Presseerklärung: Demokratisch – Sozial – Souverän – Neutral

Symposium: Schritte zum Bruch mit dem neoliberalen Regime in Österreich

Liste der TeilnehmerInnen und Tagesordnung

Am 15. Oktober finden die Nationalratswahlen statt. Unabhängig davon, wie diese ausgehen, kann heute schon festgehalten werden: Diese Wahlen werden weder eine soziale und demokratische Wende in der gesellschaftlichen Entwicklung bringen, noch die durch den neoliberalen Umbau der Gesellschaft verursachte Herrschaftskrise überwinden.

Am 30. September 2017 treffen sich deshalb Menschen aus unterschiedlichen sozialen und politischen Bereichen zu einem Symposium in Wien, um über Schritte zu einem Bruch mit dem neoliberalen Regime in Östereich zu beraten. Es gelte auszuloten, inwieweit es möglich ist, nach den Nationalsratswahlen eine politische Plattform zu bilden, die mächtig genug ist, um in aktuellen gesellschaftlichen Auseinandersetzungen zu intervenieren.

Was kann der Kitt sein, der eine derartige Plattform verbindet? Auf welche Ziele, in deren Richtung interveniert werden soll, kann man/frau sich dabei verständigen? Es kann nicht um eine abstrakte Systemalternative gehen. Sich darauf zu konzentrieren, hieße von vorne herein auf mögliche Breite und damit Handlungsfähigkeit zu verzichten. Es geht um Ziele, deren Wesen bereits jetzt in der Gesellschaft lebendig ist. Demokratisch – sozial – souverän – neutral, das wird von einer Mehrheit der Menschen geteilt und gleichzeitig durch den herrschenden politischen Betrieb völlig entstellt. Die legitime Sehnsucht der Menschen wird entlang der falschen Alternative Populismus versus Weltoffenheit vorgeführt. Es geht darum, handlungsfähig zu werden und gesellschaftlichen Gestaltungsraum zurückzugewinnen. Weltoffenheit als Europabekenntnis spaltet heute die Gesellschaft, weil sie als Rechtfertigungskulisse für die Unterordnung unter das neoliberale EU-Konkurrenzregime dient.

Demokratisch – sozial – souverän – neutral, das ist nicht nur populär, sondern die einzige Möglichkeit um Weltoffenheit als Mittel der Gestaltung wiederzugewinnen.

Personenkomitee EuroExit gegen Sozialabbau

Des kleineren Übels überdrüssig

Symposium für eine Plattform des Bruchs mit dem neoliberalen Regime

Was wollen wir erreichen?

von Wilhelm Langthaler

Bei jeder Wahl scheint sich das gleiche Trauerspiel zu wiederholen. Im Parlament gibt es niemanden, der den sozialen und demokratischen Interessen der Mehrheit Ausdruck verleihen könnte. Aus Angst, dass es unter Schwarz-blau noch schlimmer werden könnte, kreuzerln viele das „kleinere Übel“ an. Das sind jene, die seit drei Jahrzehnten nicht nur die Konterreformen durchsetzen, sondern damit erst den Humus für den Rechtspopulismus schaffen.

Es liegt auf der Hand, dass die Herrschenden ein Interesse an FPÖ & Co haben, auch um ihnen gegenüber als die Guten und Vernünftigen dazustehen. (Kurz‘ Erfolgsrezept scheint es, den Chauvinismus und die Islamfeindlichkeit der Freiheitlichen für den bürgerlichen Mittelstand salonfähig zu machen.) Ebenso wichtig ist es ihnen, sozialen Unmut und potentiellen Protest gegen das neoliberale Regime von unten als populistisch zu verunglimpfen und als organisch rechts abzustempeln, selbst wenn er progressive Inhalte hat. So wird die Kritik an der EU und ihrer systematischen Umverteilung von Arm zu Reich, von Peripherie zu Zentrum, versteckt hinter dem Schachzwang der Märkte und der scheinbar neutralen und supranationalen Brüsseler Beamtenschaft, automatisch „nationalistisch“.

Wir wollen diesen unsäglichen Mechanismus des kleineren Übels, der das neoliberale Regime stabilisiert, durchbrechen. Es gibt nicht nur in Südeuropa, sondern auch bei uns Anzeichen dafür, dass Platz dafür frei wird, wie „populistische“ Kandidaturen anzeigen. Klar, dass es da gewaltige Hindernisse zu überwinden gilt, beispielsweise die exklusive Medienkontrolle der Machthaber.

Dazu schlagen wir einen Pol für eine echte Opposition vor, auf der Basis von vier mehrheitsfähigen Begriffen: demokratisch – sozial – souverän – neutral. Diese nehmen indes auch die Herrschenden für sich in Anspruch. Die Verfassung verbrieft sie sogar und im Common Sense sind sie tief verankert. Doch die neoliberale Konterreform unterspült den sozio-politischen Kompromiss der Nachkriegszeit und verkehrt das Regime in eine Oligarchie: autoritär – ungleich – immer auf Seiten der imperialistischen Macht- und Konzerneliten. Die Euro-Krise und die Unterwerfung Griechenlands haben gezeigt, dass eine Kehrtwende nur mit einem Bruch möglich ist. Man muss sich auf einen heftigen Konflikt mit den Eliten einstellen. Daher kann eine echte Opposition nur eine des Bruchs sein, der sich auf die Mehrheit der Unter- und Mittelschichten stützt.

Es ist offensichtlich, dass uns die kritische Masse fehlt. Diese wollen wir in einem schrittweisen Prozess sammeln: die politischen Grundlagen schaffen, Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Gruppen und Tendenzen vertiefen, mittels Aktionen sichtbar werden, die eigenen Kommunikationsmittel aufbauen, um sich direkt ans Volk wenden zu können, unbehindert von der „politisch-korrekten“ intellektuellen Isolierschicht, die das Regime, sei es auch als kleineres Übel, beschützt.

Die Initiative liegt bei uns, doch der Erfolg hängt wesentlich auch von Niveau des soziopolitischen Konfliktes ab. Die EU und ihre Einzelregime wollen uns glauben machen, dass die Wirtschafts- und Währungskrise überwunden sei. Doch die soziale Lage der Mehrheit, insbesondere in Südeuropa, bessert sich nicht. Die Krisenelemente von 2007 sind noch da, letztlich zurückzuführen auf die wachsende Ungleichheit und damit den Widerspruch zwischen Produktionskapazität und Konsumberechtigung der breiten Massen. Der Kollaps wurde durch einen neuen Kreditzyklus verhindert, der aber seinerseits irgendwann an sein Ende kommen wird. Wir halten die Situation insbesondere durch die enormen Ungleichgewichte in der EU und der Euro-Zone für unhaltbar und wollen uns auf weitere Konflikte vorbereiten.

Für das Symposium vom 30.9. sind die Nationalratswahlen nur der Anlass. Tatsächlich geht es um viel mehr, nämlich jene zusammenzubringen, die an der Entwicklung dessen arbeiten wollen, was seit Jahrzehnten fehlt: eine gesellschaftlich hörbare demokratische und soziale Kraft des Bruchs mit dem neoliberalen Regime.

Dieser Beitrag erscheint in der Zeitung der Solidarwerkstatt.

Nähere Angaben zum Symposium, das am 30. September 2017 stattfinden wird.

Italien: Patt der Perspektivlosen auf dem schlafenden Vulkan

Sizilianische Wahlen im November als Testlauf

von Wilhelm Langthaler

Eine Annäherung an die unhaltbare Lage in Italien und das „Rebellische und souveräne Italien“

Vom 1.-3. September 2017 fand in Chianciano Terme, in der Toskana, die Zweite Versammlung der CLN, der „Konföderation für die Nationale Befreiung“, deren Akronym nicht zufällig identisch mit jenem des Komitees der antifaschistischen Kräfte von 1943 ist. Das Motto lautete „Italia ribelle e sovrana“, inspiriert von Mélenchons „France insoumise“, dem sich nicht unterwerfenden Frankreich.

Die Grundannahme der Initiative lautet, dass dieses aufständische Italien bereits existiere. Es habe sich im Referendum vom 4. Dezember 2016 manifestiert, als das Volk den neoliberalen Renzi-Putsch im Dienste der EU-Oligarchie mit fast Zweidrittel hinwegfegte. Man will die Lehren aus der griechischen Tragödie ziehen: Dort hatte 2015 das Volk das neokoloniale Diktat von Brüssel und Berlin ebenfalls mit großer Mehrheit zurückgewiesen, doch wurden sie ohne adäquate politische Kraft von Tsipras und Syriza verraten und so in eine historische Niederlage geführt. Der Vertreter von Laiki Enotita (Volkseinheit), Dimitris Mitropoulos, schilderte eindrücklich die tiefe Depression, in dem das Land seitdem verharrt.

Es gehe nun darum, unverzüglich eine politische Repräsentation zu bilden, die auch bei den kommenden Wahlen antreten könne. Als Testlauf dazu sollen die Regionalwahlen am 5. November in Sizilien dienen, eine der Gegenden, wo die soziale und politische Krise des Landes am spürbarsten ist. Das passt mit der Zusammensetzung der Versammlung zusammen, deren Teilnehmer zu einem beträchtlichen Teil von der südlichen Insel stammten.

Die Liste „Noi Siciliani con Busalacchi – Sicilia libera e sovrana“ hat bereits die Wahlkampagne gestartet. Sie geht vom sozialradikalen Teil des sizilianischen Autonomismus aus. Dessen Geschichte müsste gesondert nachverfolgt worden. Jedenfalls was dieses Milieu seit dem Ende der Ersten Republik (Mani pulite) von einem weitreichenden Opportunismus geprägt, so dass dessen verschiedenen Komponenten bereits mit allen Elementen des neuen Regimes koalierten (diverse DC-Spinoffs, Berlusconi, PD, Renzi und selbst Zerfallselemente der MSI).

In einem gewissen Sinn kann ein Vergleich mit dem katalanischen Nationalismus gezogen werden. Das Referat von Diosdado Toledano González, dem katalanischen Vertreter von „Salir del Euro“, zum bevorstehenden Referendum in Katalonien, wurde von den zahlreich anwesenden Köpfen des Autonomismus (Im Bild das Forum zu Sizilien [von links]: Beppe de Santis, ehemaliger Gewerkschaftsaktivist und spiritus rector Linksautonomismus; Franco Busalacchi, Spitzenkandidat und ehemaliger Beamter; Nino Galloni, keynesianischer Ökonom; Piero Attinasi, Lehrer; Roberto Garaffa, Vorsitzender des Gemeinderates der Stadt Modica – alle sind Aktivisten von „Sicilia libera e sovrana“ sowie der CLN] willkommen geheißen. Darin wird das Selbstbestimmungsrecht verteidigt, aber einem demokratischen Föderalismus das Wort geredet. Der in diesem Sinn vor kurzem beschlossene Pakt zwischen dem „Freien und souveränen Sizilien“ und dem CLN stellt sich auf die Basis der Verfassung von 1948 und der darin vorgesehenen Autonomiemöglichkeit, die aber nie in die Realität umgesetzt wurde. Einer der Vertreter des „Freien und souveränen Siziliens“, Roberto Garaffa, bezeichnete in diesem Sinn den Pakt als späte Anwendung der Verfassung.

Patt an der Oberfläche

Die gegenwärtige Regierung der „larghe intese“ (die italienische Version der deutschen Großen Koalition, die auch immer wieder als Referenz genannt wird) überlebt nur durch die Passivität der Opposition repräsentiert von den Cinque Stelle, meint Leonardo Mazzei, einer der Exponenten des CLN. Sie ist ein Untoter. Die drei großen Lager, Centro Sinistra (Mitte Links) geführt von der PD, Centro Destra (Mitte Rechts) mit großen Schwierigkeiten dominiert von Berlusconi, sowie die 5-Sterne von Grillo (M5S) befinden sich in einem Patt, aus dem es weder vor noch zurück zu gehen scheint.

Das ist umso bemerkenswerter, als das Kabinett Gentiloni schon die zweite Regierung auf der Basis einer grundlegenden Umbildung ohne Mandat durch Wahlen ist. Erinnern wir uns: Nach den Wahlen 2013 kam die Regierung Letta (PD) als Große Koalition an die Macht. Sie wurde nach einem Jahr durch eine Palastrevolte innerhalb der PD geführt von Renzi abgelöst. Abermals mit Unterstützung wesentlicher Teile der Rechten versuchte Renzi die Vorwärtsverteidigung der Eliten mittels eines Vorstoßes zum Präsidentialismus. Dessen Kernstück, das Mehrheitswahlrecht mit Stichwahl-Showdown, wurde beim Verfassungsreferendum im Dezember 2016 mit großer Mehrheit abgelehnt. Renzi, der sich als großer Retter und Erneurer hatte feiern lassen und dabei auch die Unterstützung der EU-Oligarchie genoss, musste nach nur zwei Jahren schwer gedemütigt zurücktreten.

An diesem Punkt hätten sich Neuwahlen aufgedrängt. Die Eliten, Centro Sinistra wie Centro Destra, mussten mit einer schweren Niederlage rechnen und hatten ein Interesse den Wahlgang hinauszuzögern, auch ohne politischen Plan. Es wäre an Grillo gelegen, die Regierung der geschlagenen Koalition zu stürzen, notfalls auch mit einer Massenbewegung. Doch die Fünf-Sterne bleiben still. Stattdessen ließen sie sich auf einem Pakt zu einer neuerlichen Wahlrechtsreform ein, die über eine Sperrklausel nach deutschem Vorbild die drei Blöcke und darin wiederum die Großen bevorzugt hätte. Erst im letzten Moment sprangen sie ab, als sie merkten wie sie von den etablierten Kräften mit allerlei Detailstricks über den Tisch gezogen werden sollten.

Ein Großteil der 5-Sterne-Wähler will nach wie vor Protest gegen die Eliten ausdrücken. Doch mittlerweile ist die Partei von Grillo schon viele Jahre im Parlament und mit einem Fuß Bestandteil des Systems. Virginia Raggi, die M5S-Bürgermeisterin von Rom, erweist sich als unfähig mit der alten Mafia-Herrschaft aufzuräumen. Die Alleinherrschaft Grillos in der Partei führt zu Problemen. Die grundsätzliche Ablehnung von Koalitionen verhindert zwar billigen Opportunismus, eine politische Perspektive gegen das alte System in Sinne einer von den M5S geführten Regierung vermögen sie aber nicht zu bieten. Sie können das Land also ebenso wenig aus der Dauerkrise führen.

