Die EU in der Existenzkrise – die Antworten der Linken?

Seminar in Kooperation mit der Marx-Engels-Stiftung am Sonnabend, dem 26. November 2016 von 11 bis 16 Uhr.

Nach der Entscheidung vom 23. Juni verlässt mit Großbritannien erstmals ein Mitgliedsland die EU. Auch Linke sprachen sich in der vorausgegangenen Kampagne für den Austritt aus. Einige sehen im Brexit bereits den Beginn der Auflösung der Union, da weitere Länder diesem Beispiel folgen könnten.

Die andauernde Krise um Griechenland zeigt die Schwächen des Eurosystems. Statt zu sozialer und ökonomischer Konvergenz unter den Euroländern beizutragen, führt es zur Auseinanderentwicklung von Löhnen und Produktivität. Neben Griechenland sind auch Portugal, Spanien und selbst Italien davon betroffen.

Unter kritischen Wissenschaftlern und Politikern hat eine Diskussion über eine Alternative zum Euro, über einen Plan B, begonnen. In einigen Ländern mehren sich aber auch die Forderungen, nicht nur die Eurozone sondern auch die EU zu verlassen.

Es referieren:

Peter Wahl, Vorstandsvorsitzender der Nichtregierungsorganisation Weltwirtschaft, Ökologie &Entwicklung (WEED):
Wie kann ein Plan B als Alternative zum gescheiterten Euro-System aussehen?

Wilhelm Langthaler, Personenkomitee Euro-Exit gegen Sozialabbau:
Der Austritt Großbritanniens – ein Vorbild für Österreich?

Keith Barlow, Mitglied der Communist Party of Britain (CPB):
Warum britische Linke für den Austritt Großbritanniens aus der EU kämpfen

Dazu laden wir ein ins MEZ, Spielhagenstraße 13, 10585 Berlin – Charlottenburg, nahe U-Bhf Bismarckstraße (U2 und U7) und Bus 109

Kostenbeitrag: 5 €

Um Anmeldung unter info@mez-berlin.de oder: 030-5587 2315 wird gebeten.

www.mez-berlin.de/die-eu-in-der-existenzkrise-was-sind-die-antworten-der-linken-188.html

Welche Alternative zum €uro und zur neoliberalen EU brauchen wir?

Tagung der Antikapitalistischen Linken NRW (AKL) am 28. Januar 2017 im Bürgerhaus im Stadtteilzentrum Bilk, Bachstr. 145, 40217 Düsseldorf

 

Aus dem Versprechen für Wohlstand und Frieden für alle ist Reichtum für wenige auf Kosten der Vielen geworden. Insbesondere der europäische Süden leidet unter den erdrückenden Spardiktaten aus Brüssel und Berlin. Die Exportoffensive des deutschen Kapitals auf Kosten seiner europäischen Konkurrenten setzt sich ungebrochen fort. Die Folge sind Deindustrialisierung, Privatisierung, Sozialabbau und Arbeitslosigkeit in bisher unbekanntem Ausmaß.

Die im Rahmen der Finanz- und Bankenkrise 2008/2009 erfolgte Übernahme in Staatsschulden hat in Kombination mit der von Merkel und Schäuble diktierten Austeritätspolitik zum Sparen bis zum Kollaps geführt. Stagnation und Entdemokratisierung sind die Folge.

Als in Griechenland nach dem Wahlsieg von Syriza versucht wurde, einen Ausweg aus Krise-Austerität-Stagnation zu finden, drehte Berlin sofort den Geldhahn zu, um jedem Versuch einer Krisenlösung zugunsten der Mehrheit der Bevölkerung den Boden zu entziehen.

Neoliberale und Rechtspopulisten in West- und Nordeuropa versuchen nun, die Krise im Sinne ihrer Eliten auf Kosten des europäischen Südens zu lösen. Statt Wohlstand gibt es Austerität, statt Solidarität erleben wir Chauvinismus.

 

11.00 – 11.25 Uhr
Eröffnung

• Thies Gleiss, Bundesvorstand der Partei Die Linke, Bundessprecher*innenrat der AKL
• Inge Höger, MdB DIE LINKE, Bundessprecher*innenrat der AKL

11.30 – 14.00 Uhr
Wie treibt die deutsche Austeritätspolitik die EU–Staaten und die Eurozone weiter auseinander? Eine Bestandsaufnahme

• Janinne Wissler, stellvertr. Parteivorsitzende DIE LINKE
• Franziska Lindner, SDS
• Panagiotis Sotiris, LAE – Volkseinheit, Griechenland
• Sergio Cesaratto, Prof. für Ökonomie an der Universität Siena, Italien

14.30 – 16.30 Uhr
Kann der Zusammenbruch der Eurozone verhindert werden?
Ist eine geordnete Auflösung der Euro-Zone möglich?

• Martin Höpner, Politikwissenschaftler, Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung Köln
• Paul Steinhardt, Herausgeber Makroskop.eu (gemeinsam mit Heiner Flassbeck)

17.00 – 20.00 Uhr
Alternativen zum Eurosystem und zum Entwicklungspfad der EU
Linke EU- und Euro-Kritik vs. Neoliberalismus und Rechtspopulismus

• Costas Lapavistas, Prof. für Ökonomie an der Universität von London und ehem. Parlamentsabgeordneter von Syriza, Griechenland
• Hans van Heijningen, Generalsekretär der Sozialistischen Partei der Niederlande
• Inge Höger, MdB DIE LINKE, Bundessprecher*innenrat der AKL

Unterstützer: Initiative eurexit.de, Mediengesellschaft Makroskop.eu, Bildungsgemeinschaft Salz e.V., Zeitschrift lunapark21, Personenkomitee euroexit.org

www.antikapitalistische-linke.de

DIE EU, DIE WIRTSCHAFTSPOLITIK UND DER FREIHANDEL: CETA 4

Es ist ein Putsch. Es ist einer jener Staatsstreiche in Serie, mit denen die EU das wurde, was sie ist. „Vorläufig“ wird Brüssel CETA in Kraft setzen. Da dürfen die nationalen Parlamente nicht zustimmen. Dabei sind sie ohnehin weitgehend in der Hand der EU-Bejubler. „Vorläu­fig“ sagen Juncker und seine Bürokraten: Damit schaffen sie Fakten. Die sind kaum mehr rückgängig machen, und die heißen dann Sachzwang. Das ist die Vorgangsweise, die Sprache der Eliten und ihrer Ideologen.

Jede Bestimmung in diesem Monster-Vertrag ist wichtig. Wichtig ist die Absicht, die natio­nale Politik und ihre Gerichte auszuhebeln – die sogenannten Schiedsgerichte. Wichtig ist, wie die Standards der Waren und der Arbeitswelt herab gesetzt werden. Aber noch viel wichtiger als diese Einzelfragen ist: CETA ist die Brechstange für andere Verträge dieser Art. CETA ist die Politik der beschleunigten Globalisierung.

Heute ist TTIP scheintot. Kommt CETA, wird auch TTIP zum Lazarus und wird schnellstens wieder auferstehen. Es geht also keineswegs um CETA allein.

Es geht um die Möglichkeiten der Wirtschaftspolitik und um die Politik insgesamt. Es geht um die Globalisierung, und es geht um die Praxis und die Ideologie dessen, was so unschuldig „Freihandel“ heißt. Der Freihandels-Fundamentalismus möchte den Staat am liebsten ab­schaffen. Da nun aber eine politische Regulierung unumgänglich ist, will er dies selbst in die Hand nehmen. Denn was sind die „Schiedsgerichte“? Es sind politische Organe. Ihre Entscheidungen sind verbindlich, und sie stehen definitorisch über den bisherigen Staaten.

Es geht somit um die nachhaltige Zerstörung jeder Möglichkeit staatlich-politischer Inter­vention. In den Nationalstaaten hat die Bevölkerung noch einen gewissen Einfluss. Das macht das Agieren dieser Staaten bisweilen unberechenbar. Politische Gestaltung im Interesse der Bevölkerung soll in Hinkunft noch stärker als bisher unmöglich werden. Der Demokratie soll jedes Steuerungs-Instrument aus den Händen gerungen werden. Jedenfalls gilt das für die von Unten. Für die Eliten, für die Oligarchie macht man schon weiter Politik. Schiedsgerichte sind politische Organe der Eliten und der Oligarchie.

Doch, wiederholen wir es: Auch die Einzelbestimmungen sind höchst bedeutsam. Insofern müssen wir uns doch durch diesen Monstervertrag durchquälen. Wir sollten Seite für Seite dieses Textes durcharbeiten. Sehen wir uns einmal den Beginn der materiellen Bestimmungen von Kap. 8 an; ich bringe hier die Übersetzung, wie sie die deutsche „Linke“ für ihre Bundestagsfraktion vor eineinhalb Jahren anfertigen ließ – dort ist die Nummerierung gegen über der Endfassung noch unterschiedlich:

„Art. 8.

