mit dem EU-Verhandlungsführer Michel Barnier aus Brüssel um Haltung, denn der hatte ihr etwas vorgeschlagen, das für sie unannehmbar war: Nordirland in der EU zu belassen, es quasi von Britannien zu lösen. In der Konsequenz käme das einer Vereinigung mit der Republik Irland gleich, kommentierte Theresa May.

Zur Erinnerung: Noch vor wenigen Wochen hatte Theresa May für Nordirland den „Sonderstatus“ ausgehandelt, dass sich für dieses Gebiet in seinem Verhältnis zur EU nichts ändern sollte. Die harte Grenze zwischen Irland und Nordirland sollte vermieden werden.

Theresa May, die nur mit den nordirischen Unionisten regieren kann, reagierte verärgert: „Der Vorschlag Nordirland zolltechnisch der Republik Irland zuzuschlagen habe diabolischen Charakter, denn der bedrohe die Einheit des UK.“

Ihre mit gewisser Spannung erwartete Rede offenbarte die Ratlosigkeit aller Seiten. Sie hatte vorgeschlagen, aus der Zollunion der EU auszutreten, was sicherlich nicht schmerzlos abgewickelt werden könnte. Die Beziehungen zu den EU-Staaten sollten aber tief und freundschaftlich bleiben. Wie sie sich das vorstellte, blieb jedoch ihr Geheimnis, denn der EU-Verhandlungsführer bekannte nach dieser Rede: „Es bleibt im Nebel, welche Verhandlungsposition die Regierung in London einnimmt.“

Wie schon während des Brexit-Votums offenbart sich, dass die Eliten Britanniens in ihrer Haltung zur EU gespalten sind. Der Kompromiss solle zwar der Austritt aus der Zollunion sein, zu welchen Bedingungen aber – da ist man sich uneins, wobei man bisher den dicksten Brocken, den hochsensiblen und monströsen Finanzsektor (in London), noch gar nicht zum Gegenstand der Verhandlungen gemacht hat. Darüber, so scheint es, soll auch gar nicht gesprochen werden, denn die Londoner Banken sollten auch dort bleiben – gemäß der Meinung der britischen und der Finanzeliten aus aller Welt. Die Geldgeschäfte mit der EU könnten auch nach dem Brexit in London abgewickelt werden.

Der Standort London hat für europäische, global agierende Großunternehmen einen enormen Vorteil: Man kann die Verbindungen zu Commonwealth-Ländern zur Vermeidung EU-weiter Besteuerung und Regulierung nutzen. Das steht jetzt auf dem Spiel und das scheint Theresa May als Trumpfkarte im Ärmel behalten zu wollen. Andererseits fühlen sich Manager deutscher Unternehmen benachteiligt, weil sich, nach dem Niedergang der Deutschen Bank, kein bedeutendes deutsches Finanzhaus mehr in London befindet. Käme es zu einer Bruchlandung bei den Brexit-Verhandlungen, könnte es geschehen, dass große Banken von London nach Frankfurt umziehen.

Das Königshaus scheint sich mit einer Kuscheloffensive einmischen zu wollen. Prinz Harry und seine Angetraute in Spe, Meghan Markle, öffentlichkeitswirksame Sympathieträger, sollen offensichtlich im Commonwealth für Britannien werben. Ihre Teilnahme an der bald stattfindenden Commonwealth-Konferenz in London wurde inoffiziell schon bestätigt – obwohl ihre Verheiratung erst nach der Tagung stattfinden soll.

Auch Oppositionsführer Jeremy Corbyn meldete sich zu Wort. Er forderte „eine“ Zollunion mit der EU, jedoch derart, in der die Bestimmungen des Lissabon-Vertrages unwirksam sind. Es gehe der Labour und der Linken in Britannien darum, nicht der Regulierungshoheit Brüsseler Institutionen über einen Binnenmarkt unterworfen zu sein. Zölle im Allgemeinen seien verhandelbar, meinte er und bekannte sich zur Zollfreiheit zwischen den EU-Ländern und Britannien im Besonderen. Ob er da nicht einem realitätsfernen Traum aufsitzt? Britannien kann nicht – schon alleine nicht mit Rücksicht auf das Commonwealth – wie die USA Exportdefizite durch Innenverschuldung, sprich Vermehrung des umlaufenden Geldes, ausgleichen. Wird im UK doch wieder der kleine Mann zur Kasse gebeten, damit das Land seine Schulden bei der EU, speziell bei Deutschland bezahlen kann? Oder bleibt es Britannien doch nicht erspart, Zollbestimmungen gegenüber der EU einzuführen, so wie es Mr. Trump mit Stahl und Aluminium gegenüber EU (meinen tut er Deutschland) angekündigt hat. Aber hätte Britannien die Kraft dazu? Zollfragen sind Machtfragen. Auch geopolitische und globale Machtfragen. Vor 100 Jahren konnte Britannien solcherart Position erfolgreich durchsetzen. Aber heute?