In diesem Sinne gibt es ein Patt. Centro Sinistra und Centro Destra haben abgewirtschaftet und die Hegemonie verloren, aber von den Cinque Stelle weiß man, dass sie die Eliten nicht stürzen können.

Dysfunktion und Instabilität

Das politische System ist zutiefst zerrüttet, seine Hauptkomponenten PD, Renzi, Berlusconi, die DC-Nachfolger verbraucht. Nicht nur die Regierung, sondern das ganze Regime hat offensichtlich die Mehrheit im Volk verloren und das wissen die Eliten auch. Doch sie haben derzeit keinen Ausweg.

Vor wenigen Jahren noch klammerten sich die Herrschenden an den Messias Renzi. Er sollte sich mittels eines institutionellen Coups als autoritärer Präsident aufschwingen und so die Herrschaft der Minderheit stabilisieren. Die katastrophale neoliberale Politik sollte mittels jugendlicher und moderner medialer Verpackung durch noch mehr der austeritären Rezepte der EU geheilt werden. Doch für so einen Regime-Umbau bedurfte es einer massiven Bestätigung auch aus dem Volk, denn sonst wären die Komponenten des Regimes nicht bereit gewesen, sich hinter den Bonaparte zu stellen. Renzi wagte mit dem Referendum alles – und wurde vernichtend geschlagen. Die Unter- und Mittelschichten hatten den Betrug verstanden, trotz des medialen Großangriffs.

Bereits in den Monaten vor der entscheidenden Abstimmung merkte Renzi, wie prekär seine Lage, wie oberflächlich der Zauber seiner Inszenierung war. Intuitiv war ihm bewusst, dass es um das Euro-Regime ging, inhaltlich wie symbolisch. Darum spielte er populistisch damit, den Fiskalpakt aufzuweichen und sich von Merkel und Juncker abzusetzen. Aber das nahm man ihm nicht mehr ab, zumal es auch tatsächlich substanzlos war. Zu groß ist die soziale Notlage, die Wut auf das Regime der Eliten und auf die dahinterstehende EU. Der Coup war gescheitert und damit auch der Putschführer. Die Eliten bedürfen seiner nicht mehr, auch wenn Renzis böser Geist noch einige Zeit herumspuken mag.

Zentrale Frage Wahlrecht

Die Niederlage Renzis hat nicht nur einen politischen Scherbenhaufen hinterlassen, sondern auch einen institutionellen. Eigentlich gibt es kein gültiges Wahlrecht, sondern nur Bruchstücke aus verschiedenen Gesetzen, jedenfalls unterschiedlich für die beiden Parlamentskammern und jeweils durchlöchert durch eine Serie von Sprüchen des Obersten Gerichtshof. Eine detaillierte Darstellung wäre Gegenstand eines eigenen Artikels. Als Fazit:

Die gesamte Zweite Republik ist vom Wunsch der Eliten gekennzeichnet vom proportionalen Wahlrecht wegzukommen, das zur „Unregierbarkeit“ führe. Anders gesagt, die Eliten suchen nach Wegen gegen die Mehrheit zu herrschen und sich das durch Wahlen absegnen zu lassen. Doch dabei kommen sie sich seit einem Vierteljahrhundert bei jedem Versuch darüber in die Quere, wer am meisten abbekommt. Renzis Wahlrecht (Italicum) versuchte Berlusconis (Porcellum – die latinisierte Sauerei) zu seinen Gunsten umzubauen. Doch nicht nur verlor er die Volksabstimmung. In deren Gefolge hob das Verfassungsgericht weitere Kernstücke auf, so wie es seinerzeit auch Berlusconis sinkenden Stern noch weiter heruntergeholt hatte – die Richterschaft ist in Italien eine selbständige politische Macht im Dienste der Eliten. Zurück bleibt ein Flickwerk, das proportionale Elemente zurückholt – und zudem jedes Wahlergebnis anfechtbar macht.

Vielleicht schafft die politische Kaste das Kunststück doch noch vor den Wahlen, die spätestens im kommenden Frühjahr stattfinden müssen, einen weiteren wackligen Kompromiss zusammenzuzimmern. Zum eigenen Machterhalt wäre es notwendig. Doch es gibt kein vereinigendes Projekt, keinen, der nach dem glamourös gescheiterten Renzi die Führung übernehmen könnte. Und wenn sich Grillo für ein schmutziges Geschäft hergäbe oder sich übertölpeln ließe? Doch der wähnt sich vor einem Erfolg und hat, wenn überhaupt, sicher einen sehr hohen Preis, der das Ziel der Wahlreform arg zerrupfen würde: Die Minderheit des obersten Drittels stabil zur institutionellen Mehrheit zu machen und es durch die Medien Demokratie nennen zu können.

Vielleicht geht eine solche Operation auch noch nach Wahlen. Denn eine wie auch immer geartete Fortsetzung der Regierung der large intese ist wahrscheinlich, selbst wenn die Grillini zur stärksten Partei würden. Denn diese haben sich selbst Impotenz verordnet. Keine Allianzen mit dem System zu machen ist gut, aber ebenso wenig mit anderen potentiell für die Interessen der Mehrheit eintretenden Kräfte auch außerhalb des Parlaments zusammenzuarbeiten, ist eine andere Sache.

Wie man sieht, ist die Führungskrise der Eliten aber auch der Opposition, ja des ganzen Landes eklatant. Italien in der Agonie.

Und die radikale Rechte und Linke?

Die Lega Nord kann mit ihrer sehr harten Xenophobie den Bodensatz der Krise sammeln. Doch sie hat zwei unüberwindliche Probleme, die Salvinis Plan, Berlusconi als Führer der Recht zu beerben, verunmöglichen.

Die Lega Nord entstand in Abgrenzung zum Mezzogiorno als norditalienischer Autonomismus oder gar Sezessionismus der Reichen – Padanien, das sich näher an München denn an Neapel wähnte und den Euro begrüßte. Der neue Parteichef Salvini versucht es nun zwar mit italienischem Nationalismus und damit auch im Süden das rechte Lager auf seine Seite zu ziehen, aber das wird ihm nicht abgenommen. Zudem will er die norditalienische Basis nicht vor den Kopf stoßen und unterstützt Volksbegehren für die Autonomie der Lombardei und Venetiens.

Zweitens kann und will er die soziale Karte nicht spielen, obwohl diese bei den Alt- und Neufaschisten eine starke Tradition hätte. Stattdessen propagiert er die Flat tax und im Kern ein liberales Wirtschaftsprogramm.

Die Rhetorik gegen den Euro und die EU ist ohne das Soziale nicht nur hohl. Dahinter steht auch der Wunsch des Blocks mit Teilen der Rechten, die dem Regime angehören. Die Lega Nord möchte den Bruch mit dem Regime nicht vollziehen, sie ist wie Le Pen letztlich mit diesem verbunden.

Indes ist eine gegen das Regime gerichtete Linke praktisch inexistent, wenn man die Ablehnung des Euro/EU als Bedingung dazu ansieht. Die Initiative „Rebellisches und souveränes Italien“ und die CLN haben, bis auf einige kommunistisch-identitäre Gruppen, die verbliebenen Elemente der alten Linken versammelt, die den Kampf um die nationale und Volkssouveränität als wichtigen Hebel gegen die Eliten ansehen.

Ruhender Vulkan

Die Dramatik der sozialen Situation wurde schon mehrfach an anderer Stelle dargestellt. Seit zumindest einem Jahrzehnt verspürt die Mehrheit einen präzedenzlosen Niedergang, der die sozialen Errungenschaften und den politischen Kitt des vergangenen halben Jahrhunderts rückgängig zu machen scheint. Direkte soziale Kämpfe gibt es zwar immer wieder, aber sie sind einzeln kaum zu gewinnen.

Das letzte Beispiel ist der Kampf der Alitalia-Beschäftigten, die in mehreren Aufbäumungen Widerstand leisteten, auch gegen ihre gewerkschaftlichen und politischen Führungen. So kamen sie zu dem Schluss eine zutiefst politische Forderung aufzustellen, nämlich zur Rettung der Luftlinie ihre Verstaatlichung zu verlangen – was sich implizit gegen die EU-Regeln richtet. Doch dagegen gibt es eine geschlossene Front der Eliten inklusive der Medien, die mit dem Argument der „Privilegien“, und dass man dafür kein Steuergeld aufwenden dürfe, alles plattwalzen. Es ist kein Zufall, dass die Fünf Sterne dazu schweigen.

Protest macht sich in dieser schwierigen Lage vor allem an den Wahlurnen breit, eben in Form der Grillisten. Laut Umfragen handelt es sich um die stärkste Partei, die mit 30% der Stimmen rechnen kann. Die Tatsache, dass sie bisher nichts verändern konnten und auch kein taugliches Programm haben, tut dem keinen Abbruch. Denn man weiß, dass die Schuldigen an der Misere die Regimeparteien und die EU sind.

Italien gehört mittlerweile zu den Ländern mit der höchsten Ablehnung des Euro und der EU, obwohl es zuvor eines der am meisten europäistischen war. Die unteren Schichten haben bis weit in den Mittelstand verstanden, dass ein sozialer und demokratischer Kurswechsel, ein Ende der Konterreform, nur mit Austritt aus dem Euro und unter Bruch der EU-Regeln möglich ist.

Alles kristallisiert sich politisch in der Wiedergewinnung der nationalen Souveränität. Hierzulande wird das vom antinational-globalistischen Mainstream sofort mit rechts und nationalistisch assoziiert. Doch in Italien hat die Ablehnung des Elitenputsches von Renzi einen Verfassungspatriotismus hervorgebracht, der sich auf die protosozialistische Konstitution von 1948 bezieht. Es dominieren demokratische und soziale Konzepte, die einst aus der Linken kamen. Die Cinque Stelle schwimmen ebenfalls auf dieser Welle mit.

Im Referendum vom vergangenen Jahr bliebt nicht einmal der Rechten etwas anderes übrig, als sich der demokratischen Argumente zu bedient. Ihr Einfallstor ist die Ablehnung der in den letzten Jahren stark angestiegenen Immigration, was sie chauvinistisch zu kanalisieren versuchen. Aber wie man in Frankreich bei Le Pen sehen konnte, hat die Rechte keine Chance die Mehrheit anzuziehen, vor allem weil ihre sozialen Forderungen nicht überzeugen und sie letztlich an den alten Eliten hängt. In Italien noch weniger als in Frankreich, weil der Widerspruch zwischen Nationalismus und diversen Autonomismen direkt durch sie hindurch geht.

Sizilien

Es ist nichts neues, dass die soziale Krise im Mezzogiorno den stärksten Niederschlag findet. Das hat nicht unbedingt den stärkeren sozialen Widerstand, geschweige denn die stärkste Linke nach sich gezogen. Die mächtige Mafia hat auch politische Fähigkeiten einschließlich politischer Wandlungen. Nach dem Ende der Ersten Republik hat Sizilien in einem anderen Rhythmus einen ähnlichen Zyklus durchgemacht wie Italien. Es waren alle Elemente des neuen Regimes an der Macht, jeweils mit autonomistischen Helfern, die eine entsprechende Lokalcolorierung hinzufügten. Doch dieser Weg ist nun in eine Sackgasse gelangt.

Es gibt einige Anzeichen dafür, dass die Wut in Sizilien am größten ist und sie nicht mehr weit davon entfernt ist offen auszubrechen und sich in der politischen Sphäre direkt zu äußern. Nicht umsonst erreichte das Nein in Sizilien (und Sardinen) eine Dreiviertel-Mehrheit! Die Forconi-Bewegung mit ihren Straßenaktionen vor einigen Jahren war ebenfalls ein Element davon. Doch sie hielt nicht genug Distanz zur Rechten, obwohl sie ein echter Sozialprotest war, der auch auf ganz Italien ausstrahlte.

Beobachter sagen, dass nur in Sizilien neben den Cinque Stelle ausreichend politischer Raum frei (geworden) ist, radikalen sozialen und demokratischen Protest gegen die Herrschenden politisch auszudrücken.

Nun gibt es aus den Reihen des geläuterten Linksautonomismus einen ernsthaften Versuch eine Kandidatur zu versuchen. „Wir Sizilianer mit Busalacchi – für ein freies und souveränes Sizilien“. Die halbe Führung dieser Bewegung hatte sich nun in Chianciano Terme eingefunden, weil sie ohne Unterstützung aus Italien diesen Kampf kaum beginnen können. Ihrerseits hoffen sie einen Beitrag für die Konstituierung einer demokratisch-souveränistischen Opposition in Italien leisten zu können. Bei den vergangenen Kommunalwahlen erzielte sie in einigen Gemeinden ermutigende zweistellige Ergebnisse.

Das Kalkül besteht darin den Cinque Stelle, falls sie wie erwartet zur stärksten Partei werden aber über keinen Partner verfügen, zu Hilfe zu eilen. Ihnen die Unterstützung anbietend, würde man sie zu radikalen Schritten drängen und ihre Basis reifen lassen können. Doch die notwendigen 5% bilden eine sehr hohe Hürde, zumal auch für alle anderen italienischen Parteien Sizilien als wichtiger Testlauf gilt. So kann man annehmen, dass jene erhebliche Summen aufwenden werden.

Das aufständische und souveräne Italien

Die Grillini sind aber nicht nur wichtigste Protestpartei, sondern in zunehmendem Maß auch Hindernis für die Artikulierung des Protests. Ihr Elektoralismus, ihre virtuelle Blase, ihre Passivität kann sie schnell nichtig machen, insofern sie keinerlei Resultate zu produzieren vermögen.

