"Nein" beim Referendum
Anti-EU-Forum Athen 26.-28. Juni 2015
Sinkende Lohnquote
Weder Draghi, noch Troika, noch Euro.
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Sinkende Lohnquote
Weder Draghi, noch Troika, noch Euro.
Souverän und sozial. statt EURO liberal
 

Trump-Wahl: Eliten erschüttert

Die Große Erzählung der neoliberalen Globalisierung verfängt immer weniger

Von Wilhelm Langthaler

 

Die Kandidatin der die Welt beherrschenden Elite wurde geschlagen – gegen die geballte Macht ihres Herrschaftsapparats. Diese gewaltige Erschütterung kann gar nicht anders, als weitere Schockwellen zu produzieren. Selbst in seinem Mutterland glauben immer weniger dem Narrativ des liberalen Kapitalismus. Dass sie dabei einem chauvinistischen Milliardär ihre Stimme gaben, ist zunächst zweitrangig. Denn die Infragestellung der Macht der kapitalistischen Oligarchie in den Zentren hat nach vier Jahrzehnten der Friedhofsruhe gerade erst wieder begonnen. Der Ausgang dieses Kampfes ist keine ausgemachte Sache.

 

Niederlage der Herrschenden

Das Entsetzen der Oligarchie und seiner Regimemedien könnte nicht größer sein und sagt alles. Wichtige Teile des Volkes in den USA und in den reichen Ländern des Westens im Allgemeinen haben das Vertrauen ins System verloren. Nicht nur in die Regierungen, sondern in das ganze Regime des Freihandels. Sie wollen weder Kriege für die US-Weltherrschaft führen und dessen Kosten begleichen, noch wollen sie die am unmittelbarsten sichtbare Folge der Globalisierung, die Massenimmigration, gegenwärtigen. Sie rufen nach Schutz, nach Protektionismus – und da ist gerade von einem sozialen Standpunkt aus ein richtiger Kern enthalten.

„Make America great again“ klingt nach dem altbekannten imperialen Chauvinismus und will diesen auch ansprechen. Doch gleichzeitig verdeckt er eine wichtige Nuance. Trump hat von einem Ausgleich mit Russland gesprochen und deutet den in vielen Teilen der Bevölkerung gewünschten Rückzug aus der Funktion des Weltpolizisten an. (Siehe die sensationelle Infragestellung der Nato.) Jedenfalls wird auch der diffuse Wunsch nach Rückkehr zum Nachkriegsamerika mit seinem Wohlstandsversprechen an einen überbreiten Mittelstand bedient. Trump gibt auch erste Schritt an – das Ende des Freihandelsregime und Infrastrukturinvestitionen. Absolut notwendige, aber keineswegs hinreichende Maßnahmen.

 

Destabilisierung durch eine Opposition mit reaktionären Momenten

Dass die von Trump mobilisierte Opposition, die nicht nur aber tendenziell in der unteren Hälfte der Gesellschaft angesiedelt ist, starke reaktionäre Charakterzüge trägt, ist offensichtlich.

Da ist der Milliardär und Steuertrickser, der sogar noch dazu steht und weitere Steuersenkungen fordert. Da ist die typische Feindschaft zu Gewerkschaft und Arbeiterbewegung. Da ist die Kampagne gegen den Sozialstaat, symbolisiert durch das mickrige Obamacare-Programm usw.

Nicht zu sprechen vom ungezügelten weißen Chauvinismus, gegen Muslime, Schwarze und Immigranten im Allgemeinen, die in aller Regel zu den untersten Schichten zählen. Und natürlich die machistisch zur Schau gestellte Frauenfeindlichkeit.

Die Trump-Wahl ist keine explizit soziale Revolte, sondern sie ist organisch verquickt mit einem politisch-kulturellen Zitat der White Supremacy als Gegenposition zum Obamismus der Eliten. Diese proklamierten die Emanzipation der Unterdrückten, um gleichzeitig die Macht der Oligarchie noch weiter zu verfestigen. Anders gesagt: Der weiße Mittelstand greift in seinem sozialen Abstieg nun selbst zum Heroin (zuvor eine weitgehend schwarze Sucht-Flucht) und spuckt dabei auf die soziokulturellen Minderheiten. Desto mehr sie auf deren Status herabgedrückt werden, desto mehr wollen sie sich von ihnen absetzen. Geht die soziale Überlegenheit verloren, wollen sie sich zumindest die vermeintliche kulturelle Überlegenheit sichern. Dieser weiße Mittelstand will zurück zur Welt der 1950 und 1960er, doch die Eliten spielen da aber nicht mit. Damals war die Wirtschafts- und Sozialpolitik keynesianisch (vulgo links), die Kultur weiß, reaktionär und konservativ (vulgo rechts). Heute ist es umgekehrt. Die Elitenkultur gebärdet sich linksliberal, während die soziale Verteilung ultraelitär ist – so wie im sozialdarwinistischen 19. Jahrhundert.

Was ist so viel schlimmer daran, wenn Trump das ins Positive wendet, was die Oligarchie als soziale Realität produziert: WASP-Chauvinismus, Ungleichheit der Geschlechter und der sozialen Schichten, sowie globalen Krieg und Imperialismus?

Beim Lackmus-Test sind sie sowieso wieder vereint: beide haben sich fest auf die Seite Israels gestellt, dem wichtigsten Vorposten des US-Imperialismus.

Nein, wir machen bei der Austreibung der Fratze nicht mit, sondern zielen auf die Veränderung der gesellschaftlichen Realität selbst: In diesem Sinn ist die Destabilisierung der Oligarchie, so partiell sie auch sein mag, grundsätzlich positiv.

Man darf sich nicht von den Faschismus-Schreiern einlullen lassen, die letztlich das Spiel des Regimes spielen. Denn es besteht die Gefahr des Faschismus nicht. Die herrschenden Eliten, auch wenn sie eine Schlacht verloren haben und schwächeln mögen, sind noch immer an der Macht. Und sie bedürfen keiner reaktionären Massenmobilisierung, denn die ist nur die ultima ratio der Herrschenden. Noch haben sie viele andere Optionen. Trump & Co sind unsere Gegner, doch der Hauptfeind bleibt das liberale Zentrum.

 

Den Tsunami der Rebellion reiten und lenken

Es kann nicht mit Sicherheit gesagt werden, wohin Trump geht. Nimmt er im Sinne der Eliten Vernunft an oder kann ihn der allmächtige Staatsapparat zumindest zügeln? Nachdem Trump sozial Teil der Elite ist und mit den Instrumenten des Herrschaftsapparates ins Amt gekommen ist, spricht vieles für eine solche Zähmung.

Doch auf der anderen Seite gibt es einen wachsenden Druck der Unzufriedenen. Und die Wahlmonarchie gibt dem Präsidenten eine außerordentliche Machtfülle, die Obama als letztlich treuer Diener der Oligarchie für seine Reformprojekte nicht einsetzen wollte. Es sind seitens Trump durchaus auch Überraschungen möglich, zumal reaktionäre Antielitentendenzen sehr breite Verankerungen in Teilen der USA haben, auf die er für Kampagnen sich stützen könnte.

Entscheidend ist, dass die Bevölkerung politische Erfahrungen mit rechtspopulistischen Kräften machen kann. Dabei ist die zentrale Aufgabe in allen westlichen Ländern die implizit vorhandenen sozialen und auch demokratischen Interessen der unteren Schichten gegen die reaktionären populistischen Führungen stoßen zu lassen. Die Massen müssen in der Praxis sehen, erfahren, begreifen, was Trump & Co machen.

Nicht, dass keine Veränderungen im System durch Rechtspopulisten möglich wären. Im Gegenteil, das ultraliberalistische Regime ist auf die Dauer nicht zu halten. Partielle Verbesserungen für ihre Klientel wären durchaus möglich, insbesondere in den Zentrumsländern. Aber sie schaffen keine für die Mehrheit der Subalternen akzeptable Verbesserungen, sondern heizen die Konflikte unter diesen nur weiter an.

Zudem würde ein Ende der harten neoliberalen Diktatur, selbst durch Rechtspopulisten, neue soziopolitische Spielräume eröffnen. Dieser Schritt scheint als notwendiger Durchgang bei der Ablösung sowohl von den Eliten und in der Folge auch von den Rechtspopulisten selbst. In diesem Spalt müssen und können sozialrevolutionäre Kraft gegen den Kapitalismus entwickelt werden. Dass selbst in den USA dafür Platz ist, hat die Kampagne von Bernie Sanders eindrucksvoll unter Beweis gestellt.

Wir können uns die Form des Hegemonieverlusts der Eliten nicht aussuchen und sie verläuft auch nicht überall gleich. Es ist aus historischen, sozioökonomischen und kulturellen Gründen auf der Hand liegend, dass er in den USA andere Formen annimmt als in Großbritannien (Brexit), Griechenland (Referendums-Nein und Syriza-Ja) oder Italien (Grillo). Aber es ist eine Ablösung: und das ist ein grundsätzlich notwendiger und unterstützenswerter Prozess.

Unsere Aufgabe ist es, das Aufbegehren wirklich gegen die Eliten zu lenken, es dabei zu formen, zu verändern und die reaktionären pro-kapitalistischen von den sozialrevolutionär-demokratischen Elementen zu trennen. Abseits zu stehen oder gar die Seite der Eliten zu beziehen, verfestigt die Funktion der gewendeten Linken als Ideologen und Apologenten des Systems, was die Massen so gegen sie aufbringt.

Den oppositionellen Tsunami zu reiten, darf nicht verwechselt werden mit einer Unterstützung für Trump & Co. Im Gegenteil: Es gilt das aufkeimende und eruptierende oppositionelle Potential der unteren Schichten, das in deren Basis vorhanden ist und dort gebunden wird, anzuzielen, abzuziehen und damit zu befreien.

Euro-Krise für türkisch-kurdische Leser

Özgür Politika-Interview mit Wilhelm Langthaler von Mustafa Ilhan

 

Im September dieses Jahres hat das dritte „Internationales Forum gegen den Euro“ in Italien stattgefunden. Was war sein Ziel?

Ziel des Forums war alle demokratischen Kräfte in Europa gegen das Euro-Regime zusammenzuschließen, das in einer sehr tiefen Krise steckt und sich mittels immer härterer Angriffe auf die sozialen Errungenschaften über Wasser zu halten versucht. Aber das ist nur der erste Punkt. Es geht auch darum, sich auf den unvermeidlichen Zusammenstoß mit der EU-Oligarchie vorzubereiten, für den Bruch bereit zu sein, denn auf den Austritt aus der gemeinsamen Währung folgt unweigerlich der Zusammenstoß mit der EU-Oligarchie, will man dem Neoliberalismus ein Ende setzen.

 

Ein Thema des Treffens: „Warum der Euro nicht reformiert werden kann, sondern aufgelöst werden muss”. Warum also?

Nehmen wir das Beispiel Griechenland. Die Linksregierung von Syriza hatte ein Ende der katastrophalen Abbaupolitik versprochen, wie sie die Bedingung für die Notkredite war. Sie setzte all ihre Hoffnung darauf, dass sie innerhalb der Euro-Institutionen Verbündete finden würde. Doch zu guter Letzt stimmten alle Länder unter dem Druck Deutschlands gegen Syriza. Die EZB drohte die Geldversorgung abzudrehen und erpresste Griechenland mit dem wirtschaftlichen Kollaps. Die Idee von der sozialen EU war gescheitert. Entweder die Bedingungen akzeptieren oder aus dem Euro austreten, die Schulden nicht bedienen, Kapitalverkehrskontrollen einführen, eine neue Währung herausgeben und die Banken verstaatlichen – was alles nicht nur gegen die Regeln des Euro, sondern auch jene des EU-Binnenmarktes verstößt.

Das ist nicht nur, weil Griechenland ein kleines und armes Land ist, sondern das gilt auch für viel größere Länder wie Spanien, Italien, ja sogar für Frankreich. Auch dieses hat sich nie gegen die ordoliberalen Konzepte des übermächtigen deutschen Nachbarn durchsetzen können.

Der EU-Binnenmarkt mit seiner supranationalen Behörde wurde Mitte des 1980er Jahre nach der Niederlage der französischen Linksregierung unter Mitterrand gegründet. Es war ein explizit gegen den Keynesianismus und alle fortschrittlichen soziopolitische Versuche gerichteter Pakt. Es ging im Sinne von Thatcher und Reagan um die Durchsetzung des neoliberalen Rollbacks gegen die sozialen Errungenschaften der 70er Jahre. Der Euro sollte die Herrschaft der kapitalistischen Eliten Westeuropas krönen. Er war als ultraliberales Brecheisen gedacht. Die Idee der „sozialen EU“ war von Anfang an entweder eine naive Illusion oder ein zynischer Betrug.

 

Die Thematik der Reform des Euro kennen wir von Griechenlands Ex-Finanzminister Varoufakis. Was halten Sie von seiner Politik?

Varoufakis ist neben Premier Tsipras der wichtigste Vertreter und Propagandist der gefährlichen Vorstellung gewesen, dass die Linksregierung ohne Bruch mit dem Euro ein Ende des Austerität bewerkstelligen könnte. Tatsächlich hatte er schon im Februar 2015 kapituliert, als er das Troika-Memorandum im Prinzip schon akzeptiert hatte. Im monatelangen Verhandlungspoker ging es nur mehr darum, über ein symbolisches Zugeständnis das Gesicht zu wahren. Aber selbst das wollten Juncker, Merkel und Schäuble unter keinen Umständen zulassen. Dann war er unehrlich, denn er wollte sich nach der Niederlage reinwaschen, indem er behauptete an der Vorbereitung einer neuen Währung gearbeitet zu haben. Aber das schlimmste ist, dass er seine Position immer wieder wechselte. Er hatte nach dem Referendum mehrmals für oder gegen die Regierung gestimmt. Dann hatte er gemeinsam mit Lafontaine und anderen einen Plan B verkündet, der suggerierte die Lehren aus dem Desaster gezogen zu haben. Nur um ein halbes Jahr später zu verkünden, dass es kein Zurück zur nationalen Souveränität gegen könnte, denn das sei reaktionär und schlimmer als die Herrschaft der EU-Oligarchie selbst. Stattdessen bedürfte es einer weiteren Zentralisierung der EU, eines wirklichen Bundesstaates um die soziale EU durchzusetzen. Varoufakis verkauft nach wie vor die gleiche Illusion wie Syriza, aber nun wider besserer praktischer Erfahrung. Welche Vermessenheit, der deutschen Exportmaschine mittels EU-Suprastaat eine soziale Politik aufzwingen zu können glauben. Das wäre wie den Bock zum Gärtner zu machen.

