"Nein" beim Referendum
Anti-EU-Forum Athen 26.-28. Juni 2015
Sinkende Lohnquote
Weder Draghi, noch Troika, noch Euro.
"Nein" beim Referendum
Anti-EU-Forum Athen 26.-28. Juni 2015
Sinkende Lohnquote
Weder Draghi, noch Troika, noch Euro.
Souverän und sozial. statt EURO liberal
 

Griechenland Euro-Protektorat

Syriza am Ende, genauso wie die Chimäre von der sozialen EU

von Wilhelm Langthaler

 

Das griechische Drama hat den schlechtest möglichen Ausgang genommen: totaler Sieg für die Euro-Oligarchie. Sie konnte ihren Gegner sogar zu ihrem Erfüllungsgehilfen degradieren – weil Syriza den Bruch mit dem Euro-Regime kategorisch ausschloss. Nichts kann so bleiben wir bisher, weder in Griechenland noch in der EU. Was da dräut bleibt indes unklar.

 

 

Ein neoliberales Armaggedon

 

Das sich abzeichnende dritte Bailout ist eine soziale und politische Horrorshow:

 

  • Weiterer Verlust der Souveränität und offene Deklaration eines Protektorates des Zentrums geführt von Deutschland. Das Parlament darf nur mehr Brüsseler und Berliner Beschlüsse durchwinken, sonst wird der Geldhahn abgedreht.

 

  • Symbolisiert wird die Schuldknechtschaft durch den Privatisierungsfond, eine schlichte Enteignung durch Feudalherren und Wucherer wie gegenüber den Bauern im Mittelalter.

 

  • Asoziale Erhöhung der Massensteuern.

 

  • Die übliche neoliberalen Maßnahmen zur Senkung der Löhne, Auslöschung des Sozialstaates, Minimierung der Pensionen.

 

  • Alle dämpfenden Maßnahmen der Tsipras-Regierung müssen rückgängig gemacht werden.

 

Es ist vielfach auch in den herrschenden Medien bemerkt worden, dass es ein richtiger Rachefeldzug der Euro-Eliten war, eine Bestrafung sowohl der Regierung als auch der Bevölkerung für ihr Nein. Niemand soll es wagen sich gegen den allmächtigen Herrn, das Kapital, aufzulehnen.

 

 

Bluffen allein reicht nicht

 

Doch wie kommt es, dass Tsipras so eingegangen ist? Als er das Referendum ankündigte, kam Hoffnung auf. Die quälenden Verhandlungen sollten endlich beendet werden, denn der „würdige Kompromiss“ war nicht abzusehen. Und die Gläubiger saßen am längeren Ast, denn Griechenland blutete durch die Unsicherheit wirtschaftlich aus. Das massive Nein der Subalternen signalisierte Kampfbereitschaft.

 

Doch für Tsipras war das nur ein Bluff. Schon während der Kampagne sendete er Zeichen an die Herren, dass es nicht so ganz so hart gemeint wäre. Und danach glaubte er sogar für die Verhandlungen gestärkt zu sein. Doch gestärkt wäre er nur gewesen für den Konflikt.

 

Denn die Gläubiger, geführt von Schäuble, setzten ihm das Messer an. Entweder Zinsknechtschaft oder Rausschmiss aus dem Euro. Die einzig mögliche Antwort wäre die Offensive gewesen: Erklärung der Nichtbedienung der Schulden und Wiederherstellung der Souveränität, der wirtschaftlichen einschließlich der Ausgabe einer eigenen Währung. Selbst Varoufakis kommt nun zu dem Schluss, dass Griechenland IOU ausgeben müsse, die Vorform einer eigenen Währung – allerdings nach seinem Rücktritt.

 

Nachdem in eurokommunistischer Tradition der Bruch mit den westlichen Eliten jedoch nicht denkbar ist, blieb Tsipras nichts anders übrig als hinzuknien und den deutschen Herren statt der Soldatenstiefel nun die genagelten Bankerschuhe zu lecken.

 

Doch das war der Demütigung nicht genug. Dem am Boden liegenden Tsipras traten die Taliban des Neoliberalismus noch ins Gesicht und stopften ihm mit dem erbettelten Euro das Maul – soviel zum „würdigen Kompromiss“.

 

 

Eine soziale EU kann es nicht geben

 

Das intellektuelle Konzept hinter dieser Katastrophe ist die „soziale EU“. Man will der von Berlin geführten kapitalistischen Elite keynesianische Reformen aufzwingen, die nicht einmal mehr im nationalen Rahmen möglich waren. Man ignoriert dabei, dass die EU und insbesondere der Euro mit den Maastricht-Kriterien als europaweites Regime zur Konterreform, zur Zerstörung der nationalen Sozialstaaten gebildet wurde. Die schwächeren nationalen Eliten hängten sich dabei an die stärkeren, insbesondere die deutschen an.

 

Hoffentlich wird mit Syriza und Tsipras diese gefährliche reaktionäre Idee mit zu Grabe getragen.

 

 

Die totale Unterwerfung

 

Doch das Exempel, das gegenwärtig an Griechenland statuiert wird, hat nicht nur einen sozialen Aspekt, sondern einen nationalen. Nicht nur, dass Tsipras angetreten war, um die Austerität zu beenden, oder zumindest zu dämpfen, und nun eine noch viel schlimmere soziale Zerstörung verantwortet. Sondern er hat auch der Bildung eines Euro-Protektorats zugestimmt, einer nationalen Kapitulation ähnlich jeder von den europäischen Kolonialmächten erzwungenen. Die nationale Würde wurde verletzt, mit Füßen getreten.