Die kommenden Wahlen könnten zwar das bestehende Patt auf der Oberfläche des Systems bestätigen und verlängern, aber mittelfristig kann dieses nicht halten. Das Missverhältnis zwischen Massen und Repräsentation ist einfach zu groß. Setzt sich die soziale Katastrophe und die politisch-kulturelle Demütigung durch Eliten und EU fort, könnte es zu einem Umbruch kommen, zu einem Kollaps, zu ungeordneten Eruptionen – der Begriff der Explosion liegt einem auf der Zunge, doch er ist irreführend, insofern er von einem Punkt ausgehen, zentral und umfassend sein müsste. Diese politische Alternative mit kritischer Masse ist schlicht noch nicht vorhanden. Noch verharren wir in einer Situation, wo die Herrschenden zwar nicht mehr weiter wissen und die Beherrschten der Zustände leid sind, aber sie noch abwarten, noch keine Wege zum Handeln gefunden haben.

„Italia ribelle e sovrana“ ist ein Versuch eine Plattform zu bilden, einen Kristallisationskern zu bieten. Proklamiertes Ziel ist es, den gordischen Knoten mittels der Wahlen zu durchschlagen. Klar ist den Initiatoren, dass die Mittel dazu nicht im entferntesten ausreichen. Auch, dass der Vergleich mit France insoumise nicht hält, denn Mélenchon kommt aus der alten politischen Elite und es ist keineswegs gesagt, dass er zum Bruch mit dieser bereit ist. Die Initiatoren müssen also ein politisches Wunder produzieren, doch sollte die präsentierte Analyse stimmen, müsste der Boden dazu bereit sein.

Die linke Isolierschicht, die das Regime schützt und die notwendigen Intellektuellen bindet, muss durchstoßen werden. Probieren geht über Studieren.


Vorschlag der CLN für eine Politische Plattform von „Italia ribelle e sovrana“
  1. Die Macht geht vom Volk aus und nicht von der Finanzelite.
  2. Der Staat bestimmt über die “Märkte”.
  3. Die Gemeinschaft ist die Grundlage für die Emanzipation des einzelnen Menschen.
  4. Die Gleichheit und Solidarität sind die Prinzipien des Zusammenlebens.
  5. Vor allem stehen die Würde und das Recht auf Arbeit.
  6. Die Politik steuert die Wirtschaft im Interesse der Gemeinschaft.
  7. Die Einwanderung auf Grundlage der Möglichkeiten der Gemeinschaft wird reguliert ohne Ansehen ethnischer oder religiöser Zugehörigkeit.
  8. Für soziale Sicherheit und gegen Kriminalität.
  9. Für einen demokratischen, republikanischen und konstitutionellen Patriotismus.
  10. Für die nationale Souveränität, gegen die Globalisierung und die Europäische Union.

Ist DIE LINKE eine Alternative zur Sozialdemokratie?

Rede von Inge Höger, Mitglied des Bundestags für die Linke und der Strömung Antikapitalistische, auf der Zweiten Versammlung des CLN (Konföderation für die Nationale Befreiung), vom 1.-3- September 2017, Chianciano Terme, Italien

Die Partei DIE LINKE in Deutschland ist in diesem Jahr 10 Jahre alt geworden. Sie wurde gegründet weil die Sozialdemokratische Partei zusammen mit den GRÜNEN in ihrer Regierungszeit Kriegseinsätze und Sozialabbau beschloss, weil sie neoliberale Kürzungspolitik betrieb und Reichen und Konzernen die Steuern senkte.

Viele erinnern sich vielleicht noch an das Schröder-Blair-Papier aus dem Jahr 1999. Das Schröder-Blair-Papier orientierte die Sozialdemokratie auf neoliberale Politik. Es sprach sich für eine Überwindung sozialdemokratischer Grundsätze aus und positionierte sich gegen ,,massive staatliche Interventionen“, für eine ,,angebotsorientierte Agenda“, für die ,,notwendige Kürzung der staatlichen Ausgaben“, für ,,Steuerreformen und Steuersenkungen“, für die Senkung der sog. Lohnnebenkosten, für die Erweiterung des unternehmerischen Handlungsspielraums und für die Modernisierung des Sozialstaats. Dies war das Ende bisheriger sozialdemokratischer Politik sowohl in Großbritannien als auch in Deutschland und die Unterwerfung unten den Zeitgeist des Neoliberalismus. Die französischen Sozialisten folgten diesem Beispiel unter dem Präsidenten Hollande.

Mit der Beteiligung am Krieg in Jugoslawien 1999 und in Afghanistan 2001 und dem folgenden Sozialabbau mit der Agenda 2010 und den Hartz-Gesetzten wurde das Schröder-Blair Papier in Deutschland von der SPD zusammen mit den Grünen umgesetzt. Kanzler Schröder sprach sich gegen Regulierungen der Finanzmärkte aus und erklärte, er würde nicht gegen die Wirtschaft regieren. Auf Kriegsbeteiligungen und Steuersenkungen folgte massiver Sozialabbau und die Privatisierung der öffentlichen Daseinsvorsorge. Nur die Sozialdemokraten mit ihrer Verankerung in den Gewerkschaften konnten diese massiven Rentenkürzungen, den Abbau von Gesundheitsleistungen und den Umbau der Arbeitslosenversicherung durchführen, an der noch die CDU gescheitert war. Allerdings auf Dauer nicht geräuschlos. Die Zerstörung der Sozialversicherungen und der Abbau der öffentlichen Daseinsvorsorge führten zu bundesweiten Protesten und zur Gründung der Wahlalternative WASG.

Die Agenda 2010 war das größte Projekt aus Sozialraub und Umverteilung von unten nach oben in der Geschichte der BRD. Die SPD geriet durch diesen Verrat in eine tiefe Krise und verlor in den nächsten Jahren die Hälfte ihrer Wählerinnen und Wähler und auch ihrer Mitglieder. Die Sozialdemokratie hatte sich von einer sozialen Volkspartei zu einer Wirtschaftspartei gewandelt. Sie stand schon lange nicht mehr für soziale Gerechtigkeit, aber nun hatte sie sich unübersehbar auf die Seite des Kapitals gestellt. Sie hat die Worte „Reformen“ und „Erneuerung“ zu einer Bedrohung für viele Menschen werden lassen. Und immer behauptet, es gäbe keine Alternative zu ihrer Politik. Im Ergebnis haben wir heute in Deutschland einen der größten Niedriglohnsektoren in der EU und zunehmende Kinder- und Altersarmut.

Die Agenda 2010 war ein Generalangriff auf Errungenschaften der Arbeiterbewegung. Dagegen entwickelte sich eine der größten gesellschaftlichen Protestbewegungen im vereinigten Deutschland mit regelmäßigen Montagsdemonstrationen. Im Frühjahr 2004 demonstrierten 500.000 Menschen gegen den geplanten Sozialabbau. Aus diesen Protesten heraus entstand eine Sammlungsbewegung von linken Gewerkschaftsmitgliedern, sozialen Bewegungen und den Montagsdemonstrationen, aus der SPD und Grünen ausgetretenen Mitgliedern und Resten der 68er Westlinken. Ende 2004 wurde dann die „Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit“ gegründet. Diese beteiligte sich bereits im Mai 2005 an den Landtagswahlen in NRW.

Bei dieser Wahl in NRW verlor die SPD massiv Stimmen und fuhr das schlechteste Ergebnis in diesem Bundesland seit 50 Jahren ein. Sie verlor die letzte Beteiligung an einer Landesregierung und musste nach 39 Regierungsjahren in die Opposition. Nach diesem Wahldebakel versuchte die SPD bei vorgezogenen Bundestagswahlen im Herbst noch mal die Machtprobe. Vor allem aber versuchte Kanzler Schröder dem Aufbau einer neuen linken Partei zuvor zu kommen. Dies ist nicht geglückt. Zur Bundestagswahl 2005 traten PDS und WASG bereits gemeinsam als Linkspartei-PDS an. Die gemeinsame Wahlliste erreichte bei diesen Wahlen 8,6 % der abgegebenen Stimmen und damit 54 Parlamentssitze. Die SPD wurde auch auf Bundesebene abgestraft und ging eine große Koalition mit der CDU unter Kanzlerin Angela Merkel ein.

Mit diesem Erfolg der Linkspartei-PDS war mit einem Schlag im wichtigsten imperialistischen Land in Europa die größte parlamentarische Vertretung links von der Sozialdemokratie entstanden. Aus diesem Wahlzusammenschluss wurde dann 2007 nach vielen Diskussionen die Partei DIE LINKE gegründet. Die Gründung der LINKEN war das Ergebnis eines großen, wenn auch letztlich erfolglosen Klassenkampfes gegen die Agenda 2010. So ist eine Partei mit einem recht klaren linken Profil entstanden. Sie wurde gegründet im Kampf gegen die Agenda 2010, gegen den größten Sozialraub in der BRD, gegen die TINA-Politik und in der Auseinandersetzung mit dem neoliberalen Einheitsbrei der anderen Parteien.

DIE LINKE ist die wichtigste parteipolitische Neugründung in Deutschland seit dem Ende des zweiten Weltkrieges. Sie ist die erste wirklich gesamtdeutsche Partei. Und dies ist umso wichtiger, weil der Versuch in Ostdeutschland ein sozialistisches Land aufzubauen scheiterte, der Sozialismus in Misskredit kam und weil es in Westdeutschland seit Adenauer, der Wiederbewaffnung und dem KPD-Verbot einen massiv geschürten Antikommunismus gab.

Aufgrund ihrer Entstehung ist sie allerdings ein bunt schillerndes Projekt, indem unterschiedliche politische Ideen ihre Heimat haben. DIE LINKE ist zwar aus den Protesten gegen Sozialabbau in Zusammenarbeit mit sozialen Bewegungen und Gewerkschaften entstanden, aber ihre Verankerung in den Massen, in den sozialen Bewegungen und Gewerkschaften könnte besser sein. Es geht ganz konkret um den Aufbau einer sozialistischen Massenpartei. Daran muss gearbeitet werden, anstatt immer nur auf Wahlen und Sitze im Parlament zu schielen und über mögliche Regierungsbeteiligungen zu diskutieren.

Gleich nach Gründung der LINKEN begann die größte ökonomische und politische Krise des Kapitalismus seit 1929. Das aufgeblähte System der Spekulations- und Bankengeschäfte brach zusammen. Nur mit massiven staatlichen Subventionen wurde der Zusammenbruch verhindert. Seitdem werden die Folgen dieser Krise der Arbeiter*innen-Klasse aufgebürdet. Und es entstand mit Blockupy eine neue soziale Bewegungen unter dem Slogan „Wir zahlen nicht für Eure Krise.“ Es wurde wieder über Kapitalismus und seine Krisenanfälligkeit gesprochen. Und mit dieser Krise kam das zentrale Projekt des europäischen Kapitals, die EU, ins Wanken. Die schwere ökonomische Krise, die Verwandlung privater Schulden in Staatsschulden, die Vertiefung der Ungleichheit unter den EU-Mitgliedsländern und die Entlarvung der politischen Strukturen der EU als Diktatur des reichen Deutschland über den Rest haben dieses Hoffnungsprojekt des Kapitalismus in eine schwere Krise gestürzt.

In dieser Situation hätte eine sozialistische, antikapitalistische Partei eigentlich viel Aufwind verspüren müssen. Leider wurde die LINKE dem Anspruch nicht gerecht, sie konnte sich nicht mehrheitlich zu einer durchgehenden Kapitalismus- und EU-Kritik durchringen, sondern schürt in Teilen nach wie vor große Illusionen über die Reformierbarkeit des Kapitalismus und den Charakter der EU.

Allerdings erreichte sie in den Bundestagswahlen 2009 mit ihrer Kritik an der Krisenbewältigung durch die damalige große Koalition von CDU/CSU und SPD einen Zuwachs auf 11,9 % der Stimmen und 76 Parlamentssitze.

Mit einer Politik, die diesen Aufschwung nicht für eine radikale Kritik am Privateigentum und dem kapitalistischen Wirtschaftssystem nutze, sondern eher auf Stellvertretung setzte, konnten diese Erfolge allerdings nicht gehalten werden. 2013 erhielt DIE LINKE nur noch 8,6 % der Stimmen und 64 Sitze. Im gerade laufenden Wahlkampf fehlt radikale Kapitalismuskritik fast vollständig. Es werden wieder Illusionen in die Reformierbarkeit des Systems und ein mögliches linkes Regierungslager geschürt. Nach aktuellen Umfragen kann DIE LINKE in den westdeutschen Bundesländern mit ähnlichen Ergebnissen rechnen wie 2013, während sie in Ostdeutschland Stimmen verlieren wird. Der Stimmenverlust in den einstigen Hochburgen in Ostdeutschland hängt zusammen mit der dort ausgeprägten Orientierung auf Regierungsverantwortung.

Die Partei DIE LINKE ist als Partei aufgrund der Kriegs- und Sozialraubpolitik der SPD entstanden. Trotzdem wird von führenden Personen immer wieder die Illusion eines linken Lagers, einer Rot-Rot-Grünen Regierung genährt. Immer dann, wenn die LINKE sich an Regierungen mit der SPD beteiligt hat wie in Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg oder jetzt einer Rot-Rot-Grünen Regierung in Thüringen gar mit einem linken Ministerpräsidenten, hat sie ihre Ziele aus den Augen verloren und sich in den ganz normalen Regierungsbetrieb eingeordnet. Sie hat ihre Glaubwürdigkeit und in der Regel massiv Stimmen der Wählerinnen und Wähler verloren. Es gibt viele historische und aktuelle Beispiele vom Mitregieren und Koalitionszwängen und Anpassung an kapitalistische Sachzwänge. Deshalb hat DIE LINKE keine Chance als neue sozialdemokratische Partei sondern nur als sozialistische Partei mit einer klaren Oppositionshaltung gegen das Europa des Kapitals, gegen die EU und gegen den Kapitalismus.