 

Was kann die Eurokrise alles in der EU auslösen?

Angesichts der Härte der Programme gegen die Peripherie ist es nur eine Frage der Zeit, dass eines der Länder des Südens Widerstand leistet, zum Beispiel in dem eine Regierungen an die Macht kommt, die sich dem Diktat des Zentrums widersetzt. Der Zinsenspread zu den deutschen Bundesanleihen würde innerhalb kurzer Zeit stark ansteigen und eine Situation wie 2015 in Griechenland schnell wieder da. Ein Austritt aus dem Euro kann verschiedene politische Formen annehmen – je nach Härte des Konflikts. Aber die Tendenz ist überall, dass an der Peripherie politische Kräfte an die Macht drängen, die die Oligarchie ablösen wollen. Es ist das erste Mal seit den 1970er Jahren, dass die Herrschaft der liberalen Eliten ernsthaft in Frage gestellt werden könnte.

 

Glauben Sie tatsächlich, dass EU aufgelöst werden kann?

Die Frage ist in welcher Art und Weise. Lafontaine, Fassina und andere schlagen eine einvernehmliche Auflösung des Euro vor, um die EU zu retten. Im Sinne der EU und ihrer Eliten wäre das nicht nur vernünftig, sondern die einzig mögliche Lösung ohne großen Schaden für die selbst. Doch danach sieht es nicht aus. Sie haben alles auf die Karte des Euro gesetzt und halten eisern an ihm fest. Von einem Hebel gegen die Massen wendet er sich nun zurück als Brecheisen innerhalb der EU selbst. Länder, die unter dem Druck der Volksmassen aus dem Euro austreten, können kaum umhin sich auch gegen die EU zu wenden, wollen sie überleben.

Und dann kommt noch der Domino-Effekt. Wenn Portugal austreten sollte, warum dann nicht auch Spanien, und Italien. Und schließlich, warum soll Frankreich als unter der Fuchtel Berlins verbleiben, wenn es genauso dringend einer Abwertung bedarf um seine Industrie wieder konkurrenzfähig machen zu können, ohne in der ewigen Spirale der Rezession zu versinken.

Damit wäre aber die deutsch-französische Achse, die die Grundlage der EU und der gesamten Nachkriegsordnung darstellt, gefährdet. Man sieht also die dramatischen Konsequenzen der Fortsetzung des Euro-Regimes.

 

Was kommt nach der EU?

Eines ist sicher: zuerst gibt es einmal einen heftigen Konflikt mit der herrschenden ultraliberalen und supranational organisierten Oligarchie. Da gibt es Kräfte von links aber auch von rechts. Derzeit hat die Linke in vielen Ländern das Problem, dass sie nach wie vor den Bruch nicht machen will. Wie wehrt sich dagegen, dass gegen die neoliberale Globalisierung die Volkssouveränität nur über die Nationalstaaten erobert werden kann. Damit überlässt sie das Feld des Protests der Volksmassen der Rechten. Aber die Rechte ist ihrerseits mit Tausend Fäden an die Eliten gebunden. Auch von denen kann ein wirklicher Bruch mit der Oligarchie nicht erwartet werden. Der Ausgang des Kampfes ist jedenfalls noch offen.

 

Für Menschen in der EU und vor allem in Deutschland gibt es die Sorge, dass eine Euro-Auflösung den Rassismus tendenziell stärken wird.

Es ist die EU selbst, die nationale Konflikte schürt, indem sie die Herrschaft des reichen Zentrums gegen die Länder der Peripherie etabliert. Griechenland befindet sich in deutscher Schuldknechtschaft, nämlich auf mehrere Generationen. Und das soll keine nationalen Gefühle und Ressentiments hervorrufen?

Zudem sind es die Staaten der EU, die die islamophobe Kampagne führen und die Migranten als Kriminelle und Sozialschmarotzer diskreditieren. Personenfreizügigkeit ändert am institutionellen Rassismus nichts, im Gegenteil.

Viele liberale Deutsche glauben, dass die EU vor Nationalismus und Konservativismus schützt. Sie merken nicht, dass es genau die ökonomische Herrschaft ihres Landes über den Kontinent, versteckt hinter den supranationalen Institutionen, die den Nationalismus befeuert.

 

Teilen sie diese Sorge?

Nein, im Gegenteil. Nur mittels Wiederherstellung der demokratischen und sozialen Rechte, der nationalen und Volkssouveränität, kann die Freundschaft zwischen den Nationen und Völkern gefestigt werden. Dafür muss aber die neoliberale EU zerschlagen werden.

 

Der IWF hat die türkischen Wachstumsaussichten für das Jahr 2017 von 3,4% auf 3,2% gesenkt. Gleichzeitig stufte die Ratingagentur Moody’s die türkische Bonität von B3 auf B1 herab. Da die türkische Wirtschaft stark von ausländischem Kapitalzufluss abhängig ist, hat die Herabstufung ein Warnsignal ausgelöst. Was bedeutet das nun? Könnte es eine Währungskrise heraufbeschwören?

Die Türkei hat die vergangenen Jahre immer ein signifikantes Außenhandelsbilanzdefizit aufgewiesen und ist daher strukturell auf Kapitalzufluss aus dem Ausland angewiesen. Die niedrigen Zinsen, wie sie derzeit in den Zentren vorherrschen und von den herrschenden Eliten politisch gewollt sind (was Erdogan „Zinslobby“ titulierte), sind für die Türkei wichtig. Würden sich diese erhöhen, könnte es zu gefährlicher Kapitalflucht kommen. Aber Zinserhöhungen sind politisch nicht zu erwarten. Man sollte die Aussagen der Ratingagenturen nicht überbewerten. Sie dienen mehr dazu Druck zu erzeugen, dass sich die Türkei an die Vorgaben der global financial governance hält. Doch wäre es besser, sich denen zu widersetzen, so wie wir es auch für Südeuropa vorschlagen. Auf ausländisches Kapital sollte man sich nicht verlassen, denn dessen Beitrag zur Entwicklung eines Landes ist meist gering.

VOM SOZIALISMUS IN EINEM LAND ZUM KEYNESIANISMUS IN EINEM LAND: EINE NOTWENDIGE DEBATTE?

Was ist Keynesianismus eigentlich?

Der Term wurde in der neuen neo-neo-keynesianischen Anstrengung, vor allem in der BRD derart diffus, das er mittlerweile schon fast Alles und sein Gegenteil bedeutet. In der Zweiten Nachkriegszeit wurde im Anschluss an Keynes eine Politik konzipiert und tastend verwirklicht, welche ein neuerliches Hineintappen in die Falle des „Gleichgewichts dauernder Unterbeschäftigung / Arbeitslosigkeit“ verhindern sollte. Als entscheidende Ur­sache hatte Keynes eine Nachfragelücke diagnostiziert. Bei einem neuerlichen Auftreten sollte diese in Hinkunft durch staatliche Ausgaben aufgefüllt werden. Die sollten über Kredit finanziert werden, schon um nicht anderswo wieder Kaufkraft abzuziehen. Das war der Kern einer aktiven Wirtschaftspolitik.

Als Zwilling trat von vorneherein der Beveridge-Vorschlag einer Absicherung der wichtigsten Lebensrisiken (Arbeitslosigkeit, Krankheit, Altersvorsorge) hinzu. Halten wir fest: Diese Idee des Sozialstaats hatte von vorneherein mit dem originären Keynesianismus nichts zu tun. Der Beveridge’sche Sozialstaat wurde auch schnell zur umfassenden Aufgabe staatlicher Siche­rung auch der Mittelschichten – nicht nur die Grundsicherung der Unterschichten. Nicht zuletzt an diesem Punkt setzten die Neokonservativen taktisch mit ihrer Kritik an. Man kann dies mit Nutzen bei Milton Friedman nachlesen. Das wäre übrigens ein wichtiger Punkt für eine eigene Diskussion. Dabei ginge es ebenso um Systemstabilisierung wie um das Problem des „Gesamtarbeiters“ in einem hoch vernetzten System.

Kenesianismus war also konzipiert als Rettung des Systems und hat in diesem Sinn auch funktioniert. Es war ein geradezu klassischer Transformismus: „Alles verändern, damit Alles bleibt wie es ist.“ Allerdings hat auch jeder Transformismus seine Eigendynamik.

Der Sozialstaat beinhaltete gewisse Elemente der Umverteilung via Steuern, Sozialversiche­rungen und reale wie monetäre staatliche Leistungen. Noch aus der Kriegszeit hatte man ein ziemlich progressives Steuersystem in die Friedenswirtschaft und den Wiederaufbau herüber gezogen. Die Grenzsteuersätze für das Einkommen gingen in den USA bis auf 90 % hoch. Diese Zwillings-Politik der Nachfragestimulierung und der Sozialpolitik wurde in der politi­schen Debatte sehr bald zusammengefasst und als Keynesianismus angesprochen. Das war in gewissem Sinn berechtigt, denn das kam aus demselben, damals im Wesentlichen sozialdemokratischen, Impetus.

Bereits 1968, mit der Nixon-Präsidentschaft, setzte in den USA der Rollback ein. In Europa startete die neokonservative, neoliberale Offensive 1978/79 in Thatcher-Großbritannien und wurde sehr schnell auf dem Kontinent übernommen. Eine spezifische Rolle spielte das Scheitern der Mitterrand-Politik ab 1981, die tatsächlich ein ziemlich naiver keynesianischer Ansatz war. Aber hier zeigte sich: In schwächeren Wirtschaften geht der Nachfrage-Impuls sofort in den Import – wenn nicht entsprechende Regulierungen und Schutzmaßnahmen da vorkehren. Das war schon damals im Rahmen der EG nur mehr kurzfristig als Notmaßnahme machbar. In Frankreich kippte die Leistungsbilanz vollständig: 1979 hatte sie noch +0,83 % des BIP ausgemacht, 1981 stand sie bereits auf -0,8 %, und 1982 auf -2,1 % (Daten von der Weltbank enthalten auch Transfers). Auffallen sollte dabei aber auch, wie gering die Beträge eigentlich waren! Trotzdem wurden kurzfristig tatsächlich Kapitalverkehrskontrollen eingeführt. Dann aber kam mit der Delors’schen Politik die große Wende zur Austerität.

Doch, und das ist für die jüngsten Debatten wichtig, diese Ausreizung des Begriffs Keynesia­nismus, der einfach als anderes Wort für Sozialstaat eingesetzt wird, sorgt für Verwirrung.

Halten wir fest: Auch im Rahmen der heutigen EU sind noch gewisse enge Spielräume für unterschiedliche Ausformungen des Sozialstaats gegeben. Sie werden allerdings immer stärker eingeengt. Der Abbau des Sozialstaats war und ist schließlich eines der wichtigsten Ziele der EU. Alle die schönen Errungenschaften der letzten Jahre, vom Fiskalpakt über das „Europäische Semester“ bis zu den Vorgaben für den Defizit-Abbau verfolgen das Ziel, den Gestaltungsraum für eine eigenständige nationale Sozialpolitik zum Verschwinden zu bringen. Eine europäische Wirtschaftsregierung, wie sie vor allem auch von der Sozial­demokratie angestrebt wird, würde dies mit einem Schlag erreichen.

Aber was hat dies alles mit dem originären Keynesianismus zu tun?

Wenig bis gar nichts, wenn man Keynesianismus als wirtschaftspolitische Doktrin begreift. Denn die Spileräume, die für nationale sozialstaatliche Politik sehr wohl noch vorhanden sind, verschwanden inzwischen weitgehend für eine keynesianische Wirtschaftspolitik.

Das Hauptproblem der Wirtschafts- und Sozialpolitik in der Gegenwart ist die Frage der sich ständig vergrößernden Ungleichheit, der immer schieferen Verteilung. Seit drei Jahrzehnten steigen die Gewinne und die gewinnnahen Einkommen (Management-Gehälter und Spitzen­einkommen überhaupt). Aber sie werden nur mehr zum Teil investiert. Sie gehen in den „Geldmarkt“, d. h. die Spekulation. Es tut sich also eine Nachfragelücke („Unterkonsum“) auf. Diese Nachfragelücke wurde durch die expansive Geldpolitik keineswegs aufgefüllt.

Dabei wirken offenbar sogar schon schwache Impulse. Die österreichische Politik der Gegen­wart gibt da einen gewissen Hinweis: Die österreichische Wirtschaft befindet sich bekanntlich seit Jahren auf der Kriechspur. Die sogenannte „Steuerreform“ in ihrer ganzen mickrigen Bescheidenheit hat zu einem ziemlich geringen Nachfrage-Plus geführt. Aber sogar der ist merkbar und belebt die Konjunktur. Es könnte wesentlich stärker wirken, wenn da nicht noch was Anderes wäre. Das zweite Problem der österreichischen Wirtschaft, des österreichischen Kapitals, ist nämlich die Exportschwäche. Das hat ihm die österreichische kriecherische Politik gegenüber der EU und der USA eingebrockt. Zuerst die Krise seit 2008 und sodann die feindlichen Maßnahmen gegen Russland haben die Hauptexport-Chancen beschädigt, den Osten und Süden Europas nämlich. Aus diesen beiden Ursachen, dem fehlenden Konsum und der Exportschwäche, kommt die schleichende Krise der letzten Jahre.

Eine linke Politik hat auf das allgemeine Problem sowohl der Krise als auch der Ungleichheit eine Antwort zu geben, die sich radikal von der („links“-) keynesianischen, transformisti­schen, unterscheidet. Da­bei müssen wir aber zwischen kürzer- und mittel- bis längerfristigen Strategien unterscheiden. Die linke Antwort würde im ersten Schritt – und das ist wichtig, wie wir gleich sehen – eine starke Versteilung der Progression im Steuersystem anstreben. Das bedeutete u. a. ein An­heben des ESt-Spitzensatzes auf (z. B.) 90 % und (mindestens) eine Verdoppelung der Kör­perschaftssteuer. Damit ist aber auch schon klar, warum dies nur der erste Schritt sein kann. Denn es müssten gleichzeitig Kapitalverkehrs-Kontrollen sowie Kontrollen des Geld­verkehrs etabliert werden. Usf.

Eine keynesianische Politik hingegen würde sich bemühen, mittels Kreditfinanzierung die Nachfragelücke zu füllen. Und dann? Wenn die Staatsschuld auf 120 % oder 140 % des BIP gestiegen ist? Dann kommt mit Sicherheit das „Sparprogramm“.