Seit den 1980 Jahren trat der „Neoliberalismus“ auf die Weltbühne – und dessen hauptsächliche Stoßkraft richtete sich gegen weltweite Kapitalverkehrskontrollen. Ironischerweise war es die britische Premierministerin Margaret Thatcher, die den Abbau solcher Kontrollen diktiert hatte und löste damit eine massive Deindustrialisierung im eigenen Land aus. Verschuldungsfähigkeit wurde zu neuen Ikone. Kapital ging – und geht immer noch – seit jenen Jahren in die Billiglohnländer und hinterlässt eine Industriewüste. In den USA heißt sie Rustbelt.

Mr. Trump fällt nichts besseres ein als Zollbestimmungen; wird Theresa May ähnliches verkünden wollen? Seit sich die reichen Global Player daran gewöhnt haben, dass Textilien aus China, Indonesien oder von sonst wo in Fernost – wo es keine Sozialleistungen gibt – nur ein paar Cent kosten; seit sie es für normal halten, dass so gigantische Profite erzielt werden, und seit es Millionen und Abermillionen von Minderbemittelten und armen Menschen nur mit den bei Billigläden erhältlichen, aus Asienimport stammenden Waren, möglich ist, ein einigermaßen erträgliches Leben zu führen, dürfte es Mr. Trump oder Theresa May nicht mehr frei stehen sein, das Rad der Geschichte einfach nur zurückzudrehen. Theresa May muss mehr als nur einen Spagat hinlegen können und Jeremy Corbyn muss sich mehr einfallen lassen als nur freundlich die Freihandelsfanfare zu blasen. Von ihm übrigens erwartet die britische Arbeiterbewegung, die ihm zwar eine gewisse Renaissance verdankt, deutlichere Signale. Auf dem Feld Menschenrechte, Frieden und Umwelt hat er sich Vertrauen in breiten Massen erworben. Zuletzt hielt er eine viel beachtete Rede am 10.12.2017 in Genf zum Tag der Menschenrechte[1], aber nun steht für ihn ein weiteres Arbeitsfeld bereit: die soziale Frage, die Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums von unten nach oben, die Sicherung und der Ausbau sozialer Sicherungssysteme in Britannien. Seine Haltung gegenüber der EU sollte er klarer herausarbeiten, gegenüber einer EU die nicht zu einem demokratischen Gebilde reformiert werden kann. Er muss eindeutig und unbefangen Position beziehen zum Bestand Britanniens – der eigenen Nation – dessen Weiterbestand für die Britischen Arbeiter eine Kernfrage ist und die sie gerade vermittels des Brexit-Votums deutlich gemacht hatten. Gelingt ihm das, wird er Vorbild sein für Entwicklungen auf dem Kontinent.

Bild oben: Theresa May, Britische Premierministerin (offizielles Foto, open Government Licence (UK), Quelle Britisches Nationalarchiv)

[1] www.nachdenkseiten.de

GROSSMACHT-IDEOLOGIE, „KLEINE NATION“ UND POLITIKFÄHIGKEIT: 1918 – 1938 – 1988 – 2018

 

Seminar „80 Jahre Anschluss“, 10. März 2018

Eine Vorbemerkung

Heinz Fischer wurde von der Bundesregierung zum Beauftragten bestimmt, das „Bedenkjahr“ in ihrem Sinn abzuwickeln. Gibt es etwas Symbolischeres, etwas, was mehr über die Rolle der Geschichte auch heute noch aussagen könnte? Der alte und noch heimliche aktuelle Bundes­präsident – denn dem neuen trauen offenbar nicht einmal seine Unterstützer die nötige Fähig­keit zu – wird die Ideologie überantwortet. Das zeigt, wie wichtig die Herrschenden die Geschichte nehmen. Damit sind auch solche Erinnerungs-Daten Teil eines antihegemonialen Kampfes. Wir tun gut daran, uns damit auseinanderzusetzen. Ideologie läuft immer über die Einbettung von Interessen in einen kulturellen Rahmen – wenn es nicht so missverständlich wäre, würde ich sagen: in einen identitären Kontext.