Es gibt kein linkes Lager, mit dem DIE LINKE einen Politik- oder Machtwechsel erreichen kann. Es ist ihre Aufgabe gesellschaftliche Gegenmacht zu organisieren, Abwehrkämpfe gegen neoliberale Projekte zu organisieren, den Kampf um konkrete Verbesserungen auf der Straße und in den Betrieben zu führen und das Parlament als Bühne für die konkreten Kämpfe nutzen. Die neoliberale Politik kann nicht einfach abgewählt werden, sondern muss in langen Kämpfen um Reform und Revolution gestoppt und bezwungen werden. Es geht ganz konkret um den Ausbau von Gegenmacht und die Bereitschaft zum Bruch mit dem Kapital. Ohne breite gesellschaftliche Massenbewegungen sind Veränderungen der Kräfteverhältnisse für einen Systemwechsel hin zu einem demokratischen Sozialismus nicht möglich. Diese Aufgabe stellt sich sicherlich in allen Ländern der EU.

AUßENPOLITIK, GLOBALISIERUNG, DEMOKRATISCHE KONTROLLE UND RE-NATIONALISIERUNG.

Im Sommer 1917, auf halben Weg zwischen Februar- und Oktober-Revolution, schreibt Lenin in der Prawda (LW 25, 75): Die Unwissenheit der Massen der Bevölkerung hinsichtlich der Außenpolitik ist unvergleichlich stärker verbreitet als die Unwissenheit auf dem Gebiet der Innenpolitik. … Der Betrug an den Volksmassen ist in Bezug auf die ‚Angelegenheiten’ der Außenpolitik meisterhaft ausgearbeitet.“

Ich weiß nicht, wie die Formulierung im Russischen wirklich lautet. „Unwissenheit“ ist aber jedenfalls ein fragwürdiger Ausdruck. Außenpolitik und internationale Beziehungen gehören sicher nicht zur unmittelbaren Lebenswelt der meisten Menschen und sind somit für sie scheinbar von geringer Bedeutung. Das nützt die Bürokratie des diplomatischen Dienstes. Sie entzieht sich bis heute in einer Weise jeder Partizipation und demokratischen Kontrolle, die man in anderen Politik-Feldern lange nicht so kannte. Die klassischen Ideologen des frühen Bürgertums, John Locke (1632 – 1704) oder auch Charles de Montesquieu (1689 – 1755), haben dies sogar dogmatisiert. Sie wollen dem Monarchen die Außenpolitik als „Prärogative“ überlassen. Es ist schon erstaunlich, zu was sich diese Vertreter der neuen, aufsteigenden Klasse herbei ließen, um ein wenig Mitbestimmung in ihrer direkten Interessens-Sphäre einzufordern …

In Zeiten beschleunigter Globalisierung wird dieses fehlende Interesse der Bevölkerung an der Außenpolitik noch mehr zum Problem. Zu Zeiten Lenins ging es um Krieg und Frieden. Heute geht es immerhin um Gegenwart und Zukunft eines neu strukturierten Weltsystems. Die zielgerichtete Verschleierung der Abläufe in der internationalen Politik seitens der Eliten und ihrer Sprachrohre ist da kein Zufall.

Für uns, die wir uns für eine gewisse progressive Renationalisierung einsetzen, um der Bevöl­kerung wieder die Arena der politischen Partizipation zurück zu gewinnen, ist dies ein beson­deres Anliegen. Denn Renationalisierung bedeutet ja keineswegs das Sich-Zurück-Ziehen hinter die eigenen staatlichen Grenzen, ein borniertes Desinteresse hinter hohen Bretterwän­den. Es bedeutet u. a. einen neuen Zugang zur Internationalisierung – nicht „Globalisierung“! Wir müssen also die Frage aufwerfen, wie die demokratische Kontrolle hier hergestellt werden kann, übrigens: das erste Mal hergestellt würde! Denn wenn wir die Außenpolitik, die internationalen Beziehungen wieder der Kaste des diplomatischen Personals überlassen, haben wir bzw. hat die Bevölkerung nichts gewonnen. Und der Außenpolitische Rat aus Parlamentariern und Lobbyisten tut es keineswegs. Einen „Rat für Fragen der österreichischen Integrations- und Außenpolitik“ gibt es seit 1989 (BG vom 29. Juni 1989). Er wurde ganz offensichtlich geschaffen, um dem sich abzeichnenden EG-Anschluss eine Schein-Legitimation zu erteilen.

Damit sind wir aber bei einem viel weiter reichenden Problem: jenen nach den Formen und Inhalten demokratischer Partizipation. Um jetzt nicht in der Problematik dieser entscheiden­den Frage zu versinken, über Parlamentarismus und Räte-System zu dozieren, usw., sollen hier nur zwei grundsätzliche Fragen angesprochen werden.

(1) Außenpolitik und Internationale Beziehungen müssen dem alleinigen Zugriff von Eliten und Bürokratie entzogen werden. Nochmals, wie im Einleitungssatz, Lenin: Eine der allerers­ten Maßnahmen der Bolschewiki nach der Oktober-Revolution war zum Einen die Veröffent­lichung der Geheim-Verträge und -Dokumente der damaligen Außenpolitik. Eine altmodische Erinnerung? Wie ist dies mit den Geheim-Verhandlungen über CETA, TTIP, usw.?

(2) Das Volksbegehren zu CETA war bzw. ist ein erster und sich völlig an die institutionellen Vorgaben der österreichischen Politik und an ihre Beschränkungen haltender Zugang. Aber es war immerhin ein erster wichtiger Schritt. Und es hat gezeigt, dass es mit dem Desinteresse der Bevölkerung an der Außenpolitik nicht ganz so ist, wie man es uns auch gern weismacht.

Aber seien wir uns klar: Dieses Volksbegehren war, wie Volksbegehren immer, insofern für die Katze, als die politischen Eliten und ihre Auftraggeber nicht im Traum daran denken, sich im Ernst damit auseinander zu setzen, geschweige denn, den Wünschen der Bevölkerung – und wir wissen, dass eine Mehrheit hinter den Anliegen steht, auch wenn „nur“ eine halbe Million unterschrieben hat – nachzukommen.

Die internationale Politik einer renationalisierten Republik wird durchaus von einem speziali­sierten Apparat zu führen sein, wie moderne Politik im Allgemeinen. Aber dieser Apparat ist einer Kontrolle zugänglich. Die übernationalen und auf ihre Weise internationalisierten Büro­kratien sind dies nicht. Damit ist selbst der abgehobenste diplomatische Apparat der Herrschaft der verantwortungslosen Bürokratie in Brüssel und sonst wo vorzuziehen. Denn man kann ihn national steuern. Aber man muss es wollen.

Die demokratische Kontrolle über den außenpolitischen, den diplomatischen Apparat ist von ganz erstrangiger Bedeutung. Denn wenn wir auch der von den Eliten forcierten Globalisie­rung ein Ende setzen, wird es eine wachsende internationale Verflechtung und intensivierte soziale und kulturelle Beziehungen über die ganze Welt geben. Man könnte sogar sagen: dann erst recht. Denn Globalisierung ist die Übergabe der sozialen Verhältnisse an die Kräfte eines Markts, welcher von den Stärksten beherrscht wird, vom Finanzkapital und seinen Spitzen. Unsere Internationalisierung hingegen heißt Kontrolle dieser Kräfte und schließlich ihre Zerschlagung.

Diese Kontrolle und schließlich der Abbau dieser Kräfte-Verhältnisse sind umso wichtiger, als sie die lokalen, regionalen und nationalen Lebenswelten zu überwältigen tendieren. Gerade das ist eines der gefährlichsten Einfallstore für die bürokratische Klassen-Herrschaft der globalen Oligarchie.

Wer aber wird diese Kontrolle ausüben? Am Beispiel des Außenpolitischen Rats haben wir ja gesehen: Der konventionelle Parlamentarismus ist dazu weder willens noch in der Lage.

In den Sklavenhalter-Demokratien der klassischen Antike waren prinzipiell alle freien Männer an der Polis-Politik beteiligt. Aber selbst in Athen, das auf dem Höhepunkt seiner Macht vielleicht insgesamt 300.000 Einwohnen hatte (Sklaven inbegriffen), war es unmög­lich, dass Alle sich direkt und unmittelbar an der Verwaltung beteiligten. Sie fanden ein ziemlich einfaches Mittel. Sie bestellten per Los für eine bestimmte Zeit diejenigen, welche die Funktionen direkt ausübten.

Bevor sich jemand bis zum Herz-Infarkt über eine so anachronistische Idee aufregt: Auch Schöffen oder Geschworene werden in vielen Ländern heute per Los bestimmt. Man muss ja niemanden verpflichten, die Funktion auch anzunehmen. Aber grundsätzlich ist diese Idee gar nicht so übel. Nicht die ehrgeizige Person, welche Macht ausüben will, soll zum Zug kommen, sondern jemand, der oder die bereit ist, eine Zeitlang eine Funktion auszuüben und dann wieder in die Reihen zurückzutreten. Selbstverständlich müsste man sie mit einer gründlichen Einschulung und Vor­bereitung kombinieren. Dabei allerdings müsste man sehr acht geben, dass nicht über diese „fachliche“ Einschulung sich wieder die alten Ideen oder vielmehr Ideologien einschleichen.

Mir geht es hier um unkonventionelle Ideen, ich, der ich selbst leider viel zu wenig politische Phantasie habe. Wir müssen aus der ungeheuren Erstarrung herauskommen, welche das politische System bis zur Asphyxie verseucht hat. Man soll sich vor Versuch und Irrtum nicht fürchten. Lasst 100 Blumen blühen!

Albert F. Reiterer, 3. September 2017

Pilz‘ Quadratur des Kreises: Soziale Gerechtigkeit und EU

Mit ‚Hau den Erdo-Moslem‘ die FPÖ bekämpfen und Demokratie verteidigen?

von Wilhelm Langthaler

Peter Pilz hat Gespür: Das zeigen nicht zuletzt die guten Umfragewerte und die mediale Hilfe des Boulevards. Er erkannte richtig, dass man mit den Grünen als städtische, linksliberale Mittelstandspartei in der sich entfaltenden politisch-sozialen Krise kein Leiberl reißen kann – die Frage der sozialen Gerechtigkeit will er ins Zentrum stellen, garniert mit einer antiislamisch aufgepeppten linksliberaler europäistischen Identität. Mit seiner Kandidatur stößt er jedenfalls in ein politisches Vakuum, das die Sozialdemokratie in Jahrzehnten der Konterreform hinterlassen hat. Kann das gelingen?

Sein Bekenntnis zu einem „Linkspopulismus“ zeigt die notwendige Bereitschaft zu provozieren – denn das gesamte Regime samt seiner Medien hat den Populismus zum gefährlichen Feind erklärt und will damit Opposition von rechts und links gleichsetzen. Prüfen wir die Substanz.

Es gehe zuerst ums Soziale, um „Umverteilung von oben nach unten“. Dann kommen sogar sozialdemokratische Forderungen aus den goldenen Jahren wie die 35h bei vollem Lohnausgleich oder die Erbschaftssteuer, die die SPÖ geopfert hat. Ausgezeichnet – würde man gerne meinen – endlich zeigt es einmal einer den Feiglingen und Karrieristen von ÖGB und SPÖ, die der Pfründe wegen sich von ÖVP und Raiffeisen am Nasenring führen lassen.

Doch, wie um ein chiffriertes Signal an die Eliten zu senden, spricht sich Pilz für nebulöse „Startups“ aus, die im Wesentlichen auf eine versteckte Förderung von globalen Großkonzernen hinauslaufen und auf Kosten öffentlich finanzierter Bildung, Wissenschaft und Forschung gehen.

Aber ein noch viel deutlicheres Signal ist das Bekenntnis zur EU, versteckt hinter der Phrase von „unserer Heimat Europa“. Das Euro-Regime gelenkt von Brüssel und Berlin hat sich als antisozialer Bulldozer erwiesen, unter dessen Raupen für jedermann sichtbar das griechische Volk gekommen ist. Die EU-Verträge sind einbetonierter Neoliberalismus zugunsten der Starken und gegen die Schwachen. Nicht umsonst steht die EU-Kommission nicht zur Volkswahl und schon gar nicht die Verträge der demokratischen Entscheidung unterworfen, wie Präsident Juncker klargemacht hat. Wer also sich nicht gegen die EU zu stellen bereit ist, soll auch nicht über das Soziale reden. Pilz produziert die gleiche heiße Luft wie Kern in seinem Plan A – denn eine keynesianische Wirtschaftspolitik hat die EU nicht nur verboten, der Binnenmarkt ist genau dagegen gegründet worden!

Nun zu Pilz‘ identitärem Geschütz: „Und für unsere Heimat Europa – unsere Grundrechte von Meinungsfreiheit bis Pressefreiheit, die Gleichberechtigung von Frauen und Männern, unsere unabhängige Justiz, die Trennung von Religion und Staat, unsere Demokratie und vor allem: unser Recht, so zu leben wie wir wollen.“ Klingt nicht schlecht, so als wäre es das demokratische Komplement zum Sozialen.

Für die Identitätsstiftung viel wichtiger ist allerdings immer die Gegenfolie, das Feindbild, das Böse. Das wird uns natürlich gleich mitgeliefert: „Und damit gegen die, die das gefährden: die nationalistische Rechte und der politische Islam.“

Es sind also nicht die herrschende Oligarchie und ihr globalistisches Regime, die Sozialabbau betreiben und die Demokratie einschränken, sondern diejenigen, die, wenn auch in reaktionärer Form, dagegen aufbegehren. Treu der rot-grünen Methode wird das Bestehende indirekt als kleineres Übel entschuldigt. Pilz stellt sich damit auf Seiten jenen in der SPÖ, die zum Zwecke der Isolation der FPÖ die antisoziale große Koalition über Jahrzehnte betrieben und uns in die heutige Lage gebracht haben.

Gleichzeitig greift er das Feindbild Islam auf, jedoch in raffinierterer, politisch-korrekter Form. Das Böse sei lediglich der Politische Islam, personifiziert durch den Diktator Erdogan, gegen den man hart durchgreifen müsse. Das klingt legitim, denn es richtet sich scheinbar nicht chauvinistisch gegen eine soziokulturelle Gruppe, sondern eine bestimmte politische Strömung. Und die müsse man doch wohl noch kritisieren dürfen. Doch dazu müsste Pilz den gesellschaftlichen Kontext hervorheben und gerade das tut er nicht. So kann er letztlich doch das Ressentiment gegen Muslime und Türken bedienen und für eine Regime-Linke bis in den Mittelstand nutzbar machen.