Fügen wir noch hinzu, dass üblicher Weise Staatsschulden Zinssubventionen an die obere Mittelklassen und an die Banken sind: die Alternative des Weg-Inflationierens der Schuld funktioniert nicht; außer bei galoppierender Inflation nach Kriegen bei den Verlierern. Sehen wir uns im Vergleich Großbritannien und das Deutsche Reich nach dem Ersten Welt­krieg an! Auch „Großbritannien“ hatte schwere Vermögensverluste im Krieg erlitten. Aber das Hauptergebnis war: Der britische Staat hatte während des Kriegs in hohem Ausmaß die bisherigen Auslandsguthaben der Eliten „übernommen“ und damit die kriegsnotwendigen Einkäufe gesichert. Anders und klarer ausgedrückt: Die Eliten hatten ihre Ansprüche an das Ausland, den Rest der Welt, von dem sie vorher als Rentner Einkünfte bezogen, gegen Staats­anleihen getauscht. Sie bezogen nunmehr ihre Renten vom britischen Staat. Für sie war dies wesentlich sicherer. Der britische Staat aber holte sich das notwendige Geld von den britischen Arbeitern. Der Bergarbeiterstreik, mit dessen Zerschlagung Churchill sich das im Krieg durch seine Unfähigkeit und Brutalität zerbröselte Ansehen bei den Eliten wieder aufpolierte, war ganz und gar kein Zufall. Analytisch noch deutlicher: Staatsschulden sind Ansprüche an den Staat. Aus Staatsschulden in den Händen der Elite entsteht also ein zusätzliches Herrschaftsverhältnis, eine zusätzliche Macht gegenüber dem Staat. Auch daraus wird wieder ein „Sachzwang“ konstruiert. Dieser Staat bedient die Eliten, wenn er nicht durch das allgemeine Wahlrecht und durch die entsprechenden nationalen Kompetenzen korrigiert wird.

Im damaligen Deutschen Reich aber verlor der Teil der Herrschenden, der bisher von Geld­renten gelebt hatte, diese Einkommen. Das war eine der Schichten, welche den Aufstieg des Faschismus beförderten.

In ihren Begleiterscheinungen trifft daher der Abbau der Staatsschuld wieder die unteren zwei Drittel der Gesellschaft und nicht das oberste Drittel. Nochmals das Weginflationieren. Selbst wenn in Friedenszeiten der Ertrag der Staatsschuld kürzerfristig (!, seit nun zwei, drei Jahren in ganz wenigen Wirtschaften) einen Negativzins ergibt, sagen wir einmal: -1 oder -2 %, kann sich jeder selbst ausrechnen, wie lange es dauern müsste, bis die Hälfte dieser Schuld weg wäre. So lange sind die Laufzeiten der Staatsanleihen bei weitem nicht.

Der Unterschied zwischen den möglichen Politiken ist eklatant. Man könnte, um zu provozieren, die erste Strategie in ihrer vollen Entwicklung auch als linken Monetarismus bezeichnen. Denn sie beinhaltet auch eine Kontrolle der verschiedenen Geldmengen. Sie werden als kurz- und mittelfristige Steuerungs-Instrumente erhalten.

Doch jenseits dieser Grundüberlegungen hat die jüngere Vergangenheit gezeigt, dass Keyne­sianismus auf der nationalen Ebene einfach nicht mehr funktioniert (siehe oben). Im Rahmen der EG / EU mit ihren „Freiheiten“ für das Kapital braucht dies nicht viel an Kommentar. Das muss im Rahmen einer sinnvollen Theorie diskutiert werden.

Der Saldenzauber Kalecki’schen Zuschnitts verdunkelt die Sachverhalte eher, als dass er das Verständnis fördert. Das erinnert stark an Hicks, welcher in einer „Einführung in die Volks­wirtschaft“ (dt. 1972 – eine solche Literatur gibt es heute gar nicht mehr; nur mehr 800 Seiten „Makro“- und ebenso lange „Mikro-Ökonomie“) zuerst die Begriffe der VGR durchdefiniert; und dann mehrmals festhält: „Wir haben also bewiesen,…“ Worum geht es eigentlich?

Ökonomie ist eine Sozialwissenschaft. Diese triviale Selbstverständlichkeit müssen wir der mainstream-Ökonomie gegenüber immer und immer wieder betonen. Und zu dieser gehört in seinen Grundlagen der Keynesianismus. Wer dem widerspricht, der braucht nur in der „Allge­meinen Theorie“ nachzulesen, welche Konzepte und Ideen Keynes einsetzt. Und konkret auf die gegenwärtige Problematik der Stellung der BRD angewandt:

Außenhandelsüberschüsse entstehen aus einer Verteilungs-Situation des betreffenden Lan­des. Die in Kalecki- und Minsky-Manier getroffene Aussage, sie seien Profite, verdunkelt die kausale Richtung. Sie entstehen aus einer Wirtschafts-Politik, welche bewusst die Löhne drückt. Das Erreichen eines Außenhandelsüberschusses ist dabei ein Mittel und bisweilen auch ein Ziel unter anderen. Damit sind solche Überschüsse (und etwas komplexer gilt dies für Zahlungsbilanz-Überschüsse insgesamt) Indikatoren für das Verteilungsproblem, z. B. innerhalb der BRD. Sie als „Spielräume“ zu bezeichnen, ist geradezu widersinnig. Solche Indikatoren zeigen allerdings, gegen die offensive Propaganda des Kapitals und speziell des Export-Kapitals an: Selbst im Rahmen des bestehenden Systems wäre eine weniger schiefe Verteilung möglich, könnten die Löhne steigen und die durch Steuern auf Profite zu finanzie­renden Sozialleistungen ausgebaut werden. Mit Keynesianismus als Wirtschaftspolitik hat dies nichts zu tun. Der Unterschied ist wichtig. Denn er sagt was über Möglichkeiten aus.

Doch damit sind wir in mehrfacher Weise beim Kern-Thema angelangt. Warum, um Himmels willen, sollen sich Linke auf das Systemverträgliche beschränken?

Dass wir Schritt für Schritt vorgehen müssen, ist kein Argument, sondern eine Selbstverständ­lichkeit. Um im Jargon zu bleiben: Die „Primärverteilung“ ist natürlich das eigentliche Ziel bzw. Problem. Die Frage der „Sekundär-Umverteilung“ durch Steuern und Sozialleistungen taucht überhaupt nur auf, weil die derzeitige Organisation der Wirtschaft das Überleben der Arbeitskraft ohne politische Intervention zur Problematik gemacht hat. Das Steuersystem ist nur das erste Mittel einer solchen Politik. Gewerkschaften sind möglicher Weise zu schwach, um sich durchzusetzen. Doch gerade in Österreich und der BRD sind sie meist schlicht nicht willens, eine entsprechende Lohnpolitik zu führen. Wir wissen um die Möglichkeiten gerade in der BRD, die Gewerkschaften zu korrumpieren. Vergessen wir nicht: Hartz IV war die Erfindung eines Gewerkschafters im Auftrag eines sozialdemokratischen Kanzlers! Es gibt für einen Linken in Österreich und erst recht in der BRD keinen Grund, besonders gewerkschaftsfreundlich zu sein.

Wenn wir die eigentlichen Fragen nicht stellen, dann eiern wir nur um die wirklichen Probleme herum: Wie müssen die Bedingungen und Strukturen sein, um auf nationaler Ebene und sofort darüber hinaus eine expansive Wirtschaftspolitik treiben zu können, ohne dass diese sofort zum beggar-my-neighbour verkommt? Wie ist die Ungleichheit zu vermindern? Wie hat eine Transformation auszusehen, welche dieses Namens wert ist und die Situation für die große Mehrheit auf Dauer ändert?

Führende Funktionäre der „Linken“ in der BRD glauben diese Probleme mit dem grotesken Ansatz angehen zu müssen, man könne keinen „Keynesianismus in einem Land“ betreiben. Das kann man unter EU-Bedingungen tatsächlich nicht (mehr). Aber allein dieses Motto verrät den Geist dieser Figuren à la Riexinger. Wenn sie dies dann noch erweitern und behaupten, dass sie sehr wohl Keynesianismus auf EU-Ebene betreiben wollten, zeigt dies geradezu grell die Tradition, in der sie stehen, die sie nie kritisch reflektiert haben, und die nun auf sozialdemokratische Weise weiterwirkt. Die alte Gewohnheit der Dependenz von einem großen Bruder wird einfach auf einen neuen Großen Bruder übertragen, der diesmal im Westen sitzt.

Es ist hohe Zeit, solche Mentalitäten zu überwinden

Albert F. Reiterer, 8. November 2016

Die EU in der Existenzkrise – die Antworten der Linken?

Seminar in Kooperation mit der Marx-Engels-Stiftung am Sonnabend, dem 26. November 2016 von 11 bis 16 Uhr.

Nach der Entscheidung vom 23. Juni verlässt mit Großbritannien erstmals ein Mitgliedsland die EU. Auch Linke sprachen sich in der vorausgegangenen Kampagne für den Austritt aus. Einige sehen im Brexit bereits den Beginn der Auflösung der Union, da weitere Länder diesem Beispiel folgen könnten.

Die andauernde Krise um Griechenland zeigt die Schwächen des Eurosystems. Statt zu sozialer und ökonomischer Konvergenz unter den Euroländern beizutragen, führt es zur Auseinanderentwicklung von Löhnen und Produktivität. Neben Griechenland sind auch Portugal, Spanien und selbst Italien davon betroffen.

Unter kritischen Wissenschaftlern und Politikern hat eine Diskussion über eine Alternative zum Euro, über einen Plan B, begonnen. In einigen Ländern mehren sich aber auch die Forderungen, nicht nur die Eurozone sondern auch die EU zu verlassen.

Es referieren:

Peter Wahl, Vorstandsvorsitzender der Nichtregierungsorganisation Weltwirtschaft, Ökologie &Entwicklung (WEED):
Wie kann ein Plan B als Alternative zum gescheiterten Euro-System aussehen?

Wilhelm Langthaler, Personenkomitee Euro-Exit gegen Sozialabbau:
Der Austritt Großbritanniens – ein Vorbild für Österreich?

Keith Barlow, Mitglied der Communist Party of Britain (CPB):
Warum britische Linke für den Austritt Großbritanniens aus der EU kämpfen

Dazu laden wir ein ins MEZ, Spielhagenstraße 13, 10585 Berlin – Charlottenburg, nahe U-Bhf Bismarckstraße (U2 und U7) und Bus 109

Kostenbeitrag: 5 €

Um Anmeldung unter info@mez-berlin.de oder: 030-5587 2315 wird gebeten.

www.mez-berlin.de/die-eu-in-der-existenzkrise-was-sind-die-antworten-der-linken-188.html

Welche Alternative zum €uro und zur neoliberalen EU brauchen wir?

Tagung der Antikapitalistischen Linken NRW (AKL) am 28. Januar 2017 im Bürgerhaus im Stadtteilzentrum Bilk, Bachstr. 145, 40217 Düsseldorf

 

Aus dem Versprechen für Wohlstand und Frieden für alle ist Reichtum für wenige auf Kosten der Vielen geworden. Insbesondere der europäische Süden leidet unter den erdrückenden Spardiktaten aus Brüssel und Berlin. Die Exportoffensive des deutschen Kapitals auf Kosten seiner europäischen Konkurrenten setzt sich ungebrochen fort. Die Folge sind Deindustrialisierung, Privatisierung, Sozialabbau und Arbeitslosigkeit in bisher unbekanntem Ausmaß.

Die im Rahmen der Finanz- und Bankenkrise 2008/2009 erfolgte Übernahme in Staatsschulden hat in Kombination mit der von Merkel und Schäuble diktierten Austeritätspolitik zum Sparen bis zum Kollaps geführt. Stagnation und Entdemokratisierung sind die Folge.

Als in Griechenland nach dem Wahlsieg von Syriza versucht wurde, einen Ausweg aus Krise-Austerität-Stagnation zu finden, drehte Berlin sofort den Geldhahn zu, um jedem Versuch einer Krisenlösung zugunsten der Mehrheit der Bevölkerung den Boden zu entziehen.

Neoliberale und Rechtspopulisten in West- und Nordeuropa versuchen nun, die Krise im Sinne ihrer Eliten auf Kosten des europäischen Südens zu lösen. Statt Wohlstand gibt es Austerität, statt Solidarität erleben wir Chauvinismus.

 

11.00 – 11.25 Uhr
Eröffnung

• Thies Gleiss, Bundesvorstand der Partei Die Linke, Bundessprecher*innenrat der AKL
• Inge Höger, MdB DIE LINKE, Bundessprecher*innenrat der AKL

11.30 – 14.00 Uhr
Wie treibt die deutsche Austeritätspolitik die EU–Staaten und die Eurozone weiter auseinander? Eine Bestandsaufnahme

• Janinne Wissler, stellvertr. Parteivorsitzende DIE LINKE
• Franziska Lindner, SDS
• Panagiotis Sotiris, LAE – Volkseinheit, Griechenland
• Sergio Cesaratto, Prof. für Ökonomie an der Universität Siena, Italien

14.30 – 16.30 Uhr
Kann der Zusammenbruch der Eurozone verhindert werden?
Ist eine geordnete Auflösung der Euro-Zone möglich?

• Martin Höpner, Politikwissenschaftler, Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung Köln
• Paul Steinhardt, Herausgeber Makroskop.eu (gemeinsam mit Heiner Flassbeck)

17.00 – 20.00 Uhr
Alternativen zum Eurosystem und zum Entwicklungspfad der EU
Linke EU- und Euro-Kritik vs. Neoliberalismus und Rechtspopulismus

• Costas Lapavistas, Prof. für Ökonomie an der Universität von London und ehem. Parlamentsabgeordneter von Syriza, Griechenland
• Hans van Heijningen, Generalsekretär der Sozialistischen Partei der Niederlande
• Inge Höger, MdB DIE LINKE, Bundessprecher*innenrat der AKL

Unterstützer: Initiative eurexit.de, Mediengesellschaft Makroskop.eu, Bildungsgemeinschaft Salz e.V., Zeitschrift lunapark21, Personenkomitee euroexit.org

www.antikapitalistische-linke.de

A clear break with the Euro regime is required

For a wide alliance of democratic, social and popular forces to be prepare for the clash with the EU

by Wilhelm Langthaler

 

By means of the Euro regime the capitalist oligarchies of the European Union are inflicting the worst social disaster on the popular classes. The waves of attacks are carried out in an uneven way affecting first of all the peripheries which in some places are suffering more than during the great depression of the 1930ies. Enforcing mass impoverishment has been requiring a substantial curb on democratic rights and especially the dismantlement of national sovereignty by the Brussels supra-national bureaucracy.