 

Die Tage der Syriza-Regierung sind gezählt. Wenn die letzten Aufrechten von der Syriza-Linken die Zustimmung zu den Kapitulationen verweigern, muss sich Tsipras von den Parteien des alten Regimes unterstützen lassen, gegen das er angetreten war. Neuwahlen sind früher oder später unvermeidlich.

 

Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass in der Schockstarre Syriza als Zombi überleben kann, denn das alte bipolare Regime ist durch Jahrzehnte verbraucht und kehrt auch durch das Versagen Tsipras’ nicht so leicht zurück.

 

Doch das sich auftuende Loch, das Vakuum ist enorm. Doch durch was er gefüllt werden wird, zeichnet sich noch nicht ab. Eine neu konfigurierte Rechte, wie sie in vielen Ländern um die Hegemonie ringt, kann jedenfalls nicht ausgeschlossen werden.

 

 

Syriza-Linke?

 

Viel hängt davon ab, was die Syriza-Linke und die Extra-Syriza-Linke zu tun in der Lage sind. Wenn sie den Mut haben, den Tsipras nicht an den Tag legte, und nun mit einem lauten Knall den Bruch vollziehen, sind die vielleicht in der Lage nicht nur die politische Würde der Subalternen zu retten, sondern auch der griechischen Nation. Dazu müssten sie aber mit der lähmenden Logik des Entrismus brechen und nach außen gehen, sich an die Gesellschaft wenden, eine breite Front des Nein und für den Bruch mit dem Euro-Regime bilden, die auch bei den kommenden Wahlen antritt. Es ist durchaus möglich, dass sie eine signifikante Kraft des Widerstands bilden könnten, die das politische Vakuum zu füllen in der Lage wäre. Die nächsten Tage werden entscheidend sein.

 

 

EU-Ideologie am Niedergang

 

Die politischen Geschwindigkeiten in Europa sind höchst unterschiedlich. Zunächst und auf den ersten Blick ist es einmal ein Sieg Berlins und der Gläubiger. Doch die Härte und Brutalität ihres Regimes, sein antisozialer und antidemokratischer Charakter, wird mittelfristig zu einem Verlust an Hegemonie zumindest an der Peripherie führen. Das ganze Gefasel vom Friedensprojekt und von der Konvergenz wird Lügen gestraft. Die EU zeigt sich viel klarer als bisher nicht nur als Regime der kapitalistischen Eliten, sondern vor allem des deutschen Blockes.

 

Ganz Südeuropa starrt gebannt auf Griechenland – sowohl die Subalternen als auch die Herrschenden. Auch deswegen konnte Berlin kein Zugeständnis machen, denn damit hätten sie ihre eigenen Verbündeten in Madrid, Rom usw. desavouiert.

 

Bei den unteren und mittleren Schichten herrscht angesichts der griechischen Kapitulation sicher Enttäuschung vor. Wenn allerdings die Syriza-Linke und eine Oxi-Front das Staffelholz übernehmen kann, könnte das Ereignis sogar lehrreich sein: Jeder kann sehen, dass ein Ende der Austerität nur durch den Bruch mit dem Euro-Regime erreichbar ist.

 

Die Krise der EU wird sich mit dem sozialen Niedergang weiter vertiefen. Der Widerstand der Subalternen verschärft das deutsche Diktat, das wiederum auch den Spaltpilz in die nationalen Eliten der Zentrumsperipherie bringt. Die Eliten haben jedoch keine Alternative. Umso mehr ist Platz für einen gemeinsamen europaweiten Widerstand geführt von Südeuropa für den Bruch mit dem Euro-Regime und damit in der Folge mit der EU und der Nato.

OXI heißt OXI!

MORGEN

KUNDGEBUNG

OXI heißt OXI

MORGEN, 15. Juli 2015, Treffpunkt 18 Uhr MQ – Museums-Quartier Wien Omofuma Denkmal

Keine Unterwerfung von Griechenland! Nein zur Austeritätspolitik!Die vom Volk abgewählte Austeritätspolitik wird jetzt auf Druck der Gläubiger in verstärktem Maß fortgeführt. Man will eine linke Regierung untergehen sehen. Denn nicht nur die Griech/inn/en wollen eine Alternative. Auch in Spanien und Portugal ist die Linke im Aufwind.Dem „müssen“ Merkel und Schäuble einen Strich durch die Rechnung machen.

„Grexit“ als Chance auf soziale Entwicklung

Pressemitteilung des steirischen KPÖ-Landtagsklubs:

Die Grenzen der Demokratie ziehen die Europäische Zentralbank und der Internationale Währungsfonds

 

Eine deutliche Mehrheit der griechischen Bevölkerung hat am 5. Juli den von EU und IWF geforderten Forderungskatalog abgelehnt. Dieser umfasst Maßnahmen, die noch mehr Armut bedeuten und keine Zukunftsperspektiven für das Land bieten. Dennoch bekommen die Griechinnen und Griechen, die für ein Nein gestimmt haben, nun ein Ja.

Die Vorgänge sind eine Bankrotterklärung der EU und der griechischen Regierung gleichermaßen. Demokratie wird in der EU so lange geduldet, so lange Kapitalinteressen unberührt bleiben. Griechenland ist angesichts der unverhohlenen Erpressung in die Knie gezwungen worden. Premierminister Tsipras hat nun Bedingungen akzeptiert, die über das hinausgehen, worüber am 5. Juli abgestimmt wurde.

Die EU hat unter deutscher Führung ein Exempel statuiert. Anhand des griechischen Beispiels soll demonstriert werden, dass es aus dem neoliberalen Teufelskreis keinen Ausweg gibt. Wer es trotzdem versucht, wird auf internationaler Bühne vorgeführt. Das Signal: Es gibt keine Alternative zu Austerität und Neoliberalismus. Das soll ein für alle Mal in den Köpfen der Menschen in ganz Europa verankert werden.