Der Ausgangspunkt

Die Nation, dieses politische Handlungs-Konzept, entstand als Projekt der Selbstbestimmung und der Volkssouveränität. Aber schnell kapperten das aufsteigende Bürgertum und politische Eliten-Gruppen diesen Entwurf. Sie drehten das Demokratie-Projekt um und wandelten es in ein Instrument des Großmacht-Chauvinismus. Dabei stießen sie allerdings auch auf Wider­stand. Unter den unterdrückten Bevölkerungs-Gruppen fanden sich Intellektuelle, welche die emanzipative Potenz des neuen Begriffs erkannten. So standen sich Ende des 19. Jahrhunderts zwei recht unterschiedliche Ausprägungen der Idee Nation gegenüber. Den chauvinistischen und imperialistischen Großmacht-Nationen der neuen und auch zunehmend der alten Eliten traten neue Bewegungen gegenüber, die sich auch als Nationen sahen – erst in Europa, doch zunehmend auch in den außereuropäischen Peripherien, in Lateinamerika, in Ägypten, in Indien.

Im Habsburger-Staat entstand aus diesem Konflikt die sogenannte „nationale Frage“. Die oppressive Strömung orientierte sich am Bismarckianismus und Wilhelminismus. Die meist deutschsprechende Bürokratie allerdings war in ihrer Loyalität zwischen deutschem Chauvi­nismus und autoritär-vornationalen Neigungen zerrissen. Die Großbourgeoisie war auch damals bereits a-national. Aber insbesondere die Intellektuellen waren nahezu durchwegs nationalistisch deutsch. Ihnen standen vor allem tschechische, slowenische und italienische Angeordnete gegenüber, welche in der Selbstbestimmung ihrer präsumptiven Nationen ihre Zukunft sahen, als kleine Nationen (Hroch 2000, 2001). (Die Polen hingegen waren in der Mehrzahl Stützen des alten Systems.)

1918 zerfiel dieses „Monstrum“ (S. Puffendorf 1667 über das Alte Deutsche Reich). Die deutschprechenden Österreicher standen damit vor einem unerwarteten Problem. Sie hatten plötzlich einen eigenen Staat, aber einen Kleinstaat. Die möglichen Objekte der Herrschaft – und auch der Ausbeutung – waren ihnen abhanden gekommen. Sie sollten nun selbst eine kleine Nation darstellen, selbstbestimmt, aber ohne Peripherien. Die politische Klasse, noch immer in Großmacht-Illusionen verwurzelt, war dazu nicht bereit. Stellten sie selbst schon keine Großmacht mehr dar, so wollten sie zumindest Teil einer solchen sein. Sie optierten geschlossen für den Anschluss an das Deutsche Reich.

Die Bevölkerung war zumindest geteilt. Wir haben eine ganze Reihe von Zeugnissen: Die Politiker fürchteten daher eine Volksabstimmung, auch damals schon, weil sie glaubten, sie wahrscheinlich zu verlieren. Die deutschen Imperialisten hatten auch schon gezeigt, wie es aussehen würde: Deutsche Truppen waren unmittelbar bei Kriegsende in Tirol und Salzburg einmarschiert und erst auf Druck der Entente wieder zurück gezogen worden. Die Entente verbot darauf hin formell der Anschluss, weil sie das geschlagene Deutsche Reich nicht auch noch stärken wollten.

1918 – 1922: Verhinderte Revolution; Transformismus; der ökonomisch-soziale Crash

Im Jänner 1918 waren die österreichischen Arbeiter und auch andere Gruppen nicht mehr bereit, den deutsch-habsburgischen Krieg mitzutragen. Eine breite Streik-Bewegung, begin­nend in Wiener Neustadt, schien den Impuls der Oktober-Revolution aufzunehmen. Die Sozialdemokratie kam in Panik. Zusammen mit den Repressions-Kräften des alten Regimes gelang es ihr nochmals, die militanten Arbeiter zu überlisten. Lobend merkte das kaiserliche Kriegsministerium an: „Die sozialdemokratischen Führer [bemühten sich] … mit Erfolg … um die Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung in den Betrieben“ (zit. bei Hanisch 1994, 273). Und der konservative Historiker hebt die „geschmeidige Taktik“ des Friedrich Adler und Otto Bauer hervor: „Der Primat der Ruhe und Ordnung setzte sich durch“ (a.a.O., 269). Bei Hautmann (1971, 1972) kann man nachlesen, wie sie die Arbeiter mit Räte-Phrasen aus­tricksten. Die Proletarier vertrauten noch immer „ihren“ Gewerkschaften und der Partei. Die Sozialdemokratie aber lernte dazu. Als im Oktober die Fronten endgültig zusammen brachen, wurde sie als erste Partei aktiv. Die Ausrufung der Republik war, später eingestanden, vor allem eine taktische Bewegung, um den Massen eine Revolution vorzuspielen. Einige materi­elle Zugeständnisse an die Bevölkerung sollten ihnen den Eindruck vermitteln: Es tut sich was. Im Übrigen aber – so vor allem Otto Bauer – sind wir nicht imstande, allein etwas zu machen und müssen uns an das Deutsche Reich anschließen. Die „österreichische Revolu­tion“, wie es Bauer 1923 beschönigend nannte, reduzierte sich auf einen Firmenwechsel beim alten Staatsgebäude.