Popular resentment, unease and also resistance is, however, rapidly growing. The subaltern strata eventually start to search for means to end the relentless attacks by the elites. They turn against globalisation. In order to restore social justice and democratic participation the popular masses envisage the return to national sovereignty. The Brexit vote was a heavy popular blow against the ruling elites both the British ones as well as those of the EU. New such acts of disobedience, rebellion and explosion are in preparation and can happen soon in a range of countries. The next litmus test is the constitutional referendum in Italy which could lead to the collapse of the Renzi regime which has been serving as the last defence line of the Europeist elites.

 

A look on Euromania to understand the disenchantment

The common currency was promoted as the crowning of European unification, depicting its core, the common market with is supra-national institutions, as a civilizational progress. That was based on two indeed historic promises which the workers’ movement ultimately had failed to delivery on: On one hand there is the pledge to social convergence of the continent which historically had been ragged by an abyss between rich and powerful centres and poor and subordinated peripheries. On the other hand there was the projection of a democratic framework which would provide for the overcoming of the inherited conflicts between the nations and allow for lasting peace. Obviously those two aspects go hand in hand influencing each other.

Those were the heydays of globalisation. Clinton promised that unchained capitalism would bring civilization to its highest point eventually ending there. This narrative tended to be bought by the global middle classes, the “Golden Billion”, well into the years 2000. The credit bubble enabled them to embark on a consumerist spree while celebrating that not work but mere financial speculation would secure their wealth.

That poverty has been steadily growing and an army of working poor reappearing, went unnoticed or encountered no interest by the middle classes which provided the pillars which casino capitalism was resting on. Neither did the NATO war on Yugoslavia disturb their perceptions. It appeared as a global policing operation driving out the bad spirits of the past and not as the inauguration of the renewed subordination under the western centres.

Massive and on the long run unsustainable imbalances had been building up, however, already at that time. There was the substantial current account surplus generated by the German centre which went inverse to offsetting capital flows to the periphery. The Schröder government further depressed wages development way below productivity growth – a systematic anti-popular policy no other country could match. But liberalist indicators have been blind to such signs of imminent crisis as market decisions are deemed always right and wise. On the contrary they have been turning it into a virtue every country has been bullied to emulate until today.

Change in the public perception by the middle classes came about only years into the global economic crisis which started in 2007/8. The credit bubble collapsed, banks were pushed on the brink of default being bailed out by the states, which on its turn triggered the sovereign debt crisis. The emergency credit programmes imposed on the periphery provided not only for extreme austerity, wage depression and eternal recession but also led to the loss of the last traces of national sovereignty by the debtor countries.

 

Hybrid imperial character of the Euro/EU regime

When creating the Euro the capitalist elites were unified in setting up a supra-national institutional framework armoured in front of the popular masses able to impose the neo-liberal agenda. But that did not mean that national interests ceased to exist. Actually it was a complicated compromise between the two leading countries France and Germany. Paris by means of the common currency intended to end the terror which had been exerted by the Bundesbank and to allow some economic co-ordination. Conversely, Bonn/Berlin maintained a sceptical view on the common currency for they feared to be forced to give in to demands of their partners. They eventually accepted the Euro in return to German re-unification and the modelling of the ECB along their extremist ordo-liberal conceptions. Finally German export business got the much wanted brake on currency revaluation which their ideologues and state bureaucrats did not want to grant them. It was this institutionally fixed undervaluation which allowed their ensuing exceptional expansion.

But this compromise included the break-up of the link between currency and treasury – an unprecedented situation where the issuer of money is not empowered to defend it as lender and spender of last resort. Germany refused any “transfer union” and made the “no bailout clause” a precondition.

Deprived of any protection including depreciation and use of their own currency the industries of the peripheral countries got heavily degraded. Austerity common from the mid 80ies did not suffice any more to keep the German pace of driving down the wage/productivity ratio. Given the construction principles of the currency union the default of the periphery became imminent. Without bailouts and bond market intervention by the ECB the Euro would have collapsed years ago.

As the main creditor state Germany thus acquired an extraordinary role calling the shots behind the supra-national bureaucracy. The lacking debt mutualisation, required by any common currency, serves as a powerful stick in the hands of the German elites blackmailing the rest of the EU onto their ultra-liberal line more and more running also against the interests of the respective national elites.

This imperialist turn, however, is of very limited reach and can backfire very soon. To refuse paying the imperialist costs in the long run is a weakness not a strength. The extraordinarily powerful lever of conditioned emergency credits can be easily turned into a lever to split the entire imperial edifice – a simple mechanism of reverse momentum. Suffice that a member country refuses to accept the conditions, is ready to default on its debt and is prepared to issue its own currency – exactly what the Tsipras government did not dare to endeavour.

That shows not only how unprepared Germany is for its newly acquired role but also how vulnerable the imperial edifice of the Euro regime is given the increasing contradictions it continues to generate.

The loss of hegemony of the EU elites across the continent is far reaching. Not only the poor strata but also increasing sections of the middle classes do no more believe in the narrative of social convergence. But the social component is only the basis on which the political crisis thrives. It is the imperial character as well as the German dominance within it that renders things so explosive. The promise of continental participation, democracy and peace crumbled. Not only the Euro but also the entire EU narrative is no more credible for the subaltern classes. The Brexit class vote there is indicative.

The centrifugal forces have grown too strong to be suppressed by the supra-national centre all the more as it is increasingly split along national interests. The collapse of the Euro regime is inevitable and only a matter of time. That will impact heavily on the EU edifice as well though there might be some possibilities of saving some elements.

Which way out this historic conflagration is being floated by the different tendencies within the elites as well as among the forces referring to the popular masses?

 

Social Europe

From the very start of the common market there has been the idea to push the supra-national authorities towards Keynesian measures. There are different shades and grades of this concept as well as various authors ranging from sections of the elites (like Delors) to the unions passing by the historic left which has not stopped to call for a “Social Europe” until today. Especially in its onset hope had been set on the common currency. First of all, the French state believed to become empowered to balance unchained German ordo-liberalism.

All this is based on an incomprehension of reasons and pre-conditions of the supra-national unification as well as on the prevailing relationship of forces. The common market and its supra-national institutions result in an explicit anti-Keynesian neo-liberal compact which became possible only after the defeat and U-turn of the Mitterrand government in France. Though the Euro started out with a compromise, it still had to accept the German ordo-liberal frame all along the ensuing treaties.

If the weaker states have not been able to withstand the pressure of the neo-liberal centre led by Germany (their elites even had joint voluntarily to be stronger against their own popular classes), how then it is reasonably conceivable that within the supra-national institutions Keynesianism would eventually prevail? It was the other way around: In order to enforce neo-liberalism, the social and democratic gains crystallized on the national level needed to be dismantled by pushing back the states’ distributional intervention by shifting sovereignty to the centre. The Brussels bureaucracy is nothing else than the European form of globalisation.

The best and practical proof for this is the Greek disaster. Syriza tried to extract at least some face-saving concessions but not even that worked. They set all their hopes on the interests of the other states to soften austerity. But the German stick threatened them all eventually leaving Greece alone.

There is the point that stronger economies would wield a more powerful lever like Spain, Italy and ultimately France. It is also true that in the final moment Berlin always has been cutting a deal in order to avert the collapse of the entire edifice. But the concessions, on the other hand, have always been minor and did not alter the overall framework let alone the dominant role of Germany.

 

Schäuble’s scenarios

The German elites are well aware that they are the main beneficiary of the Euro in an economic sense. Also, their newly acquired extraordinary political role stems from the Euro regime. They will do whatever possible to safeguard this favourable edifice. That does, however, not mean that they are not preparing contingency plans. When Schäuble proposed to Greece to leave the Euro zone, it was not only a means to coerce Athens into submission. It was a test balloon for an orderly withdrawal consistent with the project of a “Core Europe” floated in the early 1990ies. Schäuble was searching for a way to mitigate the predicted tensions within the system in order to save it. It hints that they will not continue centralisation at any cost. In case of significant demand-side Keynesian pressures and measures (not only on the level of monetary policy) they will prefer to quit the common currency and downgrade the supra-national para-state apparatus.

They do know, however, how difficult it is to avoid a chain reaction. Had Greece left, what reason would there be for other countries to stay? Their problems are of the very same nature only differing in degree. So the current solution with Syriza implementing their programme is the preferable one for the German rulers at least in the short run. They hope to be able to muddle through as they continue to believe in their liberal textbooks promising success of their recipes.

 

Stubborn centralisers from the left-wing of the regime

The Delors-type bureaucrats know, however, better and are aware that crisis is imminent and will erupt again. They also fear growing popular pressure, the German elites are much less exposed to or tend to underestimate being caught in their own ideological bubble. They strongly believe that in the final moment Berlin will need to consent into a mutualisation of sovereign debt as they will not risk the crumbling of the entire system. They think that in the long run they will obtain the compromise that the common currency should have brought already earlier including a common fiscal policy etc. So they push along the line of further centralisation towards a federal state totally opposed to the popular masses hoping that history will prove them right. This explains why Juncker right after the British referendum putting in serious troubles the “ever closer union” opted for a forward defence calling for a further acceleration now no more hindered by London.

Infected with a globalist phobia of the nation state, important sections of the left follow suit. Most prominent: Varoufakis, the former finance minister and negotiation leader under the Tsipras government responsible for the capitulation. After the capitulation of the Tsipras, he alluded to develop a Plan B. But within a few months this turned out to be a new leftist version of a federal EU state, for he considers the logic alternative, the return to national sovereignty, reactionary per se.

The inability and unwillingness to break with supra-national globalisation ties the left to the elites and sheds them from the popular masses leaving the field to rightist forces.

 

Attempts by right-wing forces

We need to unmask the narrative of the left supporting the EU regime according to which the historic right would be the organic leader of the popular upheaval against Brussels. From this assumption they derive that in order to fight rising nationalism and fascism the EU is the ultimate line of defence.

The reality is, however, that in all the countries most struck by the Euro crisis, the popular masses with their social and democratic demands turned to forces associated in a wider sense with the historic left regardless whether within the ruling political system, on its fringes or entirely outside. Their general tendency unfortunately is to lead them back into the system and to avoid a rupture with the EU.

Historically the right with its pre-dominant anti-communism used to be pro-US and accepted the EU unification on liberalist grounds though defending a more ideological and culturalist attachment to the nation and often nationalism with more or less chauvinist elements. Until the late 1980ies it was mainly the left to refuse the EU in defence of Keynesian economic policy and against the NATO war drive associated with the EU.

Things changed with the massive impact of globalisation after the end of the USSR. Parts of the right embarked on a permanent campaign against migrants and happily embraced Islam as a new enemy. The nearly transversal anti-Islamic mobilisation allowed them a reach deep into sections of the middle classes which had been averse to the right. Meanwhile the left backed globalisation which is free movement of capital, commodities and labour. They associated the defence of migrant labour with the deregulation of labour markets. Also, therefore the right succeeded in turning anti-migration into a code for anti-globalisation drawing on their chauvinist traditions.

But this did not suffice to attract the lower classes. They also needed to soften or hide the elements of economic liberalism and play with or even adopt the defence of social rights and the welfare state as well as Keynesian state intervention into the economy. See the example of the Tory’s leave campaign where one wing of the party of Thatcher used slogans like “instead of sending money to Brussels invest it in the health system”. This is being linked across the continent with the affirmation of national identity (mainly directed against Islam) and with allusions to the return to the nation state including nationalist and chauvinist elements.

So a kind of social democrat line is being mixed up or co-exists with traditional rightist and nationalist aspects in a contradictory co-habitation. This hybrid is possible only because the left sided with the supra-national centre declaring national sovereignty reactionary all together. Only that allowed for the development of a social right occupying at least partially the role of social democracy.

One should not forget that the historic right remains at the same time attached by many different strings with parts of the elite. In no place they are ready for a break with the ruling classes. This contradiction between their words and their deeds could be an important lever to separate them from the popular masses when building a revolutionary democratic and social pole.

 

Plan B: Lafontaine and the orderly dissolution of the Euro

The consistent calls of Lafontaine and others to dissolve the Euro zone and return to a system of managed exchange rates is the only serious voice from the official left against the Euro regime.

Actually, with its gradualist character this agenda could serve as an orderly withdrawal for the elites as well. It would really be a way to take out tensions and to save the EU though in a modified form. There are, however, some serious problems attached with the old EWS and it is not by accident that France and others wanted to overcome it. Not only the common currency but also the common market as such with its liberalist rules play to the detriment of the weaker states. But it would be certainly an important step in easing at least the additional stress momentum created by the Euro straightjacket on top on the basic symptoms caused by the global economic crisis. Actually, also a part of the Anglo-Saxon neo-classical elite economists lately turned neo-Keynesians have been advocating the same, indeed, in order to save the system and not to overcome it. Only, the EU elites do not show the slightest attempt to go for that proposal.

When transformed into a popular demand things do change. As soon as such a project is no more advanced by national elites but by more or less independent or popular forces not reliable for the elites they are perceived as a threat to the rule of the centre. A hostile class reaction by Brussels, Berlin as well as important parts of the respective national elites is to be expected with a very limited margin of compromise.

A plan for an orderly and accorded withdrawal will therefore most likely turn into a deep rupture. Defaulting on the foreign debt and issuing a new currency will require not only immediate capital controls but the nationalisation of the banking system. Embarking on a massive Keynesian-type state intervention on many fields including protectionist measures (to learn the lessons of Mitterrand’s failure) might follow in disregard of all neo-liberal treaties and rules enshrined not only in the Euro regime but in the EU as such. This unavoidable clash with the supra-national institution needs to be prepared. This flows also from the recent Greek lessons.

For the time being the Plan B milieu has not been able to cope with this problem. They do not want to accept that a very simple and basic social democrat Keynesian project requires a kind of democratic revolution against the EU. Varoufakis was right when he reproached to his former Plan B colleagues that whoever touches the Euro also needs to speak on the EU – concluding to return to the system asking for further increase of the power of the centre. (He does not see that he entered into an even deeper contradiction, for the supra-national centre is either neo-liberal or it will be dismantled.)

 

A broad democratic front against the Euro regime ready for rupture

On the level of the popular masses is becoming more and more clear that the Euro regime needs to be ended and popular sovereignty restored by returning to national self-determination. The differences between the different countries remain, however, enormous not only between the German centre and the different layers of periphery, but also between the latter themselves for specific reasons boiling down to historic peculiarities.

Some serious cracks also within the political elites are appearing first of all epitomised by the Brexit (though the British elites never shared the drive towards supra-national centralisation). Sections of the elites are starting to contemplate exit scenarios and sometimes also playing publicly with it. They feel that if the “ever closer union” cannot go forward, it needs to go back. Maybe in Italy this process is most advanced and could be much accelerated by a defeat of Renzi.