Der notwendige Kontext, der eine demokratische Kritik am Politischen Islam erst glaubhaft macht, ist die westliche imperiale Herrschaft über Nahost im Speziellen und über den globalen Süden im Allgemeinen. Nun stammt Pilz aus der „Gruppe Revolutionärer Marxisten“ und man kann ab und an von ihm verfremdete Versatzstücke aus diesem Fundus hören. Doch im Kern beschränkt er sich auf die abstrakte Forderung nach Demokratie ohne die konkreten Kräfte anzugeben, die diese tendenziell durchsetzen und entwickeln könnten. Bezüglich der Türkei vergisst er, dass die AKP eine laizistische Nato-Militärdiktatur mittels demokratischer und sozialer Versprechungen abgelöst hat – das Phänomen Erdogan ist also viel widersprüchlicher als der Mainstream, auf dem Pilz surft, glauben machen will. Immerhin hat er die soziale Schwere zugehen lassen und das allgemeine Lebensniveau massiv gehoben, etwas was Pilz noch beweisen muss. Westliches Hau-drauf wird da eher das Gegenteil von Demokratie bewirken. (siehe meine Analyse „Watschenmann Erdogan“) Und was das arabische Zentrum des Politischen Islam betrifft, so ist er eine Folge der gescheiterten linken Befreiungsversuche. Nicht demokratisch getarnter Interventionismus hilft da, sondern nur ein Ende des israelischen Kolonialismus, Selbstbestimmung und soziale Entwicklungsmöglichkeiten gegen das Freihandelsregime kann dem Terrorismus den Boden entziehen. Dafür muss man zum Bespiel die demokratisch gewählte Hamas anerkennen, genauso wie ein potentiell auf demokratische Selbstbestimmung gerichtetes Moment im Politischen Islam. Genauso wie nicht jeder Arbeiter, der FPÖ wählt, ein Nazi ist, sondern, wie Pilz selbst sagt, seine sozialen und demokratischen Anliegen ernstgenommen werden müssen.

Doch Pilz kann dem Widerstand gegen die neokolonialen Kriege nichts abgewinnen. Was ihm indes missfällt, ist, dass die USA alleine das Sagen haben. Zwar ist da was Wahres dran, aber Pilz geht es nicht um eine Systemkritik, sondern um den Aufbau der EU als imperiale Alternative mit demokratischer Tarnung. Darum hat er den Krieg gegen Jugoslawien, dem EU-Hinterhof, unterstützt. Und darum hatte er nichts gegen den Abbau der Neutralität und Aufrüstung, wenn es sich im Sinne eines EU-Imperiums vollzieht – ein Möchtegern-Joschka also.

Doch auch in Bezug auf die europäischen Gesellschaften kann der Kontext der massiven antiislamischen Mobilisierung aus demokratischer Sicht nicht ausgeblendet werden. Die säkularistischen Anspielungen verwischen den grundlegenden Unterschied zwischen dem historischen Herrschaftsapparat der katholischen Kirche, der den Eliten diente, und den heutigen Muslimen in Europa, die im Wesentlichen die marginalisierten Anderen darstellen, die in Gegenwehr zur Unterdrückung sich ebenfalls identitär formieren.

Pilz verspricht Demokratie und Freiheiten zu verteidigen, aber das Einfallstor für polizeistaatliche Maßnahmen und Aushebelung der demokratischen Rechte ist gerade die „Gefährdung durch den Politischen Islam“. Zwischen Amerikas Verteidigung „unserer Lebensweise“ und Pilz‘ „Recht, so zu leben wie wir wollen“ ist kaum ein Unterschied erkennbar, zumal sie das selbe Feindbild pflegen. Und wer wird in der politischen Nutzung des Bösen wohl die Oberhand behalten – die NSA oder Pilz?

Es ist durchaus möglich, dass Pilz ins Parlament einzieht. In einem gewissen Sinn handelt es sich um einen Test der Tiefe der Krise der SPÖ. Alles deutet darauf hin, dass der Versuch Kerns, die verschiedenen und widerstrebenden Tendenzen hinter einem medial inszenierten Macher-Image zu vereinen, scheitert. Da sind die neoliberalen Großkoalitionäre mit ihren Pfründen; die linksliberalen städtischen Mittelstands-Anti-FPÖler mit ihren Pfründen; der tiefe Staat, der mittels Anti-Migration und Repression die Arbeiter bei der Stange zu halten können glaubt, ebenfalls mit seinen Pfründen; und ein paar zerquetschte Altlinke und Gewerkschafter, die sich die EU nicht zu kritisieren trauen und sich mit einem mageren Schweigegeld zufriedengeben. Ist da Peter Pilz nicht die perfekte Melange all dessen, noch dazu mit dem Image des Saubermanns und Aufdeckers? Denn Wendigkeit und Mut hat er mehr als alle SPler zusammengenommen.

Wie dem auch sei, für den Aufbau einer demokratischen und sozialen Systemopposition ist Pilz dennoch gefährlich, denn er könnte für einige Zeit unseren Platz besetzen – den wir zugegebenermaßen nicht einzunehmen in der Lage waren. Auch Roland Düringer schickte sich dazu an, doch auch für ihn ist Pilz eine unerwartete Konkurrenz. Das im medialen Alleingang präsentierte „paradoxe Kunstprojekt“ will selbst nicht politisch sein, was zu zahm sein könnte. Aber solange keine Systemopposition auf die Bühne tritt, wird es so wie in anderen Ländern linkspopulistische Versuche geben. Vielleicht sind diese sogar notwendiger Durchgang zu einer echten Kraft des Bruchs.

Alle Zitate von www.peterpilz.at

 

Hinweise:

Demokratisch-sozial-souverän-neutral: Vorschläge für eine österreichische Systemopposition

Symposium 30.9.2017

 

 

Ein treuer Transatlantiker und EU-Lobbyist

Peter Pilz ist sicher kein Kandidat der sozialen Bewegungen

Von Michael Wengraf

Die eigenartige Verbindung von sozialem Anstrich und autoritärer Ordnungspolitik, getarnt als „Sicherheit“, ist in Österreich kein alleiniges Monopol der Freiheitlichen: „Diese Bewegung ist der Versuch einer pragmatischen Verbindung von Gerechtigkeit und Sicherheit. Ich will den Rechten den Heimatbegriff wegnehmen.“[1] So verortet Peter Pilz seinen politischen Standort. Das Thema Gerechtigkeit aber ist für ihn „im Kern die Frage nach der sozialen Gerechtigkeit“.

Obwohl das ganz nach „sozialer Heimatpartei“ klingt, ist es im Grunde gar nicht verkehrt. Umverteilung nach unten, die Renaissance des Sozialstaats, wird es allerdings nur geben, wenn wir wirklich – im übertragenen Sinne – die Heimat zurück erobern. Das zielt aber eben nicht auf den „Begriff der Heimat“, sondern auf deren Realität als souveräner Nationalstaat. Veränderung geschieht dann, wenn man die Wirklichkeit – und nicht lediglich den Begriff von ihr – gewinnt.

So etwas wie soziale Gerechtigkeit wird nur stattfinden, wenn wir in unserem Land wieder selbst bestimmen können – und nicht mehr dem Diktat einer EU der Konzerne unterworfen sind. Gebot der Stunde ist es also keineswegs, den nationalen Rechten einen fiktiven Begriff streitig zu machen, sondern den neoliberalen, europäisch in der Union organisierten Eliten und Kapitaleignern Österreich wieder zu entreißen.

Das peilt aber Peter Pilz – ebenso wie die FPÖ – genau nicht an: „Meine Heimat Europa ist die einmalige Verbindung von Menschenrechten, Rechtsstaat und Demokratie, Trennung von Kirche und Staat, Gleichberechtigung von Frauen und Männern.“[2] Diese Worte bedeuten ein grundsätzliches Bekenntnis zur Europäischen Union und zu ihrer politisch korrekten Ideologie, also zu Neoliberalismus und Herrschaft der Monopole. Damit ist nichts weniger zu gewinnen als soziale Gerechtigkeit und Umverteilung nach unten. Deswegen ist Peter Pilz und seine Bewegung auch nicht wählbar.

Die Sprache von Pilz erinnert stark an das Frankreich des endenden 18. Jahrhunderts: Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit als bürgerliche Parole. Hier aber sind wir wieder beim Begriff angelangt. Und zwar in all seiner Allgemeinheit und Abstraktheit, ja in seiner Gegensätzlichkeit zur Wirklichkeit. Gleichheit in Europa existiert höchstens vor dem Gesetz, nur auf dem Papier also. Sie ist ein leerer Begriff. Nicht ohne Grund sprach schon Friedrich Engels voll Häme von den „französischen Sozialisten, die die Welt mit der Zauberformel liberté, egalité, fraternité aus den Angeln heben wollen“.[3]

Wo im EU-Europa gibt es Gleichheit, wirklich gleichen Lohn für gleiche Arbeit? Wo sind die Menschenrechte tatsächlich geachtet: Das Recht auf Wohnen oder auf Arbeit, wo das Recht auf eine menschenwürdige soziale Existenz? Das will Pilz anscheinend nicht sehen, wenn er über das freie Europa der Gleichheit und der Menschenrechte handelt. Für ihn wie für alle Bürgerlichen zählen nur die abstrakt deklarierten Werte allein. Sie sind das Papier nicht wert, auf dem sie stehen.

Peter Pilz bewegt sich demnach vielmehr ganz im Mainstream und stellt keine Alternative zum bestehenden politischen System dar. Das passt zu der Tatsache, dass er nie wirklich für Inhalte stand, sondern viel eher für publikumswirksamen Aktionismus und das bezieht sich gerade auch auf seine Rolle als „Aufdecker“. Von dem ehemaligen „revolutionären Marxisten“ findet sich hingegen nicht die geringste Spur.

Die Worte von Pilz sind hohle Phrase für diejenigen, auf die er angeblich abzielt: „Es geht um Menschen, denen es nicht so gut geht; die sich vor Arbeitslosigkeit und Ausländern fürchten […] Man muss ihre Ängste ernst nehmen und ebenso radikal wie pragmatisch nach Lösungen suchen.“[4] Abgesehen davon, dass eine „pragmatische Radikalität“ wohl einen Widerspruch in sich darstellt: Es wird im neoliberalen europäischen Rahmen kaum Lösungspotential für die angesprochenen Probleme zu finden sein.

Dabei spricht Pilz instinktiv den zentralen Punkt an, indem er sagt: man muss die Ängste der Menschen ernst nehmen. Sie empfinden sich wirklich in Konkurrenz zu Migranten, die von den herrschenden Eliten auch bewusst als eine solche instrumentalisiert werden. Geht es nach ihnen, soll mittels Migration eine neue Klasse von Werktätigen generiert werden, die weniger „anspruchsvoll“ und „genügsamer“ ist als die eingesessene.

Die Menschen fürchten – zu Recht! – zunehmend um ihre sozialen Besitzstände, die in einer von Brüssel organisierten Umverteilung nun von den Reichen vereinnahmt werden. Viele sehen in der Europäischen Union auch die Ursache für ihre zunehmende Angst um die soziale Existenz. Welches Gebot folgt daraus nun für eine wahrhaft soziale Bewegung?

Kein anderes als den unreflektierten Wunsch der Menschen nach Flucht aus dem EU-Diktat in ein Bewusst-Gewusstes zu wandeln. Das bedeutet vor allem: Einen konkrete Weg aufzuzeigen, um die Vision mit Leben zu erfüllen. Peter Pilz aber macht mit seiner Affirmation der Europäischen Union das diametrale Gegenteil, was schließlich bedeutet, dass alles beim alten bleiben muss. Es scheint also vielmehr – in guter sozialdemokratischer Tradition – die radikale Phrase als die gesellschaftliche Tat charakteristisch für den Ex-Grünen.

Pilz bemühte sich übrigens schon früh darum, die einem Beitritt ablehnend gegenüber stehenden Grünen auf Pro-EU-Kurs zu bringen. Er meinte bereits 1993, die Grünen müssten zwar EG-kritische Bündnispartner suchen, aber mit dem „EG-Kannibalismus“ aufhören: „Dieser Exorzismus ist dem Wähler nicht zuzumuten.“[5] Damit steht der Name Peter Pilz auch für den Beginn der Aufweichung einer grünen Anti-EU-Positionierung. Er ist also mitschuldig daran, dass es den Menschen heute „nicht so gut geht“.

Ist seine Bewegung nur ein weiteres Sammelbecken für Unzufriedene – diesmal eben in Gestalt eines rechtslinken Linksrechten, wie er sich selbst bezeichnet? Vieles deutet darauf hin. Und zwar nicht allein die sofort einsetzende Medien-Hype um ihn – auch sein wirklicher Standort, der wie folgt verortet werden kann: „Wem Pilz zuzuordnen ist, wurde mir 1992 klar, als er mit allen Mitteln Parteichef werden musste und für eine US-Militärintervention in Bosnien lobbyierte. Jetzt sammelt Pilz Enttäuschte in diversen Parteien und appelliert damit nicht an politische Verantwortung, sondern an niedere Instinkte“,[6] schreibt Alexandra Bader in ihrem Blog.

Aufschlussreich in Bezug auf seine wahre Position ist die Haltung, die er an den Tag legte, als die Grünen 2004 der Neutralität abschworen. Damals erläuterte er eine Integration Österreichs in das EU-Verteidigungssystem – und damit in der NATO – wie folgt: „Die Grünen sind erstmals für das Ersetzen der Neutralität durch die Sicherheitsgemeinschaft. Ziel ist eine Gemeinschaft, die 25 nationale Armeen durch ein gemeinsames Militär als Instrument einer gemeinsamen Friedenspolitik ersetzt.“[7]

Das bedeutet nichts anderes als dass Peter Pilz einer militärischen Integration in die EU zustimmt, ja sogar sich sogar bereit erklärte, diese aktiv voran zu treiben. Im Klartext: Er sagte damit ja zu einer militärisch voll aktionsfähigen EU, die mit Österreich ihre weltweiten imperialistischen Ambitionen bewaffnet durchsetzt. Er zeigte sich auch bei anderen Gelegenheiten als treuer Verfechter des transatlantischen Projekts und nahm somit eine klar proimperialistische Haltung ein. Bis heute gibt es diesbezüglich keine wirkliche Distanzierung von ihm. Hier, wie in der Bosnien-Frage, erscheint Peter Pilz also sehr wohl als der auf heikle Fälle etablierte Mann des europäischen politischen Establishments.

Genau diese Rolle aber spielt er oft und in den unterschiedlichsten Variationen, was ihn ein wenig unergründlich wirken lässt. So übernahm er die – oberflächlich gesehen – wenig dankbare Aufgabe, klare Worte in Richtung Israel zu sprechen: „Die israelische Regierung bekämpft Terrorismus mit dem Terror des eigenen, weit überlegenen Militärs. Der Plan kann nur aufgehen, wenn die Hamas bis an ihre Wurzeln ausgerottet wird. Aber die Wurzel ist jetzt die Bevölkerung von Gaza selbst. Das hat Israel geschafft.“[8]

Diese Rollenspiele passen zu Peter Pilz und sein Art Politik über diverse, oft sehr unterschiedlich anmutende Statements zu machen, die dann von den Medien prompt transportiert werden. Er repräsentiert bei den kommenden Wahlen viel eher den Kandidaten der Kronen-Zeitung als den der sozialen Bewegungen. Dabei geht es aber gerade nicht um diverse Emails, SMS und Facebook-Kommentare, sollten sie noch so richtig sein, sondern um ein Stück reale Bewegung. Real in doppeltem Sinne: Nämlich wirklich, nicht nur scheinbar – und real, weil von den Menschen selbst – im Sinne von Akteuren – getragen.

Das heißt: Einerseits konsequente Interessenvertretung und andererseits den beharrlichen Versuch, die Menschen selbst zur Durchsetzung ihrer Anliegen zu organisieren. Und zwar konsequent über die Jahre hindurch und nicht nur als punktuelle Wahlkampf-Bewegung. Nur so ist echte Gegenöffentlichkeit zu schaffen. Eine Kraft aber, die dies voran treibt – sieht man vom partiellen Einfluss der steirischen KP ab – fehlt in Österreich noch. Ihr Platz ist ganz bestimmt nicht von der Pilz-Bewegung zu besetzen.

Die muss viel eher im Lager der Eliten verortet werden. Jedenfalls spricht die Unterstützung und bereitwillige Berichterstattung durch die wichtigsten Medien eindeutig dafür: „Auch darin unterscheidet sich Pilz grundlegend von Sanders, Corbyn, Colau und anderen linken Projekten. Sie werden von den Medien nicht hofiert, sondern bekämpft. Denn eine Kandidatur, die sich tatsächlich mit den politischen und ökonomischen Interessen der Eliten anlegt, wird im Normalfall in den Qualitäts- wie Boulevardmedien einen verlässlichen Feind finden.“[9] Davon aber kann bei Peter Pilz wohl nicht die Rede sein.

[1] Die Presse am Sonntag (23. Juli 2017), S. 3
[2] Ebenda.
[3] Friedrich Engels, Karl Marx: Zur Kritik der Politischen Ökonomie, in: MEW Bd. 13, Berlin, 1964, 471.
[4] Die Presse am Sonntag (23. Juli 2017), S. 3.
[5] Franz Heschl, Drinnen oder draußen? Die öffentliche österreichische EU-Debatte vor der Volksabstimmung 1994. Wien 2002, 54. Vgl. auch: Gerald John, Vom Widerstand zur Wende: Die Grüne Haltung zur Europäischen Integration, Diplomarbeit an der Universität Wien, 2013, 78.
[6] https://alexandrabader.wordpress.com/2017/07/23/pokert-peter-pilz-zu-hoch/ (25. 7. 2017)
[7] http://www.sozialismus.net/86-sterreich/grne/453-grne-krieger-am-vormarsch (25. 7. 2017)
[8] https://www.facebook.com/peterpilz/posts/757793977597751 (25. 7. 2017)
[9] http://mosaik-blog.at/peter-pilz-keine-alternative/# (25. 7. 2017)

JEFTA: TTIP auf japanisch

von Wilhelm Langthaler

Der Gewerkschafter Kattnig hat kürzlich davor gewarnt, dass die EU-Kommission mit Japan ein Freihandelsabkommen nach dem Modell TTIP&CETA abzuschließen versucht:

https://www.younion.at/cms/C01/C01_0.a/1499311595471/home/younion-kattnig-ttip-auf-japanisch-wo-bleibt-die-transparenz

Dieser Alarm ist gut und wichtig, doch viel zu wenig. Nicht nur, dass es einer richtigen Kampagne bedarf, um der EU-Kommission das Handwerk zu legen. Vor allem inhaltlich reicht der Hinweis auf die Vernachlässigung der Arbeitnehmerrechte nicht aus. Denn das ist kein Nebenaspekt. Beim Freihandel und den supranationalen Schiedsgerichten geht es genau darum, Institutionen zu schaffen, die Arbeitnehmerrechte aushebeln können. Dazu müssen sie dem demokratischen Willen entzogen werden.

„Transparenter und fairer Handel“ ist eine Leerformel. Es geht um den Schutz vor der zügellosen Ausbeutung durch die Eliten, sei es für die schwachen Staaten und auch für die sozial Schwachen in den dominanten Staaten. Freihandel ist grundsätzlich abzulehnen!

Die Bewegung der Produktionsfaktoren Arbeit, Kapital und Waren müssen unter demokratische Kontrolle und Steuerung gestellt werden. Und das geht nur mittels staatlichem Eingriff.

Und immer wieder muss man in Erinnerung rufen: die größte, mächtigste und autoritärste Freihandelsorganisation ist die EU selbst. Ihr geht es darum, die unumschränkte Gestaltungsmacht der Großkonzerne aus dem Zentrum wiederherzustellen. Das ist ihr Daseinszweck, keine Fehlentwicklung.

Globalisierung und G20

Eine gemeinverständliche Kritik

von Rainer Brunath, Chemiker und Autor, lebt und arbeitete in Italien

Definition bei Wikipedia: Der Begriff Globalisierung bezeichnet den Vorgang, dass internationale Verflechtungen in vielen Bereichen (Wirtschaft, Politik, Kultur, Umwelt, Kommunikation) zunehmen, und zwar zwischen Individuen, Gesellschaften, Institutionen und Staaten.

Aber was bedeutet das nun im Konkreten? Ist diese Entwicklung auf dem Globus nicht zu komplex, zu undurchsichtig, um sie als Einzelner in ihrer Gesamtheit wirklich zu verstehen? Und was meinen die Politiker, die Mainstream-Medien, die internationalen Banken oder Finanzfachleute, wenn sie von der alternativlosen Globalisierung sprechen? Durchschaut es der Normalmensch, wenn behautet wird, dass sie allen zum Vorteil gereiche, in Wirklichkeit aber Individualinteressen, speziell jene von Großkonzernen und Monopolen, durchgesetzt werden sollen? Und nicht zuletzt erhebt sich die Frage ob die Verschiffung unendlicher Warenströme über weite Distanzen – meistens hinein in die westlichen Metropolen – wirklich für den Gesamtorganismus Erde ertragbar (Dreckschleudern Containerschiffe) und sinnvoll ist. Nehmen wir einige Fragen zur Globalisierung auf und versuchen den Nebel aufzureißen.

Wie kam es zu dieser Entwicklung?

Der Kolonialismus Britanniens, Frankreichs, Spaniens, Portugals, Belgiens, Hollands, Deutschlands aber auch der USA waren erste Schritte hin zu einer globalen wirtschaftlichen Entwicklung, wobei die kolonisierten Länder durch ihre Mutterländer (Metropolen) ausgebeutet wurden. Sie waren Lieferant von Rohstoffen und manchmal gleichzeitig auch Importland von entwickelten Industrieprodukten aus den Metropolen. Die Kolonien bezahlten mit Rohstoffen oder mit ihren in den Metropolen gefragten Agrarprodukten wie Tee, Reis ecc. Der Reichtum floss also in Richtung der Metropolen – eine entsprechende Umkehrung fand nicht statt. Nur in wenigen Ausnahmefällen, wie z.B. im Weltkrieg II, als Indien Lieferant Britanniens für Kriegsausrüstungen wurde, verschuldete sich Britannien an der eigenen Kolonie.

Im Grunde war das ein Nullsummenspiel – mit Gewinnern auf Seiten der Metropolen und Verlierern auf Seiten der kolonisierten Länder und Erdteile. Nach dem Ende des Weltkrieg II zerfiel das Kolonialsystem. Maßgebend für diese Entwicklung war die Tatsache, dass die UNO entstanden war, und dass Befreiungsbewegungen in den kolonisierten Ländern friedlich oder mit militärischem Einsatz für Eigenständigkeit eintraten. Die Sowjetunion, weltpolitisch nach 1945 in die erste Reihe aufgerückt, konnte die Befreiungen der Kolonien direkt oder indirekt beeinflussen und den Prozess vorantreiben. Dieser Typus der Globalisierung zerbrach und aus dessen Nachlass entstand nach dem Sieg der westlichen imperialen Mächte im Kalten Krieg gegen die sozialistischen Länder die neoliberale Wirtschaftsordnung. Nach dieser Zäsur begann eine neue Entwicklung der internationalen Märkte, eine Ausformung der weltweiten nun erweiterten Kontakte mit dem Ziel, eine globalisierte, kapitalistische und endgültige Weltordnung zu schaffen. Das Märchen vom Ende der Geschichte wurde erfunden.

Es begann eine Entwicklung, die nicht nur den liberalisierten, also von Schutzzöllen befreiten Welthandel betraf, (Erweiterung der EU, Freihandelsblöcke unter der Ägide der USA) sondern alle Bereiche der Arbeit umfasste. Mit einbezogen wurden Kommunikation, Innovationsentscheidungen, Arbeitsplatzverlagerungen in bisher nicht gekanntem Maßstab, Verkehr und Containerisierung des Warentransportes, weltweites Internet, Digitale Revolution, deren Auswirkungen bisher noch nicht übersehbar sind.

Zur Frage der globalen Wirtschaft:

Ist diese Globalisierung heute immer noch ein Nullsummenspiel? Das allgemein bekannte oder anerkannte Feld der Globalisierung ist die Wirtschaft, wie sie oben in der Definition von Wikipedia, bezeichnet wird. Aber schon da beginnen die Fragen. Was umfasst der Begriff Wirtschaft?

Austausch von technologisch gleichwertigen Industrieprodukten zwischen Schwellenländern und den Metropolen? Schön wäre es, wenn darüber mal was in den Boulevardblättern stünde! Vergleichende Zahlen! Dieser Punkt bleibt ein Rätsel, wir erfahren aber durchaus etwas über die Ausbeutung von natürlichen Resourcen (Öl, Erdgas, Erze, Anbau von Monokulturen z.B. Palmöl, Bananen seitens der Metropolen (oder meinetwegen auch jener Schwellenländer) in den ehemaligen Kolonien in Afrika, Südamerika oder Fernost. Verwertung statt Hilfe – ein Nullsummenspiel. Nicht, dass es keine Entwicklungshilfe gäbe. Das sei unbezweifelt. Aber die Ergebnisse jener Entwicklungshilfe bleiben im Dunklen und sie machen eher den Eindruck als seien sie das Feigenblatt der Unschuld der Schuldigen, die genau wissen, dass sie nur ein Tropfen ist auf dem heißen Stein sind. Win-Win-Situationen? Es wird uns wohl eingeredet.

Und wie sieht es auf dem Feld des Austausches von Agrarprodukten aus? Auf einem Feld, von dem man annehmen könnte, dass es eher das Natürliche der ehemaligen Kolonien sei? Ja, es gibt solche Warenströme, z.B. jene der in den Metropolen nicht oder mit unbefriedigender Profiterwartung vom Markt genommener Geflügelreste, die nach Afrika gehen und dort mit ihren Preisen die dortigen, gewachsenen Strukturen ruinieren. Ist das Entwicklungshilfe? Das ist schwer verständlich, eher ist es wohl eine spezielle Variante der Globalisierung des Warenverkehrs als Nullsummenspiel.

Oder es kommen Weine aus Südafrika oder Südamerika, Gemüse aus Kenia, Fisch vom Viktoriasee in Zentralafrika in die Metropolen. Es sind hochwertige Produkte die zu Preisen angeboten werden, die sogar die heimische Agrarwirtschaft unterbieten. Wie ist das möglich? Transport und Logistik kosten und die Unternehmer in den ehemaligen Kolonien, teilweise sogar Investoren aus Europa oder den USA, machen das nicht zum Spaß, sie sind keine Philanthropen, keine Prediger auf dem Berg. Sie wollen Profit. Ist es so schwer verständlich zu erkennen, dass dieses nur mit Hungerlöhnen (vielleicht sogar durch Kinderarbeit) möglich ist, mit denen die Menschen in den fernen landwirtschaftlichen Betrieben abgespeist werden? Und in den Metropolen sind diese Produkte willkommen. Deren Angebot wird vom Konsumenten dort nicht oder nur oberflächlich hinterfragt. Bequemlichkeit? Auf jeden Fall wieder ein Nullsummenspiel bei dem u.a. der Verbraucher in den Metropolen der Gewinner ist.

Und damit sind wir beim Outsourcing von Arbeitskraft, der Verlagerung von Produktion aus den Metropolen, wo Arbeitsplätze vernichtet werden. Ziel der Akteure des Outsourcing sind Niedriglohnländer in Fernost oder Afrika. Diese Akteure beuten das Lohngefälle zwischen den Metropolen und den ehemaligen Kolonien aus. Sie schufen damit eine Produktionsweise, die, sehr allgemein gesehen, gekennzeichnet ist durch den Import von Rohwaren und Energieträgern in die Metropolen, wo daraus Halbfabrikate entstehen, die ihrerseits wieder in die ehemaligen Kolonien verbracht werden, um sie dort durch Ausnutzung billigster Arbeitskraft zu Fertigprodukten zu montieren. Danach kommen die Waren wieder nach Europa oder die USA, um nach mehreren Transporten – also hin und zurück – auf den Märkten zu Preisen angeboten werden, die nur durch niedrigste Arbeitslöhne in den ehemaligen Kolonien und lange tägliche Arbeitszeiten möglich sind.