4 1. Keine der Vertragsparteien darf hinsichtlich des Marktzugangs durch eine Einrichtung eines Investors einer Vertragspartei auf ihrem gesamten Territorium oder auf dem Territorium einer nationalen, provinzialen, territorialen, regionalen oder lokalen Regierungsebene Maßnahmen ergreifen oder beibehalten, mit denen

(a) Folgendes eingeschränkt wird:

(i) die Anzahl von Unternehmen, die eine spezifische wirtschaftliche Aktivität ausführen können, weder in Form von zahlenmäßigen Quoten, Monopolen, Lieferanten mit ausschließlichen Rechten oder des Erfordernisses einer wirtschaftlichen Bedürfnisprüfung;

(ii) der Gesamtwert von Transaktionen oder Vermögenswerten in der Form von zahlenmäßigen Quoten oder des Erfordernisses einer wirtschaftlichen Bedürfnisprüfung;

(iii) die Gesamtzahl von Geschäften oder die Gesamtproduktionsmenge durch Festsetzung bestimm­ter zahlenmäßiger Einheiten in Form von Quoten oder des Erfordernisses einer wirtschaftlichen Bedürfnisprüfung;

(iv) die Beteiligung ausländischen Kapitals durch Festsetzung einer prozentualen Höchstgrenze für die ausländische Beteiligung oder für den Gesamtwert einzelner oder zusammengefasster ausländischer Investitionen;

(v) die Gesamtzahl natürlicher Personen, die in einem bestimmten Sektor beschäftigt sein dürfen, oder die ein Unternehmen beschäftigen kann, und die für die Durchführung der wirtschaftlichen Aktivität notwendig und direkt damit verbunden sind, in der Form von zahlenmäßigen Quoten oder des Erfordernisses einer wirtschaftlichen Bedürfnisprüfung.

(b) bestimmte Arten von juristischen Personen oder Gemeinschaftsunternehmen, durch die ein Unter­nehmen eine wirtschaftliche Aktivität ausführen kann, eingeschränkt oder vorgeschrieben werden.“

Man beachte wohl: Die Bestimmung ist allgemein gehalten und beinhaltet nicht die selektive Diskriminierung. Nur ein einziges Mal bezieht sich der Text auf ausländisches Kapital. Die ganze Passage besagt nicht weniger, als dass Wirtschaftspolitik i. A. und Industriepolitik i. B. unmöglich wird. Nur mehr „Förderungen“, d. h. Subventionen und Geschenke an Unter­nehmen dürfen durchgeführt werden. Robustere staatliche Instrumente sind verboten..

Nun kann man völlig zu Recht sagen: Aber was ist daran neu? Das ist doch das, was in der EU ohnehin seit vielen Jahren geschieht! Eben! Es ist das Prinzip der EU, das nunmehr auch in Verträgen über die EU-Grenze hinaus festgeschrieben wird. Genau das ist es, was CETA zum Problem macht. Bei der Kundgebung vor dem Parlament am 17. Oktober hat eine Rednerin darauf aufmerksam gemacht: Das „C“ in CETA bedeutet nicht etwa „Canadian“, sondern „Comprehensive“, umfassend. Um das geht es. Dieser Freihandelsvertrag ist eine umfassende Regulierung und Deregulierung, welche Wirtschaftspolitik unmöglich machen soll. Der klassische Freihandel ist in diesem Abkommen eine völlig untergeordnete Angelegenheit.

In diesem Sinn haben auch die Propagandisten und Janitscharen der letzten Zeit recht: Bei CETA geht es um die EU. Es geht um den Kern der EU als regionale Stufe zur bedingungs­losen radikalen Globalisierung bzw. Neoliberalisierung der Welt. Die 60 (Strolz) oder 100 (Mitterlehner) Freihandelsabkommen, denen Österreich bereits unterliegt, sind Fesseln, die bereits ungeheuer schwer zu zerbrechen sind. Kommt CETA hinzu, kommt TTIP hinzu, erreicht diese Fesselung eine neue Stufe. Das aber gilt es zu verhindern.

Albert F. Reiterer, 31. Oktober 2016

DIE EU, DAS OKTOBERTHEATER UND SEIN ERGEBNIS: CETA 3

Was hat der heldenhafte Kampf des Paul Magnette nun also inhaltlich wirklich gebracht?

Man macht sich auf die Suche. Die erste Entdeckung ist: Nach all der Hysterie der letzten Tage ist es vorerst nicht wirklich zu eruieren, was die Ergebnisse sind. Und das ist kennzeich­nend. Eine Öffentlichkeit existierte während der Jahre der Verhandlung nicht. Es gibt sie auch nach wie vor nicht, obwohl nun das Argument nicht mehr gilt, dass dabei Verhandlungen „gestört“ werden. Und erinnern wir uns: Beim wichtigsten Abkommen überhaupt, bei TTIP nimmt dies skandalöse Formen an. Auch Abgeordnete dürfen nur unter ganz restriktiven Be­dingungen Einschau in die Ergebnisse halten. Sie dürfen sich dabei keine Notizen machen, in einem Vertrag, der wieder über hunderte von Seiten geht und nur von Spezialisten überhaupt durchschaubar ist. Vor vielen Jahrzehnten hat einer der heutigen Propagandisten der EU zu Recht festgestellt: Eien „bürgerliche“ Öffentlichkeit ist die Minimalvoraussetzung von Demokratie. Diese Minimalvoraussetzung gibt es nicht, und das sagt eigentlich schon SAlles über EU-Demokratie aus.

Das völlige Fehlen jeder inhaltlichen Information zeigt besonders deutlich, was dieses Herbst-Theater war: Ein Ablenkungs-Manöver, welches es den nationalen und regionalen Eliten erlauben soll, vor ihre Wähler zu treten und zu sagen: Wir haben uns für Euch eingesetzt. Und gleichzeitig mit Augenzwinkern zu ihren Peers: Ihr wisst ja – so ernst war dies nicht. Bei diesen Verhandlungen ging und geht es ganz offensichtlich nicht um die Inhalte. Es war ein Schein-Konflikt-

Nochmals: Was kam da heraus?

Mit einiger Mühe macht man zwei Punkte ausfindig:

(1) Die Wallonie hat eine Ausstiegsklausel während der Zeit der Ratifizierung.

(2) Der Bestellungsmodus der „Richter“ an den Schiedsgerichten soll definiert werden. „Ziel ist es nun, dass über kurz oder lang Vollzeitrichter diese Aufgabe übernehmen und genaue Standards und Verhaltens­regeln für diese erlassen werden“, schreiben die deutschen „Wirt­schaftsnachrichten“.

Zum Punkt 1: Es ist völlig undenkbar, dass eine Region isoliert aus dem Vertrag aussteigt. Das ist ein schlechter Witz, ein Pseudo-Ergebnis schlechthin. Allerdings sieht die Sache etwas anders aus, wenn man sich die Erklärung der belgischen Regierung ansieht, die ich vorerst nicht auftreiben konnte (und die ich inzwischen von einem Genossen zugesandt erhielt). Hier lautet dies so: dass Belgien (der Zentralstaat) nicht ratifizieren wird, wenn eine Region oder eine Sprachgemeinschaft die Zustimmung zurückzieht. Das ist immerhin juristisch möglich. Politisch kann es bedeuten: Entweder der Wallonie (oder auch Brüssel) ist es ernst mit den Einwänden. Dann ist die ganze Angelegenheit nur um ein Jahr verschoben. Oder aber die regionalen Eliten setzen darauf, dass man auf ihre (angeblichen) Widerstände vergessen wird, also das Herbst-Theater Theater sein lässt. Es wirkt ganz, als ob diese Möglichkeit gewählt würde.

Zum Punkt 2: Es ist eine Pseudo-Errungenschaft. Denn ob die Teilnehmer an diesem Forum eine rechtswissenschaftliche Ausbildung haben werden, ändert keinen Punkt an der Macht der Schiedsgerichte jenseits staatlicher Gerichte und an ihrer den Interessen der Konzerne geneig­ten Stimmung. Es ist ziemlich selbstverständlich, dass die Konzerne ihre gefinkeltsten Rechts­anwälte in diese Schiedsgerichte entsenden werden und nicht irgendeinen unbedarften Men­schen. Und ob es ein Vorteil für die große Mehrheit wäre, dass der EuGH entscheidet, ist mehr als nur zweifelhaft. Gerade der EuGH hat in den letzten drei Jahrzehnten die Zentralisie­rung und den Abbau der nationalen Befugnisse im besonderen Maß und jenseits aller vertraglichen Vereinbarungen vorangetrieben. Der EuGH war es, der ständig die Arbeit­nehmerrechte abgebaut hat und auch das Streikrecht einschränkte. Der EuGH war es, der vor einem Jahr dem Rat den Beitritt zur Europäischen Menschenrechtskonvention verbot. Vom EuGH einen Schutz gegen die wildesten Auswüchse der Globalisierung zu erwarten, ist mehr als naiv. Das heißt wirklich, den Bock zum Gärtner machen.

Was hatte dann also das ganze Theater für einen Sinn? Es ist ganz offensichtlich der Trick des deutschen Sozialdemokraten Gabriel, den der österreichische Sozialdemokrat Kern so attrak­tiv fand, dass er ihn hier besonders ungeschickt nachzumachen versuchte: Man markiert Gegnerschaft, um die eigenen skeptischen Anhängerschaft zum Zustimmen zu bewegen. Auf gut Wienerisch: Es ist ein schlechter Schmäh, und ein ziemlich durchsichtiger dazu. Er ist auch schon halb und halb nach hinten losgegangen. Kern hat dabei sicher nicht gewonnen.

Warum kamen dann die Eliten so in Panik? Taten sie das wirklich? Ich habe den Eindruck, das Hauptziel war, die eigenen Propaganda-Medien zu mobilisieren, in Österreich den ORF, den „Standard“, und wie sie alle heißen. Einige von den unbedarften Journalisten glauben ja anscheinend wirklich, was sie da schreiben.

Es war ein ärmliches Manöver, um davon abzulenken, dass, wiederum in Österreich, 16 Leu­te, die Damen und Herren in der Bundesregierung, die ganze österreichische Bevölkerung in Geiselhaft nahmen und die Interessen und Ziele der großen Mehrheit an die EU verscha­cherten. Und anderswo ist es nicht anders, auch nicht in Belgien.

Es ist höchst unwahrscheinlich, dass dies funktioniert. Wir sehen ja, dass von Wahl zur Wahl die Regierungs-Parteien verlieren. ÖVP und SPÖ sind mittlerweile halbiert gegenüber ihren Ergebnissen in der Vor-EU-Epoche. Aber es ist ein schwacher Trost. Denn der Schaden ist mit der Unterschrift so oder so getan. Damit bauen diese Leute einen neuen „Sachzwang“ auf. Man kommt wieder nur mit Schaden heraus.