But we have to see that there is still a huge difference in the perception of the Euro and the EU especially in mainland Europe. While its so-called crowning or acceleration by the Euro is more and more put into question, the European Union as such still remains a taboo all the way down the social echelon. Important parts also of the lower classes fear the rupture and its imponderable consequences. They gauge that the way of less trouble might be a downgrade of the EU along the Lafontaine line minimizing the anti-democratic supra-national elements returning to the 1980ies or even the golden 70ies.

We need to take into account that the time for a democratic revolution against the EU has not come or it not ripe yet. Revolution is always the very last resort when all other attempts have been exhausted. But the conditions for a popular rebellion against the Euro regime are indeed mature and explosions can happen any time.

The main task for today is to build a vast European front of democratic and popular forces (excluding the chauvinist right) to bring down the Euro regime. Its immediate programme is very clear and simple:

  • Default on foreign debt
  • Issuing a new national currency
  • Capital controls
  • Nationalisation of the defaulting banks
  • Massive public investment to overcome the demand depression caused by austerity
  • Decrease inequality
  • Regulation and protection of the national economy

It is not necessary to make the position on the EU a precondition for a broad coalition thus reaching out to much broader sections of society. Nevertheless, we are convinced that the question will come up rather sooner than later and we do address wit tour already existing European co-ordination against the Euro and the EU. The only condition is to be ready to follow the programme to the end preparing for a decisive clash with the ruling supra-national elites and the institutions of neo-liberal globalisation.

The consequences with regard to the EU, the inextricable nexus between popular sovereignty and national self-determination, can remain implicit within a common platform for a while as it is the intrinsic logic of the development of the popular struggle anyway.

 

New form of internationalist co-operation

Neo-liberal globalisation was selling itself as a modernised form of internationalism having adopted the rhetoric’s of the historic left. Nevertheless, it meant the unchained rule of the capitalist elites of the central countries led by the US. We need to return to the original meaning of internationalism that is the co-operation of the popular classes against their own ruling classes to bring down the global system of dominance. The decisive difference is that at the time of the ascendency of the workers’ movement the capitalist systems used to be organised in a bi-polar way using nationalism to bind the lower classes to the elites and to pit them against each other. Today we are facing an essentially mono-polar system which tries to crush any attempt of national self-affirmation against the centre or its sub-centres in the name of international solidarity. This substantially alters the danger of nationalism.

In the European case we need a very close co-operation of the popular movements against the Euro regime and in consequence against the EU trying to re-establish their national sovereignty. If a democratic popular neo-Keynesian regime can be established in one place it will need to strive for close co-operation with any state ready to do so across the globe. It will look especially in the close neighbourhood to its south and its east overcoming the EU borders defined along classical imperialist lines. New social and democratic unions in diverse configurations will become necessary though conceived as co-operation of sovereign states allowing a real movement towards social convergence and peaceful co-operation across the world.

DIE EU, DIE WIRTSCHAFTSPOLITIK UND DER FREIHANDEL: CETA 4

Es ist ein Putsch. Es ist einer jener Staatsstreiche in Serie, mit denen die EU das wurde, was sie ist. „Vorläufig“ wird Brüssel CETA in Kraft setzen. Da dürfen die nationalen Parlamente nicht zustimmen. Dabei sind sie ohnehin weitgehend in der Hand der EU-Bejubler. „Vorläu­fig“ sagen Juncker und seine Bürokraten: Damit schaffen sie Fakten. Die sind kaum mehr rückgängig machen, und die heißen dann Sachzwang. Das ist die Vorgangsweise, die Sprache der Eliten und ihrer Ideologen.

Jede Bestimmung in diesem Monster-Vertrag ist wichtig. Wichtig ist die Absicht, die natio­nale Politik und ihre Gerichte auszuhebeln – die sogenannten Schiedsgerichte. Wichtig ist, wie die Standards der Waren und der Arbeitswelt herab gesetzt werden. Aber noch viel wichtiger als diese Einzelfragen ist: CETA ist die Brechstange für andere Verträge dieser Art. CETA ist die Politik der beschleunigten Globalisierung.

Heute ist TTIP scheintot. Kommt CETA, wird auch TTIP zum Lazarus und wird schnellstens wieder auferstehen. Es geht also keineswegs um CETA allein.

Es geht um die Möglichkeiten der Wirtschaftspolitik und um die Politik insgesamt. Es geht um die Globalisierung, und es geht um die Praxis und die Ideologie dessen, was so unschuldig „Freihandel“ heißt. Der Freihandels-Fundamentalismus möchte den Staat am liebsten ab­schaffen. Da nun aber eine politische Regulierung unumgänglich ist, will er dies selbst in die Hand nehmen. Denn was sind die „Schiedsgerichte“? Es sind politische Organe. Ihre Entscheidungen sind verbindlich, und sie stehen definitorisch über den bisherigen Staaten.

Es geht somit um die nachhaltige Zerstörung jeder Möglichkeit staatlich-politischer Inter­vention. In den Nationalstaaten hat die Bevölkerung noch einen gewissen Einfluss. Das macht das Agieren dieser Staaten bisweilen unberechenbar. Politische Gestaltung im Interesse der Bevölkerung soll in Hinkunft noch stärker als bisher unmöglich werden. Der Demokratie soll jedes Steuerungs-Instrument aus den Händen gerungen werden. Jedenfalls gilt das für die von Unten. Für die Eliten, für die Oligarchie macht man schon weiter Politik. Schiedsgerichte sind politische Organe der Eliten und der Oligarchie.

Doch, wiederholen wir es: Auch die Einzelbestimmungen sind höchst bedeutsam. Insofern müssen wir uns doch durch diesen Monstervertrag durchquälen. Wir sollten Seite für Seite dieses Textes durcharbeiten. Sehen wir uns einmal den Beginn der materiellen Bestimmungen von Kap. 8 an; ich bringe hier die Übersetzung, wie sie die deutsche „Linke“ für ihre Bundestagsfraktion vor eineinhalb Jahren anfertigen ließ – dort ist die Nummerierung gegen über der Endfassung noch unterschiedlich:

„Art. 8.

4 1. Keine der Vertragsparteien darf hinsichtlich des Marktzugangs durch eine Einrichtung eines Investors einer Vertragspartei auf ihrem gesamten Territorium oder auf dem Territorium einer nationalen, provinzialen, territorialen, regionalen oder lokalen Regierungsebene Maßnahmen ergreifen oder beibehalten, mit denen

(a) Folgendes eingeschränkt wird:

(i) die Anzahl von Unternehmen, die eine spezifische wirtschaftliche Aktivität ausführen können, weder in Form von zahlenmäßigen Quoten, Monopolen, Lieferanten mit ausschließlichen Rechten oder des Erfordernisses einer wirtschaftlichen Bedürfnisprüfung;

(ii) der Gesamtwert von Transaktionen oder Vermögenswerten in der Form von zahlenmäßigen Quoten oder des Erfordernisses einer wirtschaftlichen Bedürfnisprüfung;

(iii) die Gesamtzahl von Geschäften oder die Gesamtproduktionsmenge durch Festsetzung bestimm­ter zahlenmäßiger Einheiten in Form von Quoten oder des Erfordernisses einer wirtschaftlichen Bedürfnisprüfung;

(iv) die Beteiligung ausländischen Kapitals durch Festsetzung einer prozentualen Höchstgrenze für die ausländische Beteiligung oder für den Gesamtwert einzelner oder zusammengefasster ausländischer Investitionen;

(v) die Gesamtzahl natürlicher Personen, die in einem bestimmten Sektor beschäftigt sein dürfen, oder die ein Unternehmen beschäftigen kann, und die für die Durchführung der wirtschaftlichen Aktivität notwendig und direkt damit verbunden sind, in der Form von zahlenmäßigen Quoten oder des Erfordernisses einer wirtschaftlichen Bedürfnisprüfung.

(b) bestimmte Arten von juristischen Personen oder Gemeinschaftsunternehmen, durch die ein Unter­nehmen eine wirtschaftliche Aktivität ausführen kann, eingeschränkt oder vorgeschrieben werden.“

Man beachte wohl: Die Bestimmung ist allgemein gehalten und beinhaltet nicht die selektive Diskriminierung. Nur ein einziges Mal bezieht sich der Text auf ausländisches Kapital. Die ganze Passage besagt nicht weniger, als dass Wirtschaftspolitik i. A. und Industriepolitik i. B. unmöglich wird. Nur mehr „Förderungen“, d. h. Subventionen und Geschenke an Unter­nehmen dürfen durchgeführt werden. Robustere staatliche Instrumente sind verboten..

Nun kann man völlig zu Recht sagen: Aber was ist daran neu? Das ist doch das, was in der EU ohnehin seit vielen Jahren geschieht! Eben! Es ist das Prinzip der EU, das nunmehr auch in Verträgen über die EU-Grenze hinaus festgeschrieben wird. Genau das ist es, was CETA zum Problem macht. Bei der Kundgebung vor dem Parlament am 17. Oktober hat eine Rednerin darauf aufmerksam gemacht: Das „C“ in CETA bedeutet nicht etwa „Canadian“, sondern „Comprehensive“, umfassend. Um das geht es. Dieser Freihandelsvertrag ist eine umfassende Regulierung und Deregulierung, welche Wirtschaftspolitik unmöglich machen soll. Der klassische Freihandel ist in diesem Abkommen eine völlig untergeordnete Angelegenheit.

In diesem Sinn haben auch die Propagandisten und Janitscharen der letzten Zeit recht: Bei CETA geht es um die EU. Es geht um den Kern der EU als regionale Stufe zur bedingungs­losen radikalen Globalisierung bzw. Neoliberalisierung der Welt. Die 60 (Strolz) oder 100 (Mitterlehner) Freihandelsabkommen, denen Österreich bereits unterliegt, sind Fesseln, die bereits ungeheuer schwer zu zerbrechen sind. Kommt CETA hinzu, kommt TTIP hinzu, erreicht diese Fesselung eine neue Stufe. Das aber gilt es zu verhindern.

Albert F. Reiterer, 31. Oktober 2016

DIE EU, DAS OKTOBERTHEATER UND SEIN ERGEBNIS: CETA 3

Was hat der heldenhafte Kampf des Paul Magnette nun also inhaltlich wirklich gebracht?

Man macht sich auf die Suche. Die erste Entdeckung ist: Nach all der Hysterie der letzten Tage ist es vorerst nicht wirklich zu eruieren, was die Ergebnisse sind. Und das ist kennzeich­nend. Eine Öffentlichkeit existierte während der Jahre der Verhandlung nicht. Es gibt sie auch nach wie vor nicht, obwohl nun das Argument nicht mehr gilt, dass dabei Verhandlungen „gestört“ werden. Und erinnern wir uns: Beim wichtigsten Abkommen überhaupt, bei TTIP nimmt dies skandalöse Formen an. Auch Abgeordnete dürfen nur unter ganz restriktiven Be­dingungen Einschau in die Ergebnisse halten. Sie dürfen sich dabei keine Notizen machen, in einem Vertrag, der wieder über hunderte von Seiten geht und nur von Spezialisten überhaupt durchschaubar ist. Vor vielen Jahrzehnten hat einer der heutigen Propagandisten der EU zu Recht festgestellt: Eien „bürgerliche“ Öffentlichkeit ist die Minimalvoraussetzung von Demokratie. Diese Minimalvoraussetzung gibt es nicht, und das sagt eigentlich schon SAlles über EU-Demokratie aus.

Das völlige Fehlen jeder inhaltlichen Information zeigt besonders deutlich, was dieses Herbst-Theater war: Ein Ablenkungs-Manöver, welches es den nationalen und regionalen Eliten erlauben soll, vor ihre Wähler zu treten und zu sagen: Wir haben uns für Euch eingesetzt. Und gleichzeitig mit Augenzwinkern zu ihren Peers: Ihr wisst ja – so ernst war dies nicht. Bei diesen Verhandlungen ging und geht es ganz offensichtlich nicht um die Inhalte. Es war ein Schein-Konflikt-

Nochmals: Was kam da heraus?

Mit einiger Mühe macht man zwei Punkte ausfindig:

(1) Die Wallonie hat eine Ausstiegsklausel während der Zeit der Ratifizierung.

(2) Der Bestellungsmodus der „Richter“ an den Schiedsgerichten soll definiert werden. „Ziel ist es nun, dass über kurz oder lang Vollzeitrichter diese Aufgabe übernehmen und genaue Standards und Verhaltens­regeln für diese erlassen werden“, schreiben die deutschen „Wirt­schaftsnachrichten“.

Zum Punkt 1: Es ist völlig undenkbar, dass eine Region isoliert aus dem Vertrag aussteigt. Das ist ein schlechter Witz, ein Pseudo-Ergebnis schlechthin. Allerdings sieht die Sache etwas anders aus, wenn man sich die Erklärung der belgischen Regierung ansieht, die ich vorerst nicht auftreiben konnte (und die ich inzwischen von einem Genossen zugesandt erhielt). Hier lautet dies so: dass Belgien (der Zentralstaat) nicht ratifizieren wird, wenn eine Region oder eine Sprachgemeinschaft die Zustimmung zurückzieht. Das ist immerhin juristisch möglich. Politisch kann es bedeuten: Entweder der Wallonie (oder auch Brüssel) ist es ernst mit den Einwänden. Dann ist die ganze Angelegenheit nur um ein Jahr verschoben. Oder aber die regionalen Eliten setzen darauf, dass man auf ihre (angeblichen) Widerstände vergessen wird, also das Herbst-Theater Theater sein lässt. Es wirkt ganz, als ob diese Möglichkeit gewählt würde.

Zum Punkt 2: Es ist eine Pseudo-Errungenschaft. Denn ob die Teilnehmer an diesem Forum eine rechtswissenschaftliche Ausbildung haben werden, ändert keinen Punkt an der Macht der Schiedsgerichte jenseits staatlicher Gerichte und an ihrer den Interessen der Konzerne geneig­ten Stimmung. Es ist ziemlich selbstverständlich, dass die Konzerne ihre gefinkeltsten Rechts­anwälte in diese Schiedsgerichte entsenden werden und nicht irgendeinen unbedarften Men­schen. Und ob es ein Vorteil für die große Mehrheit wäre, dass der EuGH entscheidet, ist mehr als nur zweifelhaft. Gerade der EuGH hat in den letzten drei Jahrzehnten die Zentralisie­rung und den Abbau der nationalen Befugnisse im besonderen Maß und jenseits aller vertraglichen Vereinbarungen vorangetrieben. Der EuGH war es, der ständig die Arbeit­nehmerrechte abgebaut hat und auch das Streikrecht einschränkte. Der EuGH war es, der vor einem Jahr dem Rat den Beitritt zur Europäischen Menschenrechtskonvention verbot. Vom EuGH einen Schutz gegen die wildesten Auswüchse der Globalisierung zu erwarten, ist mehr als naiv. Das heißt wirklich, den Bock zum Gärtner machen.