1922: Das Programm der Konservativen – der Crash der Republik

Die Erste Republik musste nicht zuletzt aus dieser Ausgangs-Situation her zum Misserfolg werden. Die politische Klasse und ihre Sprachrohre sprachen von der „Lebensunfähigkeit“ des neuen Österreich und meinten damit ihren Unwillen, eine eigenständige Politik zu betrei­ben. Hier spielten vor allem die Sozialdemokraten eine verhängnisvolle Rolle, und nicht zu­letzt Otto Bauer als Person. „Seine revolutionäre Phraseologie stand in krassem Gegensatz zu seine Zurückschrecken vor jeder entscheidenden Handlung“ (Kaufmann 1978, 147 f.). Die Konservativen dagegen, die tendenziell gegen den Anschluss waren, zogen eine Wirtschafts-Politik durch, welche die Bevölkerung so drangsalierte, dass diese nur mehr nach Erlösung anderswohin schaute.

Der erste Streich war die sogenannte Genfer Sanierung. Bei den Christdemokraten hatte in­zwischen Ignaz Seipel das Sagen, der blutige Prälat – „Man muss schießen, schießen, schie­ßen“ waren seine Letzten Worte auf dem Totenbett. 1922 war es noch nicht so weit. Damals manövrierte Seipel noch in einer Weise, die uns inzwischen bekannt ist. Er benutzte das Aus­land, um seine Politik als unabänderlich notwendig durchzubringen. Die Christlichsozialen, seit 1920 mit den Großdeutschen am Ruder, hatten es bislang vermieden, gegen die Finanz­spekulanten vorzugehen. Dabei trafen die Folgen auch und nicht zuletzt die eigene Klientel. „Was sie [die Regierungen] an der österreichischen Wirtschaft verbrochen haben, konnte nie mehr gut gemacht werden“ (K. Ausch, zit. in: Schausberger 1978, 95). Folge war die Hyper-Inflation. In Genf ließ Seipel sich die Wirtschaftspolitik vorschreiben, die er gerne führen wollte. Diesen Trick spielte in der Gegenwart auch wieder die spanische Regierung, und in bescheidenerem Maßstab spielen ihn alle Regierungen der EU. Der Inhalt dieser Politik ent­sprach wirtschaftlich und sozial dem, was heute die Troika, die „Institutionen“ des Tsipras und Varoufakis, in Griechenland tut.

Diese Parallele fiel auch österreichischen Zeitungen der letzten Jahre auf. In den Salzburger Nachrichten, 18. Jänner 2018: „Als Österreich Griechenland war“, kann es der Journalist nicht lassen, die Phrase von der Nicht-Lebensfähigkeit Österreichs zu wiederholen. – Auch in der Presse, 14. Juli 2015 finden wir es: Als Österreich eine Art Griechenland war“. Die Presse und vor allem ihre Leserbrief-Schreiber kommen nicht umhin, das damalige Österreich und seine Pakttreue lobend hervorzuheben – das Land habe ja keine „linksradikale Regierung“ gehabt. Schließlich findet man diese Phrase auch in einer Broschüre der Grünen Bildungswerkstatt (2014: Als Österreich Griechenland war: Krisenpolitik damals und heute).

Das ging weit über die reine Wirtschaftspolitik hinaus. Die parlamentarische Demokratie wurde faktisch sistiert (Ermächtigungsgesetz, BGBl 844 vom 3. Dezember 1922). Und auch das kennen wir aus der EU, und zwar nicht erst nach der Finanzkrise. Auf dem Weg zum €-Regime hat z. B. Belgien unter seinem Premierminister Jean-Luc Joseph Marie Dehaene1996 die Budgetrechte seines Parlaments – als den Kern der Politik schlechthin – sistiert, um die berüchtigten Maastricht-Kriterien zu erreichen.