Erst durch ihr bedingungsloses Festhalten am Euro hat sich die griechische Regierung erpressbar gemacht. Ein „Grexit“ hätte dagegen mittelfristig die Chance auf eine soziale Entwicklung geboten. Sozial- und Demokratieabbau sind weder Naturgesetze noch wirtschaftliche Notwendigkeiten, wie den Menschen seit Jahrzehnten eingetrichtert wird. Eines sollte nun jeder EU-Bürgerin und jedem EU-Bürger klar geworden sein: Innerhalb der Korsetts von EU und Euro ist kein Sonderweg möglich. Die Grenzen der Demokratie ziehen die Europäische Zentralbank und der Internationale Währungsfonds.

Die steirische KPÖ steht an der Seite der Griechinnen und Griechen, die für eine soziale, friedliche und demokratische Entwicklung ihres Landes eintreten. Eine solche wird es, in Griechenland wie in Österreich, innerhalb der EU nicht geben.

„TREASON“

„Treason“ is not a category of modern politics. It is a word not truly apt for analysing social and political patterns of today’s societies. It smells of feudalism, of personal commitments in times long foregone. Structural analysis may be hindered rather than furthered by such a vocabulary.

Alexis Tsipras went to the referendum in a truly difficult situation. He wanted to alleviate his own political burden, feeling no more able to bear responsibility for the far-reaching decision: how to go ahead with Greece’s relations to Germany and to EU? He declared firmly to accept the verdict of the electorate whatsoever. If the Greek people would vote to submit, he would submit and step down, he told. He would give in and leave office.

But the Greek people did not give in. The population voted NO with a huge, a truly impressive majority. It was unexpected not only to the European centre, but to the Greek Left, and to the government, too. The Greek people said „όχι„, very loud and very clear. It commissioned him: Say NO! NO to the austerity! NO to the national humiliation! NO to EU-policy and politics!

And Tsipras, his government and his party now say YES! YES to austerity; YES to complete submission; YES to Schäuble, Dijsselbloem and Juncker!

If ever the word treason made any sense, then it is now! This action of Tsipras and the majority of his party is treachery in every sense of the word, morally, politically, and historically. It is one of the dirtiest political manoeuvers in the history of the Left. And besides being a baseness, it is a foolish to the utmost. Tsipras was on its knees before June 26th. Now he lies face down on the earth – it is not enough for the EU-criminals. He has to kiss their asses.

To have a parallel to such a political twist, we have to go back a century. As World War I started, the German and the Austrian social-democracy, and in fact the European social-democracy as a whole, had demonstrated against war and imperialism. On August 4th, the German social-democrats voted the war, the imperial aggression and the butchery in the name of militarism and profit. Now, Tsipras and the majority of his party, together with the compradors of Nea Demokratia and To Potami, votes the most complete submission of Greece, and they vote against their comrades of the left wing.

Let us have a look at the wreckages of SYRIZA-politics of the last five months.

SYRIZA got a relative majority. Thanks to the fraudulent Greek election law, devised by the conservative parties, Nea Demokratia and PASOK, to assure a parliamentary majority by a minority of votes, they got such a majority. However, their first movements were resistance to EU-policies. Thus, if they had gone to a new election, they had got a honest majority, for many more Greeks supported them.

Latest at this time, Germany an its allies decided to topple this government or to crash it. This was no surprise, by no means. But the naive SYRIZA-men – I have seen no woman – were quite astonished. Instead of caring for the future, they gave in, step by step.

Varoufakis was a provocation in his outfit to the mummies of financial oligarchy and their political puppets. Perhaps this was a merit for a short time. However, it was not enough, as Varoufakis seemed to believe. He was a lousy minister, completely unable to do his job.

For his job had to establish immediately, on January 26th, control of capital flows. Only in the last minute, as it proved nearly fatal to Greece and its government, he established such controls. It made no more sense, and it was done in the most stupid way it could be done.

He must start from the first minute to build up a new and effective apparatus for collecting the taxes, for controlling Greek oligarchy and for letting them pay at least their due share. He did nothing.

It was a must to prepare for the attacks of the ECB. It would inevitably come, for using the weapon of cash in such a deep crisis is standard for the sharks of the financial markets and their political personal in the central banks. He did nothing, or in fact, by his silly remarks about the scrapped printing machines of the old Drachme he invited them to attack most brutally.

After less than half a year, SYRIZA’s political results are a catstrophy for Greece and for the rest of Europe. We have to ask for the consequences, for Greeks as well as for the European Left.

*) The Left in Greece will be discredited within short a call. With hindsight, KKE can congratulate itself. They refused to make politics, and now they seem justified. Probably, they will win some votes. However, such a non-programme and non-politics can be no alternative.

*) The left wing of SYRIZA declines desperately to confront reality. If there was ever a necessity to break away, this are these days. They have the chance to establish an alternative policy, but only for a very short period.

*) The catastrophe for the European Left is, if possible, even greater. This Left has identified completely with SYRIZA. The events of the last days are a godsend for Renzi, Hollande and Rajoy. SYRIZA had provided them with the best arguments they could imagine for the coming elections in Spain, and for the political conflicts in Italy.

To end in a more fundamental way:

Left politics has always fluctuated between electoralism and putschism. Both strategies have proved to lead to nowhere. To look exclusively for electoral success resulted always in a complete resignation in political regard. To reject frivolously electoral politics resulted in authoritarianism. We have the historical example of the Bolshewiks in 1917 / 18. This was the very first move to the discomfiture of 1989.