Was hatte dann also das ganze Theater für einen Sinn? Es ist ganz offensichtlich der Trick des deutschen Sozialdemokraten Gabriel, den der österreichische Sozialdemokrat Kern so attrak­tiv fand, dass er ihn hier besonders ungeschickt nachzumachen versuchte: Man markiert Gegnerschaft, um die eigenen skeptischen Anhängerschaft zum Zustimmen zu bewegen. Auf gut Wienerisch: Es ist ein schlechter Schmäh, und ein ziemlich durchsichtiger dazu. Er ist auch schon halb und halb nach hinten losgegangen. Kern hat dabei sicher nicht gewonnen.

Warum kamen dann die Eliten so in Panik? Taten sie das wirklich? Ich habe den Eindruck, das Hauptziel war, die eigenen Propaganda-Medien zu mobilisieren, in Österreich den ORF, den „Standard“, und wie sie alle heißen. Einige von den unbedarften Journalisten glauben ja anscheinend wirklich, was sie da schreiben.

Es war ein ärmliches Manöver, um davon abzulenken, dass, wiederum in Österreich, 16 Leu­te, die Damen und Herren in der Bundesregierung, die ganze österreichische Bevölkerung in Geiselhaft nahmen und die Interessen und Ziele der großen Mehrheit an die EU verscha­cherten. Und anderswo ist es nicht anders, auch nicht in Belgien.

Es ist höchst unwahrscheinlich, dass dies funktioniert. Wir sehen ja, dass von Wahl zur Wahl die Regierungs-Parteien verlieren. ÖVP und SPÖ sind mittlerweile halbiert gegenüber ihren Ergebnissen in der Vor-EU-Epoche. Aber es ist ein schwacher Trost. Denn der Schaden ist mit der Unterschrift so oder so getan. Damit bauen diese Leute einen neuen „Sachzwang“ auf. Man kommt wieder nur mit Schaden heraus.

Einen positiven Effekt aber hat das Theater trotzdem. Es ist irgendwie außer Kontrolle geraten. Die Handelnden der Schmierenkomödie haben outriert. Selbst unter jener Minderheit der Bevölkerung, die ihnen noch immer glaubt, sind inzwischen viele nachdenklich geworden. Die EU-Skepsis ist mit Sicherheit gewachsen.

Umso unbegreiflicher wäre es, dass ausgerechnet jetzt, mitten in der Krise, sich der Herr Strache zum EU-Fan mausert – wenn man nicht über seine politische Unfähigkeit Bescheid wüsste.. Überall, wo er selber handelt, geht etwas für ihn und seine Partei schief. Nun, wir können uns darüber nur freuen. Es wird einigen unter den Parteigängern, die ja ohnehin nicht für die FP, sondern gegen die Regierung sind, die Augen öffnen. Und das wäre immerhin etwas

Albert F. Reiterer 1. November 2016

Italien: Das No als neue Runde der Revolte

Italien: Das No als neue Runde der Revolte

„Bankenkrise könnte herrschenden Block spalten und Bruch mit Brüssel bewirken“

Interview mit Leonardo Mazzei geführt von Wilhelm Langthaler

Leonardo Mazzei ist einer der Sprecher von Programma 101, einer sich noch in der Entstehungsphase befindlichen politischen Organisation, die aus der “Linken Koordination gegen den Euro” hervorgegangen ist. (Der Name nimmt Bezug auf einen von Olivetti entwickelten Desktop-PC, der als erster seiner Art im Jahre 1965 auf dem Markt kam, aber den kommerziellen Durchbruch nicht schaffte. P101 steht damit für die selbständigen Entwicklungspotentiale Italiens.) In den 1990er Jahren war Mazzei führendes Mitglied von Rifondazione Comunista. Heute schreibt er regelmäßig zu politischen und wirtschaftlichen Themen für die Webseiten sollevazione.blogspot.com und antimperialista.it.

Warum ist das kommende Referendum so wichtig?

Es ist sowohl seines tatsächlichen Inhalts, als auch seiner symbolischen Bedeutung wegen wichtig, die es nun angenommen hat. Jedenfalls wiegt die Konterreform der Verfassung schwer. Man braucht sich nur den neu konzipierten Senat zu vergegenwärtigen, der bedeutende Befugnisse behält (wie zum Beispiel Verfassungsfragen, die Beziehungen zur EU, bezüglich der Gebietskörperschaften, die Wahl des Präsidenten, etc.), aber nicht mehr gewählt werden soll. Der Senat wurde also nicht abgeschafft, wie es die Propaganda Renzis behauptet. Vielmehr wurde die Demokratie abgeschafft. Doch das wichtigste Element der Gegenrefom ist das Wahlgesetz. Mit 40% der Stimmen kann man 55% der Sitze erreichen – ermöglicht durch eine Stichwahl, falls im ersten Wahlgang die notwendige Schwelle nicht überschritten wird. Es handelt sich um einen für und von der Demokratische Partei (PD) maßgeschneiderten Mechanismus, der, falls er durchgehen sollte, zu einem De-facto-Präsidentialismus führt. Doch das Referendum wurde mit einer viel allgemeinpolitischeren Bedeutung aufgeladen: es wurde zur Abstimmung über Renzi und den Renzismus. So wird es zu einer neuen Runde der Revolte der unteren Schichten gegen die Eliten mit einem klaren Klasseninhalt. Es ist kein Zufall, dass die Umfragen dem Nein im Zentrum und dem Süden eine Mehrheit voraussagen (wo Armut und die Arbeitslosigkeit weit verbreitet sind), während im Nordwesten das Ja im Vorteil scheint.

 

Welche Kräfte bilden das No-Lager?

Was die Parteien betrifft, haben sich die Fünf-Sterne-Bewegung (M5S), die Kräfte der Rechten (Lega Nord, Forza Italia und Fratelli d’Italia) und von der Linken Sinistra Italiana, Rifondazione Comunista und fast alle kleinere Kräfte für ein Nein ausgesprochen. Kann man annehmen, dass die Wählerschaft der Linken, der Cinque Stelle sowie der Lega fast geschlossen Nein stimmen wird, so stellt sich das für Forza Italia anders dar. Deren Wählerschaft, die auf ca. 10% geschätzt wird, ist tief gespalten. Die Fernsehkanäle Berlusconis verhalten sich aseptisch, während der Leader sich nicht äußert. Gesellschaftlich betrachtet ist die Nein-Front um einiges breiter. Schon seit dem Frühjahr haben sich hunderte von lokalen Komitees gegründet, Großteils unabhängig von den politischen Parteien. Deren Initiativen erfreuen sich einer erheblichen Beteiligung und Resonanz.

 

Wie erklärt sich der Schwenk der Lega Nord, die Padanien (Norditalien) als Teil einer mit Bayern zusammenhängenden Region propagierte im Gegensatz zu Italien, während sie heute gegen den Euro und die Unabhängigkeit Italiens eintritt – als hätte sie die Seiten gewechselt?

Die von Matteo Salvini repräsentierte neue Führungsgruppe der Lega ist in das von der Krise des Berlusconismus entstandene Vakuum vorgestoßen. Die Idee dahinter war einerseits die von Padanien definierten engen geografischen, andererseits auch die von der von Berlusconi geführten Allianz der Rechten gesetzten politischen Grenzen zu sprengen. Ziel scheint eine Partei nach dem Vorbild der Front National und Le Pens zu sein. Diese bedient zwei Hauptthemen: Nein zum Euro; vor allem aber Nein zur Immigration, mit immer stärker akzentuierter Xenophobie. Will man aktuellen Meinungsumfragen Glauben schenken, so konnte die Lega mit dieser Linie ihren Stimmanteil von 5-6% auf 12% steigern. Doch die Ergebnisse der Lokalwahlen im Juni sind für Salvini nicht gut ausgefallen und die Ausdehnung Richtung Süden scheint zum Scheitern verurteilt. Um sich als selbständige Kraft gegenüber Forza Italia behaupten zu können, müsste Salvini im gesamten Land den Berlusconi-Leuten etwas entgegensetzen können. Doch nach einem Jahr sind die Kräfte für diese Operation eher schwächer als stärker geworden.

 

Wird gegenüber den Anti-Renzi-Kräften der Vorwurf der Querfront erhoben, so wie es in England passierte und auch sonst überall üblich ist?

Vor allem versucht das Renzi-Lager alle Gegner als die „Front des Alten“ zu diskreditieren. Die Anklage einer rot-braunen Front hält aus zwei Gründen nicht: Erstens ist es normal, dass in einem Referendum auch ideologisch sehr unterschiedliche Kräfte konvergieren können. Dass das Nein keine Masche trägt, verstehen alle. Zweitens ist in diesem Fall die Rechte gezwungen eine für die Linke typische juristisch-politische Argumentation zu übernehmen. Sie spricht daher von Dingen wie Demokratie, Repräsentation, Gleichgewicht der Kräfte etc.

 

Wie interpretieren Sie das Nein von Bersani [dem Kopf des PD-Parteiapparats, der von Renzi entmachtet wurde]? Hat das Substanz oder handelt es sich lediglich um einen taktischen Versuch vom innerparteilichen Gegner Konzessionen zu erlangen, der sich in einer misslichen Lage befindet und auf Hilfe angewiesen ist?

Die Position Bersanis hängt mit dem PD-internen Kampf zusammen. Renzi ist eine Dampfwalze. Und sein Slogan der Verschrottung (rottamazione) wird insbesondere von der von Bersani geführten Parteiminderheit als echte Bedrohung aufgefasst. Seit drei Jahren begehrt diese Strömung auf, aber war mit Ausnahme der Abgeordneten Stefano Fassina und Alfredo D’Attorre zum Austritt nicht bereit. Bei nicht weniger als sechs parlamentarischen Abstimmungen haben sie aus Parteidisziplin der Verfassungsreform ihre Zustimmung erteilt. Nun drohen sie mit einem Nein, weil sie nicht einmal eine Modifikation des Wahlgesetzes erwirken konnten. Es ist klar, dass sie eine sehr schwache Position haben. Trotzdem glaube ich nicht, dass es ihnen um Zugeständnisse geht. Denn sie wissen, dass diese unter Renzi unmöglich sind. Eher bereiten sie sich auf die Situation nach dem 4. Dezember vor. Sollte das Nein gewinnen, werden sie versuchen die Partei wieder unter ihre Kontrolle zu bekommen. Keine einfache Sache, aber bis zu einem gewissen Grad könnte es funktionieren. Sollte das Ja obsiegen, dann wir wohl ein Teil von ihnen gezwungen sein die Partei zu verlassen. Aber darüber sollte man später sprechen.

 

Was nun die Wirtschaftseliten angeht, stehen diese nach wie vor geschlossen hinter dem Euro wie in Spanien oder Griechenland, oder zeigen sich bereits Risse?

Noch sind die Eliten kompakt, aber man kann ein Krachen im Gebälk vernehmen. Es ist offensichtlich, dass Italien nicht nur größeres Gewicht als Griechenland hat, sondern auch als Spanien. Daher hält sich die Idee, dass man von Brüssel gewisse Konzessionen zugestanden bekommen könnte. Das passt mit der Politik der Regierung Renzi zusammen, die wieder und wieder nach mehr „Flexibilität“ ruft. Sobald diese Linie offenkundig scheitert, wird es auch zu einem Bruch im herrschenden Block kommen. Das heißeste Thema ist diesbezüglich die Bankenkrise. Über die Maßnahmen zur Rettung könnte es zum entscheidenden Konflikt kommen.

 

Welche Rolle spielt die Bankenkrise und welche Lösung bietet Renzi an?

Die Krise des italienischen Bankensystems ist eklatant. Sie ist eine direkte Folge von acht Jahren Rezession. Noch heute liegt das BIP um 8% unter jenem des Jahres 2007. Es gibt zu viele Familien und Firmen die ihre Kredite nicht mehr zu bedienen vermögen. Die Banken bedürfen dringend der Rekapitalisierung, um ihre Verluste abdecken zu können. Aber kein Privater ist bereit sein Geld in ein Fass ohne Boden zu werfen. Als einzige Möglichkeit bleibt daher die staatliche Rettung. Doch bereits 2012 verweigerte die Regierung diese Intervention (wie sie in Spanien durchgeführt wurde), mit dem Hinweis auf den bereits sehr hohen Schuldenstand der öffentlichen Hand. Aber nun kommt alles ans Tageslicht: Der versprochene Aufschwung will und will nicht kommen. Das Wirtschaftswachstum bleibt unter 1%. Und die Regeln der Bankenunion, insbesondere die Verpflichtung zur Gläubigerbeteiligung, bringen die Banken in eine unhaltbare Klemme. Viele Sparer wurden bereits zur Kassa gebeten (einige haben ihre gesamten Ersparnisse verloren, oft einfache Leute). Das ist nur die Spitze des Eisbergs. Bis jetzt ist die Regierung Renzi diesem Problem von Einzelfall zu Einzelfall begegnet. Entweder wurde ein teilweiser Bail-in durchgeführt, wie bei vier Banken in Zentralitalien. Oder es kam zur Rekapitalisierung durch Private, wo aber dennoch im Hintergrund die öffentliche Hand zahlte, wie bei zwei venezianischen Banken. (Dort verloren die Aktionäre ihre Anteile.) Nun gibt es den noch größeren Fall der Monte dei Paschi di Siena. Hier hat sich die Regierung in die Arme von JP Morgan geworfen und so die Verbindung zur US-amerikanischen Finanzwelt offenbart. Selbst der sonst so regierungsfreundliche Corriere della Sera attackierte sie dafür heftig. Während sich das Duo Renzi-Padoan von Fall zu Fall hantelt, gibt der Regierungschef immer wieder zu Protokoll, dass der Markt das regeln werde. Tatsächlich ist die Situation explosiv. Laut vielen Volkswirten könnte eine neue Krise der Finanzmärkte dramatische Folgen für das italienische Bankensystem zeitigen. Entweder kommt es zu einer Serie von Bail-ins, wie das Lars Feld fordert, die aber die Regierung politisch kaum durchstehen würde. Oder die Bankenunion zerbricht. An diesem Punkt wird es mit großer Wahrscheinlichkeit zum Bruch innerhalb des herrschenden Blocks kommen.

 

Wie verteidigt sich Renzi? Hat er am 4. Dezember überhaupt noch eine Chance?