Das war in Genf vereinbart worden. Es war ein Notstandsregime. Anstelle des Parlaments trat ein „Außerordentlicher Kabinettsrat“, in dem sich die Regierung die Zwei-Drittel-Mehrheit gesichert hatte (BGBl 842: Genfer Protokolle vom 4. Oktober 1922). Über dem allen schweb­te der Völkerbund-Kommissar Zimmermann als Kontrollor. Damit konnten nun alle Maßnah­men „im Verordnungsweg“, also durch simplen Regierungsbeschluss, durchgesetzt werden. Erinnern wir uns vielleicht hier wieder an Carl Schmitt: Souverän ist, wer über den Ausnah­mezustand bestimmt.

Das entsprechende „Wiederaufbaugesetz“ (BGBl 843) lässt sich nicht an seinen Einzelmaß­nahmen verstehen. Die meisten Einzelmaßnahmen machen durchaus Sinn. Ich möchte einen Vergleich bringen: Regime wie jenes des Xi Jin-ping in China fahren gern Anti-Korruptions-Kampagnen. Jeder einzelne Betroffene verdient seine Behandlung dreimal. Aber es geht um ganz was Anderes. Die Kampagne ist schlicht ein Instrument im Machtkampf. Wichtiger ist noch wer nicht betroffen ist. So auch hier. Man kann das ganze Gesetz samt Anlagen lesen, und wird den Ablauf nicht verstehen. Es geht mehr darum, was nicht im Gesetz steht. Es war ein Crash-Programm, welches bisher der Bevölkerung noch nicht zugemutet worden war. Die Sozialdemokratie aber sprach sich zwar im Parlament scheinheilig dagegen aus, spielte aber mit – sonst wäre es auch gar nicht möglich gewesen. Später, schon im Austrofaschismus, wird dies Schuschnigg (1937) den Sozialdemokraten halb spöttisch, halb empört vorhalten. Die Sozialdemokratie hatte selbst bereits der Regierung Schober vorgeschlagen, die Lebensmittel-Subventionen abzubauen. Diesen Teil griffen die Herrschenden gern auf.

Es gab auch sonst genug, was da an Korruption (z. B. zugunsten der Beamten) aus der Monar­chie in die Republik mitgeschleppt worden war. Den zweiten Teil, der im sozialdemokrati­schen Vorschlag auch enthalten war, nämlich eine expansive Wirtschaftspolitik und eine ge­wisse Beschränkung der Spekulation, dachte sie keineswegs aufzunehmen. Seipel hatte be­reits 1921 zum ersten Mal mit einem Putsch gedroht und konkrete Planungen dafür eingelei­tet. Für ihn war die Genfer „Sanierung“ vor allem eines: Ein Mittel, um den „Revolutions­schutt“ wegzuräumen. Und dabei hatte er Erfolg. Das haben die Zeitgenossen auch begriffen. Es ging das Wort um, und zwar sogar auch in konservativen Zirkeln: Seipel habe sich mit dem Völkerbund-Kommissar einen Vergewaltiger geholt (zit. bei Sandgruber 1995, 361). Für heute ist die Parallele unübersehbar – im Kleinen in Österreich und im Katastrophalen in Griechenland, Portugal, Spanien usw.: Das Programm wurde von Außen in neokolonialer Weise gegen die den Großteil der Bevölkerung durchgesetzt.

Hier gibt es noch ein Detail zu erwähnen. Der Assistent Zimmermanns war ein gewisser Meinoud Rost van Tonningen. Er wird auch wieder Völkerbund-Kommissar bei der Lausanner Anleihe 1932. Damals wurde die wirtschaftspolitische Kur von 1922 nochmals wiederholt. Dieser Rost van Tonningen wird in den österreichi­schen Geschichtsbüchern gewöhnlich schamhaft verschwiegen. Er war ein niederländischer Nazi, der dann in der Besatzungszeit den einheimischen Büttel für die Nazis stellte und die Niederlande an das Deutsche Reich anschließen wollte. 1945 sprang er aus dem Fenster, als ihn die Briten nach der Gefangennahme erkannten …

Erst 1929 hatte man wirtschaftlich das Vorkriegs-Niveau wieder erreicht (Butschek 1985; Kausel 1985) – und dann kam der Zusammenbruch der Creditanstalt und die Weltwirtschafts­krise. Im Jahr 1937 war man wieder bei 90 % des Niveaus von 1913 angelangt. Die Zwi­schenkriegszeit war für Österreich eine verlorene Epoche.