Blanquism is surely not an alternative. Aside from basic concerns, it is simply impossible in present times. Armed resistance to even a modest army did result almost always in being routed. The only exceptions were the complete disorganization of the army before the confrontation, as, f. i., in Russia 1917.

SYRIZA’s defeat was easily to presage, unfortunately. We could not foresee that it would elapse in such a dirty and ignoble way. This shows us in a way completely without any doubt that a debate on left strategy is quite indispensable. We have to start it at the spot.

Albert F. Reiterer – 13. Juli 2015

„VERRAT“

„Verrat“ ist keine politische Kategorie. Verrat scheint heute ein unpassendes Wort, wenig geeignet für die Analyse moderner Politik. Es richt nach Feudalismus, nach persönlichen Verpflichtungen. Die Analyse erleichtert es für gewöhnlich nicht.

Alexis Tsipras hat in einer schwierigen Situation eine Volksabstimmung angesetzt. Er scheute zurück vor der persönlichen Verantwortung für eine weitreichende Entscheidung. Er ver­pflichtete sich, das Ergebnis dieser Abstimmung zu achten. Er würde persönliche Konsequen­zen ziehen, falls die Abstimmung gegen seine Empfehlung ausgehe, ließ er wissen. Die griechische Bevölkerung hat ihm geglaubt. Mit unerwartet deutlicher Mehrheit rief sie ihm zu: Sag NEIN! NEIN zur Austerität! NEIN zur nationalen Demütigung! NEIN zur Politik der EU!

Und Tsipras und die SYRIZA sagen nun vorbehaltslos JA. JA zur Austerität! JA zur völligen Unterwerfung! JA zu einer EU, die sie gar nicht mehr haben will.Mit Hilfe der Kompradoren aus der Nea Demokratia und aus To Potami überstimmen sie dafür die eigenen linken Genossen.

Wenn irgend einmal das Vokabel Verrat angebracht war, dann hier und heute. Es ist der schäbigste Wortbruch, persönlich gegeben, den man sich nur vorstellen kann. Fassungslos sucht man nach Parallelen in der näheren Vergangenheit. Man findet sie nicht. Man muss ein Jahrhundert zurück gehen. Mir fällt dazu nur die Politik der deutschen, österreichischen, europäischen Sozialdemokratie am Beginn des Ersten Weltkriegs ein. Vielleicht ist die Junius-Broschüre von Rosa Luxemburg 1916 kein hoch analytischer Text. Aber er sagt uns viel über die Stimmung der Linken damals. Wir sollten lesen, was sie aus dem Gefängnis heraus ihren ehemaligen Genossen zu sagen Hatte: „Die Szene hat gründlich gewechselt. … Der Rausch ist vorbei. …. Die Regie ist aus. … Was erlebten wir, als die große historische Probe kam? Den tiefsten Fall, den gewaltigsten Zusammenbruch!“

Aber das hilft uns nicht weiter.

Versuchen wir, die Trümmer der SYRIZA-Politik seit einem knappen halben Jahr abzuschätzen; eine realistische Sicht auf diese Partei und auf Griechenland zu gewinnen!

SYRIZA erhielt im Jänner eine relative Mehrheit der Wählerstimmen (36 %). Die reaktionären Parteien hatten sich das Wahlrecht so zurecht geschneidert, dass jedenfalls eine von ihnen eine Mehrheit erlangen würde. So dachten sie. Auf Grund dieses betrügerischen Wahlrechts – in Italien ist es noch viel schlimmer – erhielt SYRIZA praktisch eine Mehrheit im Parlament. Die ersten Schritte der neuen Regierung sahen nach Widerstand und Selbstbestimmung aus. Hätte man 3 Monate später gewählt, hätte SYRIZA vermutlich eine echte Mehrheit bekommen.

Spätestens nach den Wahlen und nach den ersten Wortmeldungen der neuen Regierung beschlossen die europäischen politischen Klassen und die Bürokratie, die neue Regierung zu stürzen oder zu brechen. Die Naivlinge von SYRIZA, die noch immer von „Europa“ schwärmten, waren völlig überrascht. Die Gestalt des neuen Finanzministers, Varoufakis, war symptomatisch und symbolisch. Als Person wurde er schnell zum roten Tuch für die Oligarchie.

Aber er war ein hundsmiserabler Minister. Er hätte in seiner Position Politik machen und organisieren müssen. Aber er beschränkte sich auf seine Rolle als politischer Pop-Star.

Kapitalverkehrskontrollen? Sie wären am 26. Jänner fällig gewesen. Aber erst, als sie nichts mehr nützten und der Regierung und der Bevölkerung nur mehr schadeten, kamen sie, und noch dazu in der dümmsten Weise, durch das Schließen der Banken.

Aufbau eines effektiven Apparates? Soweit ich weiß, ist gar nichts geschehen.

Vorbereitung auf die Attacke der EZB? Keine Spur davon. Dabei war es ganz klar, dass dies der gefährlichste Angriff sein würde, da die EZB das Bargeld kontrolliert, und Bargeld in einer tiefen Krise immer ein absolut vitales Instrument ist.

In den Verhandlungen gab man Schritt Alles preis, was man der Bevölkerung versprochen hatte. Die wenigen Druckmittel, die man hatte, setzte man nicht ein: die Blockierung der Räte etwa. Dafür stimmte man pflichtschuldigst mehrfach der Verlängerung der Sanktionen gegen Russland zu, scheute sich aber andererseits nicht, dort um Kredite anzuklopfen.