Noch vor einem Jahr dachte man, dass Renzi mit überwältigender Mehrheit gewinnen würde. Dann wurden seine Schwierigkeiten Schritt für Schritt deutlicher. Heute attestieren die Meinungsforscher dem Nein einen leichten Vorsprung, aber nicht mehr als wenige Prozentpunkte. Also zu wenig, um sicher zu sein. Mir persönlich scheint das Nein dennoch stärker als gemeinhin gesagt wird. Gleichzeitig muss man sich bewusst sein, dass ein Aufholen Renzis nicht ausgeschlossen werden kann. Mit Sicherheit wird die Karte der Angst gespielt werden, aber auch jene des Euroskeptizismus, die in gewisser Weise heimtückischer ist. Manche glauben auch an eine Überraschung, nämlich einer offenen Unterstützung des Si durch Berlusconi. Das alles spielt sich im Rahmen der Einseitigkeit der Medien ab, sowie dem Vorteil alle Hebeln der Regierungsmacht zur Verfügung zu haben, angefangen mit einigen Wahlkampfversprechungen in Verbindung mit dem nächsten Haushaltsgesetz. Zusammengefasst: Renzi ist im Nachteil, aber behält die Möglichkeit aufzuholen. Die Nein-Kräfte müssen sich also in den nächsten Wochen sehr anstrengen.

 

Renzi fordert von Brüssel und von Berlin eine Aufweichung der Austerität und hat dafür die Unterstützung Hollandes und auch Kerns gefunden, der sich ebenfalls auf einen Wahlgang vorbereitet. Gibt es eine reale Chance auf eine Version Tsipras light?

Mir scheint, dass die Linie Renzis immer mehr seine Grenzen stösst. Zumindest für ein Land wie Italien bringt das, was wir Politik der Dezimalen nennen, keine auch nur annähernd ausreichenden Ergebnisse. Eine so moderate Abmilderung der Austerität kann den Trend zur Stagnation nicht aufheben. Gleichzeitig läuft selbst eine solche Politik den EU-Regeln zuwider, zu aller erst dem Fiskalpakt. Es ist schwer vorauszusehen, wie lang eine solche Situation von weder Krieg noch Frieden mit der EU andauern kann. Renzi, falls er an der Macht bleiben sollte, wird jedenfalls versuchen bei jeder weiteren delikaten Passage der europäischen Politik, wie beispielsweise die französischen Präsidentschaftswahlen, Zugeständnisse zu erhalten. In jedem Fall halte ich es für wahrscheinlicher, dass die Bankenfrage zu einem offenen Zusammenstoß mit der EU-Kommission und mit Berlin führt, als der Abnutzungskonflikt über die Austerität.

 

Was könnte im Falle eines Nein passieren?

Klar ist zumindest, dass Renzi nicht Regierungschef bleiben könnte. Das würde sein Image als Neuerer zu sehr verschleißen. Er ist zu intelligent, um einen solchen Fehler zu begehen. Jedoch könnte er Parteivorsitzender der PD bleiben, was aber zu internen Konvulsionen führen könnte. Der Plan B des herrschenden Blocks ist sicher eine Große Koalition (larghe intese), entweder mit fliegendem Wechsel oder auch mittels Neuwahlen. Das könnte unter Führung des Staatspräsidenten mittels einer Übergangsregierung durchgeführt werden, die das Wahlgesetz verändert und 2018 vorgezogene Wahlen abhält. Es ist schwer zu sagen, wer diese Regierung anführen könnte (viele denken an Enrico Letta). Jedenfalls wäre Forza Italia gerne mit von der Partie. So viel zur institutionellen Seite. Allgemeingesellschaftlich, und das interessiert uns mehr, würde sich eine Periode der Krise des herrschenden Blocks und die Belebung der oppositionellen Kräfte ergeben. Um die Schwierigkeiten der Elite zu verstehen muss man vor Augen haben, dass Renzi nicht einer unter vielen Namen ist. Die Entscheidung der wichtigsten Zentren der wirtschaftlichen Macht, ihn zu unterstützen, ihn an die Regierung zu hieven, wurde im Bewusstsein getroffen, dass man sich in einer hochexplosiven Situation befindet. Von ihrem Standpunkt aus repräsentiert Renzi den richtigen Mix aus Liberalismus und Populismus, aus Privatisierungspolitik und Rhetorik gegen die Austerität. Ein zweiter Aufguss wird nicht leicht werden, genauso wenig wie dazu die richtige Person zu finden. Was die Kräfte betrifft, die sich für den Bruch mit dem Euro und der EU aussprechen – in einer demokratischen Perspektive und in Verteidigung der Interessen der breiten Bevölkerungsmehrheit – könnte dann der Moment gekommen sein, einen qualitativen Schritt zu unternehmen. Keine einfache Sache, aber sicher leichter als nach einer durch ein Ja herbeigeführten Stabilisierung. Entscheidend ist in dieser Hinsicht die Entwicklung der M5S.

 

Welche Szenarien ergeben sich da? Sind die Cinque Stelle in der Lage das Land zu führen? Nimmt man Rom als Beispiel, wo sie seit kurzem die Bürgermeisterin stellen, so sieht es nicht danach aus.

Die Fünfsterne können sich nicht einbilden, allein eine Regierung bilden zu können. Sie treten sehr klar für ein Nein beim Referendum ein, genauso wie gegen Renzis Wahlrechtsreform, obwohl einige ihrer Spitzenvertreter sich aus dem Modus der Stichwahl Vorteile versprechen. Ich glaube nicht, dass es Di Maio [höchstrangiger Parlamentarier der M5S] zum Premier bringen wird. Das aus einem einfachen Grund: Angesichts der systematischen Ablehnung jeder Allianz könnten die Fünfsterne nur mittels Italicum gewinnen (das Wahlgesetz, das dem Stimmenstärksten zusätzliche Sitze zuspricht, aber dafür Koalitionen ausschließt). Doch falls das Nein siegt, würde das Italicum verworfen. Sollte doch die Mehrheit mit Ja votieren, würde Renzi wohl gleich im Frühjahr 2017 Neuwahlen ausschreiben, weil er sich auf der Welle des Abstimmungserfolgs auch einen Sieg in der Stichwahl verspräche. Zudem reicht auch die soziale Verankerung der Cinque Stelle für eine Alleinregierung nicht aus, denn diese ist viel schwächer als die Wahlerfolge vermuten ließen. Die Schwierigkeiten in Rom legen davon Zeugnis ab. Gleichzeitig darf man nicht glauben, dass die Römer Angelegenheit in mechanischer und unmittelbarer Weise zum Niedergang der Fünfsterne führen würde. Ein No wiederum würde eine Feuerprobe für die M5S bedeuten, einschließlich einer Wahlschlacht. Es gibt bei den Fünfsternen zwei grundlegende Probleme: den Mythos der Webs zu überwinden und sich ernsthaft in der Gesellschaft zu verankern, eine möglichst breite Allianz politisch-sozialer Kräfte zu schmieden. Natürlich würde eine solche Öffnung auch eine andere Veränderung mit sich bringen, eine Neustrukturierung der Bewegung, die ohne Statut, ohne territoriale Organisationen, ohne ein demokratisches Parteileben nicht vorwärts kommen kann.

 

Was machen die Kräfte der Linken?

Im gegenwärtigen Parlament gibt es nur eine Formation, die sich zur Linken bekennt: Sinistra Italiana. Diese entstand aus der Erweiterung der Sinistra Ecologia Libertà (SEL) mit den aus der PD ausgetretenen Deputierten. Allerdings gab es auch die umgekehrte Bewegung. Aus der SEL traten einige aus und der PD bei. Jedenfalls ist aus jener Ecke nichts Neues zu erwarten. Möglicherweise werden sie angesichts der internen Frakturen nicht einmal in der Lage sein ihren Parteikongress abzuhalten. Auf der einen Seite sind da Fassina und D’Attorre, aus der PD kommen, die dem Euro kritisch gegenüberstehen und auf der anderen Seite jene, die zu den Vereinigten Staaten von Europa fortschreiten wollen. Zudem muss man sich eines atavistischen Transformismus dieser Linken bewusst sein, die das Gros der SEL in die PD führen könnte, sobald sich jene von Renzi befreit haben sollte. Die zweite wesentliche Kraft der Linken bleibt Rifondazione Comunista. Sie verfügt nach wie vor über eine erkleckliche Zahl von Aktivisten, ist aber völlig unfähig sich zu erneuern oder wiederzubeleben. Bezüglich der Position zur EU gab es sogar einen Rückschritt: Da der Austritt aus dem Euro von Kräften der Rechten gefordert würde, sei dies per se rechts. Das zeigt die Unfähigkeit die gegenwärtige Realität zu lesen, ganz zu schweigen von der diesbezüglichen Passivität. Glücklicherweise gibt es auch noch eine andere Linke, die in den letzten Jahren an Gewicht gewinnen konnte. Ich denke da an die Gruppen, die in der Plattform Eurostop zusammengefunden haben: Unione Sindacale di Base (USB, Basisgewerkschaftsunion), Programma 101, Partito Comunista Italiano (vormals PdCI), Rete dei Comunisti (Netzwerk der Kommunisten) und die Anti-Euro-Minderheit innerhalb Rifondazione, sowie eine ansehnliche Anzahl von Intellektuellen. Obwohl es zwischen ihnen durchaus Unterschiede gibt, stellen diese den Kampf gegen den Euro und die EU ins Zentrum und versuchen die soziale mit der nationalen Frage zu verbinden, so wie das Kommunisten in verschiedenen anderen Kontexten auch unternommen haben.

 

Können Sie die Perspektiven der Koalition Eurostop und ihrer eigenen Organisation P101 erklären?

Programma 101 (P101) ist noch mehr ein Projekt, das als Weiterentwicklung der Coordinamento della sinistra contro l’euro (Linke Koordination gegen den Euro) geboren wurde. Wir arbeiten gleichzeitig an einem noch viel weiteren Zusammenschluss föderativen Typs, der ihrerseits eines der Subjekte einer breiten demokratischen und sozialen Front sein will, die sich als Führung des Landes anbieten. Die Bedeutung von P101 liegt in ihrer Fähigkeit als Triebkraft von richtungsweisenden Analysen und Vorschlägen zu fungieren. Die Koalition Eurostop besteht aus mehreren Komponenten die sich zusammenschlossen, um gemeinsam Initiativen durchführen zu können wie zum Beispiel der No-Renzi-Tag mit einer Demonstration am 22. Oktober in Rom. Als P101 liegt unsere Stärke in der Fähigkeit im Großen zu denken, offen und ohne Selbstbezogenheit, im Bewusstsein des historischen Umbruchs, der uns erwartet. Das ist vielleicht was uns am meisten von der traditionellen Linken unterscheidet. Während die anderen sich in einem unfruchtbaren, fast kosmischen Pessimismus eingesponnen haben, meinen wir, dass die Gesellschaft nach einer neuen Politik verlangt, was heute von der M5S bedient wird – und morgen von wer weiß wem. Während die anderen nicht so sehr an die traumatischen Konsequenzen der Krise auch im Lager der Subalternen glauben, sind wir davon überzeugt, dass es zu gewaltigen Verschiebungen kommen wird. Es öffnen sich also neue Räume. Es wird zu heftigen Kämpfen kommen, deren Ausgang keineswegs vorbestimmt ist, aber an denen wir uns mit unseren Ideen beteiligen werden.

Spanien: „Gegen die politische Erpressung der Europäischen Kommission“

Vorwort von EuroExit

In dem im Folgenden abgedruckten offenen Brief wenden sich 140 Wissenschaftler, Gewerkschafter, politische und soziale Aktivisten sowie Abgeordnete aus dem spanischen Staat gegen das europäische Austeritätsdiktat, mit dem Brüssel eine kommende spanische Regierung auf den „Budgetsanierungspfad“ verpflichtet – unter Androhung der Suspendierung der Mittelauszahlung aus dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE).

Im (Neu)Wahlkampf vor dem 26. Juni hatten alle Parteien versprochen, keine weiteren Ausgabenkürzungen vorzunehmen. Die regierende Volkspartei (PP) wollte ihre „Erfolgsstory“ der wachsenden spanischen Wirtschaft nicht verschandeln. Als dann das Verfehlen der Defizitziele herauskam, schrieb man rasch einen geheimen Brief an Junker (der dummerweise im Wahlkampffieber am 23. Mai öffentlich wurde), dass man sich als künftige Regierung durchaus an das Brüsseler Diktat halten werde, es nur jetzt noch nicht sagen könne.

Nun hat sich zwischenzeitlich – nach einem internen Putsch gegen Sozialisten-Parteichef Pedro Sanchez am 1. Oktober – in der spanischen Sozialdemokratie wieder ihre Seele als Regimestütze – geführt von der andalusischen Regionalregierungschefin Susana Diaz, GAL*-alt-Premier Felipe Gonzales und ihrer Medienmaschine mit El País – durchgesetzt und die Gruppe der „Politmanövrierer“ um Pedro Sanchez ausgeschaltet, die alles versucht hatte, den Kampf um die Führungsposition in der spanischen Linken gegen Pablo Iglesias Unidos Podemos-Koalition zu gewinnen, auch um den Preis eines dritten Wahlgangs.

In einer Art, die wohl nur Sozialdemokraten erfinden können, wird nun demnächst Mariano Rajoy und seine PP nach 10 Monaten und zwei Wahlen mit sozialdemokratischer Duldung eine Regierung bilden können: die PSOE sichert ihm mit der Stimmenthaltung von 11 ihrer Abgeordneten eine Abstimmungsmehrheit im Parlament um eine Stimme (170 pro vs. 169 contra) zu, während der Rest der sozialdemokratischen Abgeordneten gegen Rajoy stimmen wird. Es glaubt wohl kaum einer, dass so die beiden Lager in der PSOE – jenes von Sanchez, dass für ein striktes Nein zu einer PP Regierung war, und jenes von Diaz/Gonzales das für eine Enthaltung und Regierungsbildung der PP stand – beide zufrieden gestellt und versöhnt werden. Es geht nur um eines: die Regimepartei PSOE sichert die von den faktischen Mächten in Spanien und Europa geforderte Stabilisierung mit einer handlungsfähigen Regierung ab.

Wieweit dies die politische Lage im spanischen Staat tatsächlich beruhigen wird, bleibt abzuwarten. Rajoy wird bald, wie von der EU-Kommission gefordert, mit neuer Austeritätspolitik beginnen – voraussichtlich Pensionskürzungen und Kürzungen der Mittel für die Regionalregierungen – und der Machtkampf innerhalb der PSOE ist nur vorrübergehend befriedet (Sanchez kündigte an, beim nächsten Parteitag, den die interimistische Spitze weit ins nächste Jahr hineingelegt hat, um die Wogen zu glätten, wieder anzutreten). Unmittelbar wird es zwar keine Neuwahlen geben, obwohl die PP kurz nach dem Putsch gegen Sanchez damit geliebäugelt hat. Man stellte die PSOE vor die Forderung einer Zustimmung zum Budget der nächsten drei Jahre und damit einer stabilen Legislaturperiode oder es werde Neuwahlen geben, bei denen sie vernichtet werde. Aber da pfiffen die Mächtigen den Übereifer der PP zurück. Das wäre dann doch zu viel der Provokation und Neuwahlen, bei denen Unidos Podemos massiv vom sozialdemokratischen Debakel profitieren würde, wollte in Brüssel dann doch niemand.