Einen positiven Effekt aber hat das Theater trotzdem. Es ist irgendwie außer Kontrolle geraten. Die Handelnden der Schmierenkomödie haben outriert. Selbst unter jener Minderheit der Bevölkerung, die ihnen noch immer glaubt, sind inzwischen viele nachdenklich geworden. Die EU-Skepsis ist mit Sicherheit gewachsen.

Umso unbegreiflicher wäre es, dass ausgerechnet jetzt, mitten in der Krise, sich der Herr Strache zum EU-Fan mausert – wenn man nicht über seine politische Unfähigkeit Bescheid wüsste.. Überall, wo er selber handelt, geht etwas für ihn und seine Partei schief. Nun, wir können uns darüber nur freuen. Es wird einigen unter den Parteigängern, die ja ohnehin nicht für die FP, sondern gegen die Regierung sind, die Augen öffnen. Und das wäre immerhin etwas

Albert F. Reiterer 1. November 2016

Italien: Das No als neue Runde der Revolte

Italien: Das No als neue Runde der Revolte

„Bankenkrise könnte herrschenden Block spalten und Bruch mit Brüssel bewirken“

Interview mit Leonardo Mazzei geführt von Wilhelm Langthaler

Leonardo Mazzei ist einer der Sprecher von Programma 101, einer sich noch in der Entstehungsphase befindlichen politischen Organisation, die aus der “Linken Koordination gegen den Euro” hervorgegangen ist. (Der Name nimmt Bezug auf einen von Olivetti entwickelten Desktop-PC, der als erster seiner Art im Jahre 1965 auf dem Markt kam, aber den kommerziellen Durchbruch nicht schaffte. P101 steht damit für die selbständigen Entwicklungspotentiale Italiens.) In den 1990er Jahren war Mazzei führendes Mitglied von Rifondazione Comunista. Heute schreibt er regelmäßig zu politischen und wirtschaftlichen Themen für die Webseiten sollevazione.blogspot.com und antimperialista.it.

Warum ist das kommende Referendum so wichtig?

Es ist sowohl seines tatsächlichen Inhalts, als auch seiner symbolischen Bedeutung wegen wichtig, die es nun angenommen hat. Jedenfalls wiegt die Konterreform der Verfassung schwer. Man braucht sich nur den neu konzipierten Senat zu vergegenwärtigen, der bedeutende Befugnisse behält (wie zum Beispiel Verfassungsfragen, die Beziehungen zur EU, bezüglich der Gebietskörperschaften, die Wahl des Präsidenten, etc.), aber nicht mehr gewählt werden soll. Der Senat wurde also nicht abgeschafft, wie es die Propaganda Renzis behauptet. Vielmehr wurde die Demokratie abgeschafft. Doch das wichtigste Element der Gegenrefom ist das Wahlgesetz. Mit 40% der Stimmen kann man 55% der Sitze erreichen – ermöglicht durch eine Stichwahl, falls im ersten Wahlgang die notwendige Schwelle nicht überschritten wird. Es handelt sich um einen für und von der Demokratische Partei (PD) maßgeschneiderten Mechanismus, der, falls er durchgehen sollte, zu einem De-facto-Präsidentialismus führt. Doch das Referendum wurde mit einer viel allgemeinpolitischeren Bedeutung aufgeladen: es wurde zur Abstimmung über Renzi und den Renzismus. So wird es zu einer neuen Runde der Revolte der unteren Schichten gegen die Eliten mit einem klaren Klasseninhalt. Es ist kein Zufall, dass die Umfragen dem Nein im Zentrum und dem Süden eine Mehrheit voraussagen (wo Armut und die Arbeitslosigkeit weit verbreitet sind), während im Nordwesten das Ja im Vorteil scheint.

 

Welche Kräfte bilden das No-Lager?

Was die Parteien betrifft, haben sich die Fünf-Sterne-Bewegung (M5S), die Kräfte der Rechten (Lega Nord, Forza Italia und Fratelli d’Italia) und von der Linken Sinistra Italiana, Rifondazione Comunista und fast alle kleinere Kräfte für ein Nein ausgesprochen. Kann man annehmen, dass die Wählerschaft der Linken, der Cinque Stelle sowie der Lega fast geschlossen Nein stimmen wird, so stellt sich das für Forza Italia anders dar. Deren Wählerschaft, die auf ca. 10% geschätzt wird, ist tief gespalten. Die Fernsehkanäle Berlusconis verhalten sich aseptisch, während der Leader sich nicht äußert. Gesellschaftlich betrachtet ist die Nein-Front um einiges breiter. Schon seit dem Frühjahr haben sich hunderte von lokalen Komitees gegründet, Großteils unabhängig von den politischen Parteien. Deren Initiativen erfreuen sich einer erheblichen Beteiligung und Resonanz.

 

Wie erklärt sich der Schwenk der Lega Nord, die Padanien (Norditalien) als Teil einer mit Bayern zusammenhängenden Region propagierte im Gegensatz zu Italien, während sie heute gegen den Euro und die Unabhängigkeit Italiens eintritt – als hätte sie die Seiten gewechselt?

Die von Matteo Salvini repräsentierte neue Führungsgruppe der Lega ist in das von der Krise des Berlusconismus entstandene Vakuum vorgestoßen. Die Idee dahinter war einerseits die von Padanien definierten engen geografischen, andererseits auch die von der von Berlusconi geführten Allianz der Rechten gesetzten politischen Grenzen zu sprengen. Ziel scheint eine Partei nach dem Vorbild der Front National und Le Pens zu sein. Diese bedient zwei Hauptthemen: Nein zum Euro; vor allem aber Nein zur Immigration, mit immer stärker akzentuierter Xenophobie. Will man aktuellen Meinungsumfragen Glauben schenken, so konnte die Lega mit dieser Linie ihren Stimmanteil von 5-6% auf 12% steigern. Doch die Ergebnisse der Lokalwahlen im Juni sind für Salvini nicht gut ausgefallen und die Ausdehnung Richtung Süden scheint zum Scheitern verurteilt. Um sich als selbständige Kraft gegenüber Forza Italia behaupten zu können, müsste Salvini im gesamten Land den Berlusconi-Leuten etwas entgegensetzen können. Doch nach einem Jahr sind die Kräfte für diese Operation eher schwächer als stärker geworden.

 

Wird gegenüber den Anti-Renzi-Kräften der Vorwurf der Querfront erhoben, so wie es in England passierte und auch sonst überall üblich ist?

Vor allem versucht das Renzi-Lager alle Gegner als die „Front des Alten“ zu diskreditieren. Die Anklage einer rot-braunen Front hält aus zwei Gründen nicht: Erstens ist es normal, dass in einem Referendum auch ideologisch sehr unterschiedliche Kräfte konvergieren können. Dass das Nein keine Masche trägt, verstehen alle. Zweitens ist in diesem Fall die Rechte gezwungen eine für die Linke typische juristisch-politische Argumentation zu übernehmen. Sie spricht daher von Dingen wie Demokratie, Repräsentation, Gleichgewicht der Kräfte etc.

 

Wie interpretieren Sie das Nein von Bersani [dem Kopf des PD-Parteiapparats, der von Renzi entmachtet wurde]? Hat das Substanz oder handelt es sich lediglich um einen taktischen Versuch vom innerparteilichen Gegner Konzessionen zu erlangen, der sich in einer misslichen Lage befindet und auf Hilfe angewiesen ist?

Die Position Bersanis hängt mit dem PD-internen Kampf zusammen. Renzi ist eine Dampfwalze. Und sein Slogan der Verschrottung (rottamazione) wird insbesondere von der von Bersani geführten Parteiminderheit als echte Bedrohung aufgefasst. Seit drei Jahren begehrt diese Strömung auf, aber war mit Ausnahme der Abgeordneten Stefano Fassina und Alfredo D’Attorre zum Austritt nicht bereit. Bei nicht weniger als sechs parlamentarischen Abstimmungen haben sie aus Parteidisziplin der Verfassungsreform ihre Zustimmung erteilt. Nun drohen sie mit einem Nein, weil sie nicht einmal eine Modifikation des Wahlgesetzes erwirken konnten. Es ist klar, dass sie eine sehr schwache Position haben. Trotzdem glaube ich nicht, dass es ihnen um Zugeständnisse geht. Denn sie wissen, dass diese unter Renzi unmöglich sind. Eher bereiten sie sich auf die Situation nach dem 4. Dezember vor. Sollte das Nein gewinnen, werden sie versuchen die Partei wieder unter ihre Kontrolle zu bekommen. Keine einfache Sache, aber bis zu einem gewissen Grad könnte es funktionieren. Sollte das Ja obsiegen, dann wir wohl ein Teil von ihnen gezwungen sein die Partei zu verlassen. Aber darüber sollte man später sprechen.

 

Was nun die Wirtschaftseliten angeht, stehen diese nach wie vor geschlossen hinter dem Euro wie in Spanien oder Griechenland, oder zeigen sich bereits Risse?

Noch sind die Eliten kompakt, aber man kann ein Krachen im Gebälk vernehmen. Es ist offensichtlich, dass Italien nicht nur größeres Gewicht als Griechenland hat, sondern auch als Spanien. Daher hält sich die Idee, dass man von Brüssel gewisse Konzessionen zugestanden bekommen könnte. Das passt mit der Politik der Regierung Renzi zusammen, die wieder und wieder nach mehr „Flexibilität“ ruft. Sobald diese Linie offenkundig scheitert, wird es auch zu einem Bruch im herrschenden Block kommen. Das heißeste Thema ist diesbezüglich die Bankenkrise. Über die Maßnahmen zur Rettung könnte es zum entscheidenden Konflikt kommen.

 

Welche Rolle spielt die Bankenkrise und welche Lösung bietet Renzi an?

Die Krise des italienischen Bankensystems ist eklatant. Sie ist eine direkte Folge von acht Jahren Rezession. Noch heute liegt das BIP um 8% unter jenem des Jahres 2007. Es gibt zu viele Familien und Firmen die ihre Kredite nicht mehr zu bedienen vermögen. Die Banken bedürfen dringend der Rekapitalisierung, um ihre Verluste abdecken zu können. Aber kein Privater ist bereit sein Geld in ein Fass ohne Boden zu werfen. Als einzige Möglichkeit bleibt daher die staatliche Rettung. Doch bereits 2012 verweigerte die Regierung diese Intervention (wie sie in Spanien durchgeführt wurde), mit dem Hinweis auf den bereits sehr hohen Schuldenstand der öffentlichen Hand. Aber nun kommt alles ans Tageslicht: Der versprochene Aufschwung will und will nicht kommen. Das Wirtschaftswachstum bleibt unter 1%. Und die Regeln der Bankenunion, insbesondere die Verpflichtung zur Gläubigerbeteiligung, bringen die Banken in eine unhaltbare Klemme. Viele Sparer wurden bereits zur Kassa gebeten (einige haben ihre gesamten Ersparnisse verloren, oft einfache Leute). Das ist nur die Spitze des Eisbergs. Bis jetzt ist die Regierung Renzi diesem Problem von Einzelfall zu Einzelfall begegnet. Entweder wurde ein teilweiser Bail-in durchgeführt, wie bei vier Banken in Zentralitalien. Oder es kam zur Rekapitalisierung durch Private, wo aber dennoch im Hintergrund die öffentliche Hand zahlte, wie bei zwei venezianischen Banken. (Dort verloren die Aktionäre ihre Anteile.) Nun gibt es den noch größeren Fall der Monte dei Paschi di Siena. Hier hat sich die Regierung in die Arme von JP Morgan geworfen und so die Verbindung zur US-amerikanischen Finanzwelt offenbart. Selbst der sonst so regierungsfreundliche Corriere della Sera attackierte sie dafür heftig. Während sich das Duo Renzi-Padoan von Fall zu Fall hantelt, gibt der Regierungschef immer wieder zu Protokoll, dass der Markt das regeln werde. Tatsächlich ist die Situation explosiv. Laut vielen Volkswirten könnte eine neue Krise der Finanzmärkte dramatische Folgen für das italienische Bankensystem zeitigen. Entweder kommt es zu einer Serie von Bail-ins, wie das Lars Feld fordert, die aber die Regierung politisch kaum durchstehen würde. Oder die Bankenunion zerbricht. An diesem Punkt wird es mit großer Wahrscheinlichkeit zum Bruch innerhalb des herrschenden Blocks kommen.

 

Wie verteidigt sich Renzi? Hat er am 4. Dezember überhaupt noch eine Chance?

Noch vor einem Jahr dachte man, dass Renzi mit überwältigender Mehrheit gewinnen würde. Dann wurden seine Schwierigkeiten Schritt für Schritt deutlicher. Heute attestieren die Meinungsforscher dem Nein einen leichten Vorsprung, aber nicht mehr als wenige Prozentpunkte. Also zu wenig, um sicher zu sein. Mir persönlich scheint das Nein dennoch stärker als gemeinhin gesagt wird. Gleichzeitig muss man sich bewusst sein, dass ein Aufholen Renzis nicht ausgeschlossen werden kann. Mit Sicherheit wird die Karte der Angst gespielt werden, aber auch jene des Euroskeptizismus, die in gewisser Weise heimtückischer ist. Manche glauben auch an eine Überraschung, nämlich einer offenen Unterstützung des Si durch Berlusconi. Das alles spielt sich im Rahmen der Einseitigkeit der Medien ab, sowie dem Vorteil alle Hebeln der Regierungsmacht zur Verfügung zu haben, angefangen mit einigen Wahlkampfversprechungen in Verbindung mit dem nächsten Haushaltsgesetz. Zusammengefasst: Renzi ist im Nachteil, aber behält die Möglichkeit aufzuholen. Die Nein-Kräfte müssen sich also in den nächsten Wochen sehr anstrengen.

 

Renzi fordert von Brüssel und von Berlin eine Aufweichung der Austerität und hat dafür die Unterstützung Hollandes und auch Kerns gefunden, der sich ebenfalls auf einen Wahlgang vorbereitet. Gibt es eine reale Chance auf eine Version Tsipras light?

Mir scheint, dass die Linie Renzis immer mehr seine Grenzen stösst. Zumindest für ein Land wie Italien bringt das, was wir Politik der Dezimalen nennen, keine auch nur annähernd ausreichenden Ergebnisse. Eine so moderate Abmilderung der Austerität kann den Trend zur Stagnation nicht aufheben. Gleichzeitig läuft selbst eine solche Politik den EU-Regeln zuwider, zu aller erst dem Fiskalpakt. Es ist schwer vorauszusehen, wie lang eine solche Situation von weder Krieg noch Frieden mit der EU andauern kann. Renzi, falls er an der Macht bleiben sollte, wird jedenfalls versuchen bei jeder weiteren delikaten Passage der europäischen Politik, wie beispielsweise die französischen Präsidentschaftswahlen, Zugeständnisse zu erhalten. In jedem Fall halte ich es für wahrscheinlicher, dass die Bankenfrage zu einem offenen Zusammenstoß mit der EU-Kommission und mit Berlin führt, als der Abnutzungskonflikt über die Austerität.

 

Was könnte im Falle eines Nein passieren?

Klar ist zumindest, dass Renzi nicht Regierungschef bleiben könnte. Das würde sein Image als Neuerer zu sehr verschleißen. Er ist zu intelligent, um einen solchen Fehler zu begehen. Jedoch könnte er Parteivorsitzender der PD bleiben, was aber zu internen Konvulsionen führen könnte. Der Plan B des herrschenden Blocks ist sicher eine Große Koalition (larghe intese), entweder mit fliegendem Wechsel oder auch mittels Neuwahlen. Das könnte unter Führung des Staatspräsidenten mittels einer Übergangsregierung durchgeführt werden, die das Wahlgesetz verändert und 2018 vorgezogene Wahlen abhält. Es ist schwer zu sagen, wer diese Regierung anführen könnte (viele denken an Enrico Letta). Jedenfalls wäre Forza Italia gerne mit von der Partie. So viel zur institutionellen Seite. Allgemeingesellschaftlich, und das interessiert uns mehr, würde sich eine Periode der Krise des herrschenden Blocks und die Belebung der oppositionellen Kräfte ergeben. Um die Schwierigkeiten der Elite zu verstehen muss man vor Augen haben, dass Renzi nicht einer unter vielen Namen ist. Die Entscheidung der wichtigsten Zentren der wirtschaftlichen Macht, ihn zu unterstützen, ihn an die Regierung zu hieven, wurde im Bewusstsein getroffen, dass man sich in einer hochexplosiven Situation befindet. Von ihrem Standpunkt aus repräsentiert Renzi den richtigen Mix aus Liberalismus und Populismus, aus Privatisierungspolitik und Rhetorik gegen die Austerität. Ein zweiter Aufguss wird nicht leicht werden, genauso wenig wie dazu die richtige Person zu finden. Was die Kräfte betrifft, die sich für den Bruch mit dem Euro und der EU aussprechen – in einer demokratischen Perspektive und in Verteidigung der Interessen der breiten Bevölkerungsmehrheit – könnte dann der Moment gekommen sein, einen qualitativen Schritt zu unternehmen. Keine einfache Sache, aber sicher leichter als nach einer durch ein Ja herbeigeführten Stabilisierung. Entscheidend ist in dieser Hinsicht die Entwicklung der M5S.

 

Welche Szenarien ergeben sich da? Sind die Cinque Stelle in der Lage das Land zu führen? Nimmt man Rom als Beispiel, wo sie seit kurzem die Bürgermeisterin stellen, so sieht es nicht danach aus.

Die Fünfsterne können sich nicht einbilden, allein eine Regierung bilden zu können. Sie treten sehr klar für ein Nein beim Referendum ein, genauso wie gegen Renzis Wahlrechtsreform, obwohl einige ihrer Spitzenvertreter sich aus dem Modus der Stichwahl Vorteile versprechen. Ich glaube nicht, dass es Di Maio [höchstrangiger Parlamentarier der M5S] zum Premier bringen wird. Das aus einem einfachen Grund: Angesichts der systematischen Ablehnung jeder Allianz könnten die Fünfsterne nur mittels Italicum gewinnen (das Wahlgesetz, das dem Stimmenstärksten zusätzliche Sitze zuspricht, aber dafür Koalitionen ausschließt). Doch falls das Nein siegt, würde das Italicum verworfen. Sollte doch die Mehrheit mit Ja votieren, würde Renzi wohl gleich im Frühjahr 2017 Neuwahlen ausschreiben, weil er sich auf der Welle des Abstimmungserfolgs auch einen Sieg in der Stichwahl verspräche. Zudem reicht auch die soziale Verankerung der Cinque Stelle für eine Alleinregierung nicht aus, denn diese ist viel schwächer als die Wahlerfolge vermuten ließen. Die Schwierigkeiten in Rom legen davon Zeugnis ab. Gleichzeitig darf man nicht glauben, dass die Römer Angelegenheit in mechanischer und unmittelbarer Weise zum Niedergang der Fünfsterne führen würde. Ein No wiederum würde eine Feuerprobe für die M5S bedeuten, einschließlich einer Wahlschlacht. Es gibt bei den Fünfsternen zwei grundlegende Probleme: den Mythos der Webs zu überwinden und sich ernsthaft in der Gesellschaft zu verankern, eine möglichst breite Allianz politisch-sozialer Kräfte zu schmieden. Natürlich würde eine solche Öffnung auch eine andere Veränderung mit sich bringen, eine Neustrukturierung der Bewegung, die ohne Statut, ohne territoriale Organisationen, ohne ein demokratisches Parteileben nicht vorwärts kommen kann.

 

Was machen die Kräfte der Linken?

Im gegenwärtigen Parlament gibt es nur eine Formation, die sich zur Linken bekennt: Sinistra Italiana. Diese entstand aus der Erweiterung der Sinistra Ecologia Libertà (SEL) mit den aus der PD ausgetretenen Deputierten. Allerdings gab es auch die umgekehrte Bewegung. Aus der SEL traten einige aus und der PD bei. Jedenfalls ist aus jener Ecke nichts Neues zu erwarten. Möglicherweise werden sie angesichts der internen Frakturen nicht einmal in der Lage sein ihren Parteikongress abzuhalten. Auf der einen Seite sind da Fassina und D’Attorre, aus der PD kommen, die dem Euro kritisch gegenüberstehen und auf der anderen Seite jene, die zu den Vereinigten Staaten von Europa fortschreiten wollen. Zudem muss man sich eines atavistischen Transformismus dieser Linken bewusst sein, die das Gros der SEL in die PD führen könnte, sobald sich jene von Renzi befreit haben sollte. Die zweite wesentliche Kraft der Linken bleibt Rifondazione Comunista. Sie verfügt nach wie vor über eine erkleckliche Zahl von Aktivisten, ist aber völlig unfähig sich zu erneuern oder wiederzubeleben. Bezüglich der Position zur EU gab es sogar einen Rückschritt: Da der Austritt aus dem Euro von Kräften der Rechten gefordert würde, sei dies per se rechts. Das zeigt die Unfähigkeit die gegenwärtige Realität zu lesen, ganz zu schweigen von der diesbezüglichen Passivität. Glücklicherweise gibt es auch noch eine andere Linke, die in den letzten Jahren an Gewicht gewinnen konnte. Ich denke da an die Gruppen, die in der Plattform Eurostop zusammengefunden haben: Unione Sindacale di Base (USB, Basisgewerkschaftsunion), Programma 101, Partito Comunista Italiano (vormals PdCI), Rete dei Comunisti (Netzwerk der Kommunisten) und die Anti-Euro-Minderheit innerhalb Rifondazione, sowie eine ansehnliche Anzahl von Intellektuellen. Obwohl es zwischen ihnen durchaus Unterschiede gibt, stellen diese den Kampf gegen den Euro und die EU ins Zentrum und versuchen die soziale mit der nationalen Frage zu verbinden, so wie das Kommunisten in verschiedenen anderen Kontexten auch unternommen haben.

 

Können Sie die Perspektiven der Koalition Eurostop und ihrer eigenen Organisation P101 erklären?

Programma 101 (P101) ist noch mehr ein Projekt, das als Weiterentwicklung der Coordinamento della sinistra contro l’euro (Linke Koordination gegen den Euro) geboren wurde. Wir arbeiten gleichzeitig an einem noch viel weiteren Zusammenschluss föderativen Typs, der ihrerseits eines der Subjekte einer breiten demokratischen und sozialen Front sein will, die sich als Führung des Landes anbieten. Die Bedeutung von P101 liegt in ihrer Fähigkeit als Triebkraft von richtungsweisenden Analysen und Vorschlägen zu fungieren. Die Koalition Eurostop besteht aus mehreren Komponenten die sich zusammenschlossen, um gemeinsam Initiativen durchführen zu können wie zum Beispiel der No-Renzi-Tag mit einer Demonstration am 22. Oktober in Rom. Als P101 liegt unsere Stärke in der Fähigkeit im Großen zu denken, offen und ohne Selbstbezogenheit, im Bewusstsein des historischen Umbruchs, der uns erwartet. Das ist vielleicht was uns am meisten von der traditionellen Linken unterscheidet. Während die anderen sich in einem unfruchtbaren, fast kosmischen Pessimismus eingesponnen haben, meinen wir, dass die Gesellschaft nach einer neuen Politik verlangt, was heute von der M5S bedient wird – und morgen von wer weiß wem. Während die anderen nicht so sehr an die traumatischen Konsequenzen der Krise auch im Lager der Subalternen glauben, sind wir davon überzeugt, dass es zu gewaltigen Verschiebungen kommen wird. Es öffnen sich also neue Räume. Es wird zu heftigen Kämpfen kommen, deren Ausgang keineswegs vorbestimmt ist, aber an denen wir uns mit unseren Ideen beteiligen werden.

Spanien: „Gegen die politische Erpressung der Europäischen Kommission“

Vorwort von EuroExit

In dem im Folgenden abgedruckten offenen Brief wenden sich 140 Wissenschaftler, Gewerkschafter, politische und soziale Aktivisten sowie Abgeordnete aus dem spanischen Staat gegen das europäische Austeritätsdiktat, mit dem Brüssel eine kommende spanische Regierung auf den „Budgetsanierungspfad“ verpflichtet – unter Androhung der Suspendierung der Mittelauszahlung aus dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE).

Im (Neu)Wahlkampf vor dem 26. Juni hatten alle Parteien versprochen, keine weiteren Ausgabenkürzungen vorzunehmen. Die regierende Volkspartei (PP) wollte ihre „Erfolgsstory“ der wachsenden spanischen Wirtschaft nicht verschandeln. Als dann das Verfehlen der Defizitziele herauskam, schrieb man rasch einen geheimen Brief an Junker (der dummerweise im Wahlkampffieber am 23. Mai öffentlich wurde), dass man sich als künftige Regierung durchaus an das Brüsseler Diktat halten werde, es nur jetzt noch nicht sagen könne.

Nun hat sich zwischenzeitlich – nach einem internen Putsch gegen Sozialisten-Parteichef Pedro Sanchez am 1. Oktober – in der spanischen Sozialdemokratie wieder ihre Seele als Regimestütze – geführt von der andalusischen Regionalregierungschefin Susana Diaz, GAL*-alt-Premier Felipe Gonzales und ihrer Medienmaschine mit El País – durchgesetzt und die Gruppe der „Politmanövrierer“ um Pedro Sanchez ausgeschaltet, die alles versucht hatte, den Kampf um die Führungsposition in der spanischen Linken gegen Pablo Iglesias Unidos Podemos-Koalition zu gewinnen, auch um den Preis eines dritten Wahlgangs.

In einer Art, die wohl nur Sozialdemokraten erfinden können, wird nun demnächst Mariano Rajoy und seine PP nach 10 Monaten und zwei Wahlen mit sozialdemokratischer Duldung eine Regierung bilden können: die PSOE sichert ihm mit der Stimmenthaltung von 11 ihrer Abgeordneten eine Abstimmungsmehrheit im Parlament um eine Stimme (170 pro vs. 169 contra) zu, während der Rest der sozialdemokratischen Abgeordneten gegen Rajoy stimmen wird. Es glaubt wohl kaum einer, dass so die beiden Lager in der PSOE – jenes von Sanchez, dass für ein striktes Nein zu einer PP Regierung war, und jenes von Diaz/Gonzales das für eine Enthaltung und Regierungsbildung der PP stand – beide zufrieden gestellt und versöhnt werden. Es geht nur um eines: die Regimepartei PSOE sichert die von den faktischen Mächten in Spanien und Europa geforderte Stabilisierung mit einer handlungsfähigen Regierung ab.

Wieweit dies die politische Lage im spanischen Staat tatsächlich beruhigen wird, bleibt abzuwarten. Rajoy wird bald, wie von der EU-Kommission gefordert, mit neuer Austeritätspolitik beginnen – voraussichtlich Pensionskürzungen und Kürzungen der Mittel für die Regionalregierungen – und der Machtkampf innerhalb der PSOE ist nur vorrübergehend befriedet (Sanchez kündigte an, beim nächsten Parteitag, den die interimistische Spitze weit ins nächste Jahr hineingelegt hat, um die Wogen zu glätten, wieder anzutreten). Unmittelbar wird es zwar keine Neuwahlen geben, obwohl die PP kurz nach dem Putsch gegen Sanchez damit geliebäugelt hat. Man stellte die PSOE vor die Forderung einer Zustimmung zum Budget der nächsten drei Jahre und damit einer stabilen Legislaturperiode oder es werde Neuwahlen geben, bei denen sie vernichtet werde. Aber da pfiffen die Mächtigen den Übereifer der PP zurück. Das wäre dann doch zu viel der Provokation und Neuwahlen, bei denen Unidos Podemos massiv vom sozialdemokratischen Debakel profitieren würde, wollte in Brüssel dann doch niemand.

So ist zu erwarten, dass die Lage in Spanien weiter instabil bleibt und, was wohl das positivste Ergebnis der Manöver und Scharmützel der letzten 10 Monate ist, die neue Linke von Unidos Podemos geht mit einer guten Ausgangsposition gegen eine zerrüttete Sozialdemokratie in diese nächste Periode.

Gernot Bodner

*GAL Grupos Antiterroristas de Liberación. Siehe Wikipedia: verdeckt agierende paramilitärische Gruppen, die in der Zeit von 1983 bis 1987 als Todesschwadronen in Spanien und Frankreich aktiv waren und die Bekämpfung der baskischen Untergrundorganisation ETA und des baskischen Separatismus zum Ziel hatten. (…) Die GAL-Gruppen wurden illegal von hohen Funktionären der spanischen Regierung während der Amtszeit des sozialistischen Ministerpräsidenten Felipe González ins Leben gerufen. Sie wurden vom Innenministerium für den Kampf gegen die ETA geführt, finanziert und protegiert.