Der Scherbenhaufen wird jetzt in Griechenland und international Folgen haben:

*) Eine realistische Linke wird in Griechenland in Zukunft völlig diskreditiert sein. Im Nachhinein kann sich die KKE mit ihrer Politikverweigerung noch einmal auf die Schulter klopfen. Diese Richtung wird vielleicht ein wenig zugewinnen. Eine realistische Alternative ist sie nicht.

*) Die SYRIZA-Linke schreckt offenbar noch immer vor dem dringlich notwendigen Bruch zurück. Damit ist auch sie keine Alternative. Was mit ihr weiter passiert, ist völlig offen. Als Rosstäuscher ist Alexis Tsipras diesen Leuten noch allemal haushoch überlegen. Noch immer weigern sich diese Genossen verzweifelt, die Realität zur Kenntnis zu nehmen. Wann, wenn nicht jetzt, müsste der Bruch mit der Mehrheit erfolgen?

*) Außerhalb Griechenlands ist der Schade vielleicht noch größer. Die europäische Linke hat sich in hohem Maß mit SYRIZA identifiziert. Welche besseren Argumente könnte man Typen wie Renzi, Perez Rubalcaba von der PSOE oder Hollande liefern? Wie soll die linke Opposition dort noch glaubwürdig auftreten?

Eine grundsätzlichere Bemerkung ist angebracht:

Die konsequente Linke schwankt seit langer Zeit zwischen Elektoralismus und einem voluntaristischen und ohnmächtigen Blanquismus. Beide Stichworte sind höchst fragwürdig. Seine ganze Hoffnung auf Wahlen zu setzen, ist illusionär; aber eine leichtfertige Verachtung von Wahlen führt unweigerlich in den Autoritarismus. Das Beispiel der Bolschewiki hat uns dies nur zu deutlich gezeigt. Und das führte in die historische Niederlage. Ich muss zugeben: Ich sehe aus diese Mühle keinen Ausweg. Am ehesten könnte er noch darin liegen, ein neu konzipiertes und ständig aufs Neue erprobtes Rätesystem anzustreben.

Blanquistischer Putschismus ist aber gegenwärtig auch völlig unrealistisch. Und das ist leicht zu begründen. Auch in der Oktober-Revolution gelang der bewaffnete Aufstand nur, weil die Armee im Weltkrieg bereits völlig zerrüttet war und nicht mehr gegen die Bolschewiki einsetzbar war. Der Aufstand gegen die Dikatatur in Portugal hatte 1975 Erfolg, weil er im Wesentlichen von Teilen der Armee durchgeführt wurde. Der größere Rest der Armee aber sah zu und wartete ab. Und als man einige Jahre später, schon nach der sozialdemokratischen Restauration, Otelo Saraiva de Carvalho ausschalten wollte, brauchte man nur eine Verbindung zu einer putschistischen Gruppe zu konstruieren und steckte ihn dann ohne weiteres ins Gefängnis.

In Griechenland hört man nicht das Geringste von linken Strömungen innerhalb der Armee. Vielmehr wird vereinzelt die Sorge vor einem Militärputsch der Rechten geäußert. Aber auch dafür wird nicht vorgesorgt seitens der Linken. Dabei wird immer wieder von besten Kontakten der Chyssi Avgi zu Offizieren erzählt.

Dass SYRIZA scheitern würde, war leider leicht vorher zu sehen. Dass es auf eine so schäbige und schmutzige Tour gehen würde, ist eine Tragödie. Wir haben uns von den taktischen Wendungen des Tsipras täuschen lassen und glaubten tatsächlich an eine bisweilen zwar sehr ungeschickte, aber ehrliche Politik.

Einmal mehr zeigt sich: Unabdingbar notwendig und höchst dringlich ist eine seriöse Strategie-Debatte. Die ersetzt nicht die Politik, bereitet aber darauf vor.

Albert F. Reiterer – 12. Juli 2015

Was kann vom OXI gerettet werden?

Oder: Kosten von Tsipras’ Kehrtwende

von Wilhelm Langthaler

 

Das griechische Drama hört nicht auf, immer weitere Steigerungsstufen zu erklimmen. Hat sich Tsipras von der Mehrheit der Griechen und insbesondere der unteren Schichten ein kräftiges Nein zum Austeritätsdiktat geben lassen, nur um eine Woche später dieses doch zu unterschreiben? Steht eventuell nochmals ein jäher Kurswechsel bevor oder ist der Endpunkt nun wirklich erreicht?

 

Die sich abzeichnende Kapitulation von Syriza ist enttäuschend. Das mutige und überwältigende Nein hätte um einiges mehr hergegeben. Es hätte als Mandat nicht nur gegen die Austerität, sondern auch für den Bruch mit der Oligarchie interpretiert werden können. Nach einem halben Jahr der vergeblichen Versuche einen „würdigen Kompromiss“ zu erzielen, wäre das für die subalternen Klassen durchaus verständlich gewesen. Tatsächlich weckte es bei vielen Hoffnung und auch Kampfbereitschaft für eine echte Änderung weg vom Neoliberalismus, die nur mit einem heftigen Zusammenstoß mit den kapitalistischen Eliten des Zentrums denkbar ist.

 

Stattdessen verwendete Tsipras das Votum als Unterpfand für die Verhandlungen mit der Euro-Oligarchie – absehbar erfolglos. Letztlich hat er – wie schon mehrfach zuvor – Angst vor dem eigenen Mut. Sie wollen den Bruch unbedingt vermeiden und meinen sich damit auf die Mehrheit stützen zu können, die in „Europa“ bleiben wolle.