So ist zu erwarten, dass die Lage in Spanien weiter instabil bleibt und, was wohl das positivste Ergebnis der Manöver und Scharmützel der letzten 10 Monate ist, die neue Linke von Unidos Podemos geht mit einer guten Ausgangsposition gegen eine zerrüttete Sozialdemokratie in diese nächste Periode.

Gernot Bodner

*GAL Grupos Antiterroristas de Liberación. Siehe Wikipedia: verdeckt agierende paramilitärische Gruppen, die in der Zeit von 1983 bis 1987 als Todesschwadronen in Spanien und Frankreich aktiv waren und die Bekämpfung der baskischen Untergrundorganisation ETA und des baskischen Separatismus zum Ziel hatten. (…) Die GAL-Gruppen wurden illegal von hohen Funktionären der spanischen Regierung während der Amtszeit des sozialistischen Ministerpräsidenten Felipe González ins Leben gerufen. Sie wurden vom Innenministerium für den Kampf gegen die ETA geführt, finanziert und protegiert.

 

Erklärung

“For the defence of the people’s dignity, we must refuse the threats, political blackmail and intervention from the “Eurogroup and European Commission”

Before the servitude of the Spanish government and the political agents who negotiate and prepare new budget and public expenditure restraints for the accomplishment of the 2017 deficit objectives dictated by the Eurogroup and European Commission, the undersigned address to the citizenship, and political, social and civic organisations, for:

  1. To defence the sovereignty and dignity of citizens and peoples of the Spanish State before the brutal pressure exercised by the European Commission which threats with the suppression of the structural funds regularly envied to the Spanish State. This restriction could mean a loss of more than 1 milliard euros if the Spanish government can’t accomplish the objective of 15 milliards euros’ cutback in order to obtain a public deficit of 3,1% in 2017 (2,2% in 2018). The Spanish government must show the accomplishment of this cutback in Brussels before the 15th October.
  2. To refuse the arbitrariness and unequal treat of the EU institutions in their relations with the different state members. Is intolerable the omission of application in the past the sanctions for non-fulfilment of Maastricht criteria and the “Stability Pact” about public deficit in the case of states like Germany and France, whereas states like Greece were punished with measures that cause a great social suffering, the bankruptcy of the State and the obstruction of an effective exit from economic crisis. We firmly oppose against the application of new measures of punishment at Spain and Portugal, as at the rest of the EU members.
  3. To rebel against the unsuccessful austerity and pro-cycle politics which are imposed by the EU institutions, in spite of the social disaster, the grow of injustice and inequality brought on by this politics. Besides this politics have produced a political crisis with the growing delegitimisation of the parliaments and governments of the States members, and a growing euro-scepticism towards the EU project.

When those who hold the real power in EU don’t want to attend the citizens’ protest and indignation, undervalue the consequences of Brexit, remain insensible before the critics about their neoliberals economic politics expressed by economists of international prestige, even the opinions of institutions like IMF, the peoples of states members of the EU must say stop it! and following the example of United Kingdom break the chains which condemn us to a future without hope.

As a consequence, we call at the citizenship, the workers, the social and political organizations of all the peoples in the Spanish State to fight against the offensive, irrational and unfair “diktat” of Eurogroup and European Commission, to mobilize in order to press the provisional government for the no application the budget and public expenditure restraints derived from those impositions, to interpellate the parliamentary members to prevent with their participation the legitimisation of agreements which betray the interest and sovereignty of the peoples of Spanish State.

Is time to say Stop! To the injustice, the arbitrariness y treason to the popular sovereignty.

We must uphold our dignity breaking the treaties which enslave us, abolishing the article 135 of Spanish Constitution, and recovering the popular sovereignty.

October 2016

  1. Julio Anguita González
  2. Juan Andrade, profesor Universidad Extremadura
  3. Alejandro Andreassi Cieri, profesor UAB (jubilado)
  4. Jorge Amar Benet, economista. Presidente de APEEP (Asociación por el Pleno Empleo y la Estabilidad de Precios)
  5. Antonio Amaro Granado, jubilado del sindicato de sanidad de CCOO, miembro de la comisión ejecutiva de CCOO-A
  6. Mariano Aragon Pascual, ACIM
  7. Vidal Aragonés Chicharro, abogado del Col·lectiu Ronda y Profesor Derecho del Trabajo de la UAB
  8. Antonio Arnau, activista social
  9. Maria Antònia Arnau Puigvert, jubilada, Assemblea Pensionistes de Gràcia
  10. María José Aubet Semmler, socióloga, activista contra todos los tratados de la UE desde el de Maastricht
  11. Antonio (Toni) Barbará Molina, médico y activista Marea Blanca
  12. Josep Bel Gallart, sindicalista
  13. Javier Bernad Aguilar, activista de EUiA y de CO.BAS
  14. Nuria Blanco de Andres, jubilada
  15. Luis Blanco Maldonado, portavoz de la Intersindical Alternativa de Catalunya (IAC)
  16. Ramon Boixadera Bosch, economista
  17. Jaume Botey Vallès, profesor historia UAB
  18. Josep Manel Busqueta, Economista, miembro del Seminario de economía Critica „Taifa“ y pastelero
  19. Jose Cabrero Palomares, ex-diputado en el parlamento andaluz y ex-senador de IU
  20. Miguel Candel Sanmartin, profesor emérito de la Universidad de Barcelona
  21. Manuel Cañada, miembro de los Campamentos Dignidad
  22. Rosa Cañadell Pascual, profesora jubilada. Articulista. Comisión Promotora #ilpeducacio
  23. Juan-Ramón Capella Hernández, catedrático emérito de Filosofía del derecho, moral y política.
  24. Marta Carrera Plans, medica jubilada
  25. María Teresa Cebrián Luque, secretaria médica, miembro de la Mesa de Catalunya y de la Mesa Estatal del FCSM
  26. José Luis Centella Gomez, secretario General del Partido Comunista de España
  27. Luis Cerrillo Escudero, activista social
  28. Dolores Codina Camats, docente
  29. Manuel Colomer Lluch, economista
  30. José Alberte Corral Iglesias, economista
  31. Jorge Cortegana López, sindicalista SEAT
  32. Angel Crespo Sanchez, activista social
  33. Sergi Cutillas, economista co-fundador de la cooperativa Ekona, miembro de la Plataforma para la Auditoria Ciudadana de la Deuda
  34. Xesus Diaz Diaz, jubilado, secretario general de CCOO de Galicia (1989-2000)
  35. Isabel de la Cruz, profesora Universidad de Valencia
  36. Eva Mª Durán Blanco, periodista
  37. Íñigo Echenique González, profesor IES José Luis Sampedro (Tres Cantos)
  38. Albert Escofet Sanchez, miembro de Xsuc-Socialisme21
  39. Neus Escofet Sanchez, activista social
  40. Jone Etxeberria, miembro del Consejo Nacional de Sortu
  41. Ginés Fernández González, director de Mundo Obrero
  42. David Fernandez Ramos, periodista y activista social
  43. Santiago Fernández Vecilla, activista de movimientos sociales (PAH, FCSM)
  44. José Ignacio Fiz Fernández. Profesor de la Universidad Rovira i Virgili
  45. Ramon Font Nuñez, portavoz nacional USTEC·STEs (IAC)
  46. Ramón Franquesa Artés, profesor de economía mundial Universidad de Barcelona
  47. José L. Galán Corrochano, realizador audiovisual
  48. Ferran Gallego, historiador
  49. Francisco García Navarro, metalúrgico
  50. Ermengol Gassiot Ballbè, profesor de la UAB
  51. Maria Pilar Genovès Cailà
  52. Iñaki Gil de San Vicente, escritor, militante de la izquierda vasca
  53. Antonio Gil Mainar, activista Marea pensionista
  54. Ernesto Gómez de la Hera, sindicalista
  55. Daniel Gómez de Cullá, jubilado de Administración Local
  56. Manuel Gomez Muñoz, miembro del Comité de empresa y de la Sección Sindical de CCOO en DAMM
  57. Andrés Gomez Pardeiro, proletario y sindicalista
  58. Luis González Edreira, jubilado
  59. José Antonio González Espada, abogado laboralista
  60. Alberto Herbera López, metalúrgico, activista social
  61. Juan Diego Hernández Valero, abogado
  62. Héctor Illueca Ballester, inspector de Trabajo y Seguridad Social, profesor de la Universidad de Valencia
  63. Pedro Jiménez Muñoz, activista de las Mareas del Prat de Llobregat
  64. Pere Jódar Martínez, sociólogo
  65. Salvador Jové i Peres, ex-eurodiputado por IU
  66. Salvador López Arnal, profesor-tutor de la UNED, colaborador de rebelión, Papeles ecosociales y El Viejo Topo;
  67. Pedro López López, profesor Universidad Complutense
  68. Antoni Lucchetti Farré, abogado y economista
  69. Pau Llonch, militante de la CUP y de la PAH de Sabadell
  70. Josefina Llusa, activista
  71. Angeles Maestro, militante de Red Roja
  72. Juanmari Madariaga López de Sá, traductor
  73. Patrizia Manzo Apice, restauradora de pintura en paro
  74. Mercedes Martin Arancibia, periodista
  75. José Luis Martin Ramos, historiador
  76. Carlos Martinez García, primer secretario de Alternativa Socialista
  77. Manuel Martínez Llaneza, profesor titular de Universidad Jubilado
  78. Jordi Santiago Martínez, profesor de español, miembro del colectivo Sentit Comú
  79. Albert Medina Català, economista
  80. Stuart Medina Miltimore, Socio/Partner
  81. Joan Mestres Giménez, activista Movimiento Desempleados
  82. Elena Mingo Pérez, ex-funcionaria internacional jubilada
  83. Jordi Mir Garcia, investigador y docente universitario
  84. Luis Miranda Morales, responsable Secretaria Personas Mayores del PCM
  85. Joaquín Miras Albarrán, presidente de Espaimarx, filólogo
  86. Francisco Molina Varona, educador Social, Presidente de FAECTA Córdoba, activista del cooperativismo como alternativa al capitalismo
  87. Isabel Molina, profesora Universidad de Alcalá
  88. Neus Molina Moreno, sindicalista
  89. Ivan Molinos Meire, delegado de CCOO
  90. Juan Carlos Monedero Fernández, profesor de Universidad
  91. Manolo Monereo Perez, diputado de Unidos Podemos
  92. Jordi Juan Monreal, abogado laboralista
  93. Juan Montero Ruiz, pensionista
  94. Pedro Montes Fernández, economista, Presidente Socilaismo21
  95. Antoni Montserrat, economista
  96. Agustín Moreno García, activista Marea verde
  97. Juan Manuel Navarro Reina, conserje escuela pública
  98. Carlos Manuel Navas Ramírez, director del Centro Integrado Público de Formación Profesional
    Canastell (San Vicente del Raspeig – Alicante)
  99. Jonas Nilsson, tipógrafo y activista social
  100. Joan Josep Nuet Pujals, diputado de Catalunya si que es pot
  101. Arcadi Oliveres i Boadella, economista, activista por la justicia social y la paz
  102. Ignasi Orobitg Gene, agricultor apicultor
  103. Marta Padrós Castells, profesora de la UAB, secretaria de género de CGT
  104. Giaime Pala, historiador
  105. Gumer Pardo, sindicalista
  106. Josep Maria Parramón Homs, economista
  107. Silvio Peressini Prado, profesor
  108. Marina Pérez Cañadell, profesora y sindicalista de USTEC-STEs (IAC)
  109. Miquel-Dídac Piñero Costa, libertario, pensionista
  110. Andrés Piqueras Infante, profesor Titular de Sociología y Antropología Social de la Universidad Jaume I de Castellón
  111. Guillem Ramis Moneny, maestro de escuela jubilado
  112. Valentín Redondo González, empleado público
  113. Clara Rivas Sugrañes, activista social
  114. Juan Rivera Reyes, profesor de Historia, Coordinador de la Mesa Estatal del Frente Cívico „Somos Mayoría“
  115. Martín Rodrigo y Alharilla, profesor de Historia Contemporánea en la UPF
  116. Lara Rodríguez, abogada
  117. Lluís Rodríguez Algans, economista asesor laboral en Maitzaren Lehena Aholkularitza / Consultoría Primero de Mayo y militante en redes de economía crítica y autogestionaria
  118. Abelard Rodríguez i Llàcer, operario industrial
  119. Manuel Rodríguez Luceño, laboral Consejería Medio Ambiente Junta de Andalucia
  120. Pedro Rojas Planas, profesor de enseñanza secundaria
  121. Antonio Ruiz, miembro de Espai Marx
  122. Jose Ruiz Lopez, sindicalista y activista marea pensionista
  123. Manuel Sánchez Vicioso, vicepresidente de La Carta Malacitana, vocal del Ateneo de Málaga
  124. Maria Cruz Santos Santos, historiadora
  125. Gabriel Sanz Carras, profesor
  126. Teresa Sagrado Vives, técnico de laboratorio, Universidad de Valencia
  127. José Sarrion Andaluz, profesor de Universidad, diputado por IU en las Cortes de Castilla y Leon, coordinador general de IU de Castilla y Leon
  128. Jose Saucedo Pedregal, bombero de la Generalitat
  129. Rosario Segura García, economista
  130. María Lidia Senra Rodríguez, diputada en el Parlamento europeo por AGE
  131. Santiago Silva Camps, profesor de filosofía
  132. Antoni Soy Casals, profesor de Economía Aplicada, Universidad de Barcelona
  133. Joan Tafalla Monferrer, miembro de Espai Marx, Doctor en Historia
  134. Diosdado Toledano González, activista de Marea de mareas, miembro de la Asamblea Politica Social de Izquierda Unida y de Socialismo21
  135. Jordi Torrent Bestit, profesor (jubilado)
  136. Salvador Torres Serrano, activista movimiento vecinal Nou Barris-Barcelona
  137. Rodrigo Vázquez de Prada, periodista, director de Crónica Popular
  138. Juan Trias Vejarano, catedrático emérito de la UCM
  139. Núria Vidal de Llobatera Pomar, bióloga jubilada, activista por la justicia social y ambiental
  140. Nando Zamorano, miembro de Espai Marx