Die Austrofaschisten zerstörten auch formell die Parlamentarische Demokratie. Als 1938 sodann die Nazis einmarschierten, wurden sie von einem Teil der Bevölkerung, und vermut­lich war es die Mehrheit, tatsächlich als Erlöser aus dieser Misere begrüßt.

Das war die materielle Seite. Sie musste noch ideologisch abgedeckt werden, und das war seit Langem vorbereitet.

Großmacht und Nation

Die Idee der Nation war aus unterschiedlichen Wurzeln gewachsen. Herder sah sie noch als Ausdruck einer Selbstbestimmung der Bevölkerung. Doch schon bei Siéyès wurde daraus die politische Organisation des Bürgertums. Aus der Volkssouveränität wurde damit die nationale Souveränität einer aufstrebenden Klasse. Diese Klasse, im Konkreten das französische Bür­gertum, aber strebte bald die eigene Dominanz über Europa an. Ihre Konkurrenten lernten schnell. Und zu diesen Konkurrenten zählte nicht nur John Bull, die Verkörperung des briti­schen Bürgers. Auch die deutschen Juncker erkannten seine Potenz, selbst wenn sie, wie Bismarck, rabiat antinational waren. Sie nahmen dieses Konzept der Großmacht-Nation in ihren eigenen Dienst. Damit war die Nation, sobald sie aus dem Bereich der politischen Theorie heraus trat, die Herrschafts-Konzeption der Klassen und Cliquen an der Macht in den europäischen Großmächten.

Die „kleinen Nationen“

Doch in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts stieß dieser chauvistische Expansionismus der Großmacht-Nationen zunehmend auf Widerstand. Beriefen sich die nationalistischen Pro­pagandisten des neuen deutschen Reichs auf J. G. Herder – nun, so konnten die Tschechen, Polen, Slowenen sich auf das sog. Slawen-Kapitel bei ihm berufen: Dort hatte der Geschichts-Philosoph freundliche Worte über die Emanzipations-Bestrebungen dieser damals völlig im Schatten stehenden Gruppierungen gesprochen. Er wird sowieso ganz zu Unrecht stets als völkischer Ideologe angeführt. Er war vielmehr eine Art deutscher Rousseau gewesen, der von Fichte zum Nationalisten umgedeutet worden war, und mit Fichte dann von den präfa­schistischen Historikern wie Heinrich Treitschke. Und seitdem gilt er für die vielen Auch-Theoretiker, die sich nicht die Mühe machen, ihn im Original zu lesen, als solcher. Aber das ist hier keineswegs das Problem.

Finnen, Norweger, Baltische Gruppen, auch die Tschechen oder Okzitanen, Bretonen und Korsen und südslawische Nationen in statu nascendi waren periphere Bevölkerungen, poli­tisch wie sozio-ökonomisch, im Europa der deutschen, russischen oder französischen Groß­mächte. In Italien hatte sich Piemont soeben Süditalien und Sizilien unter den Nagel gerissen. Diese Bevölkerungsteile wurden als willige oder auch unwillige Objekte der Ausbeutung betrachtet. Sie sollten sich ducken und an die zentralen Gruppen sprachlich assimilieren, d. h. unterwerfen. Studenten aus diesen Teilen lasen nun auch ihren Herder und ihren Rousseau.

Die Auseinandersetzung zwischen Großmacht und „kleinen Nationen“, zwischen dem chauvi­nistischen Nationaismus / Imperialismus und dem emanzipativen Nationen-Verständnis intern kolonialisierter Gruppen machte um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert das aus, was man die „nationale Frage“ nannte.

Ich wurde vor rund einem Jahrzehnt einmal nach Oslo eingeladen, um im Rahmen des Norwegischen National­projekts über den Fall Österreich zu referieren. Die Idee dahinter war: Auch Österreich ist oder war eine „kleine Nation“. Allerdings ist dies ein Missverständnis. Die österreichische politische Klasse hat sich nach 1918 keines­wegs als kleine Nation verstanden. Wenn man einen Vergleich sucht, dann bietet sich nicht etwa Norwegen an: Norwegen hat sich 1809 / 1905 in einem Unabhängigkeits-Konflikt auf eine ähnliche Weise gegen eine Groß­macht – oder das, was davon geblieben war – gewandt, wie die Tschechen vor 1918 gegen das „deutsche“ Zen­trum Wien. Wenn man einen Vergleich anstellt, müsste er mit Schweden getroffen werden. Und das könnte tatsächlich aufschlussreich sein, in den Parallelen wie in den Unterschieden.

Für die schwedische Politik war 1809 und nochmals 1903/05 etwa das gewesen, was 1918 für den deutschspra­chigen Teil des Habsburgerstaats wurde: der Abschied von der Großmacht. 1809 wurde zum Anstoß, sich auf die eigenen inneren Angelegenheiten zu konzentrieren. Man hat darauf verwiesen, dass dies den Erfolg Schwedens bis zur Gegenwart ausgemacht hat. Das ist geschönt. Der Konflikt mit Norwegen zeigt: Die politische Spitze und ihre Unterstützer waren keineswegs einfach gewillt, diesen Statusverlust, wie man es sah, hinzunehmen. Als Norwegen schließlich nicht mehr zu halten war, waren diese Kreise (unter ihnen Sven Hedin) durchaus gewillt, einen Krieg zu riskieren. Lediglich der Druck von Außen verhinderte dies. Dafür mussten die Norweger auf britischen Druck hin einen König akzeptieren, und dort wiederum kam dies den Eliten und konservativen Kreisen sehr zupass. Fritjof Nansen etwa war einer jener Personen, der diesen Druck von Außen bestellt hatte…

Es ist interessant, dass man bei der Recherche nach Studien zur schwedischen Nation nur recht vereinzelt fündig wird. Dagegen gibt es in Fülle Arbeiten zu Norwegen und Finnland. Diejenigen, welche sich ihrer Identität – und d. h. ihrer Macht – sicher sind, haben kein Bedürfnis nachzufragen. Dagegen müssen sich die Anderen, die Abhängigen und Peripheren, stets aufs Neue ihrer Existenz vergewissern.

Deutschösterreichs Eliten und politische Klasse weigerten sich, sich von der Großmacht-Illu­sion zu verabschieden. Sie waren großteils sogar bereit, auf die eigene lokal-regionale Macht­ausübung zu verzichten, wenn man sie nur Teil der deutschen Großmacht sein ließ. Das erinnert akut an die Gegenwart, und nicht nur in Österreich. Auch heute ist die große Mehr­heit der politischen Klasse bereit, sich einer supranationalen Bürokratie unterzuordnen – wenn es um um die Grundfrage „wer – wen“ geht. Allerdings traf dies damals nicht für alle zu. Die harten Konservativen, verkörpert von Seipel, bestanden auf ihre Klassen- und Ideen-Souverä­nität.

Volks-Souveränität – nationale Souveränität

Die Souveränität war ein Konzept gewesen, welches Theologen (Jean Bodin) aus der All­macht Gottes abgeleitet und auf den Irdischen Gott, den Leviathan, den Staat projeziert hatten. Doch die Ideologen der neu aufsteigenden Schicht, des Bürgertums, wanden ihnen dieses Instrument schnell aus den Händen. Die Gesellschaftsvertrags-Theoretiker nahmen es für ihre Klasse in Anspruch und gleich auch noch für sich selbst, die Intellektuellen als Ver­treter des Allgemein-Interesses. Aus dem personalisierten monarchischen Souverän war damit die Volkssouveränität geworden. Das „Volk“ allerdings, das waren die neuen Besitzenden, nicht etwa Alle. Um dies auch klar zu stellen, prägte man den Begriff der Nation und verstand darunter nur die politisch Ermächtigten. Am Beginn der Französischen Revolution stellte Siéyès klar: Der Dritte Stand, das Bürgertum, ist „die ganze Nation“. Sie hat die nationale Souveränität in den Händen.

Aber zu dieser Zeit stieg nicht nur hinter dem Bürgertum eine neue Klasse auf. Diese Klasse, die Plebeier und Proletarier, begannen auch den Kampf um Mitbestimmung und Demokratie. Die nationale Souveränität sollte – wieder – zur Volkssouveränität werden, und das Volk um­fasste nun auch den Vierten Stand. Nicht so klar war noch, ob dazu auch Frauen und nicht nur Männer gehörten; aber das ist ein anderes Thema.

Diese neue Klasse allerdings war in diesem Punkt unsicher. Ein Teil ihrer Sprecher orientierte sich darauf, Teil der Nation zu werden. Ein anderer Teil aber, die marxistische Strömung, ver­warf zumindest anfangs und in der Theorie die Nation als Rahmen. Sie definierte sich und das Proletariat eindeutig und ausschließlich international und internationalistisch. Die politische Praxis sah schnell anders aus. Es ist höchst kennzeichnend, dass die Erste Internationale schnell aufgelöst wurde. Die Zweite Internationale, die sich auch noch marxistisch definierte, wurde bereits von nationalen Sozialdemokratien gegründet.

Doch je nationaler die Sozialdemokratie wurde, umso internationalistischer gaben sich die Eliten, das Kapital und seine Intellektuellen. Die Sozialdemokratie wurde nicht nur national, sie wurde zeitweise chauvinistisch. National musste sie werden, wenn sie den Kampf um die Zustimmung nicht nur der Arbeiter, sondern auch der sonstigen Unterschichten mit Aussicht führen wollte. Chauvinistisch aber wurde sie, weil ihre Führer als traditionelle Intellektuelle in die Großmacht verliebt waren. Wir können dies schon an Engels beobachten. So vertraten die Sozialdemokraten nicht das Konzept der „kleinen“, der emanzipativen und demokrati­schen Nation. Sie rutschten sofort auf die Position der chauvinistischen Großmacht-Nation. Beim Beginn des Ersten Weltkriegs trat dies grell ins Licht. In der Zwischenkriegszeit kriegte sie sich rhetorisch wieder ein. Nun rechtfertigte die SPÖ ihren deutschen Nationalismus mit einer marxistischen Phraseologie vom großen Markt und der Lebensunfähigkeit des kleinen Landes.

Nach dem Zweiten Weltkrieg aber beschloss die Sozialdemokratie resolut, sich denen zur Verfügung zu stellen, die wirklich verfügten. In der BRD ist dafür Godesberg der Slogan schlechthin. Wir könnten aber genauso gut sagen: Maastricht. Ob da die Namen Wehner oder Brandt und Schmidt stehen, ist von geringer Bedeutung. In Österreich dauerte die Anpassung geringfügig länger. Hier ist Kreisky die beherrschende Figur. Er wurde zum Säulen-Heiligen der Mills-Liberalen. Aber aus heutiger Sicht müsste eigentlich ein zentraler Punkt störend wirken: Kreisky war von seiner ganzen Orientierung her Österreicher. Darüber allerdings schauen jene großzügig hinweg, die sich sonst nicht genug tun können in der „historisch exakten Bewältigung“ der Vergangenheit.

Schlussfolgerungen

Wir bezeichnen uns gelegentlich als Souveränisten. Da sollten wir vorsichtig sein. Nicht nur ist „Souveränität“ ein der Theologie entlehnter Fetisch-Begriff; er verdunkelt somit mehr als er erhellt. Er verleitet auch politisch dazu, uns völlig auf die nationale Ebene zu konzentrie­ren.

Wie gefährlich dies sein kann, demonstriert uns Domenico Losurdo. Dieser italienische Neostalinist verschleiert seinen Neoliberalismus mit nur mehr dünnen neomarxistischen Worthülsen. Die Linken im Westen seien pro-imperialis­tisch, weil sie einseitig die Kämpfe der chinesischen Arbeiter für höhere Löhne unterstützten… Die chinesi­schen Arbeiter sollten ihre Bedürfnisse denen der Exportnation unterordnen (vgl. Losurdo 2017, auch 2019). Solche Ungeheuerlichkeiten wagt heute ein Propagandist des deutschen Imperialismus noch nicht zu schreiben. Wir müssen über solche Stellungnahmen reden – allerdings nicht an dieser Stelle!

Die „nationale Frage“ – man achte auf die altmodische Phrasierung! – und die „nationale Technologie“ als absoluten Angelpunkt zu betrachten führt zu leicht in diese Richtung. Damit bereiten wir wieder den Globalisten den Weg, diesen Sprechern der Eliten (etwa Albrow 1998). Aber die sind politisch sowieso die Stärkeren.

Die Nation und die nationale Identität ist eine historisch begrenzte Struktur und Erscheinung. In diesem Punkt haben die Mills-Liberalen von heute zweifellos recht. Sozialisten wussten dies bereits vor 1 ½ Jahrhunderte. Aber darum geht der Streit um die Nation heute keines­wegs. Es geht um die Frage von Selbstbestimmung und von demokratischer Gestaltung. Diese beiden Fundamentalwerte kamen unter dem massiven Ansturm der neuen, der neolibe­ralen Ideologie recht plötzlich und unerwartet ins Wanken. 1918 und 1938 fand der Angriff noch im Namen einer mystischen deutschen Nation statt, zu der die Österreicher gehören sollten – „ob sie das wollen oder nicht“ (FAZ vom 28. September 1983). 2008 und 2018 hat sich der Ton geändert. Aber das Ziel blieb dasselbe.

Einige Literaturverweise

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