 

Syrizas Kurs erscheint als extremer Zickzack – und ist es auch. Aber es findet sich dennoch eine Logik dahinter, die Kontinuität hat. Es ist die unmögliche Formel der Wahl vom vergangenen Januar: Nein zur Austerität, ja zum Euro-(Regime). Diesen Widerspruch will die Syriza-Führung nicht auflösen und hält kontrafaktisch unbeirrbar daran fest. Daran werden sie letztlich auch scheitern. Denn wenn sie sich selbst zum Exekutor der Troika machen, dann sind sie innerhalb weniger Monate erledigt.

 

Noch gibt es zwei Hindernisse für eine Verlängerung der Oligarchie-Programme:

 

Einerseits die Syriza-Linke: 10 Abgeordnete von Syriza stimmten im Parlament mit nein oder enthielten sich der Stimme. Der hochrangigste unter ihnen ist Energieminister Lafazanis, der auch die Unterschrift unter den Vorschlag an die Troika verweigerte. Sein Rücktritt wird erwartet. Prominent sind auch die Parlamentspräsidentin Konstantopoulou, sowie der stellvertretende Arbeitsminister Stratoulis. Weitere sieben nahmen nicht teil. Angeblich soll der zurückgetretene Finanzminister Varoufakis unter ihnen sein.*

 

Damit war Tsipras auf die Stimmen des alten Regimes angewiesen, ein überdeutliches Symbol des Einknickens.

 

Doch wie konsequent wird die Syriza-Linke vorgehen? Die Frage ist, wie sehr sie sich trauen den notwendigen Bruch, der mitten durch Syriza führt, aktiv zu betreiben. Mit Wahrscheinlichkeit wird es zu Neuwahlen kommen, bei denen sich Tsipras ein neuerliches Mandat holen will und dabei die Linke ausschalten muss. Diese muss daher sofort zum Gegenangriff übergehen: Sie müsste nun eine breite Mobilisierung einleiten und mit Mut und Weitsicht eine offene und breite Kandidatur mit einem klaren Programm für und mit den Subalternen für einen Bruch mit der Oligarchie vorbereiten. (Den Plan B, den Tsipras verweigerte.) Dabei darf sie sich nicht davor scheuen, in die Minderheit zu gelangen.

 

Bei einem solchen Szenario kann nicht ausgeschlossen werden, dass die rechte Mehrheit um Tsipras nicht doch noch Brücken zu schlagen versuchen wird, um die Spaltung abzuwenden – wahrscheinlich erscheint das allerdings nicht.

 

Auf der anderen Seite muss befürchtet werden, dass die Syriza-Linke an den eroberten Positionen festhalten wird wollen. Man hatte bei der Teilnahme und beim Aufstieg von Syriza gerade in der Frage des Verbleibs unter dem Euro-Regime schon einiges an Opportunismus gesehen, was ja von der Extra-Syriza-Linken richtigerweise angekrittelt wurde. Dieser alte sozialdemokratische Geist des Verbleibens in den scheinbar mächtigen Formationen, könnte die Bildung einer kräftigen Opposition behindern.

 

Das andere mögliche Hindernis könnten die deutschen Hardliner sein. In der Berliner Regierungskoalition gibt es einen chauvinistisch-austeritären Flügel, der Griechenland ohne Rücksicht auf das komplizierte und auf gewisse Kompromisse beruhende Machtgefüge der EU hinausschmeißen will. In ihrem sozialen Block haben diese eine erhebliche Bedeutung. Schon vor dem Referendum hatte Schäuble & Co mit ihrer überharten Linie eine Einigung verhindert, die Tsiras mit dem Votum im Rücken nun erzwingen will. Allerdings muss man davon ausgehen, dass der Druck der politischen Eliten (einschließlich Washingtons) für eine Einigung übermächtig sein wird.

 

* Der Stimme enthielten sich Panagiotis Lafazanis, Dimitris Stratoulis, Aglaia Kyritsi, Zoe Konstantopoulou, Costas Lapavitsas, Stathis Leoutsakos, Giannis Stathas und Thanassis Skoumas. Joanna Gaitani und Eleni Psarea stimmten mit Nein. Außer Varoufakis blieben noch Vasilis Chatzilamprou, Dimitris Kodelas, Eleni Sotiriou, Vasilis Kyriakakis, Rachil Makri und Eleni Avlonitou der Abstimmung fern. Zudem teilten fünfzehn weitere Abgeordnete Tsipras schriftlich mit, dass sie zwar mit Ja gestimmt hätten, aber den im Paket enthaltenen Maßnahmen bei einer entscheidenden Abstimmung zur Ratifizierung des Pakets die Zustimmung verweigern würden.

GRIECHENLAND IN DER FALLE VON EURO UND EU

Die Euro-Zonen-Finanzminister machen „mit der Auflösung der Politik in Marktkonformität“ eine Lösung der Euro-Krise unmöglich, jammert in Le Monde vom 25. Juni auf einer ganzen Seite J. Habermas. „Die europäischen politischen Eliten haben nicht das Recht, sich hinter ihren Wählern zu verstecken.“ Und nach dieser Zurückweisung demokratischer Rücksichten schließt er „folgerichtig“: „Die Bürger, nicht die Bankiers, sollen das letzte Wort haben.“

Das ist echt Habermas und linksliberal. W. Streeck spöttelt mit gutem Grund (Spiegel Online, 8. Juli 2015) „Die SPD-Minister hätten bisher „mit Rücksicht auf Habermas’sche Euro-Rhetorik für eine wirtschaftsfern konfirmierte rot-grüne Klientel“ geschwiegen. Das ist ohnehin vorbei. Gabriel und Genossen bemühen sich, Schäuble auf schäbigste Weise rechts-zentristisch zu überholen. Sie und die deutsche politische Klasse lassen ihren Aggressionen gegen Griechenland freien Lauf; und Habermas attestiert ihnen „ohne Ausnahme hohe Moralität“.