Outsourcing der Produktion ist somit ein doppeltes Nullsummenspiel: Arbeitsplatzvernichtung in den Stammsitzen von Unternehmen in Europa und damit die Vermeidung von Lohnzahlungen dort sowie der kalkulierte Gewinn für die Wirtschaftseliten in den Metropolen durch nicht gezahlte Tariflöhne in den ehemaligen Kolonien.

Begleitet wird diese Art der Globalisierung von einem Teilbereich der Welt der Finanzen und zwar jenem, der gebunden ist an Waren und deren Produktion. Banken überwachen und steuern die internationalen Verflechtungen dieser globalisierten Finanzwelt. Dank Digitalisierung sind heute Verschiebungen von Zahlungen weltweit in Sekunden möglich. So können die Akteure des Outsourcing quasi on time an Hand der sofort vorliegenden Zahlen Entscheidungen treffen, z.B. Entscheidungen darüber, ob der Daumen nach oben oder nach unten geht. Am grünen Tisch im Konferenzsaal fällt man Entschlüsse darüber, ob ein Standort in Fernost oder Afrika geschleift wird oder nicht. Ein Nullsummenspiel, bei dem sich die bestimmenden Akteure die Spielregeln selbst machen.

Und – die Welt der Finanzen ist nicht nur begrenzt auf die Bindung an die materielle Produktion von Waren. Sie hat sich verselbstständigt in der Art, das der Wert von national oder international aktiven Konzernen oder sogar Mittelstandsunternehmen an den Börsen überbewertet wird. Deren Aktienbesitzer (oder von Fonts, Pfandbriefen Schuldverschreibungen usw) sind durch diese Überbewertung (man nennt es Kurssteigerung) reicher geworden als sie es ohnehin schon vor dem Erwerb jener Wertpapiere waren. Um diesen gesteigerten Wert abzusichern, wird von den Banken mehr Geld in Umlauf gebracht. Ein Konjunktureinbruch jedoch, der zum System gehört wie Leben und Tod eine Einheit bilden, ändert an der Situation der Geldmenge im Markt aber nichts mehr. Dafür ist die Inflation, die Entwertung, da. Wieder ein Nullsummenspiel

Immobilienbesitzer konnten sich (und können es noch immer) in Zeiten der Kurssteigerungen reich rechnen. Rätselhaft und unverständlich erscheint das Verhalten von Millionen von ihnen, die in den USA auf die neuen, höheren Werte ihrer Häusle (oder ihrer Anlagen) Kredite aufnahmen. Sie ließen sich von Kreditangeboten ihrer Banken zu noch mehr Konsum verführen. Denn es war ja so leicht, an Geld zu kommen – und zurückgezahlt wurde wiederum mit geliehenem Geld. Aber weil kein Baum in den Himmel wächst, kam es wie es kommen musste. Die Nachfrage brach ein, ein sich selbst antreibender Kreislauf begann, bis die Katastrophe offenbar war. Kredite konnten nicht mehr abgelöst werden. Das war ein sehr großes Nullsummenspiel, bei dem auch die Banken der Verliererseite standen

Politik, Kultur, Umwelt, Kommunikation.

Die Nennung dieser Lebensbereiche steht bei Wikipedia nur, um dem einzigen Punkt, der die Eliten wirklich interessiert, Wirtschaft, noch etwas an die Seite zu stellen.

Politik: Es scheint nicht, dass man bei der Politik im allgemeinen von Globalisierung im Sinne gleichberechtigter weltweiter Partnerschaften reden kann. Solange sich noch Militärblöcke gegenseitig bedrohen, solange das eine oder andere Land mit einem Krieg begleitenden Regime Change überzogen wird, solange auf der einen Seite von Freihandel gefaselt wird und auf der anderen Seite Wirtschaftssanktionen, z.B. gegen Russland, Kuba oder dem Iran, verhängt werden, solange es Atomsprengköpfe gibt, die Staaten bedrohen, ist die Politik der westlichen Metropolen sehr schwer zu verstehen. Sie grenzt an Willkür gegenüber anderen Systemen, Kulturen und Religionen, ja sogar den Menschen der Metropolen gegenüber, wie es zuletzt bekannt geworden ist, dass heimlich nach dem gescheiterten TTIP ein Freihandelsblock mit Japan ausgehandelt wurde. Ein Block gegen China gerichtet. Ist das gleichberechtigter multilateraler Freihandel für alle?

Diese Art der Politik des Westens gegenüber der restlichen Welt begann schon kurz nach dem Weltkrieg II mit dem sogenannten Kalten Krieg und setzte sich nach dessen Ende nahtlos bis heute fort. Diese Politik enthält das größte Konfliktpotential, wie sich an den begleitenden Veranstaltungen, Demos und Protesten zu den G8, dann nach Ausschluss Russlands G7 und den später daraus entstandenen G20-Gipfeln immer wieder zeigt. Globalisierung mit positivem Vorzeichen und demonstrierter Einigkeit? Machen diese Politiker sich nicht total unglaubwürdig? Solange es noch Wirtschaftssanktionen westlicher Metropolen gegen China, Russland, totale Handelsblockade der USA gegen Kuba gibt, ist nichts gewonnen.

Politik sollte eigentlich für alle da sein, wird aber, so scheint es, von den meisten gewählten und regierenden Politikern von Staaten mit kapitalistischer Wirtschaftsordnung nicht so verstanden, obwohl sie immer wieder versuchen es so darzustellen. Sie verwenden den Begriff Demokratie und meinen damit das Herrschaftssystem oder den Machtblock, für das sie sich zum Diener machen und das sie gegen alle Widerstände sichern wollen. In der Tat trifft hier der Begriff Globalisierung zu, denn sie weiten ihre Herrschaft und damit ihre Demokratie über den ganzen Globus aus. Und da finden sich unterschiedliche Formen der Vorgehensweise jener Weltpolitiker, die um die besten Plätze rangeln und den Beginn von Kriegen gegen ungehorsame Politiker und deren Staaten (Libyen, Syrien) nicht scheuen. Alternativen bieten sie nicht, denn sie verfolgen nur ihre Interessen und die ihrer Auftraggeber. Wenn der Normalbürger diesen Politikern glaubt, wird er bis zum St. Nimmerleinstag warten müssen, dass sich etwas zu seinem Wohl bewegt, dass Frieden einzieht.

Kultur, Sport und Kommunikation:

Diese Bereiche tangieren Globalisierung im positiven Sinne, denn oft engagieren sich Kulturschaffende, Sportler von der anderen Seite des Globus in Europa für Frieden und Umwelt, oder die sie unterstützen NOG´s (Non Government Organisations) wie Greenpeace ecc bei ihrer Arbeit. Leider ist diese Arbeit unerlässlich, weil eben egoistische und partielle Wirtschaftsinteressen in den verschiedensten Bereichen sich immer wieder durchsetzen und Allgemeininteressen, wie z.B. der Erhalt von Fischbeständen in den Weltmeeren, geschädigt werden. Die Arbeit der genannten NOG´s könnte entfallen, ja deren Kreativität könnte vorantreibend wirken, würde sich die Wirtschaft wirklich global verantwortlich verhalten.

Umwelt und Klima:

Diese Bereiche sind so bedeutend, dass deren Beratung nicht nur den G20-Politikern überlassen werden darf. Hier sind alle Länder auf dem Globus gefragt. Es sind globale Themen und deren Brisanz hat ein Niveau erreicht, das keine Verzögerung mehr zulässt. Die Einflussnahme des Menschen, sprich seine wirtschaftlichen Ausbeutungsmechanismen auf die natürlichen Resourcen der Erde sind so gewaltig geworden, dass die Menschheit, macht sie ungebremst so weiter, seine eigene Ausrottung vorbereitet. Diese globale Frage ist ein für die Menschheit existenzieller Tagesordnungspunkt, dessen Behandlung nicht eine Minute aufgeschoben werden sollte.

Was also sollen oder wollen die globalen G20 Politiker auf ihren pompösen Treffen verhandeln? Und was können sie? Die zweite Frage ist die entscheidende. Als Diener ihres eigenen Wirtschaftssystems, als Butler ihrer Bosse, die sich die Interessen der Chefetagen zu Eigen gemacht haben, müssen sie dafür sorgen, dass ihre Machtgrundlage, das aktuelle unsoziale Wirtschaftssystem, unangetastet bleibt. Man kann nicht erwarten, dass sie gegen ihre eigenen Interessen verstoßen, da sie auch Mitverdienende im Räderwerk der Machterhaltung geworden sind. Es geht bei diesen Treffen also nur darum, die Abschluss-Verlautbarungen so zu schreiben, dass ein gewisser Eindruck entsteht, die Lebensinteressen des normalen und im Arbeitsleben stehenden Menschen wären berücksichtigt worden. So jedenfalls war es bei G8/7 und G20-Treffen der Fall und so wird es weiterhin sein. Wie Globalisierung sich in Zukunft entwickeln wird, wird nicht auf den zukünftigen G20-Gipfeln entschieden sondern durch machtvollen millionenfachen politischen Protest (Petitionen, Streik, Manifestationen) und vielleicht auch an den Wahlurnen. Dort allerdings sind diejenigen, die sich Alternative nennen nicht die Alternative, sondern populistische Strömungen, die eher dem lokalen als dem internationalen Kapital verbunden sind, Protektionisten sind, und eben deshalb keine zukunftsorientierte Politik anbieten können.

 

„STEIGENDE ERWARTUNGEN“, SOZIALDEMOKRATIE UND POPULISMUS. Krise der Repräsentation oder Krise der Repräsentanten?

Die Sozialdemokratien in Österreich und in der BRD sind seit Längerem in einer Schwäche­-Phase. Noch sind sie nicht zusammengebrochen, wie die in Griechenland und Frankreich. Es sieht aber so aus, als ob beide Parteien bei den kommenden Wahlen eines übergebraten bekämen. Zwar: Über die SPD muss man sich allenfalls wundern, dass sie sich wundert, dass man ihr die Soziale Gerechtigkeit als Thema nicht abnimmt –erst holt sie sich Schulz als Vorsitzenden und dann Schröder als Wahlkämpfer. Aber auch in Österreich ist es nicht so sicher, dass die SPÖ nach Gusenbauer und Faymann wieder einen Fuß auf den Boden bekommt. Das Angebot Kern ist reichlich mickrig. Strache und Kurz scheinen sich überdies schon einig zu sein; es fragt sich höchstens, wer von beiden Kanzler wird.

„Sozialkapitalismus“, „demokratischer Kapitalismus“, so nennt W. Streeck die Ordnung der Nachkriegszeit. Ich beziehe mich hier auf ihn, weil er in diesem Buch prominent eine Krisenerklärung für heute anbietet. Heute kämen die Krisen daraus, dass das Kapital diesen Konsens, diesen Kompromiss aufgekündigt habe. Es sind eine Menge überlegenswerter Gedanken in Streecks Buch. Und doch: Einige der wichtigsten Punkte hat er nicht begriffen, will er vielleicht nicht begreifen. Wie entstand denn diese europäische Nachkriegsordnung, deren Verblassen wir heute mit Nostalgie sehen, obwohl die Linke sie seinerzeit stets bekämpft hat?

Die paradigmatische Verwalterin dieser Nachkriegsordnung war die europäische Sozialdemo­kratie. Doch auch die konservativen Parteien ließen sich ganz und gar auf den Sozialdemokra­tismus der unmittelbaren Nachkriegszeit ein. Es gibt kaum etwas Kennzeichnenderes für den Versuch eines Neuanfangs als das Ahlener Programm der CDU von 1947. Programmatisch-ideologisch hatten die Konservativen diese Phase schnell überwunden und stiegen in den harten Konflikt ein. Die Sozialdemokratien aber betrachteten sie als ihre Grundlage.

Aber die Sozialdemokratie hat ihren Erfolg selbst nie verstanden. Vor allem hat sie nie begriffen, dass sie ihn ihren erbittertsten Gegnern verdankte, der Sowjetunion und den dieser verbundenen, vielmehr untergeordneten Kommunistischen Parteien. Nur der Angst vor diesem System ist die Bereitschaft des Kapitals zu einem solchen Kompromiss geschuldet. Man trug ihn ja nicht mit Freuden mit, sondern zähneknirschend. Der Lösungsansatz der Zwischenkriegszeit war mit Eklat gescheitert: Die diversen, vom Großkapital gestützten und benutzten Faschismen hatten in die Katastrophe geführt. Nun fürchtete das Kapital, auch Westeuropa zu verlieren.

Dazu trugen auf eine paradoxe und fast ironische Art die USA bei. Von Japan angegriffen und von Nazi-Deutschland in den Krieg verwickelt, waren sie notwendig Gegner des Faschismus geworden. Zwar entwickelten sie schnell das Konzept des weltpolitischen roll back und ver­suchten die Praxis nachzuschieben. Aber gleichzeitig sahen sie das eigene System in einer teils naiven, teils arroganten manifest destiny-Haltung als verpflichtend an, schon damals eine Art end of history-These. Eine weitere Faschismus-Periode in einem der Kernländer West­europas sollte es also nicht mehr geben. Also mussten sich die kapitalistischen und die kon­servativen politischen Eliten beugen. Vergessen wir nicht: Damals hatte die USA ein scharf progressives Einkommenssteuer-System, an das sich heute niemand erinnern will.

Die westeuropäische Entwicklung war also von beiden einander entgegen gesetzten Systemen außenbestimmt. Dazu kam, dass auch die USA, zwar mit einiger Verzögerung, nach der MacCarthy-Periode eine Version des Sozialstaats entwickelten, in der Kennedy-Zeit und vor allem unter Johnson. Der führte gewissermaßen eine US-sozialdemokratische Politik. Doch bereits mit Nixon, also ab 1969, setzte der soziale roll back ein. Seine Ergebnisse kann man in den Verteilungsdaten auf Pikettys website im Detail nachverfolgen.

Es war eine spezifisch keynesianische Politik, welche die Sozialdemokratie da durchzog. Sie setzte im Kulturbereich – darunter verstehe ich Alles, was nicht Ökonomie ist – eine links­liberale Ausrichtung, eine soziale und kulturelle „Modernisierung“, wie sie sagte. Damit er­rang sie bis heute die Meinungsführerschaft unter den hegemonialen intellektuellen Gruppen in dieser Sphäre. Die sozio-ökonomischen Strukturen aber wagte sie nicht anzutasten. „Solan­ge ich regiere wird rechts regiert“, dekretierte Kreisky 1978 kategorisch. Überhaupt war die Kreisky-Zeit für die Blüte der europäischen Sozialdemokratie paradigmatisch. Diese völlige Unterwerfung unter die herrschenden sozio-ökonomischen Verhältnisse hatte kennzeichnende Folgen.

Die neuen Leistungen für die Unter- und vor allem die (unteren und mittleren) Mittelschichten wurden keineswegs durch den Abzug von Ressourcen bei denen finanziert, wo sie zu finden gewesen wären. Denn, wie gesagt, die herrschenden Verhältnisse wagte die Sozialdemokratie nicht anzurühren. Es war der Staat, welcher die neuen Leistungen auf sich nahm, nicht etwa das Kapital. Konkret hieß dies: Ein Großteil dieser Leistungen entsprang einer horizontalen Umverteilung innerhalb der Mittelschichten. Aber bei der Unterschicht konnte man dies nicht machen. Die Leistungen für sie wurden zu einem nicht geringen Teil über Kredite finanziert. Das hatte zwei Folgen. Die Schuldenlast der öffentlichen Hand wuchs, und zwar stetig, nahe­zu naturgesetzlich. Aber damals gab es noch nicht den Investitionsstreik des Kapitals aus seinen heute auch aus kreislaufanalytischer Sicht viel zu hohen Gewinnen. Das Sozialprodukt war bereits vor der Umverteilung ausgeschöpft. Die notwendige Folge dieser keynesiani­schen Politik in einer unkeynesianischen Situation war somit Inflation. In Österreich machte die Inflation 1974 9,5 % aus und 1975 8,4 %. In der BRD stand sie 1973 bei 7,1 %, 1974 bei 6,9 %. Danach gab es eine kurze Periode der Entspannung. Doch 1981 stieg sie wieder auf 6,3 %.

Es war eine weltwirtschaftlich-weltpolitische Entwicklung großer Tragweite, welche die Ent­wicklungen überlagerte und teils auch anstieß. Inflation ist immer Ausdruck eines Vertei­lungskampfes, und ein völlig neuer Verteilungskampf begann. In den „Ölschocks“ 1973 und 1979 schafften es die parasitären Eliten einiger Entwicklungsländer, einen beachtlichen Anteil des Reichtums für sich abzuzweigen. Aber es waren nicht die räuberischen Konzerne, welche drankamen, ganz im Gegenteil. Bezahlt hat diesen Anteil die Bevölkerung, vor allem des westlichen Zentrums, durch allgemeine Preiserhöhungen. Das gab einen zusätzlichen Inflations-Impuls. Es hatte überdies weitreichende politische Folgen.

Zum Einen konnten nun die Unternehmen mit einer gewissen Plausibilität ihre Preiserhöh­ungen den „Ölscheichs“ in die Schuhe schieben. Es entstand ein allgemeines Inflations-Klima. Und ebenso wichtig: Die Rezyklierung der Ölgelder gab der Entwicklung zum neuen Finanzkapitalismus einen mächtigen Schub. Der Globalismus wurde zu einem neuen System.

Solange die Leistungen stiegen, nahm die Bevölkerung dies hin. Als aber die ersten Verunsi­cherungen und eine Tendenz zum Abbau erkenntlich wurden, kam schlechte Stimmung auf, und die Zustimmung zur SP begann zu sinken. Die Soziologen begannen mit einem gewissen Zynismus von den „steigenden Erwartungen“ der Unter- und Mittelschichten zu sprechen. Die könnten nun nicht mehr erfüllt werden. Affairen und Korruptionsfälle verstärkten das Miss­vergnügen. Die Eliten und die Konservativen standen bereit, dies zu nützen. Und die SP selbst reagierte mit der Wende zum Neoliberalismus. Frankreich war besonders früh dran, aber in der Entwicklung symptomatisch.

Inzwischen begann sich auch die Sowjetunion als Papiertiger zu erweisen. Das Wachstum in ihrem Herrschaftsbereich ließ nach. Manche Sozialindikatoren wiesen bisweilen sogar nach unten. In Ungarn etwa sank in den 1980ern die Lebenserwartung. Mit dieser Entwicklung entfiel aber die Hauptgrundlage der ohnehin schwachen Legitimität. Der Versuch eines Um­baus geriet außer Kontrolle. Die alten Eliten selbst zerschlugen das System und rissen sich die Beute unter den nun privaten Nagel.

Damit aber entfiel die Geschäftsgrundlage des bisherigen Arrangements auch im Westen. Nun fühlte sich das Kapital völlig frei. Das politische Problem des allgemeinen Wahlrechts und der Demokratie aber löste es mit der Transformation der EG zur EU: Die wesentlichen Ent­scheidungen wurden dem Zugriff oder der Beeinflussung seitens der Bevölkerung entzogen.

Haupttreiber dabei war die Sozialdemokratie. So verwunderlich ist dies nicht. Sie hatte sich mittlerweile aus einer Massenpartei der Arbeiter und Unterschichten zu einer Kaderpartei der Bürokratie gewandelt. Mao hatte in seiner Jugend und in seinem Alter den Legalismus und Han Fei als seine Vorbilder genannt: um das System, ja die Maschine Gesellschaft (man könnte in Anlehnung an den aufklärerischen Materialismus von société machine sprechen) zu steuern, muss die Bürokratie Alles kontrollieren. In Europa hießen die Vorbilder anders. Ich habe mehr als einmal von sozialdemokratischen Beamten den Bürokraten-Kaiser Josef II. als Vorbild nennen gehört. Auf paternalistische Weise lautet nun das Motto: Alles für das Volk (oder was wir darunter eben verstehen), aber nichts durch das Volk. Es ist kein Zufall, dass einige der erfolgreichsten Beamten in Brüssel ehemalige (?) Maoisten sind.

Sie übersahen dabei nur eines: Ihre Wähler-Basis begann zu erodieren.

Denn die „frei“ gewordenen und immer stärker verunsicherten Unterschichten begannen zu murren und suchten sich einen anderen politischen Repräsentanten. Diese Obere Mittel­schicht-Sozialdemokratie, diese Mischung aus Yuppies mit den ihnen so wichtigen sexuellen Orientierung, und der Elite-Interessen mit ständigen Kaufkraft-Verlusten und ihrer Botschaft der Disziplinierung war dieser Repräsentant jedenfalls nicht.

Aber die Repräsentation ist, bei aller Neigung zur direkten Partizipation, nun einmal das Grundprinzip moderner Politik. Großgesellschaft bedarf unabdingbar der Stellvertretung mit ihren beiden Charakteristiken: dass Interessen und Identitäten auf der politischen Ebene vertreten sind; und dass dies eine Stellvertretung ist. Politik ist für den übergroßen Teil der Bevölkerung keine erwünschte Lebenswelt, wie es für viele Intellektuellen ist. Es war einer der gröbsten Fehler der Studentenbewegung, den Wert des Privaten für fast alle Menschen nicht zu erkennen. Zum Privaten aber gehört eine möglichst gesicherte Lebensplanung.

Noch einmal Streeck. Er meint: Die „Toleranz für die Ungewissheiten des Marktes“ habe sich „deutlich erhöht“. Ich halte dies für ein schweres Fehlurteil. Als das soziale roll back begann, wussten die Menschen eine Zeitlang nicht recht, wie sie sich wehren sollten. Sie begannen aber sehr schnell, ihrem Unmut Ausdruck zu geben. Sie wandten sich von den etablierten Parteien ab. Dieses „De-Aligning“, wie akademische Politikwissenschaft schwadroniert, war kein Automatismus.

Die Stunde des Populismus schlug.

Da die angebliche „Linke“ – in Frankreich nennt sich heute noch der Rest der zusammen gebrochenen SP „Neue Linke“ – so eklatant „versagte“, nämlich die Gegenseite bediente, wandten sich die Unterschichten nach Rechts, zumal ihnen die Intellektuellen-Kultur der Linksliberalen sowieso eher fremd waren.

Die Erfolge des Rechts-Populismus, wie immer sich die Parteien nennen, FPÖ, AfD, FN, …, kommen im Wesentlichen aus dem diffusen Protest der Bevölkerung gegen die neoliberale Politik und ihr Programm der fundamentalen, existenziellen Verunsicherung. Denn noch ist der reale Leistungsabbau in einzelnen Ländern wie Österreich nicht besonders weit fortge­schritten. In Österreich steigt sogar die „Sozialquote“ noch etwas, obwohl man dem wenig Beachtung schenken muss, weil die „Sozialquote“ unsinnig definiert ist.

Aber das Programm der existenziellen Verunsicherung ist der Grundbaustein der neoliberalen Strategie. Die will nämlich durchsetzen: Ihr müsst diszipliniert unseren Wünschen nach­kommen. Dann könnt ihr auch überleben. Anderenfalls stoßen wir Euch in den Orkus der sozialen Verachtung, in die Kategorie der prekären Wirklichkeit.

Populismus lässt sich auf einen kurzen Nenner bringen: Er nimmt die Sorgen der Bevölkerung auf und stellt richtige Fragen. Aber er gibt Antworten, die völlig ungeeignet und meist kontra­produktiv sind. Also: Die Arbeitnehmer-Vertretung ist wenig kämpferisch. Die typisch popu­listische FP-Folgerung lautet: Schaffen wir die AK ganz ab, und schwächen wir die Arbeitnehmer noch mehr. Usf.

Sprechen wir vom Populismus, so müssen wir, wie in der Politik immer, beide Seiten des Ablaufs betrachten: das rechts-populistische Anbot der entsprechenden Parteien; und die Haltung der Bevölkerung.

Beim Anbot brauchen wir nicht lange zu verweilen. Die Haider-FPÖ hat 2000 – 2007 gezeigt, wozu sie gut war: Sie hat den härtesten Neoliberalen und deren politischen Repräsentanten, den Schüssel und Bartenstein etc., die Möglichkeit zu ihrer Politik eröffnet. Selbst waren die FPÖler zu unfähig, jenseits von Korruption irgendetwas zu bewirken. Die Strache-FPÖ schlägt eben denselben Pfad ein und bereitet sich auf dieselbe Karriere vor. Da ist es ziemlich belanglos, ob der Häuptling selbst Kanzler wird oder aber sein jüngerer Abklatsch namens Kurz. Die AfD hatte noch nicht die Möglichkeit zu einer solchen Politik, auch der FN nicht.

Und die Bevölkerung? Ist die starke Protesthaltung der erste Schritt zu einem System-Protest?

Die Antwort fällt höchst zwiespältig aus. Der unmittelbare, der größte Wunsch einer Mehrheit in der Bevölkerung dürfte sein: Zurück in die gute alte Zeit des Nachkriegs-Arrangements mit seinem stetigen Wachstum im Wohlstand und seinen fiktiven Sicherheiten in der Lebens­führung. Aber dieses Anbot führen die ökonomischen und politischen Eliten nicht mehr. Ihr klares Programm heißt: Disziplinierung – Bescheidung! Dann sichern wir Euch auch ein Überleben, auf niedrigem Niveau natürlich.

Der Populismus ist auch für eine linke, eine emanzipatorische Orientierung problematisch. Wir dürfen zwar nicht in den Chor jener einstimmen, für welche der Populismus eine Gefahr für ihre Privilegien und ihre Bequemlichkeit ist. Ihr Geschimpfe erinnert nur zu sehr an die giftigen Attacken auf die „Demagogen“ seitens der Feinde der Demokratie in früheren Zeiten.

Ich halte es aber auch für einen politischen Irrtum, auf die Strategie einer „links-populisti­schen Bewegung“ zu setzen. Es ist richtig: Man muss die Menschen dort ansprechen, wo sie stehen. Und allein das Wort „Populismus“ beinhaltet mittlerweile die ganze Arroganz bürgerlicher Intellektueller, jener „platonischen“ Schicht, welche allen Anderen ihre Kultur aufzwingen wollen. Der Irrtum besteht jedoch darin, die völlig legitimen Anliegen der Bevöl­kerung, den Wunsch nach einer Absicherung des Lebens auf angemessenem Niveau, mit dem aktuellen Ausdruck der Unzufriedenheit zu verwechseln. Dieser Ausdruck ist meist eindeutig: Uns soll es gut gehen. Alle Anderen mögen bleiben, wo sie wollen. Um nicht missverstanden zu werden: Ich bringe den Ansätzen des Links-Populismus viel Sympathie entgegen. Aber das ist keine Strategie. (Lenin würde sagen: Das ist „Chwostismus“, Nachtrab-Politik.) Rebelli­sches Aufbegehren ist ein Anfang. Eine Strategie der langen Dauer ist doch wieder eine intellektuelle Angelegenheit. Diesem Widerspruch müssen wir uns stellen.

Eine linke Strategie kann sich nicht gegen solche Bewegungen wenden, schon deswegen nicht, weil sie wirkliche Bedürfnisse der Bevölkerung widerspiegeln. Aber sie wird die ganz engen Grenzen eines solchen Anfangs immer mitdenken müssen. Ich vermute, dass wir uns mit der Rolle als politische Minderheit auf Dauer zufrieden geben müssen. Aber diese Minderheit hat sich ihre Aufgaben und Ziele zu definieren. Die werden, je nach Können, Temperament und Alter, in der Beobachtung, in der Analyse, im besseren oder wichtigeren Fall aber im Setzen von Impulsen, im Vorgeben von Themen, im Antreiben von Aktionen bestehen müssen.

Albert F. Reiterer, 2. Juli 2017

Streeck, Wolfgang (2013), Gekaufte Zeit. Die vertagte Krise des demokratischen Kapitalismus. Frankfurt / M.: Suhrkamp.