 

Erklärung

“For the defence of the people’s dignity, we must refuse the threats, political blackmail and intervention from the “Eurogroup and European Commission”

Before the servitude of the Spanish government and the political agents who negotiate and prepare new budget and public expenditure restraints for the accomplishment of the 2017 deficit objectives dictated by the Eurogroup and European Commission, the undersigned address to the citizenship, and political, social and civic organisations, for:

  1. To defence the sovereignty and dignity of citizens and peoples of the Spanish State before the brutal pressure exercised by the European Commission which threats with the suppression of the structural funds regularly envied to the Spanish State. This restriction could mean a loss of more than 1 milliard euros if the Spanish government can’t accomplish the objective of 15 milliards euros’ cutback in order to obtain a public deficit of 3,1% in 2017 (2,2% in 2018). The Spanish government must show the accomplishment of this cutback in Brussels before the 15th October.
  2. To refuse the arbitrariness and unequal treat of the EU institutions in their relations with the different state members. Is intolerable the omission of application in the past the sanctions for non-fulfilment of Maastricht criteria and the “Stability Pact” about public deficit in the case of states like Germany and France, whereas states like Greece were punished with measures that cause a great social suffering, the bankruptcy of the State and the obstruction of an effective exit from economic crisis. We firmly oppose against the application of new measures of punishment at Spain and Portugal, as at the rest of the EU members.
  3. To rebel against the unsuccessful austerity and pro-cycle politics which are imposed by the EU institutions, in spite of the social disaster, the grow of injustice and inequality brought on by this politics. Besides this politics have produced a political crisis with the growing delegitimisation of the parliaments and governments of the States members, and a growing euro-scepticism towards the EU project.

When those who hold the real power in EU don’t want to attend the citizens’ protest and indignation, undervalue the consequences of Brexit, remain insensible before the critics about their neoliberals economic politics expressed by economists of international prestige, even the opinions of institutions like IMF, the peoples of states members of the EU must say stop it! and following the example of United Kingdom break the chains which condemn us to a future without hope.

As a consequence, we call at the citizenship, the workers, the social and political organizations of all the peoples in the Spanish State to fight against the offensive, irrational and unfair “diktat” of Eurogroup and European Commission, to mobilize in order to press the provisional government for the no application the budget and public expenditure restraints derived from those impositions, to interpellate the parliamentary members to prevent with their participation the legitimisation of agreements which betray the interest and sovereignty of the peoples of Spanish State.

Is time to say Stop! To the injustice, the arbitrariness y treason to the popular sovereignty.

We must uphold our dignity breaking the treaties which enslave us, abolishing the article 135 of Spanish Constitution, and recovering the popular sovereignty.

October 2016

  1. Julio Anguita González
  2. Juan Andrade, profesor Universidad Extremadura
  3. Alejandro Andreassi Cieri, profesor UAB (jubilado)
  4. Jorge Amar Benet, economista. Presidente de APEEP (Asociación por el Pleno Empleo y la Estabilidad de Precios)
  5. Antonio Amaro Granado, jubilado del sindicato de sanidad de CCOO, miembro de la comisión ejecutiva de CCOO-A
  6. Mariano Aragon Pascual, ACIM
  7. Vidal Aragonés Chicharro, abogado del Col·lectiu Ronda y Profesor Derecho del Trabajo de la UAB
  8. Antonio Arnau, activista social
  9. Maria Antònia Arnau Puigvert, jubilada, Assemblea Pensionistes de Gràcia
  10. María José Aubet Semmler, socióloga, activista contra todos los tratados de la UE desde el de Maastricht
  11. Antonio (Toni) Barbará Molina, médico y activista Marea Blanca
  12. Josep Bel Gallart, sindicalista
  13. Javier Bernad Aguilar, activista de EUiA y de CO.BAS
  14. Nuria Blanco de Andres, jubilada
  15. Luis Blanco Maldonado, portavoz de la Intersindical Alternativa de Catalunya (IAC)
  16. Ramon Boixadera Bosch, economista
  17. Jaume Botey Vallès, profesor historia UAB
  18. Josep Manel Busqueta, Economista, miembro del Seminario de economía Critica „Taifa“ y pastelero
  19. Jose Cabrero Palomares, ex-diputado en el parlamento andaluz y ex-senador de IU
  20. Miguel Candel Sanmartin, profesor emérito de la Universidad de Barcelona
  21. Manuel Cañada, miembro de los Campamentos Dignidad
  22. Rosa Cañadell Pascual, profesora jubilada. Articulista. Comisión Promotora #ilpeducacio
  23. Juan-Ramón Capella Hernández, catedrático emérito de Filosofía del derecho, moral y política.
  24. Marta Carrera Plans, medica jubilada
  25. María Teresa Cebrián Luque, secretaria médica, miembro de la Mesa de Catalunya y de la Mesa Estatal del FCSM
  26. José Luis Centella Gomez, secretario General del Partido Comunista de España
  27. Luis Cerrillo Escudero, activista social
  28. Dolores Codina Camats, docente
  29. Manuel Colomer Lluch, economista
  30. José Alberte Corral Iglesias, economista
  31. Jorge Cortegana López, sindicalista SEAT
  32. Angel Crespo Sanchez, activista social
  33. Sergi Cutillas, economista co-fundador de la cooperativa Ekona, miembro de la Plataforma para la Auditoria Ciudadana de la Deuda
  34. Xesus Diaz Diaz, jubilado, secretario general de CCOO de Galicia (1989-2000)
  35. Isabel de la Cruz, profesora Universidad de Valencia
  36. Eva Mª Durán Blanco, periodista
  37. Íñigo Echenique González, profesor IES José Luis Sampedro (Tres Cantos)
  38. Albert Escofet Sanchez, miembro de Xsuc-Socialisme21
  39. Neus Escofet Sanchez, activista social
  40. Jone Etxeberria, miembro del Consejo Nacional de Sortu
  41. Ginés Fernández González, director de Mundo Obrero
  42. David Fernandez Ramos, periodista y activista social
  43. Santiago Fernández Vecilla, activista de movimientos sociales (PAH, FCSM)
  44. José Ignacio Fiz Fernández. Profesor de la Universidad Rovira i Virgili
  45. Ramon Font Nuñez, portavoz nacional USTEC·STEs (IAC)
  46. Ramón Franquesa Artés, profesor de economía mundial Universidad de Barcelona
  47. José L. Galán Corrochano, realizador audiovisual
  48. Ferran Gallego, historiador
  49. Francisco García Navarro, metalúrgico
  50. Ermengol Gassiot Ballbè, profesor de la UAB
  51. Maria Pilar Genovès Cailà
  52. Iñaki Gil de San Vicente, escritor, militante de la izquierda vasca
  53. Antonio Gil Mainar, activista Marea pensionista
  54. Ernesto Gómez de la Hera, sindicalista
  55. Daniel Gómez de Cullá, jubilado de Administración Local
  56. Manuel Gomez Muñoz, miembro del Comité de empresa y de la Sección Sindical de CCOO en DAMM
  57. Andrés Gomez Pardeiro, proletario y sindicalista
  58. Luis González Edreira, jubilado
  59. José Antonio González Espada, abogado laboralista
  60. Alberto Herbera López, metalúrgico, activista social
  61. Juan Diego Hernández Valero, abogado
  62. Héctor Illueca Ballester, inspector de Trabajo y Seguridad Social, profesor de la Universidad de Valencia
  63. Pedro Jiménez Muñoz, activista de las Mareas del Prat de Llobregat
  64. Pere Jódar Martínez, sociólogo
  65. Salvador Jové i Peres, ex-eurodiputado por IU
  66. Salvador López Arnal, profesor-tutor de la UNED, colaborador de rebelión, Papeles ecosociales y El Viejo Topo;
  67. Pedro López López, profesor Universidad Complutense
  68. Antoni Lucchetti Farré, abogado y economista
  69. Pau Llonch, militante de la CUP y de la PAH de Sabadell
  70. Josefina Llusa, activista
  71. Angeles Maestro, militante de Red Roja
  72. Juanmari Madariaga López de Sá, traductor
  73. Patrizia Manzo Apice, restauradora de pintura en paro
  74. Mercedes Martin Arancibia, periodista
  75. José Luis Martin Ramos, historiador
  76. Carlos Martinez García, primer secretario de Alternativa Socialista
  77. Manuel Martínez Llaneza, profesor titular de Universidad Jubilado
  78. Jordi Santiago Martínez, profesor de español, miembro del colectivo Sentit Comú
  79. Albert Medina Català, economista
  80. Stuart Medina Miltimore, Socio/Partner
  81. Joan Mestres Giménez, activista Movimiento Desempleados
  82. Elena Mingo Pérez, ex-funcionaria internacional jubilada
  83. Jordi Mir Garcia, investigador y docente universitario
  84. Luis Miranda Morales, responsable Secretaria Personas Mayores del PCM
  85. Joaquín Miras Albarrán, presidente de Espaimarx, filólogo
  86. Francisco Molina Varona, educador Social, Presidente de FAECTA Córdoba, activista del cooperativismo como alternativa al capitalismo
  87. Isabel Molina, profesora Universidad de Alcalá
  88. Neus Molina Moreno, sindicalista
  89. Ivan Molinos Meire, delegado de CCOO
  90. Juan Carlos Monedero Fernández, profesor de Universidad
  91. Manolo Monereo Perez, diputado de Unidos Podemos
  92. Jordi Juan Monreal, abogado laboralista
  93. Juan Montero Ruiz, pensionista
  94. Pedro Montes Fernández, economista, Presidente Socilaismo21
  95. Antoni Montserrat, economista
  96. Agustín Moreno García, activista Marea verde
  97. Juan Manuel Navarro Reina, conserje escuela pública
  98. Carlos Manuel Navas Ramírez, director del Centro Integrado Público de Formación Profesional
    Canastell (San Vicente del Raspeig – Alicante)
  99. Jonas Nilsson, tipógrafo y activista social
  100. Joan Josep Nuet Pujals, diputado de Catalunya si que es pot
  101. Arcadi Oliveres i Boadella, economista, activista por la justicia social y la paz
  102. Ignasi Orobitg Gene, agricultor apicultor
  103. Marta Padrós Castells, profesora de la UAB, secretaria de género de CGT
  104. Giaime Pala, historiador
  105. Gumer Pardo, sindicalista
  106. Josep Maria Parramón Homs, economista
  107. Silvio Peressini Prado, profesor
  108. Marina Pérez Cañadell, profesora y sindicalista de USTEC-STEs (IAC)
  109. Miquel-Dídac Piñero Costa, libertario, pensionista
  110. Andrés Piqueras Infante, profesor Titular de Sociología y Antropología Social de la Universidad Jaume I de Castellón
  111. Guillem Ramis Moneny, maestro de escuela jubilado
  112. Valentín Redondo González, empleado público
  113. Clara Rivas Sugrañes, activista social
  114. Juan Rivera Reyes, profesor de Historia, Coordinador de la Mesa Estatal del Frente Cívico „Somos Mayoría“
  115. Martín Rodrigo y Alharilla, profesor de Historia Contemporánea en la UPF
  116. Lara Rodríguez, abogada
  117. Lluís Rodríguez Algans, economista asesor laboral en Maitzaren Lehena Aholkularitza / Consultoría Primero de Mayo y militante en redes de economía crítica y autogestionaria
  118. Abelard Rodríguez i Llàcer, operario industrial
  119. Manuel Rodríguez Luceño, laboral Consejería Medio Ambiente Junta de Andalucia
  120. Pedro Rojas Planas, profesor de enseñanza secundaria
  121. Antonio Ruiz, miembro de Espai Marx
  122. Jose Ruiz Lopez, sindicalista y activista marea pensionista
  123. Manuel Sánchez Vicioso, vicepresidente de La Carta Malacitana, vocal del Ateneo de Málaga
  124. Maria Cruz Santos Santos, historiadora
  125. Gabriel Sanz Carras, profesor
  126. Teresa Sagrado Vives, técnico de laboratorio, Universidad de Valencia
  127. José Sarrion Andaluz, profesor de Universidad, diputado por IU en las Cortes de Castilla y Leon, coordinador general de IU de Castilla y Leon
  128. Jose Saucedo Pedregal, bombero de la Generalitat
  129. Rosario Segura García, economista
  130. María Lidia Senra Rodríguez, diputada en el Parlamento europeo por AGE
  131. Santiago Silva Camps, profesor de filosofía
  132. Antoni Soy Casals, profesor de Economía Aplicada, Universidad de Barcelona
  133. Joan Tafalla Monferrer, miembro de Espai Marx, Doctor en Historia
  134. Diosdado Toledano González, activista de Marea de mareas, miembro de la Asamblea Politica Social de Izquierda Unida y de Socialismo21
  135. Jordi Torrent Bestit, profesor (jubilado)
  136. Salvador Torres Serrano, activista movimiento vecinal Nou Barris-Barcelona
  137. Rodrigo Vázquez de Prada, periodista, director de Crónica Popular
  138. Juan Trias Vejarano, catedrático emérito de la UCM
  139. Núria Vidal de Llobatera Pomar, bióloga jubilada, activista por la justicia social y ambiental
  140. Nando Zamorano, miembro de Espai Marx

 

Italien: No Renzi Day

Aufruf zu den Aktionstagen am 21. und 22. Oktober

Die Idee einer nationalen Demonstration gegen die Regierung Renzi und in Unterstützung der Kampagne für das NEIN beim Verfassungsreferendum wurde von der Koordination Eurostop aufgebracht und von anderen politischen und sozialen Bewegungen aufgenommen, darunter auch Programma 101. Die Demonstration wird am Samstag den 22. Oktober in Rom stattfinden, im Anschluss an den Generalstreik am 21. Oktober, der durch die USB und andere Basisgewerkschaften ausgerufen wurde.

 

Aufruf von P101 zur Teilnahme an der Mobilisierung am 21. und 22. Oktober

Programma 101 (P101) schließt sich den beiden nationalen Mobilisierungstagen am 21. und 22. Oktober an, um laut NEIN zur Verfassungs-Gegenreform zu sagen. Wir unterstützen den Streikaufruf für den 21. Oktober und rufen dazu auf, massiv an der Demonstration am 22. Oktober in Rom teilzunehmen.

Das Verfassungsreferendum am 4. Dezember ist für die Entwicklung der politischen Krise im Land ein entscheidender Wendepunkt.

Ein Sieg des JA wäre ein weiterer Schritt in Richtung eines oligarchischen Regimes unter dem Kommando der internationalen Großfinanz und würde Renzi neue Luft zum Atmen geben, um seine gegen das Volk gerichteten Maßnahmen fortzusetzen. Ein NEIN dagegen würde verhindern, dass weiter die Souveränität und die demokratischen Errungenschaften im Land aufgegeben würden und könnte den Beginn einer neuen Phase mit wichtigen Spielräumen für alle Kräfte einläuten, die eine Alternative zum gegenwärtigen Lauf der Dinge anstreben.

Es geht also um eine entscheidende Auseinandersetzung, für die alle Kräfte gebündelt werden müssen. In diesem Sinn können die beiden Tage des 21. und 22. Oktober einen wichtigen Beitrag leisten, alle Sektoren der Gesellschaft zu aktivieren, die ein Interesse an der Verteidigung der Verfassung haben, um NEIN zu einer Gegenreform zu sagen, die durch die Europäische Union gewünscht und unterstützt wird, und um damit Renzi und seine Regierung nach Hause zu schicken.

Wir verschweigen nicht, dass wir uns eine klarere und explizitere Plattform gewünscht hätten, entschlossener im Herausstreichen der notwendigen Massenmobilisierung der Bevölkerung, schärfer in der Anklage der undemokratischen Rolle einer EU, die sich im offenen Zerfall befindet, stärker im Versuch alle zur Aktion auch auf lokaler Eben (wie wir es seit Monaten machen) zu bewegen, für die Bildung von Volkskomitees für das NEIN wo immer es möglich ist.

Für den Ausgang des Referendums wird es darum gehen, sich der vollen Tragweite der Auseinandersetzung bewusst zu werden, die Verknüpfung mit den wichtigsten Elementen der Wirtschafts-und Sozialpolitik aufzuzeigen und den Hauptfeind auszumachen – die Finanzoligarchien und die Euro-Diktatur in Brüssel.

In diesem Bewusstsein und im Geist der Einheit, der uns alle dazu bewegen sollte an der größtmöglichen Vereinigung aller Kräfte zu arbeiten, mobilisieren wir für den Erfolg des Streiks am 21. Oktober (dem sich, zu deren Schande, nicht alle Organisationen der Basisgewerkschaftsbewegung angeschlossen haben) und werden am 22. Oktober auf der Demonstration in Rom unter dem Slogan „Weg mit der €uro-Diktatur“ anwesend sein.

P101 – Movimento di Liberazione Popolare

Wie können wir Ceta kippen?

Aktionsbesprechung Mo 17.10.16 19,30
Café Einstein, Rathausplatz 4, Galerie – gleich im Anschluss an die Protestaktion vor dem Parlament

Die überwältigende Mehrheit der österreichischen Bevölkerung ist gegen Ceta. Der SP-Kanzler Kern dachte günstig mit dem Wind zu segeln, die Stimmung für seine Partei zu nutzen und dennoch das Abkommen beschließen zu können – nämlich mittels „Beipacktext“.

Doch das dürfen wir nicht akzeptieren: wir müssen alles tun, um Ceta zu kippen. Es gibt viele Initiative dazu. Es gab die große Demo im September. In der SPÖ gibt es eine Gruppe, die im Jänner ein Volksbegehren durchführt. Sehr wirkungsvoll erscheint uns die Forderung nach einer Volksabstimmung, die alle dazu zwingt Farbe zu bekennen.

Wir wollen uns treffen, um mögliche gemeinsame Aktivitäten und Aktionen zu besprechen.

Keine Zustimmung zu CETA ohne Volksabstimmung!

Mahnwache für die österreichische Demokratie
Am 18. Oktober 2016 soll im EU-Rat das Freihandelsabkommen der EU mit Kanada, CETA, abgesegnet werden.

Montag, 17. Oktober 2016, 18.00 – 19.00 Uhr, vor dem Parlament, Wien

Am 18. Oktober 2016 soll im EU-Rat das Freihandelsabkommen der EU mit Kanada, CETA, abgesegnet werden. Anschließend soll es vom EU-Parlament genehmigt werden. Es gehört zur antidemokratischen Konstruktion der Entscheidungsfindung in der EU, dass es bis jetzt keine eindeutigen Aussagen darüber gibt, ob ein einzelnes Land im Rat die Beschlussfassung stoppen kann. Unklar ist ebenso, ob die nationalen Parlamente zustimmen müssen und ob unabhängig von Parlamentsbeschlüsssen, die EU-Kommission eine „vorgezogene Anwendung“ verordnen kann. Dafür ist der sogenannte „EU-Reformvertrag“ (Lissabon) verantwortlich, der 2008 gegen den Widerstand Hunderttausender ohne Volksabstimmung rechtswidrig in Kraft gesetzt wurde. Eine Zustimmung zu CETA ohne Volksabstimmung in Österreich erachten wir deshalb auf jeden Fall für illegal.

Das Abkommen CETA schafft eine eigene Parallelgerichtsbarkeit für Konzerne und beschneidet die demokratische Entscheidung über soziale und ökologische Standards. Regulierungen gelten generell als Handelshemmnisse. CETA gilt damit als Blaupause für das Freihandelsabkommen TTIP mit den USA. Die Durchsetzung einer Volksabstimmung ist ein wichtiger Schritt zur Verteidigung unserer demokratischen Rechte gegen die Interessen von Finanz- und Industriekonzernen.

Internationaler Handel kann zur Wohlfahrt der Menschen beitragen. Mit der EU wurde Freihandel jedoch als Dogma im Primärrecht einzementiert. Der EU-Vertrag von Lissabon verpflichtet die Mitgliedsstaaten nicht nur nach innen zu einer „offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb“ sondern fordert auch nach außen den „Abbau internationaler Handelshemmnisse“ (Art. 21, VEU), die „Beseitigung der Beschränkungen im internationalen Handelsverkehr und bei den ausländischen Direktinvestitionen“ (Art. 206, VAEU). Die tiefe Wirtschafts- und Finanzkrise von 2008, die in der EU nach wie vor nicht überwunden ist, findet ihre Ursache u. a. in diesem Dogma. Mit CETA und anderen Freihandelsabkommen wird die Ursache der Krise weiterhin als Rezept verabreicht. In der Eurozone wird den Staaten sogar die Möglichkeit einer geld- und fiskalpolitischen Gegensteuerung aus der Hand genommen.

 

Wir nehmen die weitere Beschneidung unserer demokratischen Rechte nicht mehr länger hin!
Wir fordern eine Volksabstimmung in Österreich über CETA und andere Freihandelsabkommen!

Veranstalter: www.solidarwerkstatt.at

CETA – TTIP – FREIHANDEL: UND? Einige grundsätzliche Bemerkungen

ZiB 2, also der ORF, ladet die Grünen und die Neos zur Debatte über CETA ein (6. Oktober 2016). Frau Glawischnig tut sich sichtlich schwer gegenüber Herrn Strolz. Der vertritt grad­linig und logisch den Freihandel. Seit Jahrzehnten, seit dem Zweiten Weltkrieg, läuft die Entwicklung in diese Richtung, und mittlerweile geht es wieder um Grundsatzfragen. Glawischnig hingegen eiert herum. Ja, wir sind auch für den Abbau von Zöllen. Aber nein, wir sind gegen die unkontrollierte Herrschaft der Konzerne, welche die Souveränität untergräbt.

Man reibt sich die Augen und die Ohren. Sind die Grünen plötzlich für die nationale Kontrolle des Markts, die Grünen, die alles beklatschen, was von der EU kommt, für die ja sonst das Wort national schon Anathema ist?

In einem der Traumbücher der Ökonomie, diesmal über Außenwirtschaftstheorie (Blümle), lese ich: „Protektionistische Maßnahmen“ – man achte auf die unsympathische Semantik der Formulierung – sind bei Preisnehmern auf dem Weltmarkt („Kleinländerfall“) u. U. nötig, „aus Gründen eines Mindestmaßes an Selbstversorgung“ oder „zur Vermeidung von Preis­schwankungen. Damit könne man die Existenz inländischer Unternehmen sichern. Aber Achtung! Da kommen dann gleich als Strafe die „Fleisch- und Milchberge“.

Zugegeben, der Wälzer ist drei Jahrzehnte alt. Dementsprechend klingt die Sprache. Der Abstand zum noch viel umfangreicheren neuen Lehrbuch von Krugman et al. ist schon beträchtlich, aber das scheint mir mehr eine Frage der nationalen ökonomischen Kultur zu sein – US-Pragmatismus gegen deutsche Dogmatik. Aber so viel anders klingt es bisweilen auch nicht. Übertragen wir dies auf die heutige Problematik. Wir stoßen damit unmittelbar auf das Grundproblem von CETA, TTIP, etc. Denn hier geht es um die Ziele und Strategien der Globalisierer und ökonomischen Fundis, um jene Ziele, welche die Euro-Turbos anstreben.

Strolz ist wesentlich aufrichtiger als Glawischnig. Auch „unser“ bisheriger Grüßaugust Heinz Fischer hat ja schon darauf hingewiesen: Der Handel mit der BRD und mit den USA übertrifft den Handel mit Kanada um ein Vielfaches. Und auf Strolz’ Vorhalt, es gebe 60 ähnliche Handelsabkommen. Wolle sie die alle kündigen? – weiß Glawischnig nur zu murmeln: Aber wir sind doch auch gegen Zölle. Als ob es um die Zölle ginge! Die 4 % können die Konzerne aus Österreich und Kanada (und hinter ihnen: aus den USA) aus der Portokasse berappen.

Zölle sind, oder man muss korrigieren, waren in der hoch entwickelten Welt, ein Instrument. Wofür? Es geht um die Kontrolle, vielmehr um ein geringes Mindestmaß von nationaler Kontrolle über die Außenwirtschaft.

Aber warum nur über die Außenwirtschaft?

Sieht man sich die oben erwähnten Lehrbücher zum internationalen Handel an, dann wird klar: Beim Außenhandel dreht es sich stets um die Entstehung eines gemeinsamen einheitli­chen Markts. Sprechen wir von Außenhandel, dann denken wir tatsächlich eher an einen Markt für einzelne Güter. Die Formulierung vom Gemeinsamen Markt hingegen macht klar, worum es sich eigentlich dreht: Es geht um den Abbau von staatlicher, von politischer Kontrolle, insbesondere von nationaler Kontrolle über die Wirtschaft allgemein. Durch den Aufbau der EU wurde sie auf dieser, der kontinentalen Ebene, unmöglich gemacht. Doch die EU ist nur ein Schritt zu einer globalen unkontrollierten Ökonomie, die sich auf Dauer jeder politischen Kontrolle entzieht.

Durch so umfassende Handelsabkommen wie CETA und TTIP soll dieser Prozess vorgespurt und unumkehrbar – ein Lieblingswort der EU-Bürokratie und der politischen Klassen in Europa – gemacht werden. Die Einzelheiten von CETA sind keineswegs unwichtig. Man muss sich allerdings durch diesen unlesbaren Vertrag im Ausmaß von fast 2.000 Seiten in speziellem Juristen-Englisch erst einmal durcharbeiten.

Aber im Moment geht es um die Grundsatzfrage.

Vor mehr als eineinhalb Jahrhunderten hat Marx in einer „Rede über die Frage des Frei­handels“ (MEW 4, 444 – 458, dazu viele Jahrzehnte später kommentierend Engels in MEW 21, 360 – 375) im Grund gemeint: Freihandel ist eine interne Frage der Herrschenden und der Kapitalisten. Das ist denn doch ein bisschen zu leger. So einfach kann man es sich heute nicht machen (und hat es sich auch Marx später nicht mehr gemacht. Übrigens sind diese Texte höchst lesenswert).

Diese Texte haben heute wieder eine Aktualität ganz anderer Art. Marx schreibt 1848 in revolutionärem Optimismus: „Der Freihandel … zersetzt die bisherigen Nationalitäten und treibt den Gegensatz zwischen Proletariat und Bourgeoisie auf die Spitze. Das System der Handelsfreiheit beschleunigt die soziale Revolution. Und nur in diesem Sinne stimme ich für den Freihandel“ (MEW 4, 4598).
Die Globalisierung treibt also die Entwicklung voran und beschleunigt die Weltrevolution. Es war ein schwerer Irrtum, und dies sollten heute alle Linke erkennen können, welche die Augen aufmachen. Die Liberalen haben dies besser begriffen. Die Kräfteverhältnisse auf globaler Ebene stehen entschieden für die Eliten So sind sie denn auch aus vollem Herzen und mit ganzem Einsatz Internationalisten.

Es ist eine Frage eines weiteren Schritts zur unbefragten Dominanz des Markts, wobei jede politische Intervention von vorneherein unmöglich gemacht werden soll. Deswegen ist das Problem der Schiedsgerichte wichtig. Aber entscheidend ist es nicht. Denn mit dem Abschluss des Vertrags und seiner Implementation wäre der eigentliche Schritt getan. Die Schiedsgerichte sind nur mehr ein Detail.

Der Bundeskanzler Kern hat seinen Prozess der Faymannisierung rapid hinter sich gebracht. Aber er denkt offenbar über die nächsten Tage und Wochen nicht hinaus: Hauptsache, er gewinnt jetzt in den Umfragen wieder einen Prozentpunkt dazu. Hinter mir die Sintflut. Aber die Strategie, falls man diese nicht ausgesprochen intelligente Vorgangsweise so nennen kann, eine nicht ernst gemeinte weit reichende Ankündigung zu machen („CETA neu aushandeln“) und dann sofort wieder umfallen, weil er es ja doch nicht ernst gemeint hat, die kennen wir schon. Er müsste eigentlich rein taktisch begreifen, dass er damit seine Partei in den Ruin treibt – siehe die Ergebnisse der Bundespräsidentenwahl!

Worum es wirklich ginge, ist: ein Rückbau der unbefragten Marktmacht und eine Wiedergewinnung, Schritt für Schritt, von nationaler Kontrolle auch in diesen Fragen der Wirtschaftspolitik. Das müsste natürlich im Gleichschritt mit anderen erfolgen. Aber irgend jemand muss einmal anfangen. Immer zu warten, dass andere es vorher tun, ist ein durchsichtiger Vorwand, nichts zu tun.

Die Frage von CETA wäre als isoliertes Problem möglicher Weise nicht von derart überragender Bedeutung, dass man Himmel und Hölle in Bewegung setzen muss. Als weiterer und paradigmatisch wichtiger Schritt zur Globalisierung und zum Verlust jeder politischen Kontrolle ist es allerdings höchst wichtig. Da kann man sich sogar darauf einlassen, mit solchen Typen wie den Grünen an einem Strang zu ziehen – wenn sie es denn ernst meinen.

Albert F. Reiterer, 7. Oktober 2016