Der dümmliche Artikel wäre nicht wert, erwähnt zu werden. Doch die unbestrittene Hegemonie dieser Leute im deutschen Sprachraum und darüber hinaus färbt auch auf Menschen ab, die sich links definieren. Eine konsequente politische Haltung wird damit unmöglich.

Dabei gibt es ein einfaches Rezept. Man muss auf die Wirklichkeit hinsehen.

In derselben Ausgabe der Zeitung findet sich ein Artikel, der eigentlich in aller Klarheit zeigt, dass nicht nur der Austritt aus der Euro-Zone nötig ist. Ein Austritt aus der EU ist für Griechenland unausweichbar, wenn es wieder hoch kommen will. Nicht dass dies im Artikel stünde. Le Monde ist eine Zeitung der €-Turbos. Aber es ist wert, eine Blick darauf zu machen.

„Ein Wirtschafts-Modell muss neu definiert werden. … Selbst wenn Athen in dieser Woche ein Abkommen mit den Gläubigern unterschreibt, liegt eine Lösung seiner Probleme in weiter Ferne. … Die jüngeren Ankömmlinge auf dem Arbeitsmarkt seit 2010 sind eine verlorene Generation.“ Auch gewöhnliches Wachstum vermag sie nicht mehr zu retten. „Die Qualifikation von Langzeitarbeitslosen entspricht nicht mehr den Anforderungen. Überdies würde es mehr als ein Jahrzehnt brauchen, bis die Arbeitslosigkeit wieder unter 10 % sinkt. … Die privaten Schulden belaufen sich auf 135 % des BIP. … Ein erheblicher Teil ist notleidend. … Um die Staatsschuld (174,2 %) zurückzuzahlen bedarf es riesiger Budget-Überschüsse während vieler Jahre. Das wird die Deflation enorm verschärfen. … Seit seinem Eintritt in die €-Zone waren der private Konsum und die öffentlichen Ausgaben der Wachstumsmotor.“ Das fällt so oder so weg. Die Senkung des Lebensstandards hat nicht gereicht, um die Wettbewerbsfähigkeit wieder zu erlangen. Usf. (Marie Charrel).

Was sagt dies Alles? Ein neues Wachstum und eine Erholung der griechischen Wirtschaft und Gesellschaft ist nur möglich: mit einem starken öffentlichen Konjunktur-Programm in einem durch eine eigene Währung geschützten Wirtschaftsraum; durch eine Rückweisung der öffentlichen Schuld von (z. B.) 90 % nach einer entsprechenden Abwertung; durch einen privaten Schulden-Erlass in einem beträchtlichen Umfang; das wieder bedingt: eine Verstaatlichung des gesamten Bankensektors, denn der würde sonst zusammenbrechen; durch eine klare Industriepolitik; durch einen gelenkten und kontrollierten Außenhandel.

Die Aufzählung zeigt: Die Alles ist innerhalb der EU unmöglich. Es geht gegen alle Regeln dieses Vereins und seiner Machthaber.

Es geht also nicht nur um eine eigene Währung, um wieder abwerten zu können. So wichtig das Außenhandels-Regime mit einer eigenen Währung ist: Es ist ungenügend für diese Probleme. Es geht mittlerweile um ein jahre- oder jahrzentelanges Dahinsiechen oder um einen vollständigen neuen Star. Griechenland kann schon im Euro und in der Eurozone bleiben – aber nur als zutiefst hinab gedrückte Peripherie, als Dritte Welt in Europa.

Albert F. Reiterer – 9. Juli 2015

Demographie des griechischen Neins

Die Darstellung zeigt deutlich, dass die unteren Schichten, die immer weniger zu verlieren haben, das Nein trugen, während die mittleren und oberen Schichten für die Fortsetzung des Austeritätskurses stimmten.

EIn weiterer klarer Trend: die Jungen stellten sich in ihrer überwiegenden Mehrheit gegen die Troika, die Älteteren und vor allem die Pensionisten nicht.

NEIN: ZUR EU UND ZUR GRIECHISCHEN FÜNFTEN KOLONNE!

Das NEIN in der griechischen Volksabstimmung ist ein erheblicher politischer Erfolg: gegen die Troika, gegen die Econfin, gegen Junckers, gegen die Schäubles, usw. Nicht zuletzt ist es ein Erfolg gegen die Kompradoren-Bourgeoisie in Griechenland. In diesem Sinn ist es ein ein wunderbares Ergebnis. Zum ersten Mal hat ein Land gegen diese verbrecherische Organisation namens EU mit Eklat Stellung bezogen. Wie groß der Erfolg ist, steht derzeit (20.00 Uhr) noch nicht fest. Aber offenbar ist es wesentlich deutlicher, als es die letzten Umfragen sahen.

Ein bisschen mitgeholfen haben da auch auch die Herrenmenschen-Typen vom Schlag des Herrn Schulz. Anstelle wohlweislich den Mund zu halten, konnte er sich als Deutscher es nicht verkneifen, noch ganz zum Schluss noch einmal den Griechen zu sagen, was sie zu tun hätten. Sowas hilft tatsächlich meistens.

Aber gelöst hat das Referendum keinerlei Frage. Auch war es ein Hasardieren, wie es jede seriöse Politik vermeiden sollte. Es war ein Verzweiflungsakt des griechischen Ministerpräsi­denten. Mit den Verhandlungsergebnissen vom 27. Juli hätte Tsipras die Einheit der Partei vermutlich nicht halten können.

Aber es war im Grund unverantwortlich. Denn die Lage war völlig asymmetrisch. Jetzt, mit dem Nein, ist kein Problem gelöst. Das Ergebnis hat hohe symbolische, aber einfach keine reale Bedeutung. Warum sollten sich die Herren und Damen von EZB und EU auch davon beeindrucken lassen? Seit wann kümmern sich die um demokratische Äußerungen?

Wäre es aber umgekehrt gekommen, wären die Folgen erheblich und für die Linke, nicht nur die griechische Linke, sondern die europäische Linke insgesamt, katastrophal gewesen. Die EU-Politiker hätten sich voll bestätigt fühlen können. Ein Widerstand gegen diese Politik wäre praktisch unmöglich geworden. Und eine Zeitlang sah es danach aus.

Es war schließlich zu erwarten, dass die EU ihre Mittel mobilisieren würde. Das bedeutet vor allem: ihre Fünfte Kolonne in Griechenland. Damit ist nicht sosehr die Nea Demokratia gemeint: Die vertritt mit ihrer Politik schon ihre Klientel, ohne dass man sie von außen noch bezahlen oder motivieren müsste. Gemeint sind eher Kräfte wie die Reste von PASOK und To Potami.

Es war schließlich zu erwarten, dass sie auch die wichtigsten Mittel einsetzen würde, über die sie verfügt, vor allem ELA. Die sogenannten ELA-„Kredite“ sind in Wirklichkeit die Kern­kompetenz einer Notenbank: dafür zu sorgen, dass auf einer technischen Ebene genug Geld vorhanden ist, und das heißt in einer Krisen-Situation: genug Bargeld.

Anstelle dafür vorzusorgen, schwadronierte Varoufakis davon, dass die Regierung sogar die Notenpresse und die Druckstöcke verschrottet hätte. Der Mann ist nicht nur politisch untragbar mit seiner Fixiertheit auf der EU und auf der Rettung des Kapitalismus. Er ist schlicht auch unfähig – was ja bei Professoren politisch nicht so selten der Fall ist.

Das Referendum ist ein wichtiger, aber auch ein Minimal-Erfolg. Damit ist, wie gesagt, nichts gelöst. Morgen beginnen die Probleme von Neuem. Da SYRIZA oder vielmehr ihre Mehrheit und ihre Regierung, nicht bereit ist, sich dem entscheidendem Problem zu stellen und die Eurozone und sodann die EU zu verlassen, ist ihr Scheitern vorgezeichnet. Wir werden vermutlich in den nächsten Wochen Ähnliches miterleben, wie schon in den letzten Wochen.

Die Linke in der SYRIZA hat allerdings nun einen besseren Stand als vorher. Selbst wenn es nur das ist, hat sich das Referendum schon gelohnt, trotz seiner zweifelhaften Qualität als politisches Mittel. Wie sehr sie den Erfolg nutzen kann, ist eine Frage.

Freuen wir uns über den Erfolg; so häufig gab es dies in den letzten Jahrzehnten für die Linke nicht. Er wird weit über Griechenland hinaus Wellen werfen. In diesem Sinn ist das NEIN der Griechen wichtiger, als man bei nüchterner politischer Analyse es einschätzen würde.

Sonntag, 5. Juli 2015, 20.10

Greek NO to delivery a blow to Euro oligarchy

by Wilhelm Langthaler

Tsipras’s wavering on clear break threatening secure victory

 

The world is looking to Greece. Tsipras’s decision to call for a referendum was a courageous but risky forward defence. A strong NO will mean a significant political defeat for the European capitalist elites and first of all for the German leadership. It will open up the gates for popular struggles against the neo-liberalist Euro regime across Europe and especially the German monetarist dictatorship institutionalised by the EU.

 

But the shortcomings of Syriza’s leadership are obvious and endangering this possible popular victory. They have had nearly half a year to dissolve the widespread paradigm within the popular masses of being able to ending austerity while maintaining the Euro. All Greek attempts to pressurize Berlin into a “compromise with dignity” along the last months clearly taught that this is completely impossible. Instead of helping the people to understand the need of a rupture dissolving the impossible electoral mandate of January, instead of openly and convincingly preparing a plan B, Syriza keeps sticking to the contra factual idea that they can soften austerity within the Euro regime. They presented the referendum as nothing more than the last bargaining chip to threaten the troika into the impossible compromise so far not achieved.

 

The entire last week of mobilisation to the referendum they have been sending ambiguous signals in an apparent attempt to appease the middle classes who live through a terrorising campaign by the media apparatus aligned to the oligarchy. They sent another letter to Brussels repeating a compromise close to surrender – which again and again was humiliatingly rebuked by the creditors. Syriza played with withdrawing the referendum. All in all they did not appear determined adding to the bewildering of the middle classes. Instead of winning them they pushed them into the arms of the old elites. A vast majority for a NO turned into a very tight match.

 

There is, however, a possibility of a compromise – but only after defaulting and initialising the break! By contrast within the Euro regime Greece will have to carry the German yoke of austerity in the name of monetarism for decades.

 

The global capitalist oligarchy fears the default and also the consolidation of a popular government in the European periphery which could well serve as a spark to the subaltern masses of the ailing European south. The US and also the IMF has been pressurising Germany not to exaggerate their fervour which might at the end to starve the Greek people out of the western orbit.

 

While they will all be united in bringing down a radical democratic and social government, they will have differences as to how the shock waves emanating from a Greek rupture can be cushioned.

 

A strong popular mobilisation in concomitance with a broad political front fighting for the democratic and social interests of the lower and middle classes can indeed extract some gains from the global rulers. And it can push the people of Southern Europe to rebel possibly changing the relationship of forces in favour of the popular masses for the first time since decades.

 

All out for a resounding Greek NO!

Break with the Euro regime!

For a plan B outside the Euro (and eventually the EU) led by a